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Die wilde Schönheit und der Wikinger
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eBook314 Seiten4 Stunden

Die wilde Schönheit und der Wikinger

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Über dieses E-Book

Lara tobt: Ihr Vater hat sie einem Wikinger versprochen. Finn ist zwar faszinierend, aber Lara will keine Ehe ohne Liebe. Doch in der Hochzeitsnacht sagt er ihr, dass er darauf warten wird, bis sie zur Liebe bereit ist. Und entfacht Laras Neugier - wie wäre es, in seinen Armen zu liegen? Als sie verschleppt wird, begreift sie, dass nur einer sie und ihr Herz retten kann: Finn ...

SpracheDeutsch
HerausgeberCORA Verlag
Erscheinungsdatum7. Aug. 2020
ISBN9783733749507
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    Buchvorschau

    Die wilde Schönheit und der Wikinger - Joanna Fulford

    IMPRESSUM

    Die wilde Schönheit und der Wikinger erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

    © 2014 by Joanna Fulford

    Originaltitel: „Surrender to the Viking"

    erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto

    Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

    © Deutsche Erstausgabe in der Reihe HISTORICAL

    Band 8 - 2015 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

    Übersetzung: Emily Hirsch

    Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten

    Veröffentlicht im ePub Format in 08/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

    E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

    ISBN 9783733749507

    Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

    Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

    BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, TIFFANY

    Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

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    1. KAPITEL

    Dichte Nebelschwaden zogen über die dunklen Wasser des Fjords, während zwischen den Bäumen, die den Küstenstreifen säumten, allmählich der Morgendunst emporstieg. Die frühen Sonnenstrahlen tauchten die Gipfel der Bergkette in rotgoldenes Licht. Unter anderen Umständen hätte Lara diesen morgendlichen Frieden wohl genossen, in diesem Moment hatten allerdings ganz andere Gedanken von ihr Besitz ergriffen. Ihr Körper tat jede Bewegung ganz von selbst und genauso, wie ihr Bruder Alrik es sie gelehrt hatte. Um nicht aus der Übung zu kommen, stand sie jeden Morgen sehr früh auf und trainierte so lange, bis sich das Schwert in ihrer Hand genauso natürlich anfühlte wie die Spindel, die sie täglich bediente.

    In der Halle war bestimmt noch niemand wach. Auch lag die Küste weit genug von den Behausungen entfernt, als dass man sie so einfach hätte entdecken können. Wenn ihr Vater wüsste, was sie die ganzen letzten Monate getan hatte, sein Unbehagen wäre grenzenlos. Lara verzog ihr Gesicht. Die Spannungen zwischen ihnen waren schon schlimm genug. Seit ihrem letzten Streit vor einer Woche hatten sie kaum mehr ein Wort miteinander gewechselt …

    „Du bist jetzt achtzehn Jahre alt. Schon bald wird man dich alte Jungfer rufen. Wie kommt es, dass du trotzdem jeden Freier verschreckst und vom Hofe jagst?"

    „Ängstliche Männer waren noch nie besonders reizvoll."

    „Nicht in diesem Ton, junge Dame, hatte Jarl Ottar sie ermahnt. „Du wärst tatsächlich gut beraten, dein Verhalten zu kultivieren und ein wenig weiblichen Charme an den Tag zu legen.

    „Bin ich denn so gar nicht charmant, Vater?"

    „Ich habe schon Wölfinnen gesehen, die von sanfterer Natur waren. Kein Mann will einen scharfzüngigen und kratzbürstigen Drachen zur Frau."

    „Wenn das so ist, dann steht es diesen Weichlingen frei, sich eine entsprechende Braut zu wählen."

    „Es ist die Aufgabe einer Frau, pflichtbewusst und demütig zu sein. Empörung war in Laras Augen aufgeblitzt. „So demütig, wie Asa es war, Vater?

    Der Blick ihres Vaters hatte sich verfinstert. „Deine Schwester hat getan, was man von ihr verlangte. Sie wusste, was gut für ihre Familie ist."

