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DIE UNSCHULD DER SCHLANGE: Ein Psycho-Thriller
DIE UNSCHULD DER SCHLANGE: Ein Psycho-Thriller
DIE UNSCHULD DER SCHLANGE: Ein Psycho-Thriller
eBook246 Seiten3 Stunden

DIE UNSCHULD DER SCHLANGE: Ein Psycho-Thriller

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Über dieses E-Book

Der Schauplatz: Kalifornien.

Nichts zählte mehr für Gloria Worthington als die Stunden mit Gregg Flanders, ihrem Liebhaber. Zu lange hatte ihr alternder Mann sie bereits vergessen lassen, dass sie eine junge, schöne und begehrenswerte Frau war.

Doch für Gregg zählten noch ein paar andere Dinge – zum Beispiel Lloyd Worthingtons Vermögen...

Der klassische Psycho-Thriller Die Unschuld der Schlange von Richard Neely – erstmals im Jahr 1971 veröffentlicht – wurde 1975 von Claude Chabrol unter dem Titel Die Unschuldigen mit den schmutzigen Händen (Les innocents aux mains sales) meisterhaft verfilmt - in den Hauptrollen: Romy Schneider, Rod Steiger, François Maistre, Hans Christian Blech und Jean Rochefort.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum7. März 2019
ISBN9783743899131
DIE UNSCHULD DER SCHLANGE: Ein Psycho-Thriller

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    Buchvorschau

    DIE UNSCHULD DER SCHLANGE - Richard Neely

    Das Buch

    Der Schauplatz: Kalifornien.

    Nichts zählte mehr für Gloria Worthington als die Stunden mit Gregg Flanders, ihrem Liebhaber. Zu lange hatte ihr alternder Mann sie bereits vergessen lassen, dass sie eine junge, schöne und begehrenswerte Frau war.

    Doch für Gregg zählten noch ein paar andere Dinge – zum Beispiel Lloyd Worthingtons Vermögen...

    Der klassische Psycho-Thriller Die Unschuld der Schlange von Richard Neely – erstmals im Jahr 1971 veröffentlicht – wurde 1975 von Claude Chabrol unter dem Titel Die Unschuldigen mit den schmutzigen Händen (Les innocents aux mains sales) meisterhaft verfilmt - in den Hauptrollen: Romy Schneider, Rod Steiger, François Maistre, Hans Christian Blech und Jean Rochefort.

    DIE UNSCHULD DER SCHLANGE

      Erstes Kapitel

    An jenem strahlenden Freitagnachmittag Ende Oktober strömten die Wochenendtouristen über den South Coast Highway von Kalifornien in Richtung Laguna, die meisten, um dort in der Gegend zu bleiben, andere fuhren weiter nach Süden bis Tijuana oder Ensenada. Sie kamen daher in ihren staubigen Kabrioletts, die Rücksitze mit Bade- und Strand-Utensilien vollgepackt, in klapprigen Limousinen mit Booten auf den Dächern, in Kombiwagen, deren Ladeflächen von Wasserskiern oder Brettern fürs Wellenreiten belegt waren. Die Hitze und die Auspuffgase flimmerten über den Straßen und den Gehsteigen, deren Pflaster auch noch von unten her wie ein Backofen die gespeicherte Wärme ausstrahlte. Fette Weiber, in bunte Strandtücher gewickelt, glatzköpfige Männer in Bermudashorts - sie alle trotteten über die Gehsteige dahin, sie alle hatten nur ein Ziel: den Strand.

    Gloria Worthington stand im Schatten eines Supermarktes und betrachtete angeekelt die Masse Mensch mit oder ohne Blechumhüllung, während sie darauf wartete, dass die Fußgängerampel auf Grün sprang. Sie schüttelte missbilligend den Kopf und warf ihr lockeres, schulterlanges blondes Haar hoch, damit der leichte Windzug ihren Nacken kühlte. Die vollen, von Natur aus klar gezeichneten Lippen murmelten eine leise Verwünschung darüber, dass es ihr nicht eingefallen war, früher am Tag zum Einkäufen zu gehen, bevor die Hitze und die vielen Menschen diese Aufgabe fast unerträglich machten.

