Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Was Sie von Ihrem Hund lernen können: Von Anerkennung bis Zuneigung
Was Sie von Ihrem Hund lernen können: Von Anerkennung bis Zuneigung
Was Sie von Ihrem Hund lernen können: Von Anerkennung bis Zuneigung
eBook275 Seiten6 Stunden

Was Sie von Ihrem Hund lernen können: Von Anerkennung bis Zuneigung

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Lebenshilfe für Mensch und Hund
Was haben Mensch und Hund gemeinsam? Was haben Hunde uns voraus? Nun dreht der weltbekannte Hundeflüsterer Cesar Millan die Perspektive um: Anerkennung, Sicherheit, Zuneigung sind Bedürfnisse, die Mensch und Hund miteinander teilen. Doch der Hund reagiert viel schneller, wenn etwas nicht stimmt, und kann zugleich Vorbild für ein glücklicheres Leben sein. Ein sehr persönlicher Ratgeber, basierend auf jahrelanger Erfahrung mit Hunden und Menschen.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum3. Jan. 2018
ISBN9783866906600
Was Sie von Ihrem Hund lernen können: Von Anerkennung bis Zuneigung

Ähnlich wie Was Sie von Ihrem Hund lernen können

Ähnliche E-Books

Haustiere für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Was Sie von Ihrem Hund lernen können

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Was Sie von Ihrem Hund lernen können - Cesar Millan

    DARF ICH VORSTELLEN:

    IHRE NEUEN LEHRER

    Begleiten Sie mich auf eine Reise in ein wunderbares Land, und stellen Sie sich diesen Tagesablauf vor:

    Von draußen dringt fröhliches Vogelgezwitscher an Ihr Ohr. Bei Sonnenaufgang erwachen Sie aus einem erfrischenden Schlaf, einen Wecker brauchen Sie nicht. Wenn Sie die Augen aufschlagen, durchströmt Sie ein Glücksgefühl, eine Mischung aus Aufregung, Spannung und Vorfreude. Sie machen sich sofort an die gewohnten morgendlichen Yogaübungen. Sie dehnen sich und lockern jeden einzelnen Muskel, danach geht es gleich nach draußen zum Frühsport.

    Sie gehen Ihren gewohnten Weg durch das Viertel, genießen bei jedem Schritt Ihren gesunden Körper und atmen die frische Morgenluft, den Duft von Blumen, Gras und Bäumen ein. Es ist zwar dieselbe Strecke wie jeden Tag, aber es ist alles so wunderbar frisch, als wären Sie zum ersten Mal hier. Sie treffen Ihre Freunde und Nachbarn, und Sie bleiben gerne für eine freudige Begrüßung stehen und werden Ihrerseits freudig begrüßt. Wie Sie freuen sich hier alle auf diesen neuen Tag.

    Wieder zu Hause erwartet Ihre Familie Sie zum Frühstück. Die Begrüßung ist noch herzlicher und liebevoller als vorhin von den Nachbarn. Mit Umarmungen und Küssen zeigen alle, wie wichtig Sie für sie sind. Dann eilen alle gemeinsam in den Garten und feiern mit Ihnen im gemeinsamen Spiel den neuen Tag. Jeden Tag erhält Ihr Leben seinen Sinn daraus, dass Sie das Wunder des Lebens voller Dankbarkeit mit denen gemeinsam erleben, die Sie ganz besonders lieben.

    Dann ist es Zeit, zur Arbeit zu gehen, und die Vorfreude ist groß, denn Sie lieben die Arbeit, die Sie ernährt! Sie ist Ihr ganzer Stolz. Jeden Ihrer Arbeitskollegen begrüßen Sie herzlich. Obwohl sie alle ganz unterschiedlich sind bezüglich Größe, Gewicht, Hautfarbe, Herkunft und Religion, teilen alle die Überzeugung, dass sie zusammengehören und ein gemeinsames Ziel verfolgen. Allen, mit denen Sie zusammenarbeiten, bringen Sie denselben Respekt entgegen, und das gilt vom einfachsten Dienstboten bis zum obersten Chef, der ebenfalls so denkt. Alle sind sich einig, dass jeder in dem Unternehmen eine wichtige Rolle spielt und dass jeder in gleichem Maße seinen Anteil an den gemeinsamen Bemühungen hat.