    „Versuche nicht, dich hinter der Familie zu verstecken. Asa wurde in diese Ehe hineingezwungen, weil es deinen politischen Zwecken dienlich war."

    „Diese Verbindung war nötig, um einer jahrelangen Fehde ein Ende zu bereiten."

    „Ebenso gut hättest du sie den Wölfen zum Fraß vorwerfen können. Mich wirst du für deine Pläne nicht missbrauchen."

    Und dann war Lara davongestürzt. Sie stellte sich jetzt vor, dass es ihr ehemaliger Schwager sei, in dessen Eingeweiden sie soeben die Klinge ihres Schwertes versenkte. Wie gern hätte sie ihm wahrhaftig gegenübergestanden, doch er war unerreichbar. Natürlich war sie klug genug zu wissen, dass sie jeden Kampf gegen ihn verlieren würde, und er sie mit leichter Hand umbrächte, wenn es zu einem Wiedersehen von Angesicht zu Angesicht käme. Doch auch wenn sie nicht die Stärke oder die Geschicklichkeit eines echten Kriegers besaß, verlieh ihr das Wissen um die Grundlagen der Selbstverteidigung mehr Sicherheit. So fühlte sie sich befähigt, jeden weiteren Freier in die Flucht zu schlagen.

    „Ich werde stark sein, Asa, sprach Lara zu sich. „Ich schwöre es.

    Voller Bedauern steckte sie das Schwert seitlich in den prachtvoll bestickten Gürtel ihres Gewandes, bevor sie ihren Umhang aufhob. Sie musste zurück, bevor die anderen merkten, dass sie verschwunden war. Trotz einer gewissen Widerspenstigkeit war es nicht ihr Ansinnen, die täglichen Pflichten zu vernachlässigen, die ihr zufielen. Die ihr übertragenen Aufgaben erfüllte sie stets tadellos. Sie schmunzelte. Männer, die wohlgenährt waren und es bequem hatten, beschwerten sich weniger als jene, denen es an irgendetwas fehlte. In jedem Fall war es gut, eine Beschäftigung zu haben, schließlich hatte sie Untätigkeit noch nie leiden können.

    Sie wollte soeben aufbrechen, als sie plötzlich ein Schiff sah, das die Küste entlangsegelte. Obwohl es die elegante Form und den prachtvoll geschnitzten Bug eines Kriegsschiffes hatte, war es doch kleiner als die meisten der Drachenschiffe, die sie kannte. Die Mannschaft bestand gerade einmal aus schätzungsweise zwanzig Männern. Der Wind blies so schwach, dass die Männer das Schiff mit der Kraft der Ruder vorantreiben mussten. Die hölzernen Blätter tauchten im immer gleichen Rhythmus scharf in die See ein und wieder empor, gerade so, dass sie kaum das Wasser aufwirbelten. In stiller Bewunderung beobachtete Lara eine Mannschaft, die wie ein einziger Organismus zu funktionieren schien. Sie schaute von den Ruderern hinüber zu der Gestalt am Steuerrad – ein Krieger im Kettenhemd. Stirnrunzelnd sah sie etwas genauer hin. Jeder Mann an Bord trug ein solches Hemd. Ihre Neugierde war nun vollends geweckt. Selbst unter normalen Bedingungen war es kräftezehrend, ein solches Schiff zu rudern. Das Tragen von Kettenhemden machte die Arbeit bestimmt zehnmal härter. Alles sprach dafür, dass man das Schiff entweder angegriffen hatte, dass die Mannschaft erwartete, angegriffen zu werden, oder aber, dass sie selbst einen Angriff plante.

    Sie ließ ihren Blick über den gesamten Fjord wandern, doch es war kein anderes Schiff auszumachen. Wenn man das Schiff verfolgte, so war dies zumindest nicht offensichtlich. Das musste zwar nicht bedeuten, dass jene Männer vorhatten, das Gehöft von Laras Familie anzugreifen, es war allerdings auch längst kein Grund zur Beruhigung. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Und genau aus diesem Grund wurde das Anlegen eines Schiffes stets überwacht. Niemals würde ihr Vater ein leichtfertiges Risiko eingehen.

