Geflecht
Von Kurt Scharf
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Über dieses E-Book
Zwischen Wurzeln
und Wipfeln,
in Schatten getaucht,
ins Licht erhoben,
Gehölz und Gespür,
bei Frühling und Frost
den Worten ergeben,
dem Wunder zu folgen,
Leben genannt.
Kurt Scharf
geboren 1954; Studium am Leipziger Literaturinstitut (1978 bis 1981); lebt in Wolgast
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Buchvorschau
Geflecht - Kurt Scharf
Inhaltsverzeichnis
Kahnfahrt [1969]
Lebenslauf
Die Frau gegenüber
Spuk [1969]
Was Kirchendogmen anbelangt
Trampelpfad
Religionsunterricht
Logisch
Abstand
Kassandra
Sterbend leben [1969]
Postskriptum
Zärtlicher Weg
Martins Mantel
Federndes All
Barbaratag
Andreastag
Toccata und Fuge d-moll
Februar
Ungesungen
Wir
Magisches Auge
Trennung [1969]
Was einem nach einem Monat ABM einfallen kann
Später mal
Kleinigkeiten [1969]
Neue Verse zum alten Tanz
Zu den Gedichten der Sibylla Schwarz
Kleine Ermunterung
Die weiße Gefahr
Handauflegen
Müde
Anklang
Lürisch
Hingesprochen
Blitze [1969]
Gedichte!
Löst die Asche
Übersicht
Schlupfwinkel strandwärts
Schau!
Good night!
Die Zeit
Sonntag
Niemand hörte
Erscheinung der Liebe [1969]
Nur wenn
Nur wer euch liebt [1969]
Aus dem Notizbuch [1969]
Vergessen
Frohes Fest, karger Rest
Spaziergang
Besuch aus dem All
Future-Story
Moment
Noch
Schon verschwimmt das Licht [1969]
Geständnis [1969]
Schreibbefund
Ich will heraustreten [1969]
Dann [1969]
Jahreszeiten [1969]
Alte Ziegelei
Mittags [1969]
Sonnenuntergang [1969]
Im Schrank versteckt
Motto
Zu den Tieren, den zahmen
Sonnenaufgang [1969]
Report vom Dort
Sieh dort [1969]
Die Straßenfegerin hieß Grete
Wir führen ein
Es hauste einst am Bauerberg
Es steht auf der Veranda
Jeden Tag [1969]
Frühe Gedichte
Sie waren beide
An die Natur [1969]
Es erklingen wie im Nebel Schritte
Exhibitionisten
Danksagung
Am Morgen geschrieben [1967]
Später...
Am Rand
Geflecht
Kahnfahrt
Die Sonne ist noch rot,
das Wasser scheint zu brennen.
Das Licht vertreibt den Tod,
es will nur Leben kennen.
Im Gleichmaß tauchen Riemen,
sie saugen gurgelnd ein
den See mit Ruderkiemen.
Ich bin im Boot allein.
Doch wäre Selbstbetrug,
wenn ich nun sagen würde:
Mein Leben ist genug
und einzig meine Bürde.
Im See, sehr tief, am Grunde,
treibt auch Getier umher.
Und blick ich die Runde,
dann bildet sich ein Speer
heraus, ein Sonnenpfeil:
Die Wandergänse weisen
den Weg empor zum Heil,
wenn mit dem Licht sie reisen.
Und auf des Sees Mitte,
am Rand, am Ufersaum,
wird offenbar der dritte
Überlebensraum:
Ein Schwanenpaar zieht Schleifen
und sendet Glück zu mir.
Ich kann hier gut begreifen
die Welt und das Revier.
Die Sonne ist noch rot,
das Wasser scheint zu brennen.
Das Licht vertreibt den Tod,
es will nur Leben kennen.
Lebenslauf
Verregneter Morgen.
Aufheiterungen sind aber angesagt.
Um die Mittagszeit plötzliche Schläfrigkeit.
Keine Pläne mehr.
Unverhoffte Begegnung am Nachmittag.
Es nieselt wieder.
Gespräche, die nicht aufgeschoben werden können.
Entdeckungen am frühen Abend.
Letztes Licht über den Bäumen.
Nacht.
Kein Erwachen.
Die Frau gegenüber
Langsam schweben ihre Worte,
leichte Netze, durch den Raum,
binden Trauer hier am Orte,
sind vergessen bald, ein Traum.
Zögernd setzt sie Nebelzeichen,
sagt von aller Last sich los.
Wenn die Nebel wieder weichen,
bleibt die Sonne nur, sehr groß.
Spuk
Es gehen Legenden um
von grausamen Taten,
von Räubern und Piraten.
Man lauscht gespannt, ist stumm.
Geschichte Nummer Acht...
Zwölf dumpfe Schläge hallen
über dem Wind und verfallen.
Es ist Mitternacht.
Um Mitternacht
ist, erstaunlich schnell,
die Farbe dunkel, dann wieder hell,
es donnert und kracht.
Als ob sich Welten stürzen
in ein riesiges Gefecht,
auszurotten das Geschlecht,
die Qual, die Freude zu verkürzen.
Um Mitternacht,
wenn der Tag anbricht,
versammelt sich ein Hohes Gericht,
das klagt an und lacht,
lacht unheimlich kalt,
verlacht das, was da sitzt
und das, was immerzu Papier nur ritzt.
Das Lachen ist Gewalt!
In meine Stube tritt
ein das himmlische Gelichter,
tausendfach verzerrte Gesichter,
mit höllischem Schritt.
Lächelnd stehen sie hinter meinem Rücken,
neigen sich tonlos vor,
wie Schatten von welkem Trauerflor,
sie bedecken alle Lücken.
Und sie schreien beim Lesen,
durch des Raumes säuselnden Wind,
entsetzt: „Bannsprüche sind...
Herr, hilf, sonst sind wir gewesen!"
Ein neues Rumoren und Toben beginnt.
Ich hör nur noch ein ängstliches Gelächter.
Mir scheint, das waren jene Geschlechter,
die schon verloren – und doch – – – sind.
Was Kirchendogmen anbelangt,
hab ich vieles einzuwenden,
und komme trotzdem nicht umhin,
als bedeutend zu benennen:
Dass im Mittelpunkt des Alls
der Mensch, entsprechend dieser Lehre,
allein sich zu befinden hat,
der aber, dort heraus getrieben
(dank Heliozentrismus),
verliert die Achtung vor der Erde,
ist nurmehr noch bestrebt,
ihr Demut aufzuzwingen.
Was ihn letztlich dazu bringt,
das Leben zu vernichten.
(Globaler Masochismus,
bedauerliche Schlusspassage
des modernen Atheismus.)
Wenn wer denkt, ich mache Witze,
kann der glauben was er will –
ich schimpf ihn einen Optimisten.
Trampelpfad
Sind aber lichte Momente, vorerst
unbegriffne, die mich aufsuchen:
Schritt für Schritt hinein
gedrängt auf Wiesenwege,
Spuren aller Menschen.
Die gingen doch stets
im selben Raum, auch wenn
sie standen oder tanzten, die liefen
in gleicher Richtung los, bis
übertüncht