    Dann leuchtete das grüne Licht auf, und Gloria überquerte die Straße, schützte sich mit den Ellenbogen gegen die in entgegengesetzter Richtung andrängende Menge. Als sie die andere Seite des Gehsteigs erreicht hatte, spürte sie wieder die Hitze des Pflasters, die durch die Sohle ihrer dünnen, goldenen Sandalen drang. Die zwanzig Meter beschleunigte sie ihre Schritte, dass es fast einem Pflasterhüpfen gleichkam. Dann bog sie in die Einfahrt zu ihrem Haus ein und ging rasch hinüber auf den Fußweg, der an der Seite der asphaltierten Fahrbahn entlanglief. Augenblicklich hatte sie die Illusion, sich in einem kühlen, tropischen Wald zu befinden. Palmen, Riesenfarne und Aralien begrenzten den Fußweg und warfen dunkle Schatten auf den dichten Rasen. Schon nach ein paar Schritten verebbte der Verkehrslärm und verstummte vollends, als sie knapp zehn Meter weitergekommen war, wo sich der Pfad zum Meer hinuntersenkte und die Auffahrt in einer Wendeschleife vor der doppeltürigen Garage endete, die zur Zeit nur von Glorias altem Austin-Healy in Anspruch genommen wurde. Vor ihr, umrahmt von miteinander verwachsenen Gruppen niedriger- Korkeichen und Eukalyptusbäumen, stand das Haus, ein langgestrecktes, zweigeschossiges Gebäude aus California-Holz, über dessen Seiten das schwere Giebeldach hinausragte und ringsum Schatten verbreitete. Sie ging am Haupteingang vorbei zur Küchentür und hinein in den L-förmigen Anbau. Vom Meer herauf vernahm sie das Rauschen der Brandung, ein Geräusch, das sie mit Ruhe erfüllte.

    In der Küche mit den vielen Fenstern stellte sie ihre Tragtasche mit den Einkäufen vorsichtig neben die Spüle und atmete tief und vernehmlich auf. Dann räumte sie das Brot und den Salat an die dafür vorgesehenen Plätze und holte vorsichtig die vier Flaschen Whisky aus der Papiertüte, stellte sie in den Hängeschrank über der gelblackierten Anrichte, warf ihnen noch einen sonderbaren Blick zu, halb ängstlich, halb erwartungsfroh, schloss die Tür des Hängeschranks, ging zur Spüle und ließ sich das kalte Wasser über die Hände und die Pulse am Handgelenk laufen. Dann warf sie einen Blick hinaus in den kleinen Vorhof des Küchenanbaus, wo die Mülltonnen standen. Neben den Tonnen entdeckte sie den Karton mit den beiden leeren Whiskyflaschen. Es war vielleicht besser, wenn sie die Flaschen nachher in eine der Tonnen warf.

    Mit ein paar Schritten gelangte sie in den an die Küche anstoßenden, großen Wohnraum, schob die gläserne Terrassentür weit auf, ging hinaus und blieb im Schatten des Sonnenschirms stehen, den ein schmiedeeiserner, weißlackierter Tisch umgab. Der hinreißende Blick auf den Pazifischen Ozean erinnerte sie an eine Bemerkung, die Lloyd, ihr Mann, erst vor kurzem einmal angesichts der tiefblauen Wellen und der weißgischtigen Brandung gemacht hatte. Lachend hatte er gesät: »Manchmal glaube ich, man kann von hier aus hinüberschauen bis nach Hawaii.« Gloria fröstelte trotz der Hitze.

    Sie schlenderte zu der Steinmauer, die sich am Rand des steilen Felsufers erhob, stützte ihre Hände auf die raue Oberfläche und lehnte sich darüber, sah hinunter auf ihren eigenen schmalen, weißen Sandstrand. Auf den ersten Blick erkannte sie die Motorjacht ihres Mannes, die etwa eineinhalb Kilometer weiter draußen auf den Wellen lag und langsam größer wurde, je mehr sie sich dem Strand näherte. Gloria schaute auf die Uhr. Gleich halb drei Uhr nachmittags. Lloyd war pünktlich, wie immer.

    Sie ging zurück in die Küche, goss sich eine Cola ein und kam wieder auf die Terrasse heraus, um auf ihn zu warten. Sie setzte sich in einen Liegestuhl mit Segeltuchbespannung, lehnte sich mit dem blonden Schopf gegen die schmiedeeiserne Brüstung der Terrasse und ließ ihre Blicke aus den großen, blauen Augen über die Wellen und den Strand schweifen.

    Im Norden, in der Höhe von Newport Beach, war der saphirne Horizont bunt getupft mit geblähten Spinnaker-Segeln. Im Süden schob sich die lange, weiße Lagune hinaus ins Meer, auf deren Mittelpunkt sich das alte, rosafarbene Hotel erhob. Die kleinen Punkte am Hotelstrand wurden immer zahlreicher, je näher das Wochenende rückte. Gloria wandte den Blick nach rechts, über die Anlegestelle hinaus auf den Ozean, als spare sie sich das Beste für zuletzt auf. Dort, etwa dreihundert Meter vor der Brandung, warteten die Wellenreiter auf die eine, die unwahrscheinliche Welle, die sie kilometerweit den Strand entlangtrug und von der sie bis zum kommenden, langen Sommer sprechen würden.