    Nur wenig später vernahm sie das Horn des Wachmannes, der die Ankunft des Schiffes verkündete. Doch Lara wollte sich selbst ein Bild machen. Rasch lief sie den Pfad entlang, der die Landspitze hinabführte. Doch statt an der Gabelung rechts abzubiegen, hielt sie sich links und eilte direkt auf die Küste zu. Der Weg führte sie über einen kleinen Hügel durch einen kleinen Birkenhain, bis sie schließlich am Wasser angelangt war. Vom Rande des Wäldchens aus hatte sie einen guten Blick auf das Geschehen, und gleichzeitig bot es ausreichend Schutz vor Entdeckung.

    Im selben Moment, als sie ihr Ziel erreicht hatte, näherte sich das Schiff dem Küstenstreifen. Dort wartete bereits ein halbes Dutzend bewaffneter Männer auf seine Ankunft. Ein zweites Signal des Wachmannes ertönte, das von den Ankömmlingen sofort erwidert wurde. Offenbar war es die Antwort, auf die man gewartet hatte, und die Absichten waren tatsächlich friedlich, denn sogleich ließ man das Schiff anlegen und lud die Mannschaft ein, an Land zu kommen.

    Zwei Männer sprangen über die Reling auf den hölzernen Pier und befestigten das Schiff mit Seilen und Tauen, während die anderen den Landgang vorbereiteten. Obwohl Lara recht weit entfernt stand, konnte sie sehen, dass sie ihr erster Eindruck nicht getäuscht hatte: Dieses Schiff war ein Kriegsschiff und seine Mannschaft bis an die Zähne bewaffnet. Bei ihrem Anführer schien es sich um den Mann zu handeln, den sie zuvor am Steuerrad gesehen hatte. Im Moment wandte er ihr zwar den Rücken zu, doch konnte sie erkennen, dass er eine Vielzahl an Anweisungen gab, denen ohne Widerspruch Folge geleistet wurde. Dieser Mann stach aus der Gruppe der anderen hervor. Er war größer als die anderen, doch hatte er wie sie die starke athletische Gestalt eines Kriegers. Mehr noch, er bewegte sich mit dem Selbstvertrauen eines Mannes, der es gewohnt war, Befehle zu erteilen und diese ausgeführt zu wissen – ein Mann von hohem Stand wahrscheinlich.

    Der Gedanke amüsierte Lara. Die meisten Männer seiner Herkunft gingen wie selbstverständlich davon aus, dass man ihnen mit augenblicklichem Gehorsam begegnete. Dieser Glaube war dieser Spezies von Mann genauso eingepflanzt wie die ihr angeborene Arroganz. Gerade als Lara das Geschehen weiter beobachten wollte, wandte sich der große Krieger um. Mit einem Mal blickte sie in ein gepflegtes rasiertes Gesicht mit klaren markanten Zügen, das von kräftigem blondem Haar umrahmt war. Er war … besonders. Das musste sie zugeben. Und allem Anschein nach war er sich dessen auch bewusst. Als hätte er gespürt, dass man ihn beobachtete, ließ er den Blick rasch über den Küstenstreifen hoch zu den Bäumen schweifen. Er hatte sie entdeckt. Doch nur wenig später trat auf sein ernstes Gesicht ein Ausdruck von unverhohlener Belustigung. Lara blickte an sich hinunter und stellte fest, dass ihr Schwert deutlich zu sehen war. Sie hatte vergessen, ihren Umhang anzulegen. Ihr Ärger über sich selbst war grenzenlos. So etwas durfte einfach nicht passieren. Noch schlimmer, ihre Nachlässigkeit diente dem Fremden zur Belustigung und ihr selbst zur Demütigung. Dennoch: Wenn er glaubte, dass ihr kleiner Fauxpas sie aus der Bahn werfen würde, dann hatte er sich getäuscht. Sie reckte ihr Kinn und hielt seinem Blick für eine ganze Weile stand. Dann, ganz ohne Hast, machte sie kehrt und ging davon.

