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Sichelland: III - Die Nacht
Sichelland: III - Die Nacht
Sichelland: III - Die Nacht
eBook1.299 Seiten16 Stunden

Sichelland: III - Die Nacht

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Über dieses E-Book

Das Sichelvolk ist in den Krieg gezogen. Sie wollen Rache üben, einen Verräter stellen und eine tödliche Gefahr abwenden, die dem sagenumwobenen Stamm der Batí droht. Noch einmal muss Lennys das Reich Cycalas verlassen, aber im Süden warten nicht nur die Erzfeinde Zrundirs. Wird der Weg, der vor so langer Zeit im Nebeltempel begann, nun endlich ein Ende finden? Wird die Schuld, die so viele vor dreizehn Jahren auf sich geladen haben, endlich beglichen? Oder ist es einer der Flüche, die auf den Sichelländern lasten, dass manche Schlachten niemals endgültig geschlagen werden können?
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum12. Dez. 2012
ISBN9783844242553
Sichelland: III - Die Nacht

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    Buchvorschau

    Sichelland - Christine Boy

    Sichelland

    III

    Die Nacht

    von

    Christine Boy

    Impressum

    Sichelland – I – Der Weg

    Christine Boy

    sichelland@gmx.de

    Copyright: © 2012 Christine Boy

    published by: epubli GmbH, Berlin

    www.epubli.de

    ISBN 978-3-8442-4255-3

    Alle Rechte vorbehalten.

    Vorwort

    „Die Nacht ist der dritte Teil der „Sichelland-Reihe und wie auch „Der Weg" ein Laienwerk, das nicht professionell korrigiert oder lektoriert wurde.

    Was einst als eine „kleine Fantasygeschichte" geplant war, wurde im Laufe der Jahre zu einer Trilogie, mit deren Umfang ich selbst niemals gerechnet habe.

    Aus diesem Grunde findet sich – diesmal am Ende des Buches – eine Danksagung an all diejenigen, die mich bewusst oder unbewusst unterstützt und inspiriert haben.

    Christine Boy

    III

    Die Nacht

    Kapitel 1

    Um die Cassydischen Gräben rankten sich viele Geschichten und Rätsel. Allgemein waren sie als eine Region bekannt, in der die Cas und zuweilen auch der jeweilige Shaj der Nacht Kampftaktiken erprobten, oft auch zu Pferde, weshalb sich dieses zerfurchte Gelände besonders eignete. Ein Manöver, das hier gelang, konnte auch in jeder anderen Gegend Sacuas durchgeführt werden.

    Viele Sichelländer glaubten aber nicht so recht daran. Zumindest waren sie überzeugt, dass in den Gräben noch mehr vor sich ging. Manchmal blieben die Cas tagelang dort, ohne gesehen zu werden. Natürlich gab es immer wieder Neugierige, die sich in der Nähe versteckten, doch der Respekt vor den Zehn war viel zu groß, als dass sie genauere Nachforschungen angestellt hätten. Und so blieb es ein großes Geheimnis, was es mit den Gräben nun auf sich hatte. Gab es dort schwarzmagische Rituale oder waren dort große Reichtümer versteckt, von denen sonst niemand wusste?

    Schon oft hatte der eine oder andere Abenteurer sich vorgenommen, die Gegend zu durchsuchen, wenn er sicher sein konnte, dass er nicht plötzlich von einem der Zehn überrascht wurde. Vielleicht gab es auch einzelne, die diesen Versuch in die Tat umgesetzt hatten, gefunden hatte jedoch keiner etwas. Jetzt, da der Zutritt zu den Gräben für mehrere Tage streng verboten war, bot dies wieder einmal Anlass zu den wildesten Spekulationen.

    Für Lennys und die Cas war das nichts Neues. Als sie nach mehreren Stunden schnellen Galopps die letzten Hügel, die vor den Gräben lagen, erreichten, verlangsamten sie ihr Tempo und beobachteten ihre Umgebung besonders aufmerksam. Die Wachen, an denen sie kürzlich vorbeigekommen waren, schienen gute Arbeit zu leisten. Niemand war zu sehen. Trotzdem durften sie nicht leichtsinnig werden.

    „Wir werden am Brunnen eine Pause einlegen. Die Shaj sah zum Himmel. Die Sonne stand schon recht tief. „Und wir werden dort bleiben, bis die Nacht hereinbricht. Es ist von jetzt an besser, wenn uns niemand mehr sieht.

    Der Brunnen war nicht von Menschenhand angelegt, sondern von der Natur erschaffen worden. Ein steinernes Becken, kaum größer als die Waschzuber in Afnans Wirtschaftsräumen, das aber durch ein Rinnsal, das ein Stück weiter oben aus dem Fels entsprang, beständig mit Wasser gefüllt war, welches sich, wenn es den Rand erreicht hatte, seinen weiteren Weg in eine tiefe Senke bahnte. Dass die Stelle außerdem noch durch hohe Felswände und Erdwälle geschützt wurde, hatte dazu geführt, dass hier ein nicht ganz unbekannter Lagerplatz entstanden war, den man jedoch nicht aus der Ferne beobachten konnte. Von hier aus war es ein Leichtes, sich im Schutz der Dunkelheit – allen neugierigen Blicken entzogen – davonzustehlen.

    Es dauerte noch eine ganze Weile, bis sich die kleine Gruppe über die zahlreichen natürlichen Hindernisse zum 'Brunnen' vorgearbeitet hatte. Auch die Cas besaßen starke, robuste Mondpferde, aber sie waren nicht so dumm, ein Risiko einzugehen und ritten daher langsam durch die Gräben. Als sie den Lagerplatz erreichten, dämmerte es bereits.

    „Wir machen kein Feuer. sagte Lennys knapp. „Karuu und Horem, ihr achtet darauf, dass niemand in unsere Nähe kommt.

    Die beiden Angesprochenen nickten und begaben sich sogleich auf die ihnen bereits wohlbekannten Posten, von denen aus sie das Gelände gut überblicken konnten, ohne selbst gesehen zu werden. Sham-Yu führte die Pferde zum Brunnen, um sie zu tränken.

    Alle Cas waren angespannt. Für einige von ihnen – wie Sham-Yu oder Balman – war es das erste Mal, dass sie das Sichelland verließen. Andere, unter ihnen Rahor, Haz-Gor und Faragyl, wussten sehr wohl, worauf sie sich einließen. Doch gerade Rahor war es, der sich am meisten zurückzog und den Gesprächen der anderen auswich. Er war mit seinen Gedanken nicht so recht bei der Sache. An diesem Morgen hatte er die Shaj darum gebeten, noch einmal sein Haus aufsuchen zu dürfen, um „etwas zu regeln" - doch sie hatte es ihm nicht erlaubt. Und so hatte er in einen gefährlichen Krieg ziehen müssen, ohne sich noch einmal von seiner Schwester verabschieden zu können – und ohne diese letzte Chance wahrnehmen zu können, herauszufinden, wohin Sara gegangen war.

    Er war nicht verärgert über Lennys' Entscheidung. Im Grunde hatte er schon fast damit gerechnet, aber das machte es nicht leichter, die Situation zu ertragen. Es war ihm nichts anderes übrig geblieben, als Racyl über einen zuverlässigen Boten eine Nachricht zu schicken – wohlwissend, dass er keine Antwort mehr darauf erhalten würde, bevor er aus dem Süden zurückkehrte. Am meisten aber beunruhigte ihn die Tatsache, dass ihn dieser Umstand zunehmend kalt ließ. Wirkte Ash-Zaharrs Macht schon auf ihn? Die sagenumwobene Kraft, die den Kriegern zuteil wurde, wenn sie in den Kampf zogen, so dass sie all ihre Stärke und Aufmerksamkeit nur noch auf dieses eine Ziel konzentrierten, ohne von starken Gefühlen abgelenkt zu werden - sie schien schon jetzt auf ihn überzugehen.

    Ein Stück entfernt sah er, wie Lennys die Cas zusammenwinkte. Wie von selbst trugen seine Beine ihn zu ihr.

    Die Zehn bildeten einen Kreis, in dessen Mitte sie ihre Sicheln legen, bis deren Positionen ein bizarres Muster ergaben. Dort, wo sich die Waffen der neun Cas kreuzten, bettete Lennys die ihre zuletzt obenauf. Bald würde der Mond aufgehen und sich darin spiegeln.

    Sie sagten kein Wort, sondern starrten nur auf jenes Symbol ihrer eigenen Macht. Diese Zusammenkunft war wichtiger als sämtliche Ratssitzungen, aussagekräftiger als jede Rede, intensiver als der Auszug aus der Stadt und feierlicher als das Gelage bei Balman. Jeder Blutstropfen, der durch ihre Adern floss, schien zu glühen und ihre Gedanken wurden eins, bis sie in eine tiefe Trance verfielen.

    Sie legten den Weg schweigend zurück. Nie war über ihn ein Wort verloren worden, weder ein geschriebenes noch ein gesprochenes. Und nie war er von Worten beschwert worden. Ein Cas erfuhr erst von ihm, wenn er ihn das erste Mal betrat und das einzige, was man ihm zuvor sagte war: „Schweig, solange du gehst."

    Es war eines der Wunder Cycalas', von denen niemand sonst etwas ahnte, selbst die Shajs des Himmels und der Erde waren nicht in dieses Geheimnis eingeweiht. Wie oft sagte man den Gebietern der Nacht unheimliche Kräfte nach und meist tat man es nur deshalb, weil man die wahre Natur der Sache nicht erkannte.