    Hin und wieder gibt es mit einem Kollegen eine Meinungsverschiedenheit. Jemand hat etwas, das Sie wollen, oder vielleicht tut jemand etwas, mit dem Sie nicht einverstanden sind. In Ihrem Unternehmen wird jedoch nicht hinter dem Rücken der Leute geredet, es gibt keine Geheimabsprachen und keine üble Nachrede am Kaffeeautomaten. Wenn Sie mal mit einem Kollegen uneins sind, sprechen Sie das sofort offen an, und vielleicht fliegen dann mal kurz die Fetzen, aber nach ein paar Minuten ist alles vorbei, und die Sache ist entschieden. Nichts bleibt zurück, und der Tag kann unbeschwert weitergehen.

    Das klingt wie ein Bericht aus einer perfekten, aber unerreichbar fernen Welt oder wie ein modernes Märchen. Allerdings muss es das nicht sein. Dieses Szenario gibt Ihnen einen Einblick, wie das Leben aussehen könnte, wenn Menschen wie Hunde agieren würden. Hunde zeigen uns, wie wir es besser machen könnten.

    In den letzten zehn Jahren habe ich sechs Bücher über das Verhalten von Hunden geschrieben, und fast alle standen auf der Bestsellerliste der New York Times. In allen erzähle ich von den vielen Hunden, denen ich geholfen habe, sich wieder in die Gesellschaft von Menschen und anderen Hunden zu integrieren, und beschreibe die Techniken, die ich dabei angewandt habe. In diesen Büchern bin ich der Lehrer. Im vorliegenden Buch wechsle ich jedoch die Perspektive: Diesmal sind die Hunde nicht Schüler, sondern Lehrer – unsere Lehrer. In den folgenden Kapiteln geht es um das, was die Hunde, denen ich begegnet bin, mir beigebracht haben.

    Jeden Tag zeigen uns unsere Hunde in allem, was sie tun, eine bessere Art zu leben, aber wir passen viel zu oft nicht auf. Wir nehmen Hunde als Teil unseres Alltags wahr und meinen, viel mehr über das Leben zu wissen als sie. Infolgedessen glauben wir auch, ihnen weitaus mehr beibringen zu können, als sie uns je lehren könnten.

    Wir investieren extrem viel Energie in den Versuch, unsere Hunde nach unserem Vorbild zu formen. Wir lehren sie, unsere Sprache zu verstehen, und kommen kaum auf den Gedanken, ihre Sprache zu lernen. Wir bringen ihnen „Sitz, „Platz, „Komm und „bei Fuß bei, weil es praktisch für uns ist, nicht für sie. Wir beschenken sie wie Kinder, obwohl es ihnen egal ist, wer die schönsten Spielsachen hat, und wir ziehen ihnen teure Outfits an, obwohl Mode sie überhaupt nicht interessiert.

    Für mich ist das alles nicht logisch. Wir bringen unseren Hunden bei, sich wie Menschen zu verhalten, obwohl viele Menschen Mühe haben, mit Vertretern ihrer eigenen Spezies auszukommen. Die Natur hat Hunde so geschaffen, dass sie Werte wie Ehre, Respekt, Mitgefühl, Ehrlichkeit, Vertrauen, Loyalität und die Bedeutung von Ritualen verinnerlicht haben. Sie verstehen instinktiv die Bedeutung von Hierarchien und bilden in ihren Rudeln ein Beziehungsgeflecht, von dem alle profitieren. Anstatt ihnen also beibringen zu wollen, was wir für sie als wichtig erachten, sollten wir vielleicht einmal die Gelegenheit ergreifen und von ihnen lernen.

