Problemlos gebisslos: Feines Reiten auf die sanfte Art
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Buchvorschau
Problemlos gebisslos - Josepha Guillaume
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VORWORT
Die Autorin zusammen mit ihrem Kinsky-Wallach im Schulterherein. (Foto: Ralph Scheffer)
Seit mehr als 20 Jahren helfe ich Problempferden. Von jedem Pferd, dem ich geholfen habe, erhielt ich neue Informationen, die es mir ermöglichten, dem nächsten Pferd sogar noch effektiver helfen zu können. Mein ehemaliges Stierkampfpferd Don Jamie fügte das „Gebisslos-Puzzleteil" hinzu.
Von Jamie lernte ich Lektionen der Hohen Schule wie die Piaffe, das Terre à Terre und den Rückwärtsgalopp. Aber obwohl er sehr talentiert war, blieb er doch immer nervös und hatte kein Vertrauen zum Gebiss. Ich musste ihn mit losen Zügeln arbeiten, damit er nicht explodierte. Dr. Robert Cook, der einen der ersten modernen gebisslosen Zäume entwickelte, war so freundlich und schickte mir sein Bitless Bridle zur Probe. Ich war beeindruckt von dessen positiver Wirkung. Von da an testete ich gebisslose Zäume bei verschiedensten Pferden und erzielte damit außerordentliche Erfolge. Mittlerweile verwende ich bei der Arbeit mit Pferden allerdings einen Kappzaum mit weichem Nasenteil, den ich nach dem Vorbild der Kappzäume entwickelt habe, die der Reitmeister Antoine de Pluvinel im 17. Jahrhundert verwendet hat.
Mit der Kombination aus dem weichen Kappzaum, einer Cordeo, sorgfältiger Gymnastizierung und positiver Verstärkung haben meine Schüler und ich zahlreichen Pferden, bei denen andere Trainer bereits komplett aufgegeben hatten, wieder zu gesunder und als angenehm empfundener Arbeit verholfen.
Ich hoffe, dass Sie in diesem Buch Antworten finden und Inspiration erhalten. Ich habe dieses Buch für all diejenigen geschrieben, denen Pferde am Herzen liegen und die ständig bestrebt sind, bessere Reiter zu werden!
Bon voyage!
WARUM GEBISSLOS REITEN?
(Foto: Ralph Scheffer)
Auf diese Frage gibt es wahrscheinlich so viele Antworten, wie es Reiter gibt. Die einfachste Antwort wäre für mich jedoch diese: Weil Sie es wollen. Ich selbst reite gebisslos, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass es sicherer, einfacher, logischer und gesünder ist und vor allem mehr Spaß macht als das Reiten mit einem Gebiss.
Es ist logischer
Abgesehen von dem Komfort, den ein weicher gebissloser Zaum bietet, müssen wir uns auch fragen, ob es logisch ist, ein Pferd mittels Zufügen von Schmerzen kontrollieren zu wollen. Das gilt insbesondere für das wichtigste Kommando: das zum Anhalten. Wenn wir zum Anhalten des Pferdes an den Zügeln ziehen, üben wir mit dem Gebiss Druck auf das Maul des Pferdes aus – auf seine Laden, seine Zähne und seine Zunge. Instinktiv reagieren Pferde auf Schmerzen mit Flucht; wir haben sie allerdings darauf konditioniert, bei diesem Druck anzuhalten. Das ist nicht gerade logisch.
Ein weiteres Problem, das auftritt, weil das Gebiss Schmerzen verursacht, wird in Situationen deutlich, in denen ein Pferd in Panik gerät und durchgeht: Jetzt ist es nahezu unmöglich, das Pferd durch Ziehen an den Zügeln zu stoppen. Versucht man das, wird es, statt anzuhalten, selbst an den Zügeln ziehen und weiterrennen. Das Gebiss kann das Pferd nicht mehr kontrollieren, sondern veranlasst es ganz im Gegenteil dazu, noch schneller zu rennen. Der Grund dafür ist der Anstieg des Adrenalinspiegels, den die vom Gebiss verursachten Schmerzen auslösen (Urheber des Ganzen ist der am Zügel ziehende Reiter). Das Pferd versucht also nicht nur, dem zu entkommen, vor dem es sich zunächst erschreckt hat, sondern auch, vor den Schmerzen im Maul zu fliehen.