    Finn rührte sich nicht vom Fleck. Er sah ihr nach, bis sich ihre Gestalt hinter den Bäumen verloren hatte. Ihre Gegenwart hatte ihn ebenso überrascht wie gefesselt. Ihm war, als wäre ihm ein Waldgeist erschienen, eine Fee, die neugierig seine Ankunft begutachtete. Ihr volles braunes Haar und ihr moosgrünes Gewand hatten diesen Eindruck vollkommen gemacht. Diese Fee war von schöner Gestalt, ihr Betragen hingegen irritierend. In ihrem Ausdruck hatte eine klare Kampfansage gelegen, ganz abgesehen von der Tatsache, dass sie ein Schwert bei sich trug. Ihr Anblick hatte ihn zugleich amüsiert und fasziniert. Seine Neugierde war geweckt worden. Unter anderen Umständen wäre er der Sache auf den Grund gegangen.

    „Herr, würdet Ihr uns die Freude machen, uns zu folgen?"

    Die Stimme des Wachmannes holte Finn aus seinem Tagtraum zurück. „Oh, ja, natürlich."

    Finn und ein paar seiner Leute ließen ungefähr ein halbes Dutzend Männer an Bord zurück und folgten ihren Begleitern. Bis zur großen Halle des Jarl Ottar war es nur ein kurzer Weg. Jene prächtige hölzerne Behausung, die sie erwartete, war dem Stand seines Besitzers mehr als angemessen. Um die Halle herum waren noch andere Gebäude angesiedelt: Pferdestallungen, Scheunen, Kuh- und Schweineställe, Werkstätten und Schmieden. Finn und seine Männer sahen sich anerkennend um.

    „Ein schönes Plätzchen, bemerkte Unnr. „Jarl Ottar scheint ein wohlhabender Mann zu sein.

    „Hoffen wir mal, dass er auch alten Beziehungen einen hohen Wert beimisst", entgegnete Sturla.

    „Das werden wir bald herausfinden."

    Jeglicher Zweifel, den die Männer gehegt haben mochten, war schnell verflogen. Unmittelbar nachdem man ihre Ankunft verkündet hatte, eilte ihnen der Jarl entgegen. Er war ein Mann in den Fünfzigern, sein rotes Haar bereits ein wenig erbleicht und mit grauen Strähnen durchzogen. Dennoch zeugten seine kräftige Statur und seine kühnen blauen Augen von unbändiger Stärke und Lebenswillen. Er empfing seine Gäste mit einem Lächeln und schloss ihren Anführer herzlich in die Arme.

    „Willkommen, Finn Egilsson. Und ein Willkommen auch deinen Männern."

    „Ich danke Euch, Herr."

    „Dein Vater war ein große Krieger und ein treuer Kamerad. Ich war stolz, ihn meinen Freund nennen zu dürfen."

    „Er hat viel von Euch gesprochen, erwiderte Finn, „und stets mit dem größten Respekt.

    „Du bist ihm wie aus dem Gesicht geschnitten."

    „Wie mein Bruder Leif."

    „Als mich die Nachricht vom Tode eures Vaters erreichte, war ich untröstlich, Ottar schüttelte bedauernd den Kopf. „Es gab nicht viele Männer, die eurem Vater das Wasser reichen konnten. Umso mehr freut es mich, nun einen seiner Söhne auf meinem Hof begrüßen zu dürfen. Der Jarl trug sogleich einem Diener auf, für ausreichend Brot und Bier zu sorgen. „Wenn ihr euch gestärkt habt, dann erzählt ihr mir, was euch zu mir führt."

    Als Lara zum Hof zurückkehrte, war Alrik der Erste, den sie erblickte. Er war zwei Jahre älter als sie und um einiges größer. Wie Lara hatte er dunkelrotes kräftiges Haar, das Markenzeichen der Familie. In seinen blauen Augen funkelte spitzbübische Häme auf, als er sah, dass seine Schwester ihren Umhang ganz dicht um ihr Gewand geschlossen hielt.

    „Du hast also wieder trainiert, stimmt’s? Er zwinkerte ihr zu. „Keine Sorge, ich verrate es niemandem.