    Ich hab dieses Buch geschrieben, weil ich glaube, dass es an der Zeit ist, unsere Hunde einmal als unsere Lehrer zu betrachten. Hunde besitzen all das, was wir gerne hätten, aber scheinbar nie erreichen können. Jeden Tag leben Hunde ganz selbstverständlich nach einem moralischen Kodex, dessen Befolgung die Menschen immer nur anstreben. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass uns unsere Hunde besser verstehen als wir selbst.

    „Erkenne dich selbst!", lehrt uns Sokrates. Ich würde das so formulieren: Wenn Sie wissen wollen, wer Sie sind, lernen Sie Ihren Hund kennen! Ihr Hund kennt Sie auf seine Weise bereits sehr gut. Er weiß besser als die meisten Menschen um Sie herum, wer Sie wirklich sind. Ihr Hund kennt Ihren Tagesablauf, er kann Ihre Körpersprache verstehen und kennt Ihre Gefühlslage vielleicht besser als Sie selbst. Ihr Hund hat Zugang zu Ihrem Unterbewusstsein und zum tiefsten Inneren Ihrer Seele.

    Kein Philosoph vermag uns so gut zu begreifen wie ein Hund oder ein Pferd.

    Herman Melville

    Wie aus einem Hund ein Lehrer wird

    Hunde könnten uns sehr viel lehren, weil sie aus purer Notwendigkeit das Verhalten der Menschen seit vielen Generationen eifrig studiert haben. Um erfolgreich mit uns leben und zusammenarbeiten zu können, lernten sie im Verlauf von Tausenden von Jahren alles über unsere Spezies.

    Hunde haben die Art Mensch Abertausende Kilometer weit begleitet. Sie haben mit uns gejagt, unsere Herden zusammengehalten und unsere Territorien verteidigt. Sie sind seit Jahrtausenden an unserer Seite und haben sich auf dieser Reise zusammen mit uns verändert. Erst waren sie mit uns zusammen Jäger und Sammler, sind dann mit uns zu Bauern und schließlich zu Städtern geworden.

    In all dieser langen Zeit haben Hunde unsere Gewohnheiten kennengelernt und wissen darüber fast so gut Bescheid wie über ihre eigenen. Sie haben gelernt, was unsere Körperhaltungen bedeuten und verstehen jede Nuance in unserer Stimme. Um zu überleben, wurden sie die weltbesten Experten für jede Art menschlichen Verhaltens. Ich bin davon überzeugt, dass Hunde, könnten sie sprechen, unsere besten Freunde, Lehrer und Psychologen wären.

    Auf der Erde leben über 400 Million Hunde. In den USA lebt in jedem vierten Haushalt ein Hund, in Deutschland in jedem siebten. Die Liebe zum Hund überwindet alle gesellschaftlichen Grenzen, Menschen leben in großen Städten ebenso mit Hunden zusammen wie in kleinen Orten auf dem Land. Hunde wissen, wie sie mit uns zusammenarbeiten können und leben überall gerne bei uns.

    Die anpassungsfähigen Hunde sind eine der wenigen Tierarten, die seit Zehntausenden von Jahren hervorragend mit Menschen zusammenleben. In ihrem großartigen Buch The Genius of Dogs vertreten die beiden Wissenschaftler Brian Hare und Vanessa Woods die These, dass in der Zeit, in welcher der Wolf sich zu dem Tier entwickelt hat, das wir heute als Hund kennen, er die Menschen genauso nutzte wie sie ihn. Wölfe lernten schnell: Halfen sie uns beim Jagen und dem Hüten der anderen Haustiere und beschützten unser Zuhause, dann gab es als Belohnung Nahrung und eine sichere Unterkunft. Daraus entwickelte sich schließlich eine artenübergreifende Zuneigung.

