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DIE NACHT DER SCHWARZEN TRÄUME: Der Thriller-Klassiker!
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eBook265 Seiten3 Stunden

DIE NACHT DER SCHWARZEN TRÄUME: Der Thriller-Klassiker!

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Über dieses E-Book

Ein schreckliches Willkommen für Kate, die Frau des Journalisten Harry Falcon: Nach einem längeren Aufenthalt in einem Nervensanatorium wird sie in ihrer Wohnung von einem Triebtäter überfallen und schwer verletzt.

Harry ist entschlossen, den Gangster zur Strecke zu bringen, notfalls auch im offenen Kampf gegen die Polizei, die sich an diesem Fall merkwürdig desinteressiert zeigt. Damit beginnt eine Vendetta, die das Leben Falcons in einen Alptraum verwandelt...

 

Der Thriller Die Nacht der schwarzen Träume von Richard Neely erschien erstmals im Jahr 1976; eine deutsche Erstveröffentlichung folgte 1978. Dieser klassische, düstere Krimi erscheint als durchgesehene Neuausgabe in der Reihe APEX CRIME.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum8. Juli 2021
ISBN9783748787761
DIE NACHT DER SCHWARZEN TRÄUME: Der Thriller-Klassiker!

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    Buchvorschau

    DIE NACHT DER SCHWARZEN TRÄUME - Richard Neely

    Das Buch

    Ein schreckliches Willkommen für Kate, die Frau des Journalisten Harry Falcon: Nach einem längeren Aufenthalt in einem Nervensanatorium wird sie in ihrer Wohnung von einem Triebtäter überfallen und schwer verletzt.

    Harry ist entschlossen, den Gangster zur Strecke zu bringen, notfalls auch im offenen Kampf gegen die Polizei, die sich an diesem Fall merkwürdig desinteressiert zeigt. Damit beginnt eine Vendetta, die das Leben Falcons in einen Alptraum verwandelt...

    Der Thriller Die Nacht der schwarzen Träume von Richard Neely erschien erstmals im Jahr 1976; eine deutsche Erstveröffentlichung folgte 1978. Dieser klassische, düstere Krimi erscheint als durchgesehene Neuausgabe in der Reihe APEX CRIME.

    DIE NACHT DER SCHWARZEN TRÄUME

    Erster Teil: WILLKOMMEN FÜR KATE

    Erstes Kapitel

    Der Zug fuhr langsam; ich schaute von meinen Notizen auf und sah, dass wir in die Station 125. Straße einfuhren. Auf dem gegenüberliegenden Gleis hielt gerade ein Gegenzug in Richtung Grand Central Station. Auch unser Zug hielt an, und ich schaute durch das verschmierte Fenster hinaus auf die Mietskasernen von Harlem. Ich stellte mir die von Ratten und Wanzen verseuchten Behausungen vor, bevölkert von Schwarzen, mit dem Gestank von Abfall und Schweiß und verstopften, überfließenden Toiletten, und dachte, dass mir meine eigenen Probleme weniger zu schaffen machten, wenn ich mich auch nur einen Augenblick in dieses Milieu versetzte.

    Aber es nützte nichts, und ich erinnerte mich vage an einen Satz aus Tolstois Krieg und Frieden. Ich bekam den genauen Wortlaut nicht zusammen, aber sinngemäß hieß es da: Es gab für mich nie eine Zeit, in der mich die Betrachtung fremden Elends von meinem eigenen abzulenken vermochte.

    Mein Blick fiel auf den Waggon, der mir gegenüber am Bahnsteig stand. Dort schienen, im Gegensatz zu meinem Zug, alle Plätze besetzt zu sein; Männer aus Darien und Westport und Greenwich, die es sich wegen ihrer privilegierten Stellung leisten konnten, erst um 10 Uhr vormittags im Geschäft zu erscheinen.

    Und ich war dabei, mich wieder meinen Notizen zuzuwenden - Notizen für einen Roman, den ich bisher nur umrisshaft konzipiert und noch nicht begonnen hatte -, als ich sie sah. Sie saß am Fenster des Waggons, den ich beobachtet hatte, und ich konnte nur Dreiviertel ihres Gesichts erkennen. Dennoch schien diesmal kein Irrtum möglich zu sein: das schulterlange, blonde Haar, die elegante Kurve der Backenknochen, das leicht vorgestreckte Kinn, die hübsche Nase, der weiche, volle Mund... Nichts hatte sich, soweit ich es von hier aus beurteilen konnte, in vierzehn Jahren verändert.

