Planetenroman 2: Die Show der Sterne: Ein abgeschlossener Roman aus dem Perry Rhodan Universum
Von Robert Feldhoff
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Planetenroman 2 - Robert Feldhoff
Planetenroman
Band 2
Die Show der Sterne
Sie reisen von Stern zu Stern – und geben ihre Vorstellung jedem, der dafür bezahlt
Robert Feldhoff
Im 28. Jahrhundert nach Christus: Längst hat sich die Menschheit in der Galaxis ausgebreitet. Zahlreiche Siedlerwelten existieren am Rand des Solaren Imperiums, nur lose mit der Zivilisation der Erde und Perry Rhodan verbunden. Auf einigen dieser Welten hat sich erstaunlicherweise ein längst vergangen geglaubter Moralbegriff durchgesetzt.
Eine dieser Welten ist Cocomare, und dort lebt Gary Sporter, ein ziellos durchs Leben schlendernder Mann. Als er die »beste Strip-Show des bekannten Universums« sieht, verändert dies sein Leben: Er beschließt, ein Teil dieser Show zu werden und endlich eigene Abenteuer zwischen den Sternen zu erleben ...
Prolog
Mit rasanter Geschwindigkeit breitete sich die Menschheit in der Milchstraße aus – wohl selten zuvor war ein junges Volk mit derartig ungestümer Energie ins All aufgebrochen. Nicht alle Welten schlossen sich dem Solaren Imperium an, das von Perry Rhodan geleitet wurde, und nach einigen hundert Jahren starteten sogar von den »neuen« Menschenwelten kleine Flotten von Siedler-Raumschiffen, die ihrerseits Kolonien gründeten.
Das Sternenreich der Menschheit wuchs, und es zerfiel zugleich. Im 28. Jahrhundert gab es neben dem Solaren Imperium eine Vielzahl von kleinen Staaten und Imperien unterschiedlichster politischer und sozialer Ausrichtung, alle besiedelt von Menschen und den Abkömmlingen der Terraner. Auf Tausenden von Planeten entwickelten sich neue Sitten und Gebräuche, und manche Kolonie verlor sogar die Bindung zur Erde.
Die Verbindung zwischen diesen Welten war dünn; manche lagen am Rand des menschlichen Siedlungsgebietes, Zigtausende von Lichtjahren von der Erde entfernt. Zwischen ihnen verkehrten Frachtraumschiffe, wenige Raumtransporter, gelegentlich ein Schiff der Raumflotte. Selten, sehr selten kam es vor, dass sich Reisende unterschiedlichster Art zwischen den Sternen bewegten: Schausteller des 28. Jahrhunderts, Tänzer und Zirkusartisten ...
(aus: Hoschpians Chroniken des 28. Jahrhunderts n. Chr.; Kapitel 12.2., Zersplitterung)
1.
Gary kündigte seine Stellung an dem Tag, als in der Stadt der Sommer begann. Auf Cocomare waren die Sommer wunderschön, und er hatte nicht die Absicht, seine Tage mit Buchhalterei und Gesetzestexten zu verbringen.
An diesem Abend besuchte er Oswald.
Sein Freund war als der fetteste Mann im Viertel bekannt, mit spiegelnder Glatze und einer Knollennase, die das ganze Gesicht bedeckte. Augen und Mund wurden durch sie an den Rand gedrückt, sodass jeder, der Oswald ansah, in seinen Zügen etwas suchte, was nicht vorhanden war. Aber Gary wusste, dass hinter Oswalds Gesicht eine Seele von Mensch steckte. Und darauf kam es an; sogar bei einem Mann, der als Angestellter der Finanzbehörden zu den meistgehassten Leuten der Stadt zählte.