    Fraglos hatten sie die Fähigkeit, nahezu lautlos und unsichtbar durch die Feindesreihen zu schreiten, doch sie waren keine Magier. War es Zufall, dass nie jemand erfahren hatte, wie es den großen Zehn über viele Generationen hinweg gelungen war, unbeobachtet bis zu den Grenzen ihres eigenen Reiches zu reisen, wenn es notwendig war?

    Auf diese Fragen gab es viele Antworten. Eine davon war gleichzeitig auch eines der Geheimnisse der Cassydischen Gräben.

    Die Schlucht war eng und zog sich mitten durch steiles Felsgestein. Ging man das hohe Risiko eines tödlichen Sturzes ein und erklomm diese steinernen Gipfel, wurde die Mühe nicht belohnt. Die Wände der Schlucht standen so eng beisammen, dass man von oben her nur Schwärze erkennen konnte – der Grund des Spalts blieb verborgen. Was sollte es dort auch zu sehen geben? Bereits auf halber Höhe des Abgrunds stießen die beiden Seiten hier und da zusammen. Wer dort hinunterstürtzte, würde vermutlich nicht einmal auf dem Boden aufschlagen, sondern vorher steckenbleiben und so einen vielleicht noch qualvolleren Tod sterben.

    Es machte sich niemand die Mühe, den Spalt von unten her zu untersuchen. Außerdem endete er auf einer Seite in der massiven Felswand eines Berges, der die Cassydischen Gräben im Osten begrenzte, auf der anderen Seite war er wegen mehrerer Steinschläge in der fernen Vergangenheit ebenfalls nicht zugänglich.

    Und den Stollen kannte niemand.

    Nicht weit vom 'Brunnen' entfernt, doch von niemandem beachtet, klaffte eine tiefe Furche im Boden, eine von vielen in dieser Gegend. Sie verlief in bizarren Zickzacklinien, verzweigte sich mehrmals und endete nach und nach irgendwo im Nirgendwo. Keiner hätte sich in dieses Labyrinth gewagt, das tiefer und weitläufiger war, als man zunächst glaubte. Und so wusste auch keiner, dass einer dieser Ausläufer nicht einfach verebbte, sondern in einen kurzen, unterirdischen Tunnel mündete. Und dieser wiederum stieß im spitzen Winkel genau auf jene Spalte, die vielen als „Tor zur Unterwelt" bekannt war – eben weil nie jemand ihren Grund gesehen hatte.

    Niemand, außer den Cas und den Shajs der Nacht aller Zeiten.

    Den jene Schlucht war durchaus begehbar, aber nur, wenn man diesen einzigen Zugang wählte. Wer sie durchschritt, durfte keine Dunkelheit fürchten, denn die Sonne drang nur an wenigen Tagen des Jahres bis hierher durch, und selbst dann war sie zu schwach, um mehr als einen Schritt im Umkreis zu erleuchten. Die Felswände, die immer wieder über diesem Durchlass zusammenstießen, verhinderten, dass man das Geheimnis der Schlucht von oben her ergründen konnte und diejenigen, die den Versuch mit dem Leben bezahlt hatten, waren der Lösung erst mit ihrer Verwesung näher gekommen – als sich nämlich das Fleisch von ihren Knochen gelöst hatte und die bleichen Gerippe dem eisernen Griff der Berge entkommen und durch die schmalen Spalten hinabgefallen waren.

    Man konnte bequem hintereinander gehen und dabei sogar eine aufrechte Haltung bewahren und besonders furchtlose Pferde hindurchführen, doch an eine Rast oder gar ein Nachtlager war hier nicht zu denken. Ein rauer, mit kleinen Felssplittern übersäter Boden bot eine Stolperfalle nach der nächsten auf, der Wind heulte laut und es war feucht.

    Sie gingen langsam. Nicht aus Vorsicht oder gar Beklemmung, sondern um sich mit jedem Schritt dieses Weges bewusst zu werden. Er führte sie in den Krieg. Und wenn sie ihn vollendet hatten, waren sie endgültig bereit für den Kampf.

    Plötzlich veränderte sich der schier endlose Spalt. Er wurde ein wenig breiter und höher, sein Grund wurde glatter, die Feuchtigkeit schwand. Nur die Finsternis blieb. Dies war die Stelle, an der die Schlucht auf den Berg stieß. Ein Berg, der durchzogen war von einem Gang, den die ersten Krieger des Landes geschaffen hatten. Wie viele Jahre hatten sie im Geheimen daran gearbeitet? Wie viele Generationen hatten ihn weiter getrieben? Wie viel Blut und Schweiß waren in ihm geflossen?

    Schnurgerade, eben, schmucklos und in vollkommene Dunkelheit getaucht. Man musste ihm weit länger folgen als dem „Tor zur Unterwelt" und es brauchte besondere Mittel, um ein Pferd dazu zu bringen, hier nicht zu scheuen und in Panik zu geraten. Nur die Mondpferde der Cas und der Shaj bestanden diese Prüfung ohne betäubende Substanzen.

    Als sie sein Ende erreichten, war die Nacht schon fast vorüber. Vor ihnen lagen dunkelgrüne Wiesen. Der Mond blendete sie schon fast, so grell schien er nach dieser fortwährenden Finsternis. Bei Tage wären sie durch das plötzliche Licht vielleicht erblindet.

    Nachdem sie ins Freie getreten waren, wandten sich einige Männerr noch einmal um. Die verfallene Hütte, die sich an die Steilwand des Berges drängte, war nicht einmal mehr für Landstreicher einen Besuch wert. Und selbst dieser hätte die gut getarnte Tür in der Rückwand des Hauses weder gefunden noch hätte er sie öffnen können. Ganz abgesehen davon, dass er nicht weit gehen musste, um Obdach zu finden.

    Am westlichen Horizont ragten die Feuertürme der Stadtmauern Askaryans in den Himmel.

    Der Wachposten schüttelte verständnislos den Kopf. Ganz Semon-Sey war auf den Beinen, jeder hatte die Shaj an diesem Tage sehen wollen – sie und die Cas, wie sie gen Süden auszogen, um den Feind zu schlagen. Die Heere Cycalas' hatten sich in Bewegung gesetzt und niemand wäre auf die Idee gekommen, sein Interesse etwas anderem zu widmen.

    Zumindest hatte er das erwartet.

    Und nun öffnete er bereits zum dritten Male an diesem Tage das schmale Tor, das den westlichen Ausgang aus der Stadt bildete. Dahinter befand sich nichts als ein schmaler Pfad in die dichte Vegetation, der bestenfalls für kräuterkundige Wanderer interessant sein mochte. Er führte direkt zur Küste, es gab kein Dorf und keinen Tempel auf diesem Weg und auch sonst nichts, was einen Ausflug lohnte. Über eine Abzweigung gelangte man noch zum Fluss, aber abgesehen davon, dass man diesen sehr viel schneller über das Südtor erreichte, war es auch noch unbequemer, diesen Umweg zu wählen. Gerade jetzt im Winter. Selbst im Sommer war diese Gegend kaum besucht.

    Der jetzige Passant war – wie die vorhergehenden – in derbe Wanderkleidung gehüllt. Er hatte sein Gesicht schon einige Male gesehen und zumindest das beruhigte ihn. 'Der will vielleicht wirklich nur Kräuter sammeln.' Doch sogleich fragte er sich 'Kräuter? Um diese Jahreszeit?' Der Wächter zuckte die Achseln. Was ging es ihn an? Vielleicht wollte dieser Mann auch bloß jagen? Aber mitten in der Nacht?

    Einige Stunden zuvor hatte er sich dieselben Fragen gestellt, nämlich als ein anderer Wanderer – der ihm ebenfalls vage bekannt vorgekommen war – ohne jede Erklärung um Durchlass gebeten hatte. Und die beiden, die bereits zur Mittagsstunde die Stadt nach Westen hin verlassen hatten, wollten ihm schon gleich gar nicht mehr aus dem Kopf gehen. Von allen waren sie die auffälligsten 'Reisenden' gewesen. Er beschloss, sich endlich Klarheit zu verschaffen.

    „Sag, alter Mann, was gibt es da draußen, dass an einem Tag wie heute so viele in die Wildnis im Westen ziehen?"

    Der Alte tat, als verstünde er nicht.

    „Wo willst du hin?" wiederholte der Wächter ungeduldig und deutete auf den Pfad.

    „Ah...." Das Gesicht des Wanderers hellte sich auf, als habe er endlich begriffen. Er zog ein Amulett hervor, auf dem eine Schlange eingraviert war. Ein eher billiges Stück von einem fahrenden Händler.

    „Wir geben! Wir geben Opfer! Er wird den Sieg bringen!!!" Dabei verdrehte der Alte die Augen und erweckte nun vollends den Eindruck eines Verrückten.

    Der Wächter seufzte. Es war nicht ungewöhnlich, dass einige Irre der Meinung waren, sie könnten Ash-Zaharrs Gunst besser erlangen als die Priester, indem sie irgendwelchen wahnwitzigen Ritualen nachgingen. Einige bevorzugten dafür aus verständlichen Gründen die Einsamkeit, denn es war bekannt, dass die semonischen Priester sich nicht gern ins Handwerk pfuschen ließen. Seltsam war nur, dass sich nun auch dieser Mann dazu hinreißen ließ – war er doch ein Fremdländer und somit ein Ungläubiger. 'Na, vielleicht ist er inzwischen so verwirrt, dass er selbst nicht mehr weiß, was er tut.'