    Mein Notizbuch fiel auf den Boden, als ich versuchte, das Fenster zu öffnen und hinüberzurufen: Gloria! Gloria Summers! Aber das Fenster klemmte, war wie zugenagelt. Ich lief durch den Gang zur Plattform. Die Tür war bereits wieder geschlossen, und der Schaffner stand daneben und betrachtete mich mit gemeiner, spöttischer Befriedigung. »Tut mir leid«, sagte er und schmatzte dabei mit den Lippen. »Nächste Station Greenwich.« Ich fühlte, wie sich die Räder auf den Schienen in Bewegung setzten, und war mit einem Satz am Fenster der Waggontür, schaute hinüber auf den anderen Waggon, in dem das Mädchen saß. Ich hämmerte mit den Fäusten gegen die Glasscheibe und dachte einen Augenblick lang, sie hätte mich gehört, denn ihr Kopf drehte sich dem Fenster zu.

    Ich stieß in einem langen Seufzer den Atem aus. Das Mädchen war nicht Gloria. Ihr Gesicht war zu voll, ihre Nase zu breit, die Augen waren zu klein.

    Ausdruckslos wandte sie sich ab, und ich sah nur noch ihren Hinterkopf. Hörte, wie der Schaffner fragte: »Alles in Ordnung, Mister?« - und wieder einmal gab es Gloria nur in meinen Gedanken, wie jeden Tag, seit ich achtzehn war.

    Wie oft dachte ich, sie entdeckt zu haben: in der Fifth Avenue, als ich sie ansprach, hätte sie fast die Polizei gerufen -, im Foyer des Ethel-Barrymore-Theaters, in Bars und Restaurants, in Hotels und in Parks: Gloria Summers, das Mädchen, dem die ganze, aufgestaute romantische Liebe meiner Jugendzeit zugedacht war. Einunddreißig jetzt, ein Jahr jünger als ich. Als ich zuletzt von ihr hörte, war sie gerade mit ihrer Familie nach San Francisco gezogen und auf ein College jenseits der Bay gegangen. Das war vor zwölf Jahren.

    Ich ging zurück in mein Abteil, hob meinen Notizblock auf, steckte ihn ein und stellte fest, dass die Gedanken, die ich dort niedergeschrieben hatte, im Grunde völlig wertlos waren und nur dazu dienten, mein Gewissen zu beruhigen.

    Als ich in Greenwich angekommen war und mir dort ein Taxi nahm, verschwand meine nostalgische Sehnsucht auf einen Schlag - ausgelöscht von der Angst vor dem, was mir bevorstand.

    Das dreistöckige Gebäude aus Stein und Holz und sehr viel Glas stand auf einer Anhöhe, umgeben von weiten Rasenflächen, auf die große Ulmen ihre Schatten warfen. Ich ging zuerst ins Büro gleich hinter den Glastüren, um die Rechnung zu bezahlen, wobei ich nervös die Beine übereinanderschlug, während Miss Taggart die Lippen bewegte und die Zahlenkolonnen noch einmal überprüfte.

    Als ich ihr den Scheck reichte, sagte sie: »Danke, Mr. Falcon. Hoffentlich geht es jetzt wieder gut.«

    Ich dankte ihr und ging hinaus auf den Korridor, wohin mir ihre frohgemute Stimme folgte: »Sie hat wundervoll ausgesehen, heute Morgen beim Frühstück.«

    Dann ging ich die Treppe hinauf in den ersten Stock.

    Zwei junge Frauen saßen an dem langen, geschwungenen Schreibtisch und schauten von ihren Aktenordnern hoch, um mich zu begrüßen. »Na, also«, sagte Nancy, die Brünette mit der Brille, »heute ist der große Tag.« Ich versuchte es mit einem breiten Lächeln. Sie und ihre rothaarige Kollegin trugen normale Kleider und sahen eher wie Bibliothekarinnen aus, keinesfalls wie Krankenschwestern.