»Gary! Setz dich! Ich bin gleich so weit.«
Gary nahm auf einem der Hocker Platz, schaute aus dem Fenster über die Dächer der Stadt und ließ vom Servo kühle Drinks kommen. Coco City, die Stadt am Ende der Welt ... Es war die einzige größere Stadt auf Cocomare. Eine Million Siedler konzentrierten sich in diesem Ballungsraum, weil den Rest des Planeten nur noch Farmland und Urwald bedeckten. Auf einer dieser Farmen war Gary aufgewachsen. Er hasste es, zu viel freies Land um sich zu sehen, er hasste die Gesellschaft der Ernteroboter, und er hasste es, mit Beginn der Regenzeit seine Tage auf den Feldern zu verbringen. Seine Eltern hatten ihn in die Stadt geschickt, und er hatte gelernt, seinen Lebensunterhalt als Buchhalter eines Anwalts zu verdienen. Aber das hatte er sich nie erträumt. Es war ihm nie gelungen, einen Zipfel vom Glück festzuhalten.
Es fehlte ihm der Mut, Cocomare zu verlassen. Und doch saß er oft auf einem Hügel am Rand von Coco City und starrte zu den Sternen hoch. Manchmal sah er auf dem alten Raumhafen die Schiffe von fernen Welten landen. Kugelraumer von Arkon und von der Erde kamen, dazu sanken uralte Keilschiffe von Terra nieder, die Walzen der Springer tauchten auf, mit Waren voll bepackt bis an die Grenzen der Ladekapazität, und manchmal schwebte ein riesenhafter Diskus von Gatas oder Latos über dem Raumhafen, still und elegant und tödlich wirkend. Doch niemals blieb eines der Schiffe länger, als nötig war.
Gary hatte nie ein Raumschiff von innen gesehen. Nur zu gern wäre er eine oder zwei Stunden lang durch die Korridore geschlendert, hätte einen Hauch von dem geatmet, was er für das freie Leben der Raumfahrer hielt. Heute hier zu sein, morgen auf einem ganz anderen Stern und am Tag darauf sich den Gefahren des Zentrumskerns zu stellen.
Er hätte einiges dafür gegeben, hätte man ihn die Wunder von Arkon, Sphinx oder der fernen Erde schauen lassen. Die Holowürfel, die es in jeder Mediothek zu leihen gab, mit ihren Berichten über Perry Rhodan und seine unsterblichen Gefährten, sie bildeten nur unvollkommenen Ersatz. Was wären dagegen die Arkaden von Arkon I gewesen, die Trichterbauten und der Kristallpalast? Oder das wimmelnde Leben von Gatas, als Mensch unter Milliarden und Abermilliarden tellerköpfiger Blues ... Oder die Türme und Gleiterhochstraßen von Terrania, die Ströme von Besuchern, die das Herz der Stadt belebten, die ...
»Gary!«
Er hob den Kopf und sah Oswald vor sich stehen.
»Du träumst schon wieder, Gary«, sagte der andere vorwurfsvoll. »Träumen führt zu nichts. Du setzt dir bloß Flausen in den Kopf, weißt du?«
»Ist es Dummheit, von hier wegzuwollen?«
»Es ist Dummheit, wegzuwollen und nicht zu gehen. Du hast Geld genug, oder?«
»Ach ...«
»Trink aus, ich muss heute noch was erleben.«
Oswald zwängte sich in seine Weste aus exotischem Leinen, die ihn wie einen weitgereisten Abenteurer aussehen ließ, und versetzte Gary einen Stoß. »Was ist, zum Donner? Du machst ein Gesicht, als müsstest du auf die Farm zurück.«
»Vielleicht muss ich das auch.«
»Wie?«
»Ich hab's getan. Ich hab's wirklich getan.«
»Was getan? Gekündigt?«
»Stimmt.«
»Na bravo! Dann komm zu uns! Die Finanzbehörde sucht immer gute Leute.«
»Dann hätte ich genauso gut meine bisherige Arbeit behalten können. Nie mehr Steuerakten und Buchungsbelege! Nein, Oswald, vielen Dank.«
Der andere prüfte sein Äußeres im Spiegel, dann zog er ein zufriedenes Gesicht und meinte: »Nichts mehr zu retten ... So gesehen mache ich einen guten Eindruck, oder?«
Gary sah nur für eine Sekunde hin. »Hervorragend. Jede Frau wird Mitleid kriegen.«
»Sieh nicht so von oben auf mich herab. Jeder muss es versuchen, so wie er kann. Und nun hör auf, Trübsal zu blasen. Wenn ich dich mit dem Gesicht mitschleppe, läuft im Leben nichts. Raff dich endlich auf, sonst kannst du hierbleiben.«
Über Coco City senkte sich Ausgehstimmung. Die Farbe des Himmels wechselte in abendliches Rot, von draußen drang durch das geöffnete Fenster Gelächter herein. Der Antigravschacht trug die beiden Freunde ins Erdgeschoss. Die Hitze des Tages war längst vergangen, doch der Straßenbelag strahlte noch immer Wärme ab.