    Wie war das wohl vor etwa 34 000 Jahren, als der erste clevere Wolf beziehungsweise „Protohund" herausfand, dass er sich um nichts mehr sorgen musste, wenn er einfach diesem seltsamen aufrecht gehenden Wesen half? Dabei musste er ohnehin nur das erledigen, was Wölfe sowieso jeden Tag tun: jagen, auskundschaften, Spuren suchen und die Familie beschützen. Wölfe, die vor Menschen weder Angst hatten noch sie bedrohten, waren plötzlich gegenüber ihren argwöhnischen Artgenossen aus der Wildnis im Vorteil und traten in eine Win-win-Situation ein, die bis heute andauert.

    Während unsere Hunde also alles daransetzen, uns zu verstehen, um sich bestmöglich in unsere Welt einzufügen, begegnen wir ihnen nicht immer mit derselben Höflichkeit. Die meisten meiner Klienten denken, die Probleme mit dem Hund hätten nichts mit ihnen zu tun. Aber fast immer beginnen Hundeprobleme beim Besitzer. Unabhängig von Beruf und Herkunft haben alle Menschen, mit denen ich arbeite, denselben Wunsch: „Cesar, bitte hilf meinem Hund!" Ich gebe ihnen dann als Erstes zu verstehen, dass ich ihnen nur helfen kann, wenn sie lernen, mit sich selbst klarzukommen.

    Wie aus einem Hund der beste Freund wird

    Hunde begleiten, beobachten und studieren uns seit Menschengedenken. Begaben wir uns in Gefahr, überlegten sie, wie sie mit uns kommunizieren könnten, um uns davor zu warnen. Benötigten wir Hilfe beim Transport, ließen sie sich bereitwillig vor unsere Schlitten oder Wagen spannen. Brauchten wir einen Kameraden, waren sie da und lernten, unser bester Freund zu sein.

    Mit der Fortentwicklung der Zivilisation brauchten wir die Hunde immer seltener für die tägliche Arbeit, aber sie passen sich neuen Anforderungen auch heute noch stets an. Hunde helfen uns beim Erkennen von Krankheiten, bei Such- und Rettungseinsätzen und in der Therapie, und nach wie vor sind sie zu Hause treue, stets gut gelaunte Gefährten.

    Zu Hunden haben wir schon immer eine deutlich engere Beziehung als zu anderen Nutz- und Haustieren, wie Fischen,Frettchen oder sogar Katzen gepflegt. Der Grund ist vielleicht, dass wir beide soziale Wesen sind: Menschen und Hunde wissen sehr genau, was es bedeutet, sich auf andere zu verlassen und für andere zu sorgen. Beiden Arten sind diese Aspekte des Verhaltens wichtig.

    Mit der Zeit entwickelten sich Hunde von Helfern über Kameraden zu vollwertigen Familienmitgliedern. Ihre überraschend einfache Lebenseinstellung bietet uns ein ideales Beispiel dafür, was Vertrauen, Respekt, Hingabe und Loyalität wirklich bedeuten. Daher könnten Hunde im nächsten evolutionären Schritt unsere besten Lehrer werden.

    Für mich sind Hunde die faszinierendsten Wesen; sie lieben bedingungslos. Sie verkörpern für mich Lebendigkeit und wahres Leben.

    Gilda Radner

    Die wichtigsten Lektionen im Leben

    Als Kind lernte ich von den Hunden auf unserem Bauernhof, was Respekt bedeutet. Ich habe fasziniert ihre auf Deeskalation abzielenden Konfliktlösungen registriert sowie ihr Wissen um ihren Platz in der Gruppe bewundert. Durch das Beobachten des friedlichen Miteinanders im Rudel lernte ich Gelassenheit. Die einfache und direkte Art der Kommunikation unter Hunden lehrte mich Ehrlichkeit und persönliche Integrität. Hunde wurden meine Vorbilder, und Hunde halfen mir, der Mensch zu werden, der ich heute bin. Durch sie möchte ich ein noch besserer Mensch werden: ein besserer Kamerad, Freund, Vater und Lehrer.