    „Das weiß ich doch. Schnell sah sie sich um, ob irgendjemand ihr Gespräch belauschen könnte. „Ich muss zurück, das Schwert verstecken. Übrigens haben wir Gäste bekommen.

    „Das dachte ich mir, ich habe das Horn gehört."

    „Ein Schiff hat gerade am Pier angelegt."

    „Ein Handelsschiff?"

    „Ein Kriegsschiff."

    Alrik runzelte die Stirn. „Wie viele Männer?"

    „Vielleicht zwanzig."

    „Interessant."

    „Willst du gar nicht wissen, warum sie hier sind?"

    Er grinste. „Du willst es scheinbar umso mehr."

    „Na gut. Ich gebe es zu. Ich bin ein wenig neugierig. Willst du so tun, als wärest du es nicht?"

    „Nein, natürlich nicht. Er nahm sie beim Arm. „Jetzt lauf und schäm dich und bring dein kleines Geheimnis in Sicherheit. Ich gehe zur Halle.

    Mit diesen Worten eilte er davon. Lara machte sich auf in Richtung der Frauengemächer. Dort war sie ungestört. Schnell entedigte sie sich ihres Umhangs, bevor sie die Waffe vorsichtig auf den Grund ihrer Truhe legte und mit allerlei Kleidern bedeckte. Niemand würde dort eine Waffe vermuten. Nachdem sie ihr Schwert verstaut hatte, brachte sie rasch ihr Gewand in Ordnung, strich sich ein paar Strähnen aus dem Gesicht und fühlte sich bereit, herauszufinden, was auf dem Gehöft vor sich ging.

    Als sie die Halle betrat, platzte der Saal förmlich aus allen Nähten. Eine Vielzahl geschäftiger Diener reichte Essen und Bier, und ihr Vater und ihr Bruder unterhielten sich angeregt mit ihren Gästen. Da die Dienerschaft keine Hilfe nötig hatte, hielt sich Lara im Hintergrund und lauschte ein wenig.

    Finn und seine Männer stillten ihren Hunger mit Brot und Fleisch und spülten die willkommene Mahlzeit mit einigen Krügen Bier herunter. Ottar machte derweil keine Anstalten, vom Geschäft zu sprechen, bevor nicht auch der Letzte von ihnen gesättigt war. Nachdem sich jeder erfrischt hatte, wies der Jarl seine Diener an, die Krüge aufzufüllen, und wandte sich seinen Gästen zu.

    „Nun, wollt ihr uns nicht berichten, was uns die Ehre eures Besuches verschafft?"

    „Bedauerlicherweise nicht nur das Vergnügen, entgegnete Finn. „Vielmehr sind es die politischen Unruhen in Vingulmark, die uns zu Euch führen. Der König hat seine Niederlage bei Eid nur schwer verkraftet.

    Ottar musterte Finn. „Du warst also dabei?"

    „Leif und ich haben an der Seite von Halfdan Svarti gekämpft. Ebenso unser Cousin Erik und all die Männer, die Ihr hier seht. Die Kämpfe waren hart, doch am Ende lag König Gandalfs Armee am Boden. Heysing und Helsing wurden getötet. Nur Prinz Hakke hat überlebt."

    „Es wäre besser gewesen, wenn es ihn getroffen hätte, bemerkte Ottar. „Er war schon immer der gefährlichste von Gandalfs Söhnen.

    „Da würden Euch viele beipflichten. Hakke ist besessen von dem Wunsch nach Rache und Vergeltung. Sein Plan war es, Ragnhild, Halfdans Braut, zu entführen, um sie selbst zu heiraten. Glücklicherweise konnten wir das verhindern und die Frau retten. Leider konnte sich Hakke im Kriegsgewirr davonmachen."

    „Was für ein Unglück."

    „In der Tat. So wartete er seelenruhig auf eine Gelegenheit, sich zu rächen. Schließlich tat er es und brannte unseren Hof nieder, den Hof meines Bruders, um genau zu sein."

    „Das ist an Niedertracht nicht zu überbieten."