    »Kate ist draußen im Park und sonnt sich«, sagte Nancy und fügte dann fröhlich hinzu: »Ihre Koffer sind gepackt; sie ist fertig für die Abreise.«

    Ich nickte, lächelte immer noch, als ob ich mich darüber freute. In meinem Inneren verstärkte sich das hohle, Übelkeit hervorrufende Gefühl.

    Die Rothaarige, Arlene, sagte: »Doktor Forman ist hier. Er möchte Sie gern noch sprechen.« Sie schaute auf die Uhr. »Momentan hat er Besuch, aber es dauert nur ein paar Minuten. Ich rufe Sie, wenn es so weit ist.«

    »Fein«, sagte ich - erleichtert, dass sich mein Wiedersehen mit Kate noch eine Weile verzögerte.

    Hinter dem Empfang war ein großer, halbkreisförmiger Raum mit Glasfenstern, die hinausgingen auf eine Sonnenterrasse mit Schirmtischen, schmiedeeisernen Boulevardstühlen, Hollywoodschaukeln und großen Pflanzenkübeln mit üppigen Grünpflanzen. Ich ging hinaus auf die Terrasse.

    Das Sonnenlicht drang gefiltert durch die Blätter der riesigen Ulme, die den Mittelpunkt des Parks bildete. Ich sah Kate auf einer Terrasse am entlegenen Ende des Parks auf einer rosafarbenen Liege, den Kopf von mir abgewandt, das Haar auf dem Kissen ausgebreitet. Sicher lag sie schon seit mindestens einer Stunde in dieser Stellung, das Gesicht der warmen Junisonne zugewandt, um ihren unnatürlich gesund wirkenden Teint noch zu verstärken. Wie gesund sie wirklich war unter dieser Sonnenbräune, konnte ich nur vermuten; zu oft hatte ich mich über ihr scheinbares Wohlbefinden gefreut und musste schon bald danach erleben, wie sie langsam verfiel, bis sie wieder der ärztlichen Hilfe bedurfte.

    Diese Psychiater – wie viele mochten es bisher gewesen sein? Acht oder zehn? Sie war bei keinem lange geblieben, meistens nur so lange, bis man ihr ein Rezept für Beruhigungsmittel verschrieben hatte. Ihr derzeitiger Arzt, Dr. Forman, stellte diesbezüglich einen Rekord von vier Monaten auf. »Er drängt mich nicht«, hatte Kate erklärt. »Er lässt mich über alles reden, was mir in den Kopf kommt. Es ist eine wundervolle Erleichterung, selbst wenn er dadurch fast nichts über mich erfährt.«

    Aber er hatte dennoch eine Menge über sie erfahren. Ich erinnerte mich an mein Gespräch mit ihm in seiner New Yorker Praxis, vier Wochen, bevor Kate in die Klinik gekommen war.

    »Sie besitzt viele jener Eigenschaften, die für geistig unreife Menschen charakteristisch sind«, hatte er gesagt. »Naivität, Wunschdenken, die starke Neigung zu Tagträumen, ein Gefühl der Unsicherheit, das sich durch das Bedürfnis ausdrückt, ständig beachtet und gelobt zu werden.« Er hatte dazu ein wenig verlegen gelächelt. »Das kann man natürlich auch bei den meisten geistig reifen Menschen feststellen. Aber es geht um das Maß, in dem eine solche Tendenz vorhanden ist.«

    »In meinem Sprachgebrauch nennt man das eine gestörte Entwicklung.«

    »Ja. Aber damit kommt dem Begriff bereits eine abwertende Deutung zu. Das halte ich für unfair. Tatsächlich hat dieses Syndrom wenig mit Intelligenz und Lernfähigkeit zu tun. Diese Abweichung stammt in der Regel, wie auch in diesem Fall, aus einem psychischen Trauma.« Er zuckte mit den Schultern, als bitte er um Verzeihung für diese Begriffe. »Ich versuche, den Berufsjargon zu umgehen, Mr. Falcon. Tatsächlich handelt es sich darum, dass sie irgendwann in den für die Entwicklung wichtigsten Jahren dessen beraubt wurde, was wir alle am nötigsten haben: die Liebe.«