    „Ach, verschwinde!" Er machte eine wegwerfende Handbewegung, wartete bis der Alte durch das Tor geschlurft war und verschloss es dann wieder sorgfältig. Hoffentlich kamen nicht noch mehr Geisteskranke auf die Idee, dort draußen eine Opferzeremonie durchzuführen. Sonst würde er am Ende doch noch den obersten Säbelwächter Semon-Seys informieren müssen. Und der war, dank des Befehls, hier zurückbleiben zu müssen und nicht an den Schlachten teilnehmen zu dürfen, ohnehin schon denkbar schlechter Laune.

    Auf der anderen Seite der Stadtmauer atmete Menrir auf. Er konnte nur hoffen, dass dieser Wachposten dem merkwürdigen Auftritt keine weitere Aufmerksamkeit schenken oder ihn gar verfolgen lassen würde.

    Eilig machte er sich auf den Weg, der ihm beschrieben worden war. Wenn er Glück hatte, konnte er den verabredeten Treffpunkt noch erreichen, bevor die Sonne aufging.

    Die zehn Mondpferde grasten unter einer Baumgruppe. Nur ihretwegen hatten sie den Weg nicht gleich fortgesetzt. Es war gefährlich, hierzubleiben, leicht konnten sie den Fußtruppen begegnen, die aus den südlicheren Dörfern über die Grenze reisten. Aber Horem und Karuu, die sich wieder auf ihren Späherposten befanden, hatten gute Augen. Sie würden sie rechtzeitig warnen.

    „Wir sollten nicht mehr lange warten. Bald wird es hell." Rahor betrachtete den Himmel, der weit im Osten schon die ersten violetten Streifen erkennen ließ.

    Lennys gab ihm im Stillen Recht. Vor ihnen lag ein langer Tag, der Pferden wie Reitern alles abverlangte. Es war besser, ihn so früh wie möglich anzugehen.

    „Sag den anderen, dass die Rast beendet ist."

    Rahor nickte. Er musste nicht laut rufen, ein einziger Wink genügte, um die Cas aufspringen zu lassen. Einer nach dem anderen überprüfte ein letztes Mal den Inhalt seiner Wasserflasche, kontrollierte seine Kleidung und den Sitz seiner Waffen und schwang sich dann aufs Pferd. Ein letztes Mal wandten sie sich nach Norden und ließen den Blick über die wilde cycalanische Landschaft schweifen, die sich dort vor ihnen ausbreitete. Keiner wusste mit Sicherheit, ob er von diesem Feldzug zurückkehren würde.

    Sie sogen den Anblick in sich auf. Nebel hüllte die fernen Silberberge ein, dunkel und drohend stachen die schwarzen gezackten Umrisse der Tannen und Fichten aus dem silbrig-weißen Dunst. Doch selbst jetzt im Winter war es schön, das Sichelland. Hier und da schimmerten immer noch grüne Ebenen, wenn auch nicht so saftig und üppig wie im Sommer. Der Morgenhimmel verfärbte sich allmählich blass-blau und man konnte über den Nebelfeldern erahnen, dass die Wintersonne heute einen besonders herrlichen Tag hervorzubringen gedachte.

    Dann stießen sie den Tieren die Fersen in die Flanken und galoppierten der Grenze entgegen. Niemand war in der Nähe. Niemand sah, wie die Cas und die Shaj der Nacht ihr Land verließen.

    Die Diener waren zuverlässig. Selbst in diesen frühen Morgenstunden hatten sie die zahlreichen Kaminfeuer in Vas-Zaracs Räumen angeschürt, um den verbliebenen Bewohnern eine behagliche Wärme zu verschaffen. Es war eine unbeliebte Aufgabe. Kein Sichelländer mochte das Feuer, sie hielten sich lieber fern davon. Doch die Winter in Cycalas waren lang und eisig.

    Dennoch vermisste Imra das mildere Klima des Mongegrunds nicht. Er war froh, wieder in seiner Heimat zu sein, auch wenn ihm der Abschied von seinem bescheidenen Haus in Fangmor zunächst schwergefallen war. Fast dreizehn Jahre hatte er dort unten im Süden ein beschauliches Leben geführt, wenn man von den ersten Monaten, in denen der Krieg tobte, absah. Sein Vater war damals stolz gewesen, dass sein Sohn sich der Herausforderung der Fremde stellen wollte. Einmal hatte er ihn sogar besucht und ihm bei der Besichtigung der kleinen, aber gut ausgestatteten Weberei anerkennend auf die Schulter geklopft.

    Nicht lange danach war er im Sichelland einen friedlichen und schmerzlosen Tod gestorben. Und Imra musste erkennen, dass eine weitere Verbindung nach Cycalas – vielleicht sogar seine wichtigste – verschwunden war.

    Wie hatte er sich doch geirrt.

    Er erinnerte sich noch gut an den Tag, an dem Akosh, Sara und Lennys vor seiner Tür gestanden waren. Erst kurz zuvor hatte er einen sehr überraschenden Besuch von dem bekannten Heiler Menrir erhalten, der das Kommen der Shaj angekündigt hatte. Nie zuvor war Imra eine solche Ehre zuteil geworden. Gewiss, er kannte Lennys noch von früher, wie er auch ihren Vater Saton gekannt hatte. Aber er hatte nie zu träumen gewagt, dass sie eines Tages Gast in seinem Hause sein würde.

    Und jetzt... jetzt war er in ihrem Hause. Und er war mehr als nur ein Gast. Er war ihr gleichgestellt worden – ein Shaj des Sichellandes, die Krone seiner Säule. An dem Tag, da Lennys über seine Schwelle getreten war, hatte er gespürt, dass sich sein Leben von nun an entscheidend verändern würde. Und er hatte das Sichelland wieder in sich gefühlt, das Heimweh war erwacht. Und noch während Lennys, Akosh und Sara durch die Mittelebenen nach Norden zogen, hatte er einen Entschluss gefasst, den Oras, der Vogelmann, nur wenig später noch bestärkt hatte. Ein Entschluss, der ihn nicht nur in seine Heimat zurück, sondern geradewegs zu diesem Thron geführt hatte.

    Am meisten bedauerte Imra, dass sein Vater dies nicht mehr miterleben durfte. Aber vielleicht war dies eines der geheimen Gesetze, die Ash-Zaharr geschaffen hatte. Auch Lennys war ohne Eltern, bei Talmir war es nicht anders. All jene, die die großen Herrscher hervorgebracht hatten, waren gestorben, ehe ihre Nachkommen in ihren Rang erhoben wurden. Lennys' Mutter Cureda war bei der Geburt ihrer Tochter gestorben, ebenso wie seine eigene. Talmirs Eltern waren schon vor vielen Jahren kurz hintereinander einer schweren Krankheit zum Opfer gefallen.

    Er erinnerte sich an Saton, der ein ähnlich tragisches Schicksal zu beklagen gehabt hatte. Und auch Makk-Ura war allein gewesen, als er den Thron bestieg.

    'Vielleicht ist alles vorgezeichnet.' dachte er melancholisch. Vielleicht waren die Weichen seines Lebens durch den Tod seines Vaters neu gestellt worden, ohne dass es zu diesem Zeitpunkt irgendjemand hätte erahnen können. Am wenigsten er selbst. Und noch nicht einmal an dem Tag, an dem Lennys mit ihm ein ernsthaftes Gespräch darüber geführt hatte, dass er auch sich selbst als möglichen Kandidaten in Betracht ziehen müsse, hatte er sich eine solche Zukunft vorstellen können.

    Sie hatte sich verändert, die Shaj der Nacht. Nicht im Ganzen, nein. Aber ihm gegenüber. Viele Stunden hatte er in den letzten Wochen in ihren Räumen verbracht, sie hatte ihn auf ihre Art für sein Amt vorbereitet, das wusste er nun. Hatte mit ihm geredet, ihm Geheimnisse offenbart und seine Ansichten teils verändert, teils gestärkt. Und obwohl er schon immer davon überzeugt gewesen war, dass die oberste Kriegerin der letzte Mensch war, den man beneiden konnte, so musste er inzwischen doch zugeben, dass er noch nicht einmal einen Bruchteil dessen erahnt hatte, was wirklich auf ihr lastete. Und dass er niemals alles erfahren würde.

    Es war merkwürdig, dass er sich gerade der Linie der Sarr so verbunden fühlte. Saton war für ihn die Verkörperung aller Macht und Kraft Cycalas' gewesen, wichtiger noch als der damalige Shaj der Erde. Natürlich hätte er als Weber dies niemals laut aussprechen dürfen. Und als Lennys ihrem Vater auf den Thron folgte, war seine Treue ungebrochen geblieben. Makk-Uras Tod war für ihn eine schwarze Stunde gewesen, er hatte getrauert und geklagt und auch Angst empfunden. Im tiefsten Herzen aber war er auch dankbar gewesen, dass nicht die Sarr-Linie ausgelöscht worden war – eine der ältesten Familien des Landes und eine der mächtigsten noch dazu. Über viele Generationen hatten sie die Shajs oder zumindest einen der Cas gestellt und seit sie zu den höchsten Kriegern gehörten, war das Land sicher und siegreich gewesen. Selbst der Große Krieg war keine Niederlage gewesen, obgleich viele Cycala und unter ihnen auch der große Shaj Saton gefallen waren, denn nachdem die Feindin Orjope geschlagen worden war, war das Sichelland in noch größerem Glanz und Reichtum erstrahlt als je zuvor. Lennys' Tod wäre ein weit schmerzhafterer Verlust für das Land gewesen als das Ableben des alten und zwar beliebten, aber doch auch recht unbedeutenden Makk-Ura.

