Praktische Ausbildung für Pferd und Hund: Von der Stallgasse bis zum gemeinsamen Ausritt
Von Katharina Möller und Madeleine Franck
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Über dieses E-Book
Dazu ist es zum Beispiel unerlässlich, dass der Hund ein hohes Maß an Impulskontrolle in Bezug auf Bewegungsreize lernt, dass er jederzeit sicher abrufbar ist, sich ablegen oder vorausschicken lässt. Das Pferd muss im Umgang brav und zuverlässig sein, sich mit minimalem Zügeleinsatz "auf Linie" reiten lassen und selbstverständlich sollten beide Vierbeiner auf alle Umweltsituationen möglichst gelassen reagieren. Die nötigen reiterlichen Fähigkeiten für das Führen eines Hundes vom Pferd aus, lassen sich mit einfachen Kontrollübungen testen und durch das richtige Training verbessern.
Viele praktische Übungsansätze, sowie das nötige Hintergrundwissen und Anregungen zu Training und sinnvoller Organisation, helfen Zwei- und Vierbeinern dabei, ihre Freizeit gemeinsam zu genießen.
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Buchvorschau
Praktische Ausbildung für Pferd und Hund - Katharina Möller
Mader)
EINLEITUNG
Taranis und Panda bei ihrer ersten Begegnung. (Foto: Maresa Mader)
Wir beginnen direkt mit einem Geständnis: Panda, die Border-Collie-Hündin auf unserem Cover, ist im wahren Leben gar kein Reitbegleithund. Sie hat Madeleine exakt einmal auf einen Ausritt begleitet, bevor wir uns zum Fotoshooting für dieses Buch getroffen haben. Und genau deshalb ist sie das perfekte Model für unsere Inhalte. Denn wir sind überzeugt davon, dass der letzte Schritt zum Reiten mit Hund nur ein Klacks ist, wenn die Vorbereitung stimmt.
Panda ist zum einen absolut entspannt, gut sozialisiert und erzogen, zum anderen haben wir die Situation entsprechend organisiert. Wenn Ihr Hund diese Eigenschaften ebenfalls mitbringt, umso besser! Falls nicht, finden Sie nachfolgend ein wenig Hintergrundwissen, das Ihnen helfen wird, sein Verhalten nicht nur besser einzuschätzen, sondern auch erfolgreich in die gewünschte Richtung zu verändern. Aber auch allen anderen Lesern möchten wir empfehlen, das Buch von Anfang bis Ende zu lesen. Wissen schafft die Basis für Verständnis und ermöglicht so, vorausschauend zu handeln und Risiken im Umgang mit Hund und Pferd zu minimieren.
Für Taranis, den Cover-Knabstrupper, gilt das Gleiche wie für Panda. Gelassenheit, Sicherheit in allen Umweltsituationen und eine gute Erziehung spiegeln sich in seiner entspannten Ausstrahlung wider. Eine fundierte reiterliche Grundausbildung für Mensch und Pferd gehört zur weiteren Vorbereitung, die das Reiten mit Hund stressfrei und selbstverständlich werden lässt. Die vielen Praxisübungen in diesem Buch sollen Ihnen dabei helfen, eine gute Einschätzung für Ihr eigenes Können und für das Ihres Pferdes zu entwickeln und mögliche Schwächen auszugleichen.
Wir hoffen, dass Sie beim Umsetzen unserer Anregungen viel Freude gemeinsam mit Ihrem Hund und Ihrem Pferd haben!
(Foto: Maresa Mader)
GRUNDSÄTZLICHES ZUM HUND
(Foto: Maresa Mader)
Über Hunde geistern noch immer Vorstellungen in unseren Köpfen herum, die aus wissenschaftlicher Sicht längst der Vergangenheit angehören. Es fällt jedoch schwer, sich dem Mainstream der Ratgeber und TV-Trainer zu entziehen. Und so glauben leider viele Hundebesitzer nach wie vor, sie müssten für ihren Vierbeiner den Rudelchef spielen und ihm demonstrieren, dass sie in der Rangordnung über ihm stehen. Gibt es Probleme im Zusammenleben, werden diese oft mit mangelnder Führung erklärt – dazu kommt die Ansicht, dass immer der Mensch schuld am „Fehlverhalten" des Hundes ist. Im Umkehrschluss soll dann die Erziehung wie von Zauberhand funktionieren, wenn der Hund nur seine Grenzen kennt.