    Es mussten etwa dreißig oder vierzig Männer sein, die rittlings auf ihren Brettern saßen, die Köpfe hinausgewandt auf den Ozean, und warteten. Vor ihnen erhob sich eine gewaltige Woge, veränderte die Horizontlinie, und in fast kongruenten Bewegungen - wie in einem alten Hollywood-Musical, dachte Gloria - stellten sich die Wellenreiter auf ihre Bretter. Von hier sahen sie alle gleich aus: schlank, muskulös, braungebrannt und mit von der Sonne gebleichtem Haar.

    Als die Schaumkrone der Welle sichtbar wurde, stand Gloria auf und heftete ihren Blick auf eine Gestalt, die ein wenig abseits von den anderen das Spiel mit der Welle versuchte. Das fahlblonde Haar, der athletische Körper waren nicht zu verkennen. Gregg Flanders. Er ritt gebückt und geschickt auf dem Brett über den Kamm der Welle, die Arme ausgestreckt, um das Gleichgewicht zu halten.

    Ein köstlicher Schauder überlief ihren Körper. Heute Abend würde Gregg wieder bei ihr sein, hier auf der Terrasse. Und danach...

    Lloyds Boot hatte sich dem Strand bis auf fünfhundert Meter genähert. Die Augenbrauen zusammengezogen, als könne sie einfach nicht dagegen ankämpfen, dachte sie wieder einmal daran, was sie unternehmen würde, wenn ihr Mann auf der steilen Treppe herauf vom Strand ins Wanken käme. Sie musste erschreckt wirken, wenn sie beobachtete, wie er sich im Todeskampf an die Brust fasste. Einen Entsetzensschrei ausstoßen, wenn er zu stürzen begann. Leise vor sich hin weinen, wenn er unten lag auf dem Sand, still, kalt und mit weißem Gesicht.

    So lange musste sie dieses Theater spielen, bis sie eindeutig wusste, dass er tot war.

    Es würde ihr nicht allzu schwerfallen, die Reaktionen einer liebenden Gattin zu heucheln. Vor einem Jahr hatte sie eines Sonntagnachmittags innerhalb von Sekunden eine erschreckende Generalprobe über sich ergehen lassen müssen. Lloyd, der vom Fischen kam, war plötzlich im Gesicht kalkweiß geworden und auf der Couch zusammengebrochen. Sie erinnerte sich noch genau an den Schock, an ihre Hilflosigkeit, und wie sie am Telefon einen Arzt herbeizurufen versuchte. Die langen Stunden des Wartens, während er im Krankenhaus untersucht wurde. Eine Herzattacke, vielleicht ein Infarkt, hatte ihr Lloyd danach berichtet. Seine Augen konnten die Angst nicht verhehlen, wenn er auch versuchte, mit gefasster Stimme zu ihr zu sprechen. Die Ärzte waren der Meinung, wenn er sich einigermaßen hielt, konnte er wieder völlig genesen.

    Damals war das Haus in Laguna nur ein Wochenend-Aufenthalt gewesen. Sie hatte darauf bestanden, dass er es verkaufte, denn die vielen Treppen hinunter zum Strand waren jetzt Gift für ihn. Aber Lloyd wollte davon nichts wissen. Stattdessen beschloss er, sich aus dem Geschäftsleben zurückzuziehen. Er war neunundfünfzig und hatte genug auf die hohe Kante gelegt, um mit Gloria den Rest seines Lebens damit mehr als reichlich auszukommen. Er ließ das Haus mit dem Komfort eines ständigen Wohnsitzes versehen und kaufte sich eine zehn Meter lange Motorjacht, anstatt sich täglich ein Boot zum Fischen zu mieten, wie er es zuvor getan hatte. Sechs Monate nach dem Herzanfall kehrte er wieder in sein Schlafzimmer im ersten Stock zurück, das er zuvor der Treppen wegen vermieden hatte - aber er teilte es nicht mehr mit seiner Frau. Er brauchte Ruhe, sagte er, und es kam ihm gar nicht zum Bewusstsein, dass er ihr dadurch etwas vorenthielt, worauf sie einen Anspruch zu haben glaubte. Er war vielmehr der Ansicht, dass sie mit ihren achtunddreißig Jahren eine ablehnende Haltung gegenüber sexuellen Dingen eingenommen habe. Er ahnte nicht, dachte sie jetzt und schnitt eine Grimasse, wie sehr er sich getäuscht hatte. Aber im Grunde hatte sie bis dahin gar keine Vorstellung von sexuellen Dingen gehabt. In den fünfzehn Jahren ihrer Ehe hatte sie ihm zwar ihren Körper zur Verfügung gestellt, aber sie hatte sich ihm kein einziges Mal in der Weise gegeben, dass es ihr mehr bedeutet hätte als freundliche Duldung seiner berechtigten Wünsche.