    Über seinen eigenen Stellenwert in Cycalas' Geschichte machte Imra sich keine Gedanken. Er gehörte dem Stamm Waan an, der sich seit jeher durch Bescheidenheit, Geduld und Genügsamkeit ausgezeichnet hatte und der sich lieber still im Hintergrund hielt. Und so würde er auch sein Amt erfüllen. Im Grunde bildeten die Waani den vollständigen Gegensatz zu den Batí, die impulsiv, temperamentvoll, ungeduldig und ausgesprochen selbstbewusst waren. Umso seltsamer kam es Uneingeweihten vor, dass es gerade die Waani waren, denen am ehesten ein gewisser Respekt von Seiten der Batí entgegenschlug. Sie ergänzten einander und kamen sich dennoch nicht ins Gehege und sie schätzten ihre gegenseitigen Fähigkeiten und Talente. Bei allen Gegensätzen gab es aber auch Gemeinsamkeiten zwischen den Stämmen. Waani wie auch Batí waren eher schweigsame, zurückgezogene Einzelgänger, die Oberflächlichkeit und Prunksucht verabscheuten.

    Imra sah es als ein Zeichen des Dämonen Ash-Zaharr selbst, dass zwei der momentan regierenden Shajs aus eben diesen beiden Stämmen hervorgingen. Und auf seine Art bildete Talmir ein Gegengewicht, denn er unterschied sich in jeglicher Hinsicht von ihnen. Dies mochte gut oder schlecht sein, in jedem Falle aber bedeutsam. Er glaubte fest daran, dass auch Talmir noch seine Rolle in der Geschichte zu erfüllen hatte.

    „Achte auf ihn." hatte Lennys kurz vor ihrem Aufbruch in den Süden gesagt. Auch in jener Nacht hatte sie Imra zu einem persönlichen Gespräch geladen. Und Imra wiederum wusste, dass vor ihm der Shaj des Himmels auf demselben Sessel gesessen und in dieselben schwarzen Augen geblickt hatte. Cycalas war im Krieg und somit stand das ganze Land im Zeichen der Nacht. Wenn die Shaj der Krieger zu einem Treffen aufforderte, durfte man es nicht verwehren – das galt auch für Imra und Talmir. Und sie hatte dazu aufgefordert. Natürlich konnte Imra nur ahnen, was sie mit Talmir besprochen hatte. Und er ahnte auch, was nun auf ihn zukam, als Satons Tochter von ihrem Schreibtisch aufgesehen hatte. Düster und ernst, nicht euphorisch oder überheblich, wie er es sonst von den Kriegern unmittelbar vor großen Kämpfen kannte.

    „Ich werde dir nicht verbergen, dass ich dieses Land zum jetzigen Zeitpunkt nicht gern verlasse. Und ich bin es nicht gewohnt, andere um Hilfe zu bitten. Du wirst also niemals von mir etwas derartiges hören. In Kriegszeiten steht ganz Cycalas unter meinem Befehl. Und ich erwarte, dass man sich ihm beugt."

    Imra hatte genickt. Für ihn bedeutete es keine Degradierung, wenn sie so sprach, er war sogar schon fast erleichtert, dass sie die Zügel so streng in ihre Hände nahm.

    „Und was dich betrifft, Imra, so wirst du dich um sehr viele Aufgaben zu kümmern haben, während ich fort bin. Ich verstehe es, wenn du dich dem nicht gewachsen fühlst, aber du hast nicht das Glück, dich frei entscheiden zu können. Bist du bereit, mir zuzuhören?"

    Natürlich war er bereit gewesen.

    „Du musst ein Auge auf Talmir haben. Solange ich nicht hier bin, wird er sich aufspielen und versuchen, sich über dich zu stellen. Aber das ist sicher nicht alles. Du kennst inzwischen seine Haltung, was die Batí betrifft. Als oberster Priester und Shaj des Himmels ist er in der Lage, sehr viel Macht auszuüben. Vielleicht versucht er, meine Abwesenheit auszunutzen und den Batí zu schaden. Ich erwarte regelmäßige Berichte von dir in Hinblick auf sein Verhalten. Und natürlich wirst du mich sofort informieren, falls er anfangen sollte, gegen die Batí vorzugehen. Du solltest deshalb auch mit Mondor in Kontakt bleiben, obwohl ich glaube, dass er bald nicht mehr hier sein wird."

    Für Imra war es eine große Anerkennung, dass Lennys ihn damit betraute, für die Belange der Batí einzutreten. Er hätte es auch ohne diese Aufforderung getan, aber die Bestätigung, die er durch die Shaj der Nacht erhalten hatte, tat gut.

    „Das ist noch nicht alles. Es gibt einige… sagen wir, persönliche Anliegen. Ich könnte Mondor oder Wandan damit beauftragen, doch beide haben sich da in eine Geschichte verrannt, von der ich sie nicht abbringen kann und der sie ihre ganze Aufmerksamkeit widmen wollen. Du bist neu in deinem Amt und die Arbeit türmt sich vor dir auf, aber es gibt Wichtigeres, als die Silberpreise zu regeln oder die Qualität des Hühnerfutters zu prüfen."

    „Was immer du mir aufträgst, ich werde mein Bestes tun, um es zu erfüllen. Ich habe das Gefühl, dass Ash-Zaharr mir genug Kraft geben wird, um nicht nur meinem Amt, sondern auch deinen Erwartungen gerecht zu werden."

    „Zumindest wird er dich nicht daran hindern." Diese Bemerkung hatte auf eine unheimliche Art bitter geklungen, doch sie war nicht weiter darauf eingegangen. Stattdessen war sie angespannt auf und ab gegangen und während sie Imra mit Aufträgen überhäufte, hatte sie den einstigen Weber nicht ein einziges Mal angesehen.

    „Du wirst jemanden für mich ausfindig machen, an den du dich wohl kaum noch erinnerst. Es handelt sich um einen Manatarier namens Eskjat. Wenn er meine letzten Anweisungen befolgt hat, müsste er sich inzwischen in Gahl aufhalten. Befehle ihn nach Askaryan, wo er eine Nachricht in Empfang nehmen soll, die ich dir vor meiner Abreise übergebe. Er soll sie so schnell wie möglich überbringen – er wird wissen, an wen. Sorge dafür, dass niemand davon erfährt.

    Desweiteren möchte ich, dass du Ermittlungen im Tempel von Zarcas anstellst. Dort gab es vor nicht allzu langer Zeit einen merkwürdigen Unfall, bei dem ein Schüler namens Ascam ums Leben kam. Ich bin mir sicher, dass dieser Todesfall dem einen oder anderen Priester sehr entgegenkam. Finde heraus, was es damit auf sich hat und zögere nicht, die härtesten Gesetze anzuwenden, egal wer sich als Schuldiger herausstellt."

    „Wird Talmir nicht misstrauisch, wenn ich mich um diese Angelegenheit kümmere? Immerhin geht es um einen der größten Tempel Cycalas'."

    „Es sollte dir gleichgültig sein, was er denkt, du hast jegliches Recht dazu, diese Ungereimtheiten aufzuklären. Sollte er dennoch Schwierigkeiten machen, kannst du offiziell vor den Rat treten und erklären, dass ich aus persönlichen Gründen wünsche, dass du dich damit befasst. Aber so weit wird es nicht kommen. Talmir wird nicht riskieren, dass dieser Mord – und das war es – allzu öffentlich gemacht wird."

    „Ich werde mein Bestes tun."

    „Das ist noch nicht alles. Doch das Nächste wird dir nicht gefallen. Dennoch ist es wichtiger als der Botengang von Eskjat oder der Mord in Zarcas. Und ich kann dir noch nicht einmal die Wahl lassen, dich diesem Wunsch zu verweigern."

    „Ich höre."

    „Du wirst dazu Hilfe brauchen. Traue niemandem, aber wähle dennoch so sorgfältig wie möglich, wen du hinzuziehst. Ich möchte, dass du noch einige weitere Personen im Blick behältst. Ich will wissen, wann sie sich wo aufhalten, was sie tun, mit wem sie Kontakt haben und alles, was sonst noch herauszufinden ist. Du wirst mich auch hierüber auf dem Laufenden halten."

    „Wer sind diese Personen?"

    „Wandan, Mondor, Akosh, Oras und Sara."

    „Wie bitte? Imra war aufrichtig entsetzt gewesen. „Du willst, dass ich meine eigenen Freunde beschatte? Die auch deine Freunde sind!

    In diesem Moment war Lennys' Stimme eisig und ihr Blick hart geworden. „Ein Shaj hat keine Freunde. Auch du wirst das noch lernen. Und genau aus diesem Grund wirst du genau das tun, was ich dir gesagt habe. Das war keine Bitte."

    „Und wenn …."

    „Wenn du dich doch weigerst? Merke dir eines, Imra. Unter Ash-Zaharrs Augen zählen persönliche Bande nichts. Freundschaften sind wertlos. In diesem Lande gibt es Dinge, für die jeder Einzelne sein Leben opfern würde – uns beide eingeschlossen. Und genau deshalb wirst du meinem Wunsch nachkommen. Sei dankbar, dass du sie nur beobachten sollst – es könnte weit schlimmer kommen."

