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Jojo: und auf einmal ist alles anders
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Jojo: und auf einmal ist alles anders
eBook205 Seiten2 Stunden

Jojo: und auf einmal ist alles anders

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Über dieses E-Book

Für Dr. Robert Völker ist das Leben klar und unkompliziert. Der Leiter des Rechtsamtes einer mittelgroßen Gemeinde ist verheiratet, hat zwei Kinder und ein eigenes Haus. Sein Leben läuft in den vorgeplanten, geraden Bahnen.

 

Sicher gibt es ein paar kleine Verschleißerscheinungen in seiner Ehe. Zum Beispiel ist der Sex ist nicht mehr das, was er einmal war. Na ja, eigentlich ist er gar nicht mehr vorhanden, aber ist das nicht normal, wenn man schon seit siebzehn Jahren zusammen ist?

Und es gibt so viele andere Dinge: die Kinder, die Arbeit und …

 

Roberts Leben ist einfach und, aus seiner Sicht, stinknormal, genau wie er selbst.

 

Bis Johannes Brügge, von allen nur Jojo genannt, in sein Leben tritt und auf einmal nichts mehr so ist wie es war.

 

Auf einmal ist sein Leben einfach anders.

 

 

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum17. Nov. 2017
ISBN9783736825802
Jojo: und auf einmal ist alles anders

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    Buchvorschau

    Jojo - Gabriele Oscuro

    Jojo und auf einmal ist alles anders

    Sämtliche Personen, Orte und Begebenheiten sind meiner Fantasie entsprungen. Sollten Sie Ähnlichkeiten zu reell existierenden Personen feststellen, sind diese rein zufällig.

    Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder eine andere Verwertung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung.

    Die Arme vor der Brust verschränkt sah Robert aus dem Fenster der Teeküche hinunter auf die Bushaltestelle. Ungeduldig wartete er auf das Zischen des Kaffeeautomaten, mit dem ihm das neue Gerät verriet, dass der Kaffee fertig sei. Dann könnte er endlich die Tasse nehmen und in sein Zimmer zurückkehren, um sich erneut der Akte auf seinem Schreibtisch zu widmen. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es schon 9:02 Uhr war.

    Ein Bus hielt, die Türen öffneten sich und ein einzelner Mann, eingehüllt in einen schwarzen Parka, stieg aus. Mit schnellen Schritten näherte er sich dem Rathaus. Selbst von hier oben erkannte er Jojo Brügge, der wieder einmal zu spät zur Arbeit erschien.

    Jojo war ca. 170 cm groß und seine strohblond gefärbten Haare standen stachlig wie bei einem Igel in alle Richtungen von seinem Kopf ab. Auf der Nase trug er eine schmale, schwarz umrandete Brille, am linken Nasenflügel einen kleinen, silbernen Ring. Sein linkes Ohr zierten mehrere Creolen, das rechte hingegen nur eine. Beim Reden gestikulierte er mit seinen langen, schmalen Händen, schob in regelmäßigen Abständen seine Brille hoch und fuhr anschließend mit zwei Fingern an dem langen, geraden Nasenrücken herunter. Sämtliche Jeans, die er besaß, sahen so aus, dass Robert sie sofort in eine Altkleider-Sammlung gegeben hätte, ebenso wie die meisten seiner farbigen Shirts und die farblich dazu passenden Turnschuhe.

    Wie Jojo den Job als PC-Administrator in der Stadtverwaltung hatte bekommen können, war Robert ein Rätsel.

    Sicher waren die Regeln heutzutage nicht mehr so streng und nicht jeder Mann musste in einem Anzug ins Büro kommen, doch bisher war noch kein Mitarbeiter eingestellt worden, bei dem sich jeder, der ihm zum ersten Mal begegnete, fragte, ob er nicht vielleicht ein verirrter Kunde des Jobcenters war.

    Wie war der Kerl durch das Einstellungsverfahren gekommen? Elvira Sandmann, die Vorzimmerdame des Personaldezernenten, verriet Robert, dass Jojo am Tage seines Vorstellungsgespräches ein reinweißes T-Shirt mit einem schwarzen Sakko sowie eine dunkle Jeans getragen hatte, dazu schlichte schwarze Turnschuhe. Insgesamt sah er sehr nett aus. Der Leiter des Personalamtes, Herbert Petersen, erzählte ihm bei einem gemeinsamen Mittagessen, dass „der Junge" so unglaublich hervorragende Zeugnisse hätte, er sei ein wahres Genie an der PC-Tastatur.

