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Tantadruj
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eBook83 Seiten1 Stunde

Tantadruj

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Über dieses E-Book

Tantadruj, der Dorfnarr, zieht mit vierzig Glocken (für jeden Märtyrer eine) zum Kirtag, um das Glück zu suchen. Glücklich werde er erst, wenn er sterbe - seit ihm das seine Mutter »irgendwie« eingab, lebt er für diesen Wunsch: sterben. Auf dem Weg schließen sich ihm drei Freunde an, jeder auf seine Weise weise Randfigur. Doch irdische wie überirdische Mächte wissen die Erfüllung von Tantadrujs und seiner Komplizen Sehnsucht zu verhindern: Der Dorfpolizist Teigig (»Sterben ist verboten«) und die vier Pfarrer (»Wir müssen alle dulden, bevor wir in die Grube fahren«). Als es auf dem Friedhof gar zum Probeliegen kommt (»Tantadruj, es geht kein Wind«), ist das Verbrechen und die Sünde perfekt, wenn auch von Glück (k)eine Spur. Die vier müssen wieder in ihre vier Täler zurück.

Ciril Kosmač, der bedeutende slowenische Epiker, erinnert sich am Ende seines Lebens an diese Geschichte seiner Mutter, und inmitten der Eiseskälte der Welt erscheint ihm eine Sternschnuppe: »Resurrecturis!« - Eine weise Parabel, das serene Lob der Phantasie.
SpracheDeutsch
HerausgeberWieser Verlag
Erscheinungsdatum24. März 2015
ISBN9783990470220
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    Buchvorschau

    Tantadruj - Ciril Kosmač

    I

    Die gefrorene Erde erklang unter ihren Schuhen, und der kalte Mond leuchtete ihnen vom Himmel, denn der Winterhimmel war klar und der Morgen noch fern. Von fern her schritten auch die Menschen: Bauern und Häusler, Händler und Handwerker, Krämer und Hausierer, Aufkäufer und Makler, Knechte und Mägde, Burschen und Mädchen, Landstreicher und bescheidene Diebe, verlorene Seelen, Bettler, harmlose Narren von Geburt, zu denen man damals Kinder Gottes sagte, und solche, bei denen es sich erst später verwirrt hatte, die aber nicht so gefährlich waren, daß man sie hinter Schloß und Riegel setzen müßte. Einzeln und in kleinen Gruppen durcheilten sie alle vier Täler, die sich vor ihnen auftaten. Sie gingen nach St. Luzia, und sie gingen zum Kirchtag, deshalb gingen sie schweigend, damit sie leichter rechnen konnten und nachdenken über ihre Bedürfnisse und träumen von ihren Wünschen.

    Nach St. Luzia strebte auch unser Dorfnarr Tantadruj. Wie sein eigentlicher Name war, hatten schon alle vergessen. Sie sagten Tantadruj zu ihm, weil er jeden Satz mit diesem seltsamen Wort begann, das aber gar nicht seltsam war. Als er noch klein war und von den Dorfkindern geärgert wurde, hatte sich seine unglückliche Mutter immer mit den Nachbarsfrauen gestritten; mit dem Finger hatte sie auf die Bälger gezeigt, die in angemessener Entfernung abwarteten, und hatte sich mit schriller Stimme über »den da und den da und den drüben« beklagt, die ihn geärgert hatten. Drüben klingt in unserem Dialekt wie druj. Dies hatte das Kind mehrmals am Tag gehört, deshalb ist es nicht verwunderlich, wenn es aus all diesen hastig ausgesprochenen Wörtern, die es noch nicht verstand, ein einziges zusammenfügte. Und das war auch das erste, das es aussprach. »Tantantadruj!« schluchzte es, wenn es sich bei der Mutter beklagte, und »Tantan-tadruj…« sang es leise, wenn es auf dem Ofen spielte oder im Staub vor der Hütte. Später, als es sprechen gelernt hatte, war ihm dieses Wort geblieben, um damit die Stimmbänder und die Zunge zu lockern. Und so war auch sein Name entstanden.

    Tantadruj war ein winzig kleines Wesen, und auch Verstand hatte er nur einen winzigen, seine kleine Seele aber war geräumig genug, um darin seinen großen und einzigen Wunsch zu bergen: zu sterben. Seit ihm die Mutter auf irgendeine Weise begreiflich gemacht hatte, er werde erst dann glücklich sein, wenn er gestorben sei, war dieser Wunsch in ihm so lebendig, daß er eigentlich nur noch für ihn

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