    „Der Hof gehörte zu den Ländereien Vingulmarks und befand sich auf einem Stück Land, das Halfdan besaß. Der König hatte es einst meinem Bruder geschenkt – ein sehr großzügiges Geschenk, wenngleich seine Lage es verwundbar machte."

    „Natürlich."

    „Hakke plante, den Hof zu umzingeln und uns darin festzusetzen, bevor er ihn schließlich in Brand steckte. Wenn man uns nicht rechtzeitig gewarnt hätte, wäre es auch so weit gekommen, sagte Finn. „Zu dieser Zeit waren wir deutlich in der Unterzahl. So entschieden wir, uns zu trennen, sodass sich der Feind selbst aufteilen musste, um Verfolgung aufzunehmen.

    „Wie ich Hakke und seine Leute kenne, haben sie genau das getan."

    „Meine Männer und ich wurden von einem mächtigen Kriegsschiff unter der Flagge von Steingrim verfolgt. Sie hätten uns sicher erwischt, wäre nicht plötzlich dichter Nebel aufgezogen. So haben sie unsere Spur verloren."

    „Ein Glück, dass es so gekommen ist."

    „Steingrim wird nicht aufgeben. Wenn wir ihn endgültig schlagen wollen, brauchen wir Verstärkung."

    „Ich verstehe."

    „Ich hoffte dabei auf Eure Hilfe, Herr."

    Ottar nickte. „Wir werden alles unternehmen, was in unserer Macht steht, um euch zu helfen."

    „Dafür bin ich Euch sehr dankbar."

    „Du bist der Sohn eines Freundes und treuen Verbündeten. Deine Feinde sind auch meine Feinde."

    „Das werde ich Euch niemals vergessen, beteuerte Finn, „und es soll Euer Schaden nicht sein. Sagt mir, was ich im Gegenzug für Euch tun kann.

    Ottar schwieg für einen Moment. Schließlich blickte er auf und lächelte. „Ich werde darüber nachdenken. In der Zwischenzeit sollt ihr für die nächsten Tage meine Gäste sein. Heute Nacht wirst du dich noch mit einem bescheidenen Mahl zufriedengeben müssen, morgen jedoch wird ausgiebig gefeiert. Der Jarl ließ den Blick langsam durch den Saal wandern. Schließlich entdeckte er die Person, nach der er Ausschau gehalten hatte. „Na, da bist du ja. Komm her, Mädchen.

    Finn schaute sich beiläufig um. Er hatte angenommen, dass sein Gastgeber eine Dienerin herbeirief. Doch als das Mädchen zu ihnen herüberkam, traute er seinen Augen kaum. Jetzt, da sie so dicht bei ihm stand, schien sie ihm noch viel feengleicher als zuvor: die hohen Wangenknochen, das zarte Kinn und diese alles überstrahlenden blaugrünen Augen. Ihr Haar, das er fälschlicherweise für dunkelbraun gehalten hatte, war eigentlich dunkelrot und ergoss sich in unzähligen Locken über ihre schmalen Schultern bis hinunter zur Taille, die er mit beiden Händen einmal hätte umfassen können. Bis auf eine leichte jugendliche Schlaksigkeit zierten ihren Körper die sinnlichen Kurven einer Frau. Ihr grünes Gewand, das ihm schon zuvor aufgefallen war, war aus feinster Wolle gewebt und wurde durch einen prachtvoll bestickten Gürtel zusammengehalten. Allein das Schwert fehlte.

    „Jarl Finn und seine Männer sind bis auf Weiteres unsere Gäste, erklärte Ottar. „Ich möchte, dass du alle nötigen Vorkehrungen triffst.

    „Ja, Vater."

    Der Jarl fuhr fort: „Dies ist meine jüngste Tochter, Lara."

    Finn verneigte sich höflich. „Es ist mir eine Ehre."

    Kühl betrachtete sie ihn. Schließlich neigte sie ihren Kopf freundlich zum Gruß.

    „Die Ehre ist ganz meinerseits, Herr."