    Jetzt, in der Stille dieses Zimmers, das ihm als Arbeitsraum diente, dachte Imra mit Unbehagen an dieses Gespräch zurück. Lennys hatte ihm viele Pflichten auferlegt und er war klug genug, zu begreifen, dass sie das nicht getan hätte, wenn sie eine andere Wahl gehabt hätte. Er seufzte. Schon immer hatte man in Cycalas gesagt, dass das Amt eines Shajs der größte Fluch sei, der einen überhaupt treffen konnte, wenn man einmal von Ash-Zaharrs Rachegelüsten gegenüber hoher Batí absah. Nun spürte der Weber zum ersten Mal, was damit gemeint war.

    Die verwilderte Landschaft zwischen der südöstlichen Grenze Cycalas' und den nördlichsten Ausläufern Valahirs sah selten einen Besucher. Es gab keinen Grund, sich hierher zu verirren, weder reiche Bodenschätze noch seltene Pflanzen- oder Tierarten lockten jemanden hierher. Es war ein Niemandsland, für das keiner Interesse hegte und nur die askaryschen Grenzwächter warfen dann und wann einen Blick hierher, um sicherzugehen, dass nicht doch der eine oder andere größenwahnsinnige Hantua sein Unwesen nahe der geschützten Grenzen trieb. Noch nie war dieser Verdacht begründet gewesen.

    Die unberührte Natur in dieser Gegend begegnete der Gruppe mit Gleichgültigkeit. Weder unterbrachen die Vögel ihren morgendlichen Gesang, noch ergriffen die Hirsche und Füchse die Flucht und das Gras würde sich schon bald wieder aufrichten, auch wenn es jetzt unter dem Gewicht der Pferde in den Boden gestampft wurde.

    Dichtes Unterholz und dornige Ranken verhinderten ein schnelles Vorankommen, nur selten konnten die Krieger auf kurzen Wiesenstücken ihre Rösser zum Galopp antreiben. Aber sie kamen gut voran. Die Berge rückten immer näher.

    Es war ein schweigsamer Ritt, ein jeder hing seinen Gedanken nach. Manchmal wurden die Abstände zwischen ihnen so groß, dass sie einander nur noch aus der Ferne ausmachen konnten, doch wie von selbst fand sich die Gruppe auch immer wieder zusammen.

    Mit einer Ausnahme.

    Lennys war weit voraus geritten. Mit dem Tempo und der Ausdauer ihres Hengstes konnten die anderen Tiere nicht mithalten. Und die Cas hatten ein feines Gespür für die Launen ihrer Herrin und sie wussten, dass die Shaj jetzt allein sein wollte. Spätestens, wenn sie die Bergkette erreicht hatten, würde sie auf sie warten, aber bis dahin mussten sie sich damit beruhigen, dass Lennys sich nur alle paar Stunden einmal für kurze Zeit blicken ließ und sich sogleich wieder entfernte, sobald sie einander bestätigend zugenickt hatten.

    Ihr stand nicht der Sinn nach langen Reden. So viele Monate, so viele Jahre, hatte sie den Tag herbeigesehnt, an dem sie mit Sichel und Shajkan in den Süden reiten durfte und sich nicht zügeln musste, alle zu erschlagen, die sich ihr entgegenstellten. Eine gewaltige Woge des Blutes rollte auf sie zu und sie musste für die nächste Zeit keinen Durst mehr leiden.

    Aber der Zeitpunkt des Krieges machte jenes Hochgefühl, das hätte vorherrschen sollen, zunichte. Andererseits stellten sich einige Probleme ja erst durch diese Situation. Sie hätte es vorhersehen müssen. Dann hätte sie rechtzeitig reagieren können.

    Ash-Zaharr war allgegenwärtig. Er schickte Träume, Erinnerungen und verlorengeglaubte Empfindungen. Er lenkte ihre Gedanken ab, raubte ihre Konzentration und ihre Kraft, dämpfte ihren Ehrgeiz und stärkte ihre Gleichgültigkeit gegenüber wichtiger Entscheidungen. Und er wurde von Tag zu Tag stärker. Kein betäubender Trank konnte mehr davon ablenken.

    Imra war noch nicht bereit für das, was sie von ihm erwartete. Sie hätte noch einige Wochen benötigt, um ihn in das Nötige einzuweihen - in das, was er eigentlich wissen musste, um den Anforderungen gerecht zu werden, die sie an ihn stellte.

    Eskjat zu finden und ihm die geheime Botschaft zu übergeben, war sicher nicht das Problem. Und der Tod des Tempelschülers Ascam würde durch den Shaj der Erde sicher bald aufgeklärt werden, dazu bedurfte es nur etwas Geduld und Hartnäckigkeit. Auf Talmir konnte ihn niemand vorbereiten, er musste selbst einen Weg finden, dem Shaj des Himmels auf die Finger zu schauen. Doch die letzte Aufgabe, die schwerste, konnte er kaum bewältigen. Er war zum Scheitern verurteilt, aber er musste es zumindest versuchen. Imra, der Weber, der nun zum Herrscher geworden war, war vielleicht ihre letzte Chance, das Schlimmste zu verhindern. Aber sie glaubte nicht daran.

    Das Schicksal – das ihres Landes wie auch ihr eigenes – schien ihr aus den Händen zu gleiten, sofern sie es jemals überhaupt hatte bestimmen können. Wenn sie es tatsächlich nicht mehr schaffte, die Situation unter Kontrolle zu bringen, dann würde sie – wie ihr Name es von ihr verlangte – das Ende bringen. Wenn auch auf eine Art und Weise, die sich niemand jemals gewünscht hätte.

    Ein ganzes Stück hinter sich hörte sie Stimmen. Die Cas hatten wieder zu ihr aufgeschlossen.

    Lennys fragte sich, ob sie enttäuscht waren, weil sie sich so von ihnen fernhielt. Es waren gute Krieger. Alle. Auch wenn sie zuweilen den einen oder anderen tadelte, so hatte doch jeder von ihnen Qualitäten, die aus den anderen hervorstachen. Im Grunde hatten sie es nicht verdient, so von der Herrin behandelt zu werden, deren Leben sie mit ihrem eigenen zu schützen geschworen hatten. Wer von ihnen wusste schon, dass sein Tod vielleicht umsonst sein würde? Die größte Gefahr, die ihr eigenes Leben bedrohte, war ausgerechnet eine, vor der kein Cas, kein Krieger und auch sonst kein Mensch sie schützen konnte. Und die gefährlichste Waffe, die sich gegen sie richtete, war in ihr selbst.

    Obwohl sich alle Sieben versammelt hatten, herrschte Stille in dem Raum. Keiner von ihnen konnte leugnen, dass ihm der scharfe Grat, auf dem sie sich eben bewegten, nicht bewusst war. Und jedem einzelnen machte etwas anderes zu schaffen. Das, was sie alle trotzdem verband, war zwar stark genug gewesen, sie zusammenzubringen, aber es reichte noch nicht, um diese Gemeinsamkeit in Worte zu fassen oder gar Taten daraus folgen zu lassen. Einer musste den Anfang machen.

    Schließlich stand der, der sie zusammengeführt hatte, auf.

    „Ihr alle wisst, dass unser Kreis nicht vollständig ist. sagte er und hier und da antwortete ihm ein schwaches Nicken. „Wir haben ein Ziel, aber niemand weiß, welcher Weg dorthin führen wird. Einige glauben, ihn zu kennen und sind deshalb nicht hier, weil sie ihm bereits folgen. Jetzt lautet die Frage für jeden von uns, welchen wir einschlagen wollen.

    „Sind wir denn wirklich sicher, was das Ziel ist? fragte ein anderer. „Es ist nicht immer leicht, das Richtige vom Falschen zu unterscheiden.

    Der Älteste in der Runde stand auf. „Akosh, Schmied aus Goriol. Cas und Waffenschmied unter Saton. Du hast uns aufgesucht. Jeden einzelnen von uns. Und du hast uns dein Wissen offenbart. Jeder von uns hat einen anderen Grund, weshalb er hier ist. Wir könnten unterschiedlicher nicht sein. Sprich noch einmal zu uns und sage uns: Welche Wege tun sich auf, zwischen denen wir uns entscheiden könnten?"

    Akosh dachte lange nach. Er sah in jedes einzelne der sechs Gesichter und stellte sich vor, was sich dahinter verbarg. Welche Gedanken, welche Fähigkeiten, welche Wünsche und welche Ängste.

    „Die Shaj der Nacht ist mit den Cas in den Süden geritten, um dort Iandal und Log zu schlagen und um einen Krieg zu gewinnen, der schon vor zwölf Jahren begann. Es heißt, niemand könne sie im Zweikampf besiegen. Doch wie ich euch bereits sagte, ist das ein Irrglaube. Ihre Kraft bröckelt von Tag zu Tag und ihr Wille ist so angreifbar wie nie zuvor. Was liegt da näher, als ihren Spuren zu folgen?"

    Wieder war es der Älteste, der zuerst antwortete: „Mir fehlt es an Jugend und Stärke für eine solche Reise. Ich wäre dir eine Last und kein Gewinn. Dieser Weg, Akosh, bleibt mir verwehrt."

    „Einen weiteren kennt ihr bereits, denn einige gehen ihn schon. Doch nicht alle können sich ihnen anschließen, wie ihr wisst. Wer die Bedingungen erfüllt und es wagen möchte, wäre ihnen sicher eine große Hilfe."