    Selbst wenn dies wahr sein sollte, fand Robert, könnte er sich seiner Umgebung ein wenig anpassen und ein bisschen schlichter im Dienst erscheinen. Zum Glück gehörte Jojo Brügge nicht zu seinem Amt und war auch nicht für die PC-Betreuung des Rechtsamtes zuständig, das war seit zehn Jahren Bernd Neukirchner.

    Es beeindruckte Robert auch wenig, wenn er immer wieder von den Kollegen – oder hauptsächlich von den jungen Kolleginnen – hörte, wie fantastisch und unglaublich Jojo sei. Kein Problem sei zu schwer oder zu einfach, denn er gab den Kollegen und Kolleginnen – im Gegensatz zu einigen anderen PC-Betreuern, insbesondere Bernd Neukirchner – nie das Gefühl, das Problem säße vor dem Computer.

    Das einzige, was intensiv kontrovers diskutiert wurde, war die Frage, ob Johannes Brügge, wie er mit bürgerlichem Namen hieß, schwul war – oder nicht. War sein manchmal sehr eigenwilliges Äußeres (knallrote oder fliederfarbene Shirts mit passenden Turnschuhen zum Beispiel) Ausdruck seiner Homosexualität? Oder einfach nur sein Stil? Seine Gesten weibisch? Oder nur ein bisschen „unmännlich"? Oder nur etwas theatralisch? Trug er zu viel Schmuck? Flirtete er mit den Kolleginnen oder war er zu allen gleich nett und freundlich?

    Einig waren sich alle, dass er bisher mit keinem Mann geflirtet und sich nicht zu einem Freund bekannt hatte. Das jedoch tat den Spekulationen und den Gerüchten in den beiden Lagern, die sich zu dieser Frage gebildet hatten, keinen Abbruch. Im Gegenteil, je weniger die Kollegen wussten, umso mehr spekulierten sie.

    Gerade die jüngeren Frauen waren dabei der Ansicht, er sei einfach „süß oder „cool und brauchte sich nicht an verstaubte Konventionen zu halten.

    Einige Männer und Frauen vertraten die Meinung, sein Verhalten wäre „tuntig und er selber eine verdammte „Schwuchtel. Ein paar von ihnen gingen so weit, hinter vorgehaltener Hand zu äußern, dass „so ein Subjekt" nicht in den öffentlichen Dienst gehöre, sondern eingesperrt.

    Robert hielt sich aus der Diskussion raus. Aus der Ferne würde er sich der Meinung anschließen, dass Jojo zumindest homosexuelle Tendenzen habe, und näher würde er dem jungen Mann nicht kommen. Johannes Brügge war nicht der Typ Mann, mit dem ihn irgendetwas verband.

    Grundsätzlich hielt Dr. Robert Völker sich für tolerant und weltoffen. Er war neununddreißig Jahre alt, verheiratet und Vater zweier Jungen: Torben, 7 Jahre, und Fabian, 5 Jahre. Sein Leben bestand aus seiner Arbeit, seiner Familie und regelmäßigem Sport, um in Form zu bleiben. Wenn er Zeit hatte, las er gerne Krimis oder Thriller. Sein Liebesleben war seit der Hochzeit unspektakulär normal, das war es aber eigentlich auch schon vorher gewesen. Keine Sex-Exzesse in jungen Jahren, keine One-Night-Stands, keine Experimente. Mit Verena hatte er die dritte Frau in seinem Leben geheiratet und war immer noch glücklich mit dieser Entscheidung.

    Darüber, dass ihr Sex in den letzten Jahren faktisch zum Erliegen gekommen war, machte er sich wenig Gedanken, das war in seinen Augen normal. Immerhin waren sie schon seit über siebzehn Jahren ein Paar, standen beide beruflich unter Druck, hatten sehr wenig gemeinsame Zeit und kamen fast nie – na ja, ehrlicherweise nie – dazu, diese auf romantische Art zu verbringen.

    Nur, weil er sich nicht mit Menschen beschäftigte, die ihre eigenen Geschlechtsgenossen aufregender fanden als das andere Geschlecht, hatte er nichts gegen sie.