Eine halbe Stunde waren sie zu Fuß unterwegs. Dort, im Vergnügungsviertel, begann die Zone der Lichter, der gedämpften Musik aus jeder halb geöffneten Schwingtür. Manchmal drehte sich Gary nach Frauen um; so lange, bis es Oswald zu viel wurde und er ihn böse in die Seite stieß. »Du benimmst dich wie ein verdammter Rüpel.«
»Auf Terra könnte ich hinterhersehen, wem ich will.«
»Du bist aber nicht auf Terra. Außerdem kannst du auch auf Terra nicht jeden mit Blicken belästigen, wenn's dir gefällt.«
»Woher willst du ...«
»He!«, rief Oswald aufgeregt. Dass er den Freund mitten im Satz unterbrochen hatte, störte nicht. Er spuckte in beide Hände und rieb sich über die Glatze, als ob er das polierte Spiegeln in strahlenden Glanz verwandeln wollte. »Da hinten sind Moa und Suky. Hinterher, Gary! Sie sind ins ›Corona Bay Fever‹ gegangen!«
»Hör schon auf. Suky kann ich nicht leiden, und Moa will mich nicht. Also was soll's?«
»Was für eine Frage! Denk mal an deinen Freund!«
Hinter Oswald betrat Gary das Lokal, mit übler Laune und bösem Gesicht. Die beiden Frauen verschwanden irgendwo hinten, im Dunkel der Tanzfläche. Die schwüle Atmosphäre des »Corona« umfing sie wie ein Mantel, als wären sie aus der Realität in einen Albtraum getreten. Stroboskopische Blitze hellten für Sekundenbruchteile Gesichter auf. Menschen bewegten sich in den kurzen Intervallen. Sogar Mitglieder von Fremdvölkern gab es: zwei Springer mit roten Bärten, die von einem der Handelsschiffe stammten, und eine Gruppe Blues, deren zirpendes Gespräch wie ein Netz den Klangteppich umfing. Die Kellnerrobots schwebten unsichtbar über den Köpfen; es reichte aus, die Hände nach oben zu recken und seinen Wunsch zu murmeln. Die Bedienung erfolgte prompt. In der Luft lag das süßliche Aroma von Coco-Drinks, außerdem der Geruch von Schweiß und Erregung. Tausend Füße bewegten sich, verursachten ein ständiges Scharren, das sogar durch die hämmernde Musik hörbar war.
Oswald hielt zwei Quoss-Getränke in der Hand, bevor Gary protestieren konnte. »Hier!«, brüllte er durch den Lärm. »Nimm schon!«
Um Alkohol handelte es sich nicht; dafür um eine populäre Modedroge von Aralon, die Körper und Geist in erwartungsvolle Aufnahmebereitschaft versetzte. Gary wusste, dass man von Quoss süchtig werden konnte. Aber in diesem Augenblick war es ihm egal. Um das fürchterliche Gefühl der Nutzlosigkeit loszuwerden, kippte er den Drink in einem Zug. Es dauerte keine zwei Minuten, bis er sich besser zu fühlen begann. Die Musik wühlte sein Innerstes auf, versetzte es in zuckende Vibration, im Kopf dagegen entstand diese gewisse Gleichgültigkeit, die er früher so gemocht hatte.