    Der Älteste nickte zufrieden. Er schien seine Aufgabe gefunden zu haben. Dann aber wurde sein Ausdruck sorgenvoll.

    „Werde ich Nachrichten von dir erhalten? Es mag sein, dass wir ein gemeinsames Ziel haben, aber doch haben wir unterschiedliche Gründe, warum wir es verfolgen. Du kennst den meinen."

    „Ich kenne ihn und ich werde ihn nicht vergessen."

    Der Älteste schien etwas beruhigter.

    „Es gibt noch etwas, was getan werden muss. Glaubt nicht, dass wir unbeobachtet sind. Die Shaj der Nacht ist bekannt für ihr Misstrauen und sie lässt es gegen jeden walten. Es wird nicht leicht sein, sie zu täuschen. Und da sie sich schon jetzt nicht mehr in ihrem Land befindet, werden andere für sie das in Erfahrung bringen, was sie wissen möchte. Wir können unser Geheimnis sicher nicht auf Dauer bewahren, aber vielleicht können wir den Augenblick der Wahrheit noch ein wenig herauszögern. Falsche Fährten, offene Augen und Ohren und die Bereitschaft, Gefühle von Vernunft zu trennen, können uns dabei helfen. Muss ich deutlicher werden?"

    Ein anderer, der sich den ganzen Tag über eher still verhalten hatte, richtete sich auf.

    „Nein, Akosh. Wir wissen, was du meinst. Besonders mir fällt es schwer, die Notwendigkeit einzusehen, uns gegen jene zu stellen, die uns unter anderen Umständen vielleicht freundlich gesonnen wären. Aber ich bin bereit dazu. Wir sind bereit dazu." Die dunkle Gestalt neben ihm neigte den Kopf zum Zeichen, dass sie derselben Meinung war, sagte aber nichts.

    „So werde ich gen Süden ziehen, einer folgt unseren Gefährten und zwei halten uns den Rücken frei. Was ist mit euch dreien? Für welchen Weg entscheidet ihr euch?

    Die Antworten der letzten Drei überraschte ihn nicht, auch wenn er sich eine andere gewünscht hätte.

    Afnan vergötterte Imra. Es fiel ihm nicht schwer, in Abwesenheit seiner eigenen Herrin dem früheren Weber zu gehorchen und ihn insgeheim als vorübergehenden Gebieter über Vas-Zarac anzusehen. Eines Tages, wenn Lennys siegreich zurückkehrte, würde der Shaj der Erde sein eigenes Domizil beziehen – vermutlich in Askaryan oder Zarcas. Doch vorerst blieb er hier. Nicht nur, weil es Lennys' ausdrücklicher Wunsch war, sondern weil er hier vieles zu erledigen hatte, worüber er aber mit niemandem sprach. Zumindest mit fast niemandem.

    Imra hatte nicht vergessen, dass Lennys ihm zugestanden hatte, sich Vertraute zu suchen, auch wenn sie diesen Ausdruck niemals benutzt hatte. Doch Imra besaß eine gute Menschenkenntnis und er hatte schnell erkannt, dass er in Afnan einen treuen und zuverlässigen Diener gefunden hatte. Ein weiteres Talent von Imra, das Lennys im Übrigen vollkommen fehlte, war sein Taktgefühl. Er wusste, zu wem er wie sprechen konnte, ohne ihn dabei zu verletzen und er wählte die Zeitpunkte, zu denen er etwa schlechte Botschaften zu überbringen hatte, mit Bedacht. In Afnans Fall war es keine große Kunst gewesen, zu entscheiden, was man besser noch verschwieg.

    „Hoher Shaj, ich fürchte, ich kann euch nur wenig Neues berichten." keuchte der Hauptkämmerer, als er an diesem Abend in Imras Arbeitszimmer trat.

    „Wenig ist besser als nichts. Setz dich, Afnan, nimm dir einen Tee und erzähle, was du herausgefunden hast."

    „Akosh wurde seit Tagen nicht mehr gesehen. Man munkelt, er könne der unbekannte Besucher gewesen sein, mit dem die Oberste Heilerin sich des nachts in der Bibliothek getroffen hat, aber das ist natürlich vollkommener Unfug. Gesehen hat ihn dabei niemand. Einige Leute im Dorf sagen, er hätte den „Anbruch der Nacht von einem Hügel nahe der Kasernen aus beobachtet und sei in Begleitung einer jungen Frau gewesen, aber auch das lässt sich nicht beweisen. Ansonsten verliert sich seine Spur. Er hatte in den letzten Wochen kaum Kontakte. Ein- oder zweimal sei er in zwielichtigen Gegenden aufgetaucht, aber das hat ebenfalls nichts zu sagen.

    „Was meinst du mit zwielichtigen Gegenden? Hier, in Semon-Sey?"

    „Hoher Herr, die Leute reden viel. Und auch wenn sie es nicht zugeben, so begegnen sie den „Wölfen doch mit Angst und meiden die Straßen, in denen sie leben.

    „Akosh wurde in Gesellschaft der 'Wölfe' gesehen?" fragte Imra ungläubig.

    „Nicht in ihrer Gesellschaft, Herr, aber er hielt sich in der Nähe ihrer Unterschlüpfe auf. Ein Zufall, wenn ihr mich fragt."

    „Sicher... Imra wurde nachdenklich. „Ein Zufall.... Dann schüttelte er den Gedanken wieder ab. „Was noch?"

    „Der alte Menrir wurde gesehen. Am östlichen Stadttor, in der vergangenen Nacht. Der Wachposten meinte, dort sei auch Akosh einige Stunden zuvor vorbeikommen. Sie sind nach Osten gegangen."

    „Du sagtest doch, man hätte den Schmied seit Tagen nicht gesehen? Dafür weißt du aber erstaunlich viel über ihn. Er hat die Nähe zu den Wölfen gesucht und hat die Stadt in Richtung Osten verlassen."

    „Aber er hat mit niemandem gesprochen. Und die Beschreibungen waren in allen Fällen sehr vage, niemand war sich ganz sicher, dass wirklich er es war. Noch nicht einmal der Soldat am Stadttor."

    „Also nur Vermutungen. Nehmen wir einmal an, es stimmt. Warum sollten Menrir und Akosh nach Osten ziehen? Dort gibt es doch nichts. Waren sie die einzigen?"

    Afnan zögerte.

    „Der Wächter sagte noch etwas von zwei jungen Damen. Aber da war wohl eher der Wunsch der Vater des Gedanken."

    Imra schüttelte ungehalten den Kopf.

    „Warum sollte er sich so etwas ausdenken? Zwei junge Damen also. Das ist seltsam. Eine, das hätte ich noch verstanden, aber zwei? Wie sahen sie aus?"

    „Sie trugen weite Umhänge und hatten ihre Kapuzen hochgeschlagen. Sehr hübsch sollen sie beide gewesen sein, aber mehr weiß ich nicht. Möglicherweise waren es Hetairen aus der Stadt, die Akosh und Menrir sich an einen ungestörten Ort bestellt haben."

    Der Mund Imras verzog sich zu einem schmalen Strich.

    „Mit solchen Anschuldigen solltest du vorsichtig sein. sagte er streng. „Ich frage dich ganz direkt – besteht die Möglichkeit, dass eine der beiden Damen die Oberste Heilerin war?

    Afnan wurde bleich.

    „Ihr meint die Dienerin Sara? Ganz gewiss nicht, Herr! Mit Menrir mag sie ja befreundet sein, aber zufällig weiß ich, dass sie vom Herrn Akosh nicht mehr sehr angetan ist. Außerdem würde sie es nie wagen, die Stadt zu verlassen, selbst jetzt nicht, da die Hohe Shaj der Nacht fort ist." Afnan klang so überzeugt, dass er Imra schon fast leid tat.

    „Was meinst du damit, sie wäre von Akosh nicht mehr so angetan?"

    Nun fühlte sich der Kämmerer wirklich unwohl in seiner Haut. Es lag ihm nicht, Gerüchte zu verbreiten und er wusste nicht einmal halb so viel, wie notwendig wäre, um dem Shaj der Erde eine zuverlässige Aussage bieten zu können. Und hatte er nicht sein Wort gegeben, mit niemandem darüber zu sprechen? Andererseits – wenn er Imra nicht vertrauen konnte, seinem Herrn, wem dann?

    „Du musst nichts sagen. kam ihm der Herr der Handwerker zu seiner Erleichterung zuvor. „Ich kann es mir in etwa denken und habe selbst schon Informationen erhalten, die diesen Eindruck vermitteln. Trotzdem erwarte ich, dass du mir in Zukunft alles berichtest, was du über diese Angelegenheit in Erfahrung bringst. Außerdem wirst du dein Möglichstes tun, herauszufinden, wer diese beiden Frauen waren und wohin Menrir und Akosh gegangen sind – falls es sich wirklich um die beiden handelte.

    „Ja, Herr."

    „Und nun schick mir den alten Wandan, ich möchte dringend mit ihm sprechen. Ist Mondor noch in Vas-Zarac?"

    Afnan nickte eifrig. „Ja, ich habe ihm heute morgen persönlich sein Frühstück serviert. Aber ich glaube nicht, dass er noch lange bleiben wird. Und auch der Herr Wandan macht sich wohl schon zur Abreise bereit."

    „Wie dem auch sei – Ich wünsche beide heute noch zu einer Unterredung zu treffen. Meinetwegen auch gleichzeitig. Sieh zu, wen du zuerst erreichst. Ich warte hier in meinem Arbeitszimmer."