    Für ihn selbst war gleichgeschlechtliches Interesse undenkbar. Was konnte an einem männlichen Körper erregend sein? – Also für einen Mann ... Sicher gab es ästhetisch schöne männliche Körper, was jedoch konnte an einem schmalen Burschen wie Jojo für einen anderen Mann – und vielleicht auch für eine Frau – erregend sein? – Für Robert war die Antwort einfach: Nichts.

    ###

    Der Winter hatte die Stadt in diesen letzten Januartagen noch fest im Griff. Nach einem fast frühlingshaften Dezember war es jetzt eisigkalt.

    Am kommenden Donnerstag sollte Robert das neu gegliederte Bürgeramt der Stadtverwaltung vor den Bürgermeistern und Leitern der Bürgerämter anderer Kommunen in einem Vortrag präsentieren. Kein Problem, es machte ihm nichts aus, vor Menschen zu sprechen. Mit Unterstützung von Bernd Neukirchner hatte er eine PowerPoint-Präsentation auf seinem Laptop vorbereitet. Alle Daten und Eckpunkte für den Vortrag hatte er im Kopf. Alles in allem fühlte er sich gut vorbereitet.

    Am Mittwochabend ging er die Präsentation noch ein letztes Mal durch, ergänzte einen Punkt und rief hinterher schnell seine E-Mails ab, bevor er zufrieden den Laptop herunterfuhr.

    Donnerstagmorgen musste er noch kurzfristig ins Rathaus, den kleinen Trolley gepackt im Auto, um einige Unterlagen abzuholen, die er für den Bürgermeister Klaus Vogel, der selber nicht teilnehmen konnte, mitnehmen sollte.

    Auf seinem Schreibtisch lag eine Notiz, die ihn an eine Anfrage von Herbert Petersen erinnerte. Schnell klappte Robert den Laptop auf, wollte noch eben per E-Mail antworten … doch damit begann der Ärger: Der Laptop verweigerte ihm den Zugriff.

    Erst erschien die übliche Maske, nach Eingabe seines Passwortes folgten eine Fehlermeldung und die Bitte, das Passwort erneut einzugeben. Nach drei vergeblichen Versuchen kam die Meldung, dass der Zugriff endgültig verweigert wurde.

    Sofort rief Robert Bernd an. Ungeduldig klopfte er mit dem Stift auf den Schreibtisch, während er darauf wartete, dass dieser sich meldete, bis ihm plötzlich einfiel, dass Bernd seit gestern im Urlaub und nicht erreichbar war. Jetzt wurde er etwas unruhig. Die gesamte Präsentation war auf dem Laptop und er benötigte sie in wenigen Stunden. Verzweifelt rief er Frau Kleine, seine Sekretärin, ins Zimmer, die eigentlich alle Probleme für ihn lösen konnte. Bei dem Anblick der Meldung schüttelte sie jedoch mitleidig den Kopf. „Ich rufe für Sie die EDV-Abteilung an. Irgendjemand wird Ihnen sicher weiterhelfen können."

    Eine Viertelstunde später erschien der schlaksige Dirk Junghans, Vertreter von Bernd Neukirchner, in Roberts Büro und versuchte, mithilfe eines weiteren Laptops, das Problem zu beheben. Nach einer halben Stunde, in der Robert drei Tassen Kaffee getrunken hatte und mit den Nerven am Ende war, rief Dirk bei einem Kollegen an, diskutierte mit ihm, tippte auf die Tastatur ein und schüttelte immer wieder den Kopf. Robert hatte das Gefühl, verrückt zu werden.

    „Sie haben einen Virus auf dem Laptop, Herr Dr. Völker. Das kann man sicher beheben, doch nicht so schnell. Dirk Junghans zuckte mit den Schultern. „Ich müsste den Laptop mitnehmen und dann…

    „Ich brauche die Daten von dem Laptop heute Nachmittag. Genauer gesagt, in viereinhalb Stunden, unterbrach Robert ihn und sah bedeutungsvoll auf seine Uhr, „und ich habe noch zweieinhalb Stunden Fahrt vor mir… – Lassen Sie sich etwas einfallen! Holen Sie einfach die Daten von diesem verfluchten Laptop und spielen sie auf einen anderen! Das konnte doch nicht so schwer sein. Dirk Junghans jedoch schüttelte den Kopf. „So einfach ist das nicht, Herr Dr. Völker. Ich muss erst einmal an die Daten herankommen, bevor ich sie herunterholen kann."