    Um von Hunden lernen zu können, müssen wir zunächst eine Verbindung zu ihnen aufbauen, in der wir uns nicht von vornherein als der Überlegene sehen. Wir müssen bescheiden sein und uns einer anderen Form der Kommunikation öffnen. Um von Hunden oder anderen Tieren lernen zu können, müssen wir zunächst deren Welt verstehen und versuchen, sie durch deren Augen zu betrachten.

    Ob zu Hause oder in meinem Dog Psychology Center, überall bin ich umgeben von einem Rudel wunderschöner Hunde, und es werden immer mehr.

    Unser Leben ist heute sehr kompliziert. Wir sind mit Recht stolz auf die revolutionären Technologien unserer Gesellschaft, aber wir vergessen oft, dass wir uns damit auch immer weiter von der Natur und unseren Instinkten entfernen. Uns erscheinen anstrengende Berufe, lange Wege zur Arbeit und stundenlanges Sitzen am Computer normal. Unsere Kinder verbringen mehr Zeit mit Hausaufgaben als mit Spielen. Entspannung heißt für sie nicht mehr, auf Bäumen herumzuklettern, sondern gebannt auf einen Bildschirm zu starren. Wir müssen unser Haus putzen, Besorgungen machen und Rechnungen bezahlen. Wenn wir uns zu sehr in dieser Alltagsroutine verlieren, verpassen wir die Chance, die Welt und das Schöne darin zu sehen. Letzteres aber ist für einen Hund völlig normal.

    Aus diesem Grund liegt für mich das Geheimnis der inneren Ruhe und des Glücks im Vertrauen auf die Instinkte. Unsere Hunde erleben Ausgeglichenheit und Zufriedenheit jeden Tag und jede Stunde. Im Grunde spüren wir wie alle Tiere recht schnell und deutlich, wenn sich etwas nicht gut anfühlt. Wir greifen dann jedoch zu Ratgebern oder flüchten uns in Essen, Trinken, Drogen, Glücksspiel und Shopping als verzweifelte Versuche, dem Durcheinander zu entkommen und Frieden zu finden. Dabei leben die besten Vorbilder direkt bei uns.

    Hunde können uns so viel über das Leben beibringen – über Vertrauen, Loyalität, Gelassenheit und bedingungslose Liebe. Darum soll es in diesem Buch gehen. Dafür habe ich acht Lektionen zusammengestellt, die mir von Hunden erteilt worden sind: über Respekt, Freiheit, Selbstvertrauen, Ehrlichkeit, Vergebung, Weisheit, Nachgiebigkeit und Akzeptanz. Ich habe diese Lektionen von meinen geliebten Pit Bulls Daddy und Junior, von einem stolzen Hofhund namens Paloma, von zwei Rottweilern namens Cain und Cycle und sogar von einer kleinen französischen Bulldogge namens Simon gelernt. Ich habe in meinem Leben viele Hunde kennengelernt, und jeder von ihnen hat seine Spuren in mir hinterlassen. Jedes der folgenden Kapitel steht für einen konkreten, inspirierenden Schritt auf unserem Weg zur Selbsterkenntnis, und immer sind dabei Hunde unsere Lehrer.

    Viele Jahre lang habe ich über Führung und Gefolgschaft gesprochen. Jetzt ist es für mich höchste Zeit, dass wir den Hunden folgen, indem wir ihre Weltsicht, ihren Lebensstil, ihre Werte und das Sozialverhalten im Rudel übernehmen. Hunde sind selbstlos und stellen das Wohl des Rudels über die eigenen Interessen. Sie leben im Hier und Jetzt und verlieren sich nicht in Details.