    Sie war höflich, wenngleich sehr reserviert. Nicht die Spur eines Lächelns, kein gesenkter Blick, keine Rötung der Wangen, nichts von dem, was Finn in solch einem Moment erwartet hätte. Fast konnte man meinen, sie halte sich nur nach außen hin an die Regeln des guten Benimms. Innerlich jedoch schien es ihr vollkommen egal zu sein, ob sie jemandem gefiel oder nicht. Dieses Verhalten widersprach so gänzlich seinen bisherigen Erfahrungen mit Frauen. Bis heute hatte er nur solche kennengelernt, die ein ureigenes Interesse daran hatten, einen Mann zufriedenzustellen. Da sie die Tochter seines Gastgebers war, war ein zweiter Versuch angezeigt, sich mit ihr gut zu stellen.

    „Ich wusste gar nicht, dass Jarl Ottar eine so schöne Tochter hat."

    „Das wusstet Ihr nicht?", gab sie zurück.

    Für einen kurzen Moment sah sich Finn außer Gefecht gesetzt. Fast kam es ihm so vor, als hätte sie genau das im Sinn gehabt. Er erholte sich jedoch schnell. „Nein, und meine Unwissenheit bedaure ich zutiefst."

    „Warum denn gleich bedauern?"

    „Hätte ich es gewusst, hätte ich ein Geschenk mitgebracht."

    „Ich brauche keine Geschenke."

    „Ein Geschenk ist nicht etwas, das man braucht, es muss nicht unbedingt einen bestimmten Nutzen haben, erwiderte er. „Vielmehr dient es vor allem als Zeichen der Anerkennung.

    „Vielleicht, aber da wir uns gerade eben erst kennengelernt haben, wäre eine solche Geste wohl etwas übertrieben gewesen."

    Er wusste, dass es klüger wäre, das Thema zu wechseln, doch er konnte nicht umhin, sie ein wenig zu provozieren. „Demnach würdet Ihr also keinen Gefallen an einem prächtigen Geschmeide aus Bernstein oder einer goldenen Brosche finden?"

    „Das hinge ganz von der Person ab, die mich beschenkt. Wenn es sich dabei um meinen Vater oder meinen Bruder handelte, so wäre jenes Geschenk mir sehr kostbar."

    „Nicht jedoch, wenn es von einem Gast stammt."

    „Sehr richtig, Herr, denn in diesem Fall müsste ich ja einen Hintergedanken vermuten."

    „Aha, und was für einen Hintergedanken?"

    „Ich würde mich fragen, was man von mir als Gegenleistung erwartet."

    Ihre Worte waren nicht nur kühn und deutlich, sie forderten ihn heraus, und ohne Zweifel sollten sie das. Kein Zweifel auch, dass es jetzt endgültig an der Zeit gewesen wäre, das Thema fallen zu lassen, doch der Reiz der Herausforderung war einfach zu groß. „Wer etwas verschenkt, sollte nicht erwarten, auch etwas geschenkt zu bekommen."

    „Ich habe da andere Erfahrungen gemacht."

    „Ist Eure Erfahrung auf diesem Gebiet wirklich so groß?"

    „Groß genug, um mich vor Gönnern und ihren Geschenken in Acht zu nehmen."

    So freundlich ihr Ton auch war, er konnte nicht über die gerade erteilte Abfuhr hinwegtäuschen. Offenbar war sie völlig unempfänglich für jede Art von Schmeichelei, und ganz offenbar war sie ebenso unempfänglich für Finn. Er bezweifelte, dass sie in Wirklichkeit nur ein Spiel spielte, um sein Interesse zu wecken, im Gegenteil: Sie schien ihn einfach nicht zu mögen. Finn war unentschieden, ob ihn diese Tatsache nun amüsieren oder kränken sollte.

    Doch bevor er über eine passende Erwiderung nachdenken konnte, mischte sich ihr Vater in das Gespräch. „Ich bitte, das Betragen meiner Tochter zu entschuldigen, Jarl Finn. Sie besitzt einen scharfen Verstand und eine noch schärfere Zunge." Ottar warf einen finsteren Blick auf seine Tochter. „Das ist auch der Grund, warum sie mit achtzehn Jahren noch immer nicht verheiratet ist. So wie es aussieht, wird sich daran

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