Mythor 193: Nykerien erwacht (Magira 36)
Von Hubert Haensel
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Über dieses E-Book
Der Abschlussband der Mythor-Serie.
Mythors Weg über eine Welt, die durch ALLUMEDDON verändert wurde, ist verschlungen. Er muss die Inseln des Lichts gründen und die Invasionen durch Xatan und seine finsteren Horden verhindern.
Es geht um das DRAGOMAE, das Werk der Weißen Magie. Und es geht schließlich um die drohende Auseinandersetzung zwischen Gorgan, dem Krieger, und Vanga, der Hexe, und um das BUCH DER ALBTRÄUME, deren einzelne Kapitel in Verstecken ruhen.
Diese Verstecke waren nicht sicher genug. Jedenfalls gelang es Trillum, dem Dämon, und Xatan, je ein Kapitel des BUCHS DER ALBTRÄUME an sich zu bringen. Dann aber nimmt Gorgan, der Ewige Krieger, den Kampf mit dem Wolfling auf und bringt ihm eine schwere Schlappe bei.
In den Monden danach haben sowohl Gorgan als auch Mythor gefährliche Abenteuer zu bestehen. Die Gefahren werden größer und monströser, und schließlich kommt es zu einem entscheidenden Ereignis: NYKERIEN ERWACHT ...
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Rezensionen für Mythor 193
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Buchvorschau
Mythor 193 - Hubert Haensel
Nr. 193
Nykerien erwacht
von Hubert Haensel
Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt
Mythors Weg über eine Welt, die durch ALLUMEDDON verändert wurde, ist verschlungen. Er muss die Inseln des Lichts gründen und die Invasionen durch Xatan und seine finsteren Horden verhindern.
Es geht um das DRAGOMAE, das Werk der Weißen Magie. Und es geht schließlich um die drohende Auseinandersetzung zwischen Gorgan, dem Krieger, und Vanga, der Hexe, und um das BUCH DER ALBTRÄUME, deren einzelne Kapitel in Verstecken ruhen.
Diese Verstecke waren nicht sicher genug. Jedenfalls gelang es Trillum, dem Dämon, und Xatan, je ein Kapitel des BUCHS DER ALBTRÄUME an sich zu bringen. Dann aber nimmt Gorgan, der Ewige Krieger, den Kampf mit dem Wolfling auf und bringt ihm eine schwere Schlappe bei.
In den Monden danach haben sowohl Gorgan als auch Mythor gefährliche Abenteuer zu bestehen. Die Gefahren werden größer und monströser, und schließlich kommt es zu einem entscheidenden Ereignis: NYKERIEN ERWACHT ...
Die Hauptpersonen des Romans
Mythor – Ihm droht großes Unheil, weil er den Feengesang nicht hört.
Gorgan – Der Krieger auf dem Weg nach Skattom.
Joana und Windspiel – Ein kleines Mädchen und sein Hund.
Kussanbar – Ein Wirt aus Nykor, der seinen Vorteil sieht.
Rosarie und Torran – Seine Tochter und ihr Freund.
1.
Mehr als ein Jahrzehnt war die Statue der Witterung ausgesetzt gewesen. Wind und Regen, Sonne, Schnee und Hagel hatten den grauen Stein gezeichnet, hatten aus feinen Poren Löcher werden und tiefe Risse entstehen lassen.
Einstmals mochte die Skulptur makellos gewesen sein, von der Hand eines begnadeten Bildhauers geschaffen – heute waren die Spuren des Verfalls nicht mehr zu übersehen. Die halb abgeplatzte Nase, die verwitterte Unterlippe, die trotz geschlossenem Mund die Zähne erkennen ließ, all das entstellte das Antlitz des jungen Mannes. Zudem hatten sich Moose auf den Wangen festgesetzt und verliehen ihnen einen grünen Schimmer.