    »Sie haben früher einmal behauptet, es sei wegen ihrem Vater gewesen - weil er die Familie verlassen hat, um eine andere Frau zu heiraten.«

    »Ich habe behauptet, dass das ein Teil ihrer Schwierigkeiten sein könnte - wahrscheinlich der kleinere Teil. Immerhin gelingt es der Mehrzahl aller Mädchen, die ihre Väter durch Scheidung oder Tod verlieren, diesen Verlust auszugleichen. Im Fall von Mrs. Falcon liegt das etwas anders. Sie hat mehrfach ihre Trauer über diesen Verlust geäußert - vermutlich hat sie ihren Vater sehr geliebt -, aber sie ist nicht gehemmt, wenn es darum geht, über ihn zu sprechen. Nein, ich bin überzeugt, dass der Hauptgrund für ihren Zustand anderswo zu suchen ist.«

    Ich erinnerte mich, wie sehr mich dies beunruhigt hatte. »Und Sie haben keine Ahnung, was dieser Grund sein könnte? Keine Theorie?«

    »Eine Theorie? Ja, natürlich. Aber keine Beweise, mit denen ich sie stützen könnte.«

    »Vielleicht kann ich Ihnen helfen, wenn Sie mit mir darüber sprechen.«

    Er hatte mich einen Augenblick lang scharf aus seinen blauen Augen angeschaut, als prüfe er mein Verständnis, meine Fähigkeit, so komplizierte Dinge zu begreifen. »Na schön. Der Einfachheit halber werde ich die Theorie so darstellen, als ob sie Tatsache wäre. Ihre Ängste wurden zunächst ausgelöst durch das, was sie als Zurückweisung durch ihren Vater empfand. Doch noch ehe sich dieses Gefühl festigen konnte, ergriff sie die Angst vor einem anderen Verlust, einem, der ihr noch wesentlich näherging. Die logische Antwort wäre natürlich der Verlust eines Kindes, aber das trifft in diesem Fall nicht zu. Dennoch muss es sich dabei um eine Person handeln - um jemanden, den sie mit ganzem Herzen geliebt hat.«

    »Vielleicht ihre Mutter.«

    »Das glaube ich kaum. In der Tat - und das klingt vielleicht brutal - kümmert sie sich wenig um ihre Mutter. Sie fährt nie nach Florida, um sie zu besuchen; sie schreibt ihr nur einmal zu Weihnachten - ein paar Worte auf eine Karte. Sie gibt offen zu, dass sie einmal sogar glaubte, ihre Mutter zu hassen und sie für den Treuebruch ihres Vaters verantwortlich zu machen. Jetzt sieht sie die Verbindung zu ihrer Mutter höchstens als eine etwas lästige Pflicht.«

    »Also verengt sich der Kreis auf eine einzige Möglichkeit: eine unglückliche Liebe.«

    »Aber das bestreitet sie entschieden.«

    »Vielleicht, weil sie nicht darüber reden will.«

    »Aha, jetzt spielen Sie den Psychiater.« Er hatte gelächelt.

    »Ja, nun...«

    »Abgesehen von ihrem Vater, schwört sie, seien Sie der einzige Mann in ihrem Leben, den sie je geliebt hat.«

    Ich hatte das Gefühl gehabt, als ob man mich erdrosselte, und mich geräuspert.

    »Beunruhigt Sie das?«

    »Ein wenig. Es bringt mich auf den Gedanken, dass ich die Ursache für ihre Krankheit sein könnte.«

    »Nein. Glauben Sie mir, das Syndrom war längst vorhanden, ehe Sie in ihr Leben traten. Es war wie eine Bombe, der nur noch der Zünder fehlte.«

    »Dann war ich also der Zünder.«

    Er hatte die Augenbrauen ein wenig hochgezogen. »Möglich - aber wenn, dann war es unvermeidbar. Sie brauchen sich deshalb keine Vorwürfe zu machen.«

    »Ich weiß nicht, ob ich das begreife.«

    »Es ist wichtig, dass Sie es begreifen. Alles, was diese ursprüngliche Angst vor Verlust ausgelöst hat, ist durch Sie ersetzt worden. Mitunter ergreift sie panische Angst, Sie könnten sie verlassen.«

    Ich hatte gefühlt, wie sich das Gewicht, die Zentnerlast in meinem Inneren noch verstärkte. »Hat sie das gesagt?«