    Erst als Afnan hinausgegangen war, wurde Imra bewusst, dass er bei diesem Gespräch mit dem Kämmerer eine neue Seite an sich gezeigt hatte. Er konnte also sehr wohl auch streng und energisch sein und seinen Willen zeigen. Früher hatte er auf solche Eigenschaften keinerlei Wert gelegt. Aber als Shaj war es nötig, sich Respekt zu verschaffen und zu seinen Entscheidungen zu stehen. Vielleicht war es Ash-Zaharrs Geist, der noch in ihm nachklang und ihm dabei half, diese Herausforderungen zu bestehen.

    Akosh und Menrir hatten sich von den anderen zurückgezogen. Es war dem Schmied ein Bedürfnis, sich mit dem alten Heiler unter vier Augen auszutauschen. Er war nicht ganz so müde wie alle anderen, obwohl auch er in den letzten Tagen kaum Schlaf gefunden hatte. Vielleicht waren es andere Gefühle, die ihn wachhielten. Er war ein halber Batí und Angst hatte in ihm nur selten Platz, doch diesmal konnte er sie nicht leugnen. Es war nicht der Tod, den er fürchtete, sondern sein eigenes Scheitern und die Folgen, die damit verbunden waren. Zudem war er nun wider Willen verantwortlich für das Wohlergehen der Weggefährten, die sich ihm angeschlossen hatten. Es war ihr Wunsch gewesen, ihn zu begleiten und er hatte keine andere Wahl gehabt, als sich ihm zu beugen, auch wenn er lieber allein losgezogen wäre. Nur einer aus der Gruppe war nach wie vor unentschlossen und dieser eine saß jetzt vor ihm und wartete darauf, dass der Schmied das Gespräch begann.

    „Wie oft..... begann der einstige Cas langsam, „..hast du in letzter Zeit an deinen Sohn gedacht, Menrir?

    Der Alte ließ sich nicht anmerken, ob ihn die Frage überraschte.

    „Ich versuche, nicht an ihn zu denken." gestand er.

    „Weil du weißt, dass Lennys ihn töten will?"

    „Seltsamerweise glaube ich nicht, dass sie das tun wird. Und wenn... dann werde ich es nicht verhindern können."

    „Er ist nach Iandal ihr größter Feind geworden. Und er bedroht unser Land. Er hat Gefangene genommen. Sie wird keine Sekunde zögern."

    Menrir lächelte schwach.

    „Weißt du, Akosh, ich bin kein Sichelländer. Ihr könnt nicht in die Zukunft sehen und ich kann es auch nicht. Trotzdem… irgendetwas sagt mir, dass das wovon du sprichst, noch nicht geschehen wird. Vielleicht bald, aber eben jetzt noch nicht. Mein Sohn will nichts mehr von mir wissen, für ihn bin ich ein Verräter, der sich mit dem verabscheuungswürdigen Sichelland verbrüdert hat. Was sollte ich tun? Ihn warnen, dass die beste Kriegerin eures Landes auf dem Weg zu ihm ist? Denkst du nicht, dass er das längst weiß? Und denkst du, er würde mich überhaupt anhören? Nein. Ihr könnt das nicht begreifen, aber trotz allem, trotz all seines Unrechts und seiner Verbrechen, ist er immer noch mein eigenes Fleisch und Blut. Und trotz allem vertraue ich ihm und seiner Klugheit. Er wird nicht in seinem Palast warten, bis ein paar Sichelländer kommen, um ihn zu bestrafen."

    „Du denkst, er erwartet sie. Du denkst, es ist eine Falle."

    „Dann wäre es eine sehr dumme. Es ist doch offensichtlich. Er selbst hat ihr Kommen gefordert. Und deshalb ist er auch darauf vorbereitet. Welchen Plan er hat, weiß ich nicht, aber ich würde ihn nicht unterschätzen."

    „Menrir.... Akosh wurde jetzt sehr ernst. „Ist dir nicht klar, dass nur einer der beiden dieses Aufeinandertreffen überleben wird?

    „Selbst was das betrifft, würde ich dafür nicht meine Hand ins Feuer legen. Immerhin kenne ich Log seit seiner Geburt. Mag sein, dass er im Zweikampf unterliegen würde, doch er ist kein Mann, der blind einen Heldentod sterben würde. Er ist auf Lennys vorbereitet."

    „Dann möchtest du also, dass sie stirbt?"

    Nun war es Menrir, dessen Züge hart wurden.

    „Akosh, wir beide sind sehr verschieden. Und uns sind verschiedene Dinge wichtig. Erwarte niemals von einem Vater, dass er seinem Sohn eine Niederlage oder gar den Tod wünscht."

    „Warum bist du hier, Menrir? Du weißt, dass es nicht unser oberstes Ziel ist, Logs Leben zu erhalten. Wenn es das ist, was du willst, werden wir dir kaum helfen können."

    „Wie ich bereits sagte, ich traue meinem Sohn durchaus zu, auch ohne meine Hilfe zu überleben. Sage mir, Akosh, wohin soll ich gehen? Was habe ich hier noch?"

    „Du hättest ebenso gut in Vas-Zarac bleiben können. Imra hätte sich sicher gefreut."

    „Imra hat jetzt andere Pflichten. Ich aber habe nicht vergessen, was jenseits eurer Grenzen geschieht. Noch einmal: Ich bin kein Sichelländer. Ich bin geboren in Angengund und habe dort gute und schlimme Tage erlebt. In Ontur begann ich ein neues Leben und schließlich verschlug mich das Schicksal nach Elmenfall. Weißt du, wie lange ich mein Haus nicht mehr gesehen habe, Akosh? Ich sehne mich nach einem ruhigen Lebensabend in diesem wundervollen Städtchen. Und ich vermisse sogar die Lehrstunden im Nebeltempel, auch wenn dort nichts mehr so ist, wie es einst war. Ich habe nicht vergessen, dass dort draußen jetzt Kämpfe toben. Ihr wollt euer Sichelland beschützen. Wie ist das wohl für jemanden, dessen Heimat euer Feind ist? Deshalb bin ich hier. Weil ich so vielleicht auch ein wenig für mich tun kann. Für Manatara, wo ich geboren wurde und für das Mittelland, in dem ich lebe. Ich will, dass es eine Ende hat. Egal, welche Seite letztendlich siegreich hervorgeht – es muss einfach vorbei sein."

    „Es ist ein langer Weg in den Süden."

    „Ich mag alt sein, Akosh und meine Knochen danken es mir nicht, dass ich ihnen nur wenig Ruhe gönne. Das bedeutet aber nicht, dass ich nichts mehr leisten kann."

    „Das habe ich auch nicht gesagt. Und wir sind auch nicht allein. Schon wegen der anderen beiden muss ich Rücksicht nehmen."

    Nun zuckten Menrirs Mundwinkel wieder.

    „Es gefällt dir nicht, dass sie mitkommen. Die Vergangenheit sollte dir bewiesen haben, dass der erste Eindruck täuscht. Sie sind zäher als du glaubst."

    „Du sprichst nur von deinen Erfahrungen, Menrir. Möglicherweise hast du in einem Fall sogar recht – aber wohl kaum, was beide betrifft. Und wir sollten nicht vergessen, dass das was hinter uns liegt, nicht mit dem zu vergleichen ist, was wir vor uns haben. Der Schmied stand auf. „Es wird Zeit, dass wir uns vorbereiten. Es gibt noch viel zu tun.

    Als Akosh und Menrir zu den anderen zurückkamen, schreckten diese von ihren unbequemen Plätzen auf Bänken und Stühlen hoch. Für tiefen Schlaf, den sie eigentlich dringend gebraucht hätten, fehlte ihnen die Zeit und so hatten sie nur einige Minuten vor sich hin gedöst, wohlwissend, dass die Unterhaltung der beiden Männer nicht allzu lange dauern würde.

    Der Älteste verteilte gerade Wasser, Met, Brot und Käse.

    „Danke, Mo. Akosh nickte ihm zu. „Ohne deine Gastfreundschaft hätten wir nicht gewusst, wo wir bleiben sollen. In meinem derzeitigen Unterschlupf hätte man uns viel zu schnell entdeckt.

    „Mein Herr wäre nicht begeistert, wenn er wüsste, was wir hier tun. erwiderte Balmans Diener traurig. „Es schmerzt mich, ihn auf gewisse Art zu hintergehen, aber ich weiß, dass es besser so ist.

    „Eines Tages wird er dir dankbar sein."

    Akosh wandte sich den anderen zu, die zuerst einmal Hunger und Durst stillten. Nicht einmal dafür hatten sie sich bislang Zeit gegönnt. Mehrere Stunden waren vergangen, bis einer nach dem anderen hier eingetroffen war, zuletzt der alte Heiler. Auch er hatte sich für den Weg durchs Osttor entschieden und so einen weiten Bogen geschlagen, bevor er an Balmans Haus gelangte. Niemand wäre auf die Idee gekommen, dass jemand einen solchen Umweg in Kauf nahm – noch dazu mitten in der Nacht. Und so konnten sie sicher sein, dass sie hier nicht aufgespürt wurden.