    Bald danach war Lloyd wieder täglich mit dem Boot hinausgefahren zum Fischen. Manchmal hatte sie ihn begleitet, aber die vielen Stunden auf dem Meer langweilten sie, und die Leidenschaft, einen Fisch an die Angel zu bekommen, blieb ihr ein Buch mit sieben Siegeln. Allmählich lebte sie immer zurückgezogener, beschäftigte sich den Vormittag über mit Hausarbeit, lag faul unten auf ihrem Privatstrand bis zum Abendbrot und setzte sich danach mit Lloyd und der Whiskyflasche noch ein paar Stunden auf die Terrasse. Ihr Leben bestand aus Langeweile und unerfüllten Hoffnungen.

    Bis sich eines Nachmittags im April das stumpfsinnige Leben auf einen Schlag änderte durch einen schamlosen jungen Gott, den eine gewaltige Woge auf seinem Brett direkt zu ihr hereingetragen hatte. Groß, aufrecht und voll Selbstbeherrschung hatte er im Wasser gestanden, die Füße im nassen Sand vergraben, einen Arm sorglos um das Brett gelegt.

    »Entschuldigen Sie«, hatte er gesagt, mit einer Stimme, die sein lässiges Verhalten noch unterstrich. »Ich kam nicht mehr um die Landzunge herum; die Strömung war zu stark.« Er hatte sie mit seinen frechen, blauen Augen angesehen.

    Sie hatte augenblicklich gefühlt: Der wusste, was er wollte, und er zweifelte keinen Augenblick daran, dass er es auch bekam. Sie hielt sich das Buch, in dem sie gelesen hatte, vor die nackten Brüste. »Oh, tatsächlich?« war das einzige, was sie hervorbrachte, und es hätte gleichgültig klingen sollen.

    Sein linker Arm wies in die Richtung nach Norden, jenseits der Steilküste. »Ich wohne dort drüben. Gregg Flanders ist mein Name. Wir sind sozusagen Nachbarn. Ich dachte, Sie haben nichts dagegen, wenn ich den Weg abschneide und quer durch Ihr Grundstück gehe.«

    Sie erinnerte sich vage, dass ihre nächste Nachbarin, Winifred Colby, einmal eine Bemerkung gemacht hatte über einen jungen Mann - einen Schriftsteller -, der in eines der kleineren Holzhäuschen in der Nähe eingezogen war. Und Gloria hatte ihn freundlich angelächelt. »Aber selbstverständlich«, hatte sie gesagt. »Warum nicht?«

    Er hatte zurückgegrinst, hatte seine schneeweißen Zähne blitzen lassen. »Wenn Sie mir einen Drink anbieten würden, wäre ich übrigens keineswegs schockiert.«

    Nachdem sie ausgetrunken hatten, stand sie vor ihm und wartete darauf, dass er sich verabschiedete. Stattdessen packte er sie, umschlang sie mit seinen muskulösen Armen, küsste sie auf den Mund und presste seine glatten, eisenharten Brustmuskeln gegen ihren zitternden Oberkörper. Sie stieß ihn von sich und versuchte, ihm eine Ohrfeige zu geben. Aber seine Reaktion darauf war, dass er sie noch fester packte und ein zweites Mal küsste, bis ihr der Atem wegblieb. Und diesmal war er es, der sich von ihr löste. »Ich komme später noch mal vorbei und hole mir mein Brett«, hatte er gesagt, hatte sich umgewandt und war davongegangen. Sie hatte ihm mit weit aufgerissenen Augen nachgestarrt.

    Am selben Abend war er noch einmal vorbeigekommen. Er hatte hinreißend ausgesehen, wie ein jungenhafter, sieggewohnter Seeräuber, in seinem indigoblauen, hautengen Hemd, den weißen Jeans mit dem breiten Ledergürtel, der seine schmalen Hüften umschloss. Lloyd konnte ihn auf den ersten Blick gut leiden, während sie ihm nur ein paar sehr kühle Worte schenkte. Er blieb einen Drink lang, unterhielt sich äußerst höflich mit Lloyd, ging gar nicht weiter auf Gloria ein, verschwand mit seinem Brett unter dem Arm.