    »Nein - sie hat das Gegenteil behauptet. Immer und immer wieder hat sie mir versichert, dass Sie sie niemals verlassen würden, dass Sie sie und niemand anders lieben, dass Sie sie ebenso brauchen, wie sie Sie braucht, und dass Ihr Leben verloren wäre ohne sie. Aber wenn sie wirklich davon überzeugt wäre, brauchte sie es nicht ständig zu behaupten. Offenbar versucht sie damit, eine Stimme in ihrem Inneren zum Schweigen zu bringen, die ihr etwas anderes sagt.«

    »Ich erinnere mich nicht, ihr jemals Grund dafür gegeben zu haben, an meiner Liebe zu zweifeln.«

    »Das ändert wenig. Denn - vergessen Sie nicht - in ihren Gedanken sind Sie und diese andere, frühere Erfahrung miteinander verschmolzen.«

    »Aber ist das denn so ungewöhnlich? Ich meine, Tausende Von Frauen, vielleicht Millionen, sind sich der Liebe ihrer Männer unsicher, ohne dass sie gleich krank werden.«

    »Das ist richtig - jedenfalls nicht krank genug, dass sie die Hilfe eines Arztes nötig hätten. Meistens sind das Frauen, die auf die früheren Freundinnen ihrer Männer eifersüchtig sind, oder auf die Frauen, mit denen der Mann im Berufsleben zu tun hat. Sehr oft stammt diese Eifersucht auch daher, dass der Mann sich zunächst weigerte, die Frau zu heiraten. Unglücklicherweise findet die Frau dann meist nach der Heirat raffinierte Methoden, um sich an dem Mann dafür zu rächen. Und ironischerweise bringt gerade diese Rache, die die romantische Beziehung meist völlig zerstört, der Frau die emotionelle Stabilität zurück. Der Mann dagegen sucht sich ein Ventil in der Phantasie oder als Schürzenjäger und Ehebrecher. Aber das ist natürlich auch wieder eine Vereinfachung.«

    »Wollen Sie damit sagen, dass Kates nervlicher Zusammenbruch eine Art Rache ist für mein Verhalten?«

    »Nein. Ich glaube, sie übt damit Rache an sich selbst.«

    »Jetzt bin ich tatsächlich verwirrt.«

    »Eine Art Schuldgefühl. Sie fühlt im Unterbewusstsein, dass sie kein Recht hat auf das Objekt, das sie besitzen möchte.«

    »Und das bin ich?«

    »Ja. Sie fühlt sich Ihrer unwert. Daraus entsteht ein akuter innerer Konflikt, der mit der Zeit unerträglich wird. Also bricht sie unter dieser Last zusammen. Es ist eine Art Selbstgeißelung, ja sogar ein Selbstmord ohne dessen tödliche Endgültigkeit.«

    »Ich verstehe nicht, weshalb sie sich meiner unwert fühlen sollte - es sei denn, weil sie ein paar Jahre älter ist als ich.«

    »Das reicht nicht aus als Erklärung. Ich bin überzeugt davon, dass eine Analyse eine weit tiefere Ursache ergeben wird. Momentan habe ich freilich keine Ahnung, worin diese Ursache besteht.«

    Während ich mich an die Worte des Arztes erinnerte, vertiefte sich meine Niedergeschlagenheit, und ich fühlte mich in meinen eigenen Grundfesten erschüttert. Das Gefühl wich, als ich meinen Namen rufen hörte. Es war Nancy, die Schwester vom Empfang. Dr. Forman war bereit, mich im Familiensprechzimmer zu begrüßen.

    Ich kannte den Weg und ging allein durch den langen Korridor.

    Dr. Edward Forman stand am Fenster und schaute hinaus auf den Park, als ich den Raum betrat. Seine große, schlanke Gestalt war in eine graue Flanellhose und ein dunkel gemustertes, sportliches Sakko gekleidet. Dichtes, goldblondes Haar verdeckte seine Ohren und fiel in Locken auf seinen blauen Hemdkragen. Solange man ihn nur von hinten sah, erwartete man das gefühlvolle Gesicht eines Dichters. Die Realität, als er sich umdrehte, war wie immer enttäuschend. Noch nie zuvor hatte ich eine so wuchtige Stirn gesehen. Sie wirkte geradezu wie ein Wasserkopf, umso mehr, als das Haar erst in der Schädelmitte begann und in einzelnen, spärlichen Locken auf der Kopfhaut lag. Seine Gesichtszüge dagegen waren von normaler Größe und wirkten klein und zusammengedrückt unter diesem gewaltigen Vorsprung.