    „Und was soll ich machen? Mein gesamter Vortrag ist auf diesem Laptop!" Nur schwer konnte Robert sich beherrschen, den Anderen nicht anzuschreien.

    „Hm, ich versuche noch einmal, Jojo zu erreichen", sagte Dirk Junghans unsicher und griff zum Telefon.

    Robert tigerte durch sein Zimmer, versuchte sich zu überlegen, was er machen sollte, wenn er nicht an die Präsentation käme. – Das durfte nicht passieren!

    „Er ist in einer halben Stunde hier. Vielleicht kann er Ihnen helfen, Jojo hat manchmal ungewöhnliche Ideen."

    Zweiunddreißig endlose Minuten später kam Jojo Brügge endlich. In einem roten Shirt, schwarzen, leicht abgewetzt wirkenden Jeans und rot-schwarzen Turnschuhen. Die blonden Haare standen wild um seinen Kopf. Robert verkniff sich eine Bemerkung. Dirk Junghans erklärte kurz, worum es ging und Jojo setzte sich vor Dirks Laptop, seine Finger flogen über die Tastatur.

    „Hm, machbar, dauert aber seine Zeit – und ich brauche meinen Laptop." Jojo wandte seinen Blick von Dirk zu Robert. Grasgrüne Augen, sie leuchteten geradezu hinter der Brille, sahen ihn an.

    „Ich habe keine Zeit. Eigentlich muss ich schon längst im Auto sitzen", erklärte Robert, mit schlecht unterdrückter Ungeduld.

    „Dann muss ich mitfahren und im Auto versuchen, Ihre Daten wiederzubekommen. Jojo stand auf. „Ich hole nur schnell meinen Laptop.

    Perplex sah Robert dem jungen Mann hinterher. Er wollte mitfahren? Gut, wenn er dafür seine Präsentation wiederbekäme.

    Zehn Minuten später saßen sie im Auto. Jojo saß auf der Rückbank, seinen Laptop auf den Knien, Roberts neben sich, beide mit einem Kabel verbunden, und tippte auf den Tasten herum. Robert sah in den Rückspiegel, die merkwürdigen grünen Augen sahen konzentriert auf den Bildschirm, während die Finger sich von Zeit zu Zeit blitzschnell über die Tastatur bewegten. Fünfzehn Minuten sagte keiner etwas, nur leises Klicken war von Zeit zu Zeit zu hören. Die Autobahn war zum Glück frei und Robert brauchte sich nicht übermäßig auf das Fahren zu konzentrieren. Wieder einmal sah er in den Rückspiegel und begegnete Jojos Blick. Jojo lächelte ihn an und ohne es zu wollen, lächelte Robert zurück. „Wie sieht es aus, können Sie ihn retten?", fragte er.

    Leises Lachen vom Rücksitz. „Ja, ich denke schon. Es ist ein schöner Virus, direkt per Mail-Anhang zugestellt. Sie müssen gestern etwas geöffnet haben, das ihren Laptop sofort infiziert hat."

    „Ich weiß nicht … Robert dachte nach. „Werbung und eine leere Mail von einem entfernten Bekannten, sagte er nachdenklich. „Die hatte einen Anhang, Fotos sollten darin sein …"

    „Und Sie haben den Anhang geöffnet. Das war keine Frage, sondern eine Feststellung. „Sie sollten sich einen anständigen Virenschutz zulegen. Wieder klickten leise die Tasten. „Wer immer ihn kreiert hat, ist ziemlich gut."

    „Sagen sie nicht, meine Präsentation ist verloren, dann können wir gleich wieder umdrehen. Wieder warf er einen besorgten Blick in den Rückspiegel, die blonden Stacheln standen noch ungeordneter hoch als gerade, nachdenklich kaute der junge Mann mit strahlend weißen Zähnen an seiner Unterlippe. Zwei Finger schoben die Brille hoch und strichen über den Nasenrücken wieder hinunter. Ein Blick aus den grünen Augen und ein schnelles Lächeln. „Nein, noch nicht. Ich hoffe nur, die Zeit reicht. – Was für eine Präsentation ist das überhaupt, wenn ich fragen darf?

    „Wir haben das Bürgeramt umorganisiert, für mehr Bürger- und Mitarbeiterzufriedenheit – und hatten Erfolg. In messbaren und gefühlten Werten. Robert lächelte. „Und wir wollen unsere Erfolge und die dahinter stehende Organisation anderen Kommunen nahebringen, fuhr er fort und lächelte.