    Zwei Abende später kam er wieder, und diesmal blieb er, bis Lloyd zu Bett gegangen war.

    Diesmal riss Gregg Flanders ihr die Kleider vom Leib und nahm sie auf dem Teppich des Wohnzimmers, brachte sie zu einem Höhepunkt, dass sie ein paar Sekunden lang glaubte, ein derartiges Glücksgefühl nicht überleben zu können. Jetzt war es ihr egal, dass er im Grunde nicht mehr war als einer von den vielen jungen Männern, die hier am Strand nach reichen Witwen Ausschau hielten, und dass er von den kargen Ersparnissen lebte, die ihm eine wohlmeinende Tante hinterlassen hatte. Nichts mehr zählte, als dass sie ihren ein Leben lang vernachlässigten Körper einem Mann hingab, der ihn dafür mit ungeahnten Sensationen erfüllte...

    »Mrs. Worthington?«

    Sie schrak zusammen, drehte sich um. Ein grobgesichtiger Mann in einer schmierigen Mütze und einem blauen, ölbefleckten Overall kam um die Hausecke herum auf sie zu. Er lächelte versonnen und wischte sich dann den Schweiß mit einem fast einheitlich schwarzen Taschentuch von der Stirn.

    »Ja, die bin ich«, antwortete sie sehr kühl. Sie hatte absurderweise das Gefühl, der Mann hätte ihre Gedanken belauschen können.

    Jetzt grinste er sie breit an. »Ich bringe Ihren Wagen.«

    Sie zog die Augenbrauen hoch. »Meinen Wagen?« Worüber sprach der Kerl eigentlich? Der Austin-Healy stand in der Garage; sie war doch erst vor ein paar Minuten daran vorbeigekommen.

    Allmählich wich das Grinsen auf dem Gesicht des Mannes einem geheimnisumwitterten Ausdruck. »Vielleicht schauen Sie ihn sich erst einmal an.«

    Neugierig folgte sie ihm zu dem Platz vor der Garage. Dort stand, wie ein Ausstellungsstück, ein fabrikneuer, schwarzer Jaguar X-KE. Gloria blieb die Luft weg.

    »Sind Sie sicher, dass Sie sich nicht irren?«, fragte sie, aber dann erinnerte sie sich, dass sie genau den gleichen Wagen einmal in einer Anzeige gesehen und Lloyd gegenüber erwähnt hatte, wie gut er ihr gefiel.

    »Nein, nein, ich irre mich nicht«, erklärte der Mann und begann wieder zu grinsen. »Mr. Worthington hat mich beauftragt, diesen Wagen seiner Frau zu übergeben. Und zwar heute. Ich bin allerdings ein bisschen spät daran; hoffentlich gibt es deshalb keinen Ärger.«

    Ihre Augen funkelten vor Aufregung. Sie ging die paar Schritte zu dem Wagen hin und ließ ihre Fingerspitzen über den blitzenden Lack streichen. Dann öffnete sie die Tür an der Fahrerseite und warf sie wieder zu. Das solide, dumpfe Geräusch entzückte sie. Sie öffnete die Tür noch einmal und setzte sich hinter das Lenkrad, genoß das luxuriöse Gefühl, sich auf echten Lederpolstern räkeln zu können. Dann bewegte sie den Ganghebel, drehte sich um und lächelte dem Mann im Overall zu. Er grinste, reichte ihr die Wagenpapiere und zwei Sätze Schlüssel; zuletzt ging er die Auffahrt entlang zurück zur Straße.

    Gloria stieg erst nach einer Weile wieder aus dem Jaguar und inspizierte ihn noch einmal bewundernd von allen Seiten. Plötzlich verzerrten sich ihre Lippen. Typisch Lloyd! dachte sie. Versuchte, sie mit einem kostbaren Geschenk zu überraschen, während sie selbst ihm den Tod wünschte! Sie wandte sich rasch um und ging wieder auf die Terrasse.

    Danach saß sie an der Kante der Mauer und schaute hinunter auf die Gestalt mit dem roten Hemd, die das Boot mit geschickten Manövern in das Bootshaus steuerte. Sie sah, wie er zu ihr heraufschaute und winkte. Ihre Lippen pressten sich zusammen, aber sie winkte zurück. Jeden Tag die gleiche Zeremonie! Und jeden Tag ihre Abscheu gegen den Mann, der sich jetzt eben wieder aus dem Boot schwang und die Treppe heraufkam.

    Bei jedem vierten Schritt machte er eine kleine Pause, fasste das Geländer und warf den Kopf in den Nacken, suchte ihren Blick und schaute hinauf, als wolle er sie für seine

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