Glücklicherweise wissen wir inzwischen, dass Hunde ganz anders ticken. Während vordergründig „Fehlverhalten gezeigt wird und die Anweisungen des Menschen „missachtet
werden, spielen sich innere Vorgänge ab, die oft völlig anders motiviert sind, als Menschen glauben. Das Verhalten der Hunde wird nicht vom Streben nach der Spitze der Rangordnung bestimmt, sondern vor allem von ihren Emotionen. Dominanz ist keine überdauernde, sondern eine situative Eigenschaft und noch dazu keine sehr passende, um Hunde zu charakterisieren. Und doch wirkt die sogenannte Dominanztheorie wie eine Brille, die unsere Sicht auf das Verhalten von Hunden einfärbt. Legen Sie diese Brille einmal beiseite und wagen Sie einen unvoreingenommenen Blick.
Training und Organisation
Verhalten lässt sich durch positives Training beeinflussen, aber das ist nur die halbe Wahrheit. Oft konkurrieren unsere Belohnungen von außen (Lob, Futter, Spiel …) mit dem Belohnungseffekt, den ein bestimmtes Verhalten im Inneren des Hundes erzeugt. Daher sollten wir beim Training immer die Emotionen des Hundes berücksichtigen und positive Verstärkung in Kombination mit geschickter Organisation einsetzen.
Der Anblick von Pferden kann leicht unerwünschte Erregungszustände auslösen. Click und Futterbelohnung wirken dem entgegen. (Foto: Madeleine Franck)
EMOTIONALES LERNEN VERSTEHEN
Obwohl wir davon sprechen, etwas „von Herzen zu fühlen, entstehen unsere Emotionen eigentlich im Gehirn. Es gibt eine Reihe von Basisemotionen, die wir mit vielen anderen Lebewesen teilen. So empfinden Hunde genau wie wir Freude, Angst, Überraschung, Trauer, Wut und Ekel. Während diese Feststellung für den Laien nicht sehr spektakulär klingt, ist sie es doch für die Wissenschaft. Denn bis heute gibt es Wissenschaftler, die Tieren die Fähigkeit zu fühlen absprechen. Glücklicherweise zeigen uns neurowissenschaftliche Erkenntnisse jedoch, dass die Wurzel des Fühlens tief in dem „alten
Teil des Gehirns verankert ist, der sich bei allen Säugetieren findet. So führen Verletzungen bestimmter Hirnregionen zu den gleichen emotionalen Ausfällen bei Tier und Mensch. Inzwischen lassen sich außerdem Gehirnfunktionen nicht nur durch Elektrostimulation, sondern auch mithilfe moderner bildgebender Verfahren wie der Kernspintomografie lokalisieren. Auch welche Botenstoffe an der Entstehung von Gefühlen beteiligt sind, ist messbar.
Gefühle haben einen bedeutenden biologischen Nutzen. Man kann sie sich gut als Motor hinter dem Verhalten des Hundes vorstellen, denn sie helfen ihm dabei, angemessen auf die Reize in seiner Umwelt zu reagieren. Vereinfacht lässt sich sagen: Hunde orientieren sich zu positiven Reizen hin und von negativen Reizen weg.
Nimmt der Hund einen Reiz wahr, erfolgt automatisch eine emotionale Bewertung. Er fragt sich zum Beispiel beim Anblick eines rennenden Pferdes nicht bewusst: „Welche Bedeutung hat das für mich?, sondern es entsteht ein positives, negatives oder neutrales Gefühl in seinem Körper. Durch die bereits angesprochenen Botenstoffe, deren Ausschüttung vom Gehirn gesteuert wird, ist mit jedem Gefühl eine unterschiedlich starke körperliche Erregung verknüpft. In Bezug auf den Hund ist es vor allem die Stärke der Erregung, die über sein zukünftiges Verhalten entscheidet. Je niedriger die Erregung, desto eher ist der Hund in der Lage, eine bewusste Verhaltensreaktion zu zeigen. Je höher die Erregung jedoch steigt, desto unbewusster wird sein Verhalten. Bei eher geringer Erregung befindet sich daher „alles im grünen Bereich
; ist das Gegenteil der Fall, könnten wir sagen, dass der Hund „rotsieht".
Grundsätzlich ist es egal, ob die Erregung mit einem positiven oder einem negativen Gefühl gekoppelt ist – je höher sie steigt, desto eher wird der Hund instinktiv reagieren. Und nun entsteht ein Kreislauf: Jede Verhaltensreaktion des Hundes hat eine Konsequenz, die über eine Rückkopplung mit dem ursprünglichen Reiz verbunden wird. Und so wird im Lauf der Zeit durch Wiederholungen das positive oder negative Gefühl, das der Hund beim erneuten Wahrnehmen des Reizes empfindet, immer stärker. Konsequenzen sind in diesem Zusammenhang nicht etwa nur Dinge von außen wie Belohnungen oder Strafen, die wir kontrollieren könnten. Die für das Lernen wichtigen Konsequenzen sind vor allem die neurochemischen Vorgänge im Hundekörper, die dessen Gefühlsleben steuern.