»Was soll ich damit?« Unwillig fuhr Xatan mit der Hand über den Kopf der Statue. Die Reste der filigran herausgemeißelten Haare zersplitterten unter seinen Fingern und rieselten als Staub zu Boden.
Der Stein fühlte sich keineswegs kalt an.
Xatan, der Wölfische, zu ALLUMEDDON Heerführer der Finstermächte, unterzog die Statue einer zweiten, eingehenderen Musterung. Sie war nach dem Ebenbild eines kräftigen Kriegers geschaffen worden – womöglich nach einer verlorenen Schlacht, denn in seinen Zügen zeigten sich Furcht und Verzweiflung. Die Hände lagen um Knauf und Scheide eines mit Edelsteinen verzierten Kurzschwertes verkrampft, als wollten sie im nächsten Moment blankziehen.
Warum der steinerne Recke bis auf einen Gürtel um die Lenden nackt war, ließ sich nicht ergründen. Vielleicht die Laune eines verschrobenen Bildhauers, dessen symbolhafte Ausdrucksweise für andere nur schwer nachzuvollziehen war.
Xatan bemerkte den leichten Modergeruch, der von dem Stein ausging.
»Was soll ich damit?«, wiederholte er seine Frage, schärfer nun und merklich ungehalten. Er legte keinen Wert darauf, sein unterirdisches Reich nahe Logghard mit solchen Zeugnissen menschlichen Wirkens auszustatten.
Zischend pendelte ein mächtiger Schlangenschädel vor ihm hin und her, ließ gefährlich blitzende Reißzähne und die gespaltene Zunge sehen. »Du brauchst ein neues Heer, Xatan.« Kalt funkelten ihn die mehr als faustgroßen Reptilienaugen an. Yhr, die Schlange des Bösen, hatte die Skulptur irgendwo auf der Oberfläche gefunden und in die Tiefe gebracht.
»Ein Heer aus Steinen ...?«, kam es grollend aus der Kehle des Wölfischen. »Mir scheint, Gorgans Angriff hat dir den Verstand geraubt.«
»... eine Armee von Menschen, die allen Grund haben, den Lichtgöttern zu zürnen und deren Untergang herbeizusehnen«, widersprach Yhr. »Tausende, die nur von dem Wunsch beseelt sind, ihr Schicksal zu rächen.«
Von irgendwoher erklang ein dumpfes Rumoren, das sich rasch steigerte, begleitet von merklichen Erschütterungen. Felsplatten brachen aus den Wänden und zerschellten, und dann stieg glühende Lava empor, leckte keine zwei Steinwürfe entfernt gierig über den Boden und wälzte sich alles verschlingend näher – eine zähflüssige, brodelnde Masse, auf der Felsbrocken wie Kork auf dem Wasser schwammen.
Xatan wusste, dass sein unterirdisches Reich nicht für ewig von Bestand sein würde. Immer öfter stieg Magma aus der Tiefe empor. Gletscher wurden dann zu reißenden Wassern, Flüsse zu fauchenden Dampfwolken, die sich gewaltsam Bahn brachen.
Noch ließen sich all diese Unbilden mit Hilfe des RADAMACCRA, des zweiten Kapitels aus dem BUCH DER ALBTRÄUME, eindämmen. Aber in den letzten Tagen schienen die Ausbrüche heftiger geworden zu sein; der Wölfische musste mehr Kraft aufwenden, um ihrer Herr zu werden.
So auch diesmal. Der Lavastrom, gut fünf Mannslängen breit, kam erst unmittelbar vor der grauen Statue zum Stillstand. Xatan störte sich weder daran, noch an der sengenden Hitze, die ihm entgegenwehte. Die Höhle war gigantisch genug, um ihm trotz solcher Zwischenfälle sicheren Unterschlupf zu gewähren.