    Der Blick des Schmieds ruhte auf dem Paar, das in einer Ecke saß. Er war sich nicht sicher, welche Rolle sie noch spielen würden. Oras, der Vogelmann, der ihn, Lennys und Sara vor nicht allzu langer Zeit aus der Burg im Verlassenen Land befreit hatte. Oras, der sich zusammen mit seiner Gemahlin Haya, die gerade in diesem Moment seine Hand streichelte, bis ins Sichelland durchgekämpft hatte, um die Botschaft über die gefangenen Cycala zu überbringen. Und nun war er hier und plante gemeinsam mit ihm und den anderen etwas, was sie den Kopf kosten konnte. Er würde zusammen mit Haya Imras Nähe suchen und dafür sorgen, dass ihnen der neue Shaj der Erde nicht allzu nahekam und ihre Pläne nicht zu früh durchschaute. Ein schwieriges Unterfangen, wenn auch nicht unmöglich. Für den Vogelmann und seine stille, kluge Frau war es sicher eine lösbare Aufgabe.

    Nun gesellte sich Menrir zu ihnen. Akosh hatte schon vernommen, dass sich zwischen den beiden Männern schnell eine Art Freundschaft entwickelt hatte, obwohl sie sich kaum kannten. Menrir, der Heiler. Logs Vater. Der Freund aus dem Süden. Er konnte wertvoll sein. Oder ein Hindernis. Eines Tages musste er sich vielleicht doch für eine Seite entscheiden, auch wenn er das jetzt noch nicht wahrhaben wollte.

    Die letzten beiden Gefährten bereiteten Akosh das größte Kopfzerbrechen, eine wie die andere.

    Sara, die Dienerin der Shaj der Nacht. Sie schien in Semon-Sey ein neuer Mensch geworden zu sein. Wenn man von ihm selbst einmal absah, gab es wohl keinen in diesem Raum, der Lennys inzwischen besser kannte als sie. Manches von dem, was sie wusste, begriff sie wohl noch gar nicht. Sara war vielleicht seine stärkste Waffe, aber sie konnte sich auch gegen ihn richten, wenn er nicht achtgab. Aber die frühere Novizin hatte auch eine Schwäche. Sie nahm zu viel auf ihre eigenen Gefühle Rücksicht. Mitleid, Freundschaft und Hilfsbereitschaft legten sich wie Fesseln um ihre wahren Fähigkeiten. Und nur weil er auf Letztere nicht verzichten wollte, hatte er dem Mädchen ein Zugeständnis gemacht, dass ihm, wann immer er damit konfrontiert wurde, mit Sorge erfüllte. Und dieses Zugeständnis saß neben ihr.

    Racyl. Die kleine Schwester des Obersten Cas. Ausgerechnet Racyl. Akosh konnte sich noch gut an die Zeit erinnern, als Lennys und sie sich noch verstanden hatten und ebenso gut daran, wie sich das geändert hatte. Die Überraschung, die er empfunden hatte, als er von Sara erfuhr, dass Racyl nicht mehr im Zera-Tempel lebte, sondern sich in Rahors Haus versteckt hielt, war aber noch nichts im Vergleich zu der Erschütterung gewesen, die kurz darauf von ihm Besitz ergriffen hatte.

    „Ich will, dass sie mitkommt." Saras Worte klangen jetzt noch in ihm nach. Hätte er ihr diesen Wunsch verweigert, so hätte sich die Novizin ihm niemals angeschlossen. Wohl zum hundertsten Mal fragte er sich, ob dies nicht das geringere Übel gewesen wäre.

    Racyl. Er hatte nichts gegen das Mädchen. Aber für seine Ziele war sie sicher hinderlich. Dies begann schon damit, dass Sara und Racyl mit ihm Lennys' Spur im Süden aufnehmen wollten. Tage- und nächtelange Fußmärsche standen ihnen bevor. Unzählige Kämpfe. Hunger, Durst, Kälte, kaum Schlaf und mehr oder minder schwere Blessuren. Wie sollte dieses zarte Geschöpf das überstehen? Selbst Menrir war dagegen noch ein Ausbund an Stärke und was Sara anging, so musste Akosh zugeben, dass sie zumindest in Bezug auf Konstitution und Belastbarkeit wohl das kleinste Problem darstellte.

    Je länger Akosh darüber nachdachte, desto sicherer war er sich, dass Racyl es besser Mo gleichgetan hätte. Der alte Diener würde sein Zuhause schon bald verlassen, um mit den letzten beiden Beteiligten ihres Plans zusammenzutreffen und sie zu unterstützen. Bei ihnen wäre das Mädchen sicher am besten aufgehoben gewesen, ganz abgesehen davon, dass sie ihnen vielleicht sogar nützlich sein könnte. Er beschloss, sich nicht so schnell geschlagen zu geben.

    „Menrir wird ebenfalls mit in den Süden kommen. sagte er ohne weitere Einleitung, während er Sara und Racyl mit seinem Blick fixierte. „Er ist sich der bevorstehenden Strapazen durchaus bewusst und ebenso wie du, Sara, kann er sie einschätzen, da er die Strecke kennt und weiß, was uns dort unten erwartet. Allerdings ….

    „... denkst du, dass Racyl dem Ganzen nicht gewachsen ist." beendete Sara den Satz mit einem leicht angriffslustigen Unterton.

    „Ja, das denke ich. gab Akosh zu und reckte das Kinn provozierend nach vorn. „Und bevor ihr beide mir sofort widersprecht, bitte ich euch, mir zuzuhören. Wir können uns keine Experimente erlauben und wir sollten wirklich keine unnötigen Risiken eingehen. Abgesehen davon muss sie erst einmal selbst mit sich ins Reine kommen. Nein, Sara, jetzt rede ich. Du wolltest unbedingt, dass sie sich nicht länger selbst einsperrt, aber du hast nicht darüber nachgedacht, ob das, was wir tun, auch tatsächlich gut für sie ist. Racyl... Er bemühte sich um einen freundlichen Gesichtsausdruck. Das flachsblonde Mädchen sah zu ihm auf und als er in ihr alabasterfarbenes Gesicht blickte, erinnerte er sich wieder daran, dass Lennys einmal durchaus angetan von ihr gewesen war.

    „Racyl,... wiederholte er, „... ich denke, dass du uns helfen kannst. Aber nicht, indem du dich durch mittelländische Sümpfe oder manatarische Wälder schlägst. Vergiss nicht, was du bist. Eine Priesterin. Ja, du bist immer noch eine. Du hast viel gelesen und gelernt im Zera-Tempel. Das alles kann uns zugute kommen, wenn du mit deinem Wissen und deinem Können jene unterstützt, die den anderen, den stillen Weg eingeschlagen haben. Den, dem auch Mo folgen möchte.

    „Das kommt überhaupt nicht in Frage! Sara sprang auf. „Ich habe dir gesagt, dass mein Misstrauen noch längst nicht überwunden ist. Und jetzt verlangst du, dass ich…

    „Ich verlange nichts, Sara. erwiderte Akosh hart, ohne sie aussprechen zu lassen. „Ich bitte darum, dass Racyl darüber nachdenkt. Sie, Sara, nicht du. Ich kann weder dir noch ihr etwas befehlen und das will ich auch gar nicht, denn damit hätte ich nichts gewonnen. Geht nach nebenan und redet miteinander, aber lass ihr die Entscheidung.

    Sara presste die Lippen aufeinander und ging hinaus. Sie hätte gern die Tür hinter sich zugeschlagen, doch aus dem Augenwinkel hatte sie bemerkt, dass Racyl ihr folgte.

    Auf dem Flur schlug ihr die Erinnerung, die sie beim Betreten des Hauses vehement verdrängt hatte, unvermutet heftig entgegen.

    Sie stand genau gegenüber jener Tür, hinter der sich das Schlafzimmer verbarg, in welchem sie die Nacht der Cas-Feier verbracht hatte. Ein unerklärlicher Schmerz erfüllte ihre Brust und sie hätte in diesem Moment am liebsten alles aus sich herausgeschrien. Sie spürte, wie ein Zittern ihren ganzen Körper erfüllte und obwohl sie sich mit aller Kraft dagegen wehrte, flackerten die Bilder vor ihren Augen auf. Lennys' nackter Körper, wie er sich über sie beugte. Ihre glatte Haut, über die sich an einigen Stellen noch die Narben früherer Kämpfe zogen. Ihre glühenden schwarzen Augen und ihre vorsichtigen Hände, die diesmal keine Schmerzen brachten, sondern ein unstillbares Verlangen entfachten. Ihre langen, heißen Küsse und ihre leise, heisere Stimme, die manchmal so klar wie der Morgen wurde.

    „Sara? Als Racyl sie am Arm berührte, zuckte sie zusammen. Die Bilder waren wieder fort und die Tür war wieder eine Tür wie jede andere auch. „Ist alles in Ordnung?

    „Natürlich." antwortete Sara knapp und ging ein paar Schritte weiter, wo ein Durchgang eine bescheidene Sitzecke mit einigen Holzhockern freigab.

    „Du solltest Akosh nicht böse sein. fing Racyl etwas hilflos an, nachdem sie sich gesetzt hatten. „Es ist wichtig, dass wir gut überlegen, was wir tun. Oder besser, ihr müsst wissen, was ihr tut. Ich kann verstehen, dass er mich nicht dabeihaben will.

    „Es war meine Bedingung. Du solltest nicht länger in Semon-Sey vor dich hin vegetieren wie ein eingesperrtes Tier."

    „Ich weiß. Und ich bin dir sehr dankbar dafür, dass du mich nicht schon vergessen hast. Aber das, was ihr vorhabt... Ich weiß nicht, ob ich das

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