Beispiel: Ein junger Hund begleitet sein Frauchen das erste Mal zum Reitstall und erlebt, wie die Pferde auf der Weide zufällig gerade herumtoben und weggaloppieren. Der Reiz „rennende Pferde" wird eine positive Emotion auslösen, der Grad der Erregung kann dabei sehr unterschiedlich ausfallen. Hunde reagieren grundsätzlich mit positivem Interesse auf Bewegungsreize. Das liegt daran, dass sie an dieser Stelle ihre genetische Verwandtschaft zum Wolf nicht verleugnen können: Ein guter Jäger muss möglichst schnell auf fliehende Tiere reagieren, um sie zu fangen. Hat der Hund nun die Chance, hinter den Pferden herzurennen (Verhaltensreaktion), wird er schnell merken, wie viel Spaß (Konsequenz) das macht. Über die Rückkopplung wird die positive Erregung beim Anblick von rennenden Pferden mit jeder neuen Begegnung ansteigen.
Aber auch wenn der Junghund nicht einmal hinterherrennt, sondern „nur angeleint das Schauspiel verfolgt, kommt leicht die Erregung in seinem Körper in Gang. Er wird vielleicht auf die Idee kommen zu kläffen und in die Leine zu springen, was ihm ebenfalls positive Gefühle beschert, weil er seinem ureigenen Drang nachgeht, in Richtung des Bewegungsreizes zu springen. In diesem Buch wollen wir Ihnen zeigen, wie Sie mit Ihrem Hund ein alternatives Verhalten trainieren können, bei dem er sich „gut fühlen
darf, ohne dass er dem Bewegungsreiz nachsetzt.
Das emotionale Lernmodell zeigt, wie Reize, Emotionen und Verhalten des Hundes miteinander in einem Kreislauf verbunden sind. (Abbildung: Rolf und Madeleine Franck)
Katharina:
Seit ich beim Training dank Madeleine auch darauf achte, wie der Hund sich im jeweiligen Moment fühlt, anstatt nur zu beeinflussen, was er macht, verzeichne ich große Fortschritte. Gerade in Bezug auf das Hetzen von rennenden Pferden wünschte ich, ich hätte das Wissen um innere Beweggründe und entsprechendes Vorgehen beim Training schon bei meinem ersten Hund gehabt.
VERHALTENSENTWICKLUNG BEEINFLUSSEN
Das Beispiel zeigt, wie der Kreislauf des emotionalen Lernens abläuft, wenn der Mensch keinen Einfluss nimmt. Oft können wir nur erahnen, welche Konsequenzen ein Verhalten für den Hund hat, da sie sich in seinem Körper abspielen. Jeder informierte Hundebesitzer kennt den Begriff „selbstbelohnend" in Zusammenhang mit Jagen und Hetzen. Hatte ein Hund ein paarmal die Gelegenheit, flüchtenden Kaninchen hinterherzuhetzen, wird er sich irgendwann bei deren Anblick kaum mehr kontrollieren können. Dabei geht es ihm nicht um die vermeintliche Beute, also um das Fangen und Fressen des Kaninchens. Nein, die Ausschüttung der entsprechenden Botenstoffe während des Hinterherrennens lässt ihn bereits ein so großes Glücksgefühl erleben, dass keine weitere Belohnung nötig ist, um das Hetzen zu lernen.
Elemente aus dem Jagdverhalten sind für den Hund selbstbelohnend und daher schwer wieder in den Griff zu bekommen, wenn er sie einmal praktizieren durfte. (Foto: Nicole Ciscato/shutterstock.com)
Sich die Bedeutung des internen Belohnungssystems bewusst zu machen, ist bei der Vorbeugung von Problemverhalten ungemein wichtig. Ein Hund mit einem Kaninchenjagdproblem kann schlecht beim Geländeritt frei am Pferd mitlaufen. Ein Hund, der beim Anblick eines rennenden Pferdes ins Hetzen fällt, wäre noch in vielen anderen Situationen eine echte Gefahr. Umso wichtiger ist es, dafür zu sorgen, dass der Hund mit diesem Reiz eine gänzlich andere Verknüpfung herstellt, nämlich braves und ruhiges Verhalten. Um dies zu erreichen, sind drei Faktoren zu berücksichtigen: Durch die entsprechende