Oswald rammte ihm den Ellenbogen in die Seite. »He, Gary ... Dahinten sind die beiden wieder.«
In einer stillen Ecke trafen sie aufeinander. Oswald präsentierte vier Gläser Quoss, verteilte das Zeug an Gary und die beiden Frauen und zog dann mit Suky zur Tanzfläche ab.
Moa und Gary blieben zurück. Die junge Frau war knapp 1,70 Meter groß, mit dunklen Haaren und dunkler Haut, schräg gestellten Augen und rundem Mund. Ihre Kleidung wirkte konservativ; es war das Braun der Farmer, kombiniert mit modischen Accessoires und einer leichten roten Jacke. Sie schaute ihn nicht mal an.
»Netter Laden!«, rief er in ihr Ohr, einfach um höflich zu sein.
»Ich kann's nicht leiden.«
Die Worte las er mehr oder weniger von den Lippen ab. Gary schaute erstaunt in ihre Augen – zum vielleicht ersten Mal, weil er Moas Blick bisher gemieden hatte.
»Wieso bist du dann hier?«, fragte er.
»Weil Suky mich immer mitschleppt. Deswegen.«
Diesmal war Gary an der Reihe, Quoss zu besorgen. Sie tranken langsam ihre Gläser aus, doch Oswald und Suky blieben in den Lichtblitzen des Stroboskops verschwunden. Farbige Energiewände trennten plötzlich die Gruppen voneinander. Wie die Moleküle einer Flüssigkeit wurden sie durcheinandergewirbelt. Ein verwirrender Reigen begann, währenddessen man vorbeihuschende Gesichter nur schemenhaft erkennen konnte. Das war eine der Attraktionen des »Corona Bay Fever«; auf Arkon oder Terra seit Jahren aus der Mode, aber genug für Coco City.
Als die Energiewände erloschen, hatte das Wirbeln aufgehört. Am selben Ort befand sich nur noch die Tanzfläche, alles andere in der Bar hatte sich verändert: sowohl die Dekoration als auch die Standorte der Menschen. Gary und Moa saßen jetzt in der äußersten Ecke. Auf der Tanzfläche drehte sich Oswald suchend in die Runde; er hielt aber sogleich beide Hände in die Höhe. Aus dem Nichts erschienen zwei gefüllte Gläser.
»Die beiden amüsieren sich gut«, sagte sie.
»Wieso verschwinden wir zwei dann nicht?«
Misstrauisch schaute sie auf. »Soll das ein Angebot sein?«
»Natürlich.«
»Du bist deiner selbst sehr sicher.«
»Nein. Das scheint nur so.«
»Ich mag deine Sicherheit nicht ... Oder ich mag es nicht, wenn ich belogen werde.«
»Ich habe dir gesagt, wie es ist, Moa. Es war keine Lüge dabei.«
»Okay, Gary. Verschwinden wir.«
Das Lächeln, das sie ihm schenkte, war nicht von der strahlendsten Art, aber es war immerhin etwas. Gary bahnte einen Weg durch das Getümmel. Nahe hinter ihm kam Moa, und irgendwie brachte er es fertig, das Gefühl sogar zu genießen. Dabei war er so sicher gewesen, dass sie ihn nicht leiden konnte. Die Abneigung hatte auf Gegenseitigkeit beruht, bis vor ein paar Minuten.
Gemeinsam verließen sie das »Corona Bay Fever« und traten auf die abgekühlte Straße hinaus. Der Verkehr hatte nachgelassen, es waren kaum noch Leute unterwegs. In der lauen Sommernacht wirkte das ungewöhnlich, doch es versetzte ihn in eine romantische Stimmung, die er nur selten erreichte. Vom Eroberer der