    „Okay, wie erreicht man mehr Zufriedenheit bei den Kollegen und Kolleginnen? Die Bürger sind relativ einfach: keine langen Wartezeiten, keine Beschwerden." Jojo erwiderte das Lächeln.

    „Na ja, das ist ein Baustein: Schnelligkeit bei der Bearbeitung, doch auch Freundlichkeit, Kompetenz und Respekt spielen eine Rolle. – Für Unzufriedenheit bei den Mitarbeitenden sorgt zum Beispiel die Tatsache, keinen eigenen Arbeitsplatz zu haben, immer wieder im Rotationsprinzip arbeiten zu müssen. Oder die langen Öffnungs- und damit Arbeitszeiten, Samstagsarbeit und ständiger Besucherverkehr. Je mehr Öffnungszeiten, desto anstrengender ist die Arbeit. Unzureichende Ausstattung und ein hoher Frauenanteil machen die Tätigkeit nicht leichter", erläuterte Robert und sah Jojo im Rückspiegel schmunzeln.

    „Die Frauen selbst haben den hohen Frauenanteil beklagt, stellte er mit einem Lächeln klar und fuhr dann fort: „Natürlich funktioniert es nicht, das zweiundzwanzig Mitarbeitende dauerhaft einen eigenen Arbeitsplatz haben. Dafür reicht schlicht der Platz nicht. Des Weiteren müssen der Schichtdienst und gegebenenfalls Ausfälle kompensiert werden. Dabei hat es schon ungemein geholfen, dass die Mitarbeiter als Beteiligte an den Plänen für die Umorganisation mitgewirkt haben. Viele hilfreiche Arbeitserleichterungen kann man aus der Vorgesetztenperspektive nicht erkennen, man braucht die Mitarbeitenden, die den Prozess unterstützen. Einige Vorschläge haben wir ausprobiert, oft wurden sie von den Betroffenen selbst verworfen und ganz langsam hat sich im Laufe der Zeit eine Organisation entwickelt, mit der alle gut leben können. – Ich persönlich halte die Arbeitszufriedenheit des Einzelnen für äußerst wichtig, um ein gutes Arbeitsergebnis zu erzielen.

    „Mit dieser Meinung sind Sie aber ziemlich allein auf der Vorgesetztenebene, sagte Jojo. Wieder klapperte die Tastatur. „Die meisten halten sich doch immer noch für den Nabel der Welt und ihre Mitarbeitenden, für ersetzbares Fußvolk. Wem es nicht passt, der kann ja gehen.

    „Das klingt, als hätten Sie schon schlechte Erfahrungen mit solchen Vorgesetzten gemacht." Robert suchte Jojos Blick, doch dessen Augen hingen an dem Bildschirm neben sich fest.

    „Ja", war die schlichte Antwort und es klang so, als wolle sich Jojo nicht näher darüber auslassen.

    Das Hotel lag nur noch drei Abzweigungen vor ihnen und Robert hatte schweißnasse Hände. Fast eine Stunde lang hatten die Finger nicht die Tastatur bearbeitet, während sie sich über Fußball (Jojo war Mönchengladbach-Fan, während er selbst Werder Bremen-Fan war) und Lebensmittelskandale unterhalten hatten. Er wusste inzwischen, dass Jojo zwar kein Vegetarier war, aber auf Fleisch meistens verzichtete.

    Seit fünf Minuten huschte der Blick nun wieder zwischen den Bildschirmen hin und her und die Finger rasten förmlich über die Tastatur.

    „Wir sind gleich da", sagte er und hoffte auf eine Antwort, doch Jojo brummte nur und tippte weiter.

    Das Hotel hatte ein Parkhaus. Robert lenkte den Wagen hinein, fuhr hinunter auf die zweite Ebene und stellte ihn ab. Erwartungsvoll drehte er sich um. Eine kleine, steile Falte hatte sich zwischen Jojos Augenbrauen gebildet und er biss wieder auf seine Unterlippe. Robert betrachtete die Finger, die blitzschnell über die Tastatur flogen. Zwei silberne Ringe zierten die linke Hand. Einer am Ringfinger, einer am Daumen. Ein weiterer befand sich am Mittelfinger der rechten Hand. Keine schmalen, zierlichen Ringe, alle waren breit, zwei verziert, einer schlicht und matt. Jojos Fingernägel

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