Mit einem weichen gebisslosen Zaum ist es eher unwahrscheinlich, dass Sie Ihrem Pferd Schmerzen zufügen, wenn Sie an den Zügeln ziehen. Als Reiter verursachen Sie in der beschriebenen Situation also keinen weiteren Anstieg des Adrenalinspiegels, was die Chance, dass das Pferd sich schneller beruhigt, viel größer macht. Daher ist gebissloses Reiten in meinen Augen viel logischer.
Es ist sicherer
Das Reiten ohne Gebiss ist nicht nur sicherer für den Reiter, sondern auch sicherer für das Pferd, genauer gesagt, für dessen Gesundheit. Viele Pferde haben Angst vor den Schmerzen, die ein Gebiss verursacht. Diese Angst begleitet sie oftmals lebenslang und führt zu vielen Problemen. Sie hat häufig zur Folge, dass die Pferde ihren Körper auf unnatürliche und somit auch ungesunde Weise benutzen. Das wiederum kann Schäden am Rücken, am Hals, an den Vorderbeinen und an den Schultern des betroffenen Pferdes verursachen. Letztlich kann es sein, dass das Pferd beginnt, sich gegen das Geritten- beziehungsweise Gearbeitetwerden zu wehren.
Das hat jedoch nichts mit Ungehorsam oder Faulheit zu tun, was oft fälschlicherweise angenommen wird, sondern wir müssen es als einen durch die Schmerzen ausgelösten Abwehrmechanismus des Pferdes betrachten, der seinen Körper vor weiteren Schädigungen schützen soll.
Zieht man all diese Dinge in Betracht, sollte klar sein, dass der Einsatz eines Gebisses in geübte Hände gehört, wenn verhindert werden soll, dass dem Pferd versehentlich Schmerzen zugefügt werden. Es kann viele Jahre dauern, bis man sich die erforderlichen Fähigkeiten angeeignet hat. Allerdings sind viele Freizeitreiter dazu nicht in der Lage oder es fehlt ihnen die nötige Zeit.
Diese junge Stute wird völlig gebisslos ausgebildet. (Foto: Ralph Scheffer)
Es hat sich bewährt
In einigen Bereichen des Reitsports mag das gebisslose Reiten als neuer Trend erscheinen. Selbstverständlich sind gebisslose Zäume in der Westernreiterei weit verbreitet, aber auch in anderen Bereichen des Reitsports ist das gebisslose Reiten nicht so neu, wie Sie vielleicht denken.
Seit der Renaissance werden Pferde, die zu Kriegszwecken oder für die Reitkunst ausgebildet werden, gebisslos gearbeitet. Der Kappzaum wurde ab der ersten Trainingseinheit eingesetzt und dann nur so lange, bis die Ausbildung des Pferdes vom Boden aus abgeschlossen war. Im nächsten Schritt machte man das Pferd mit einem passiven, jedoch erfahrenen Reiter auf dem Rücken vertraut. Erst nachdem es seine Balance wiedergefunden hatte und in der Lage war, sich mit seinem passiven Reiter zu versammeln, wurden die Zügelhilfen am Gebiss hinzugenommen. Die Zügel hingen jedoch durch, um die Balance des Pferdes nicht zu stören, und die Zügelhilfen wurden sparsam eingesetzt. Schenkel- und Sitzhilfen waren wichtiger.
Generell glaube ich, dass es viel einfacher wäre, das Pferd mit einem weichen, sanft wirkenden, gebisslosen Zaum auszustatten. So muss es keine Angst mehr vor dem Gebiss haben und der Reiter muss nicht länger seine ganze Aufmerksamkeit auf seine Hände richten, aus Sorge, dem Pferd wehzutun. Damit will ich nicht sagen, dass man beim gebisslosen Reiten nicht auf seine Hände achten sollte, es bedeutet nur, dass man dabei nicht so schnell Schmerzen verursachen kann.
Das Gebiss als Notbremse
Sie mögen sich nun fragen, warum Gebisse überhaupt verwendet werden. Nun ja, Gebisse wurden erfunden, um Kontrolle und Gehorsam sicherzustellen. Da Pferde viel stärker sind als Menschen, können wir uns nicht allein auf unsere Kraft verlassen. Nicht umsonst haben viele Gebisse eine Hebelwirkung.
Indem wir uns die Hebelwirkung zunutze machen, bedienen wir uns eines physikalischen Gesetzes, das es uns erlaubt, Dinge anzuheben, die wir allein aus eigener Kraft nicht anheben könnten. Die Wirkung der ersten Gebisse war so stark, dass das Pferd mit ziemlicher