    Dieser monströse Eindruck wich freilich, sobald er zu lächeln begann: ein freundliches, intimes Lächeln, bei dem man sich geborgen fühlte. Und wenn er zu sprechen begann, mit seiner höflichen, weichen Stimme, vergaß man den ersten Eindruck völlig.

    »Ah, Mr. Falcon - Sie haben mich in flagranti erwischt. Ich habe gerade eine sehr reizvolle Frau bewundert.«

    »Kate?«, fragte ich, schüttelte ihm die Hand und fügte, als er nickte, hinzu: »Sie ist sehr schön, ja. Hoffentlich kann sie das Leben von nun an genießen.«

    »Darüber wollte ich mit Ihnen reden.« Es klang väterlich, wie er es sagte. Kaum zu glauben, dass er nur ein paar Jahre älter war als ich.

    Ich setzte mich auf die Couch, und er nahm in einem ledernen Sessel mir gegenüber Platz, mit dem Rücken zum Fenster. Der Raum mit dem dicken, beigefarbenen Teppich und den dunkel getäfelten Wänden hätte das Arbeitszimmer eines Millionärs sein können.

    »Sie haben sich also nicht doch noch anders entschieden?«, fragte ich. »Kate darf mit mir nach Hause fahren?«

    »Oh, ja. Aber ich finde, wir sollten berücksichtigen, wo wir jetzt stehen.«

    »Gut. Und ich will genau wissen, wie ich sie behandeln muss.«

    »Was Sie brauchen, ist nur ein wenig Verständnis. Oder anders ausgedrückt: Sie müssen versuchen, sich so natürlich wie möglich zu verhalten. Ihr Einfühlungsvermögen setze ich voraus. Sie sind sich hoffentlich auch darüber im Klaren, dass Ihre Frau nicht für immer geheilt ist. Was wir in den paar Wochen erreicht haben, ist eine Besserung, keine Heilung. Im Augenblick ist sie, mit Hilfe der Medikamente, völlig normal. Aber bei dieser Art von - Abweichung kann man nicht vorhersagen, ob dieser Zustand einen Monat, ein Jahr, zehn Jahre oder bis ans Ende ihres Lebens anhält. Das hängt von einer Vielzahl von Einflüssen ab, von denen wir manche, wie ich leider zugeben muss, noch gar nicht verstehen.«

    »Und - gibt es eine Möglichkeit, wie ich ihr helfen kann, den gegenwärtigen Zustand zu erhalten oder zu verbessern?«

    »Es ist nichts Klinisches - das wäre meine Aufgabe. Aber Sie sollten ihr alle Zuneigung entgegenbringen, derer Sie fähig sind. Machen Sie ihr Komplimente, so oft Sie das aufrichtig tun können. Geben Sie ihr nach, wenn sie sich launisch oder seltsam benimmt. Sie sollte das Gefühl haben, dass sie in allen ihren Rollen von Ihnen akzeptiert wird. Aber wenn es Grund zu schwerwiegenden Klagen gibt, Dinge, die Sie in Ihrer Persönlichkeit beeinträchtigen, sagen Sie es ihr, legen Sie die Karten offen auf den Tisch. Sie muss erkennen, dass auch andere außer ihr Respekt, Liebe und Großzügigkeit verdient haben.«

    »Das ist kein Problem. Im Gegenteil: Ich finde es fast erdrückend, wie sie mich mit teuren Geschenken überhäuft.«

    »Erdrückend?«

    Ich zwang mich zu einem Lächeln. »Sie wissen vermutlich, dass Kate über den größten Teil unseres Vermögens verfügt.«

    »Ach ja, das hatte ich vergessen. Eine Erbschaft von ihrem Vater, glaube ich.« Erlegte eine Pause ein, ehe er sagte: »Ich hörte, dass Sie momentan über

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