Yhr zischelte aufgeregt. »Wie lange willst du noch warten? Mit jedem Tag, der verstreicht, fühlt Gorgan sich stärker. Wir brauchen Krieger, die aus freien Stücken für uns kämpfen, Krieger, die sich von unseren Gegnern nur durch den Hass in ihren Herzen unterscheiden!«
Ein Aufblitzen zeigte sich in Xatans Augen. Das Geräusch, das aus seiner Kehle hervorbrach, war das Knurren eines lauernden Wolfes. Seine Nasenflügel bebten, und als er die Lefzen hochzog, entblößte er zwei kräftige Kiefer mit Raubtierzähnen.
»Ich beginne zu verstehen, woher die Statue kommt«, sagte er. »Du hast sie aus Nykerien geholt, dem Land, das von den Lichtgöttern verflucht wurde.«
»Die Menschen dort wurden zu Stein«, erwiderte Yhr. »Erwecke sie, und du wirst treue Diener haben. Ob Mann oder Frau, Kind oder Greis, jeder Nykerier weiß, was mit ihm geschieht. Dass sie selbst hilflos mitansehen müssen, wie ihre Körper im Laufe der Jahre verwittern und zerbrechen, ist für sie die schlimmste Strafe. Immerhin waren sie es gewohnt, das Leben bis zum letzten Atemzug auszukosten. Ihr Hass auf die Lichtgötter muss entsetzlich sein.«
*
Joana mochte das Meer nicht, hatte es nie gemocht, so lange sie zurückdenken konnte. Der mitunter beißende Geruch des Salzwassers widerte sie an. Dabei war sie mit dem Meer aufgewachsen, wo sie herkam, lebten die Menschen vom Fischfang. Für Ackerbau war das Land zu steinig. Und Viehzucht ... zwei Ziegen und einige Hühner oder Gänse waren alles, was die meisten Familien besaßen.
Oft genug hatte Joana zwischen den zum Trocknen aufgehängten Netzen gespielt, hatte mit den Hunden zusammen in den Eingeweiden der ausgenommenen Fische nach Essbarem gesucht.
Unwillkürlich fuhr sie hoch, richtete sich auf den Ellenbogen halb auf und starrte in die Finsternis. Die See war während der letzten Stunden schwerer geworden, und das stete Schlingern des Schiffes verursachte Übelkeit.
»Zwei Monde sind vergangen, Windspiel«, seufzte sie. »Aber jetzt werden wir bald Land erreichen. Der Kapitän hat gesagt, dass wir der Küste schon nahe sind.«
Eine feuchte Zunge leckte über ihre Hand. Joana tastete nach dem kleinen, zitternden Fellknäuel neben sich. Windspiel war ihr Freund, mit ihm teilte sie sich selbst die täglich spärlicher werdende Frischwasserration. Sie hatte den Hund zu ihrem zehnten Geburtstag bekommen – damals, als ALLUMEDDON das Land verwüstet und viele Menschen in unsägliche Not gestürzt hatte. Schwer für ein kleines Mädchen, zu verstehen, was wirklich geschehen war. Die Sorgen und Nöte, Entbehrungen und Ängste jener Zeit hatten sie gezeichnet; dabei durfte sie den Göttern danken, dass ihre Eltern ihr geblieben waren. ALLUMEDDON hatte keine Entscheidung im Kampf von Licht und Finsternis gebracht, wohl aber unendlich viel Leid und Tränen. Selbst nach Jahren noch schreckte Joana nachts auf. Die Erinnerung ließ ihr keine Ruhe. Dann war sie schweißgebadet und schrie, und nur Windspiels Nähe vermochte sie zu trösten.
Der Lichtbote war im Zeitpunkt der größten Not auf die Welt gekommen; zumindest hatte man versucht, ihr das Geschehen so zu erklären. Aber die Mächte des Lichts waren gleichzusetzen mit Liebe, Wärme und Geborgenheit. Wie konnten sie solches Unrecht zulassen?
Je mehr Joana nach einer Erklärung suchte, desto weniger verstand sie. Der Krieg war etwas Schreckliches, Unbegreifliches für ein Mädchen