    Gerade heute ist es für uns Menschen dringend notwendig, wieder mehr das Wohl der Gemeinschaft in den Vordergrund zu stellen. Wir brauchen mehr gesunden Menschenverstand, mehr Einfachheit und mehr Dankbarkeit für das, was wir haben. Wir schieben so viel Wichtiges auf: Familie, Gesundheit, Spaß, Ausgeglichenheit. Hunde tun das nicht. Wenn sie ein Ungleichgewicht spüren, ob in ihrer Umgebung, in einer bestimmten Situation oder bei einer Person, denken sie nicht lange über eine Lösung nach. Sie reagieren einfach, so wie wir spontan die Hand vom Feuer zurückziehen. Wenn es um das Erkennen der sprunghaften Gefühle von Menschen geht, sind Hunde wahre Meister. Wenn wir sie genau beobachten und ihnen gut zuhören, können uns unsere geliebten Haustiere in unserer Persönlichkeitsentwicklung und Selbsterkenntnis entscheidend voranbringen. Die Weisheit der Hunde ist Medizin für die Seele, aber in unserer Welt, die nur um unsere eigene Spezies kreist, entgeht das oft einfach unserer Aufmerksamkeit.

    Ich lade Sie zu einer Reise ein, bei der neue Wege im Leben beschritten werden, und die einzelnen Stationen sind die einzigartigen und klugen Lektionen, die unserer Hunde uns erteilen.

    LEKTION 1: RESPEKT

    Wir zwei, lieber Freund, sind Sonne und Mond, sind Meer und Land. Unser Ziel ist nicht, ineinander überzugehen, sondern einander zu erkennen und einer im andern das sehen und ehren zu lernen, was er ist: des andern Gegenstück und Ergänzung.

    Hermann Hesse, Narziss und Goldmund

    Er hatte das Erscheinungsbild der anderen Hunde auf dem Bauernhof, mit einem Kopf wie ein Wolf, einem leicht eingerollten Schwanz, langen Beinen und dem knochigen Körper eines Kojoten. Aber am Fell konnte man Paloma immer gleich erkennen, denn sein reines Cremeweiß hob sich deutlich von der braunen oder grauen Farbe der anderen Tiere des Rudels ab. Auch wenn der Rüde vor der untergehenden Sonne stand und man seine Fellfarbe nicht genau sehen konnte, war da noch etwas, das Paloma zu einem besonderen Tier machte. Wenn das Rudel von einem langen, heißen Tag auf den Feldern zurückkehrte und in einer Staubwolke über die Kuppe den Hang heruntertrabte, erkannte man schon von Weitem die außergewöhnliche, würdevolle Erscheinung dieses Hundes. Er lief direkt hinter oder neben meinem Großvater und immer vor den anderen Männern und Hunden. Palomas stolze Haltung war wie die der Pitayabäume in der hügeligen Landschaft des mexikanischen Bundesstaates Sinaloa, wo ich mit meiner Familie in Culiacán an der Westküste lebte. Den spitzen, stehenden Ohren des Hundes entging nichts, sie suchten wie Satellitenschüsseln die Umgebung nach Signalen ab. Seinen Kopf trug er stets aufgerichtet, und selbst wenn er bewegunglos wie eine Statue verharrte, waren seine Augen immer in Bewegung und registrierten alles um ihn herum.

    Paloma war ganz klar der Führer des Rudels aus etwa sieben Hunden, die wir auf dem Hof hatten, so wie mein Großvater eindeutig der Herr des Hofes war, zu dem unsere Familie, die Hunde und die Landarbeiter gehörten. Paloma war gewissermaßen der Adjutant meines Großvaters. Obwohl er einer anderen Spezies angehörte, war er in der Rangfolge der Zweite. Die anderen Hunde spürten das ebenso wie die Landarbeiter.

    Als die rechte Hand meines Großvaters nahm Paloma eine besondere Rolle ein, wurde respektiert und von allen mit Ehrfurcht behandelt. Wie mein Großvater war

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1