Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

DIE ZUKUNFT VON GESTERN: 13 Science-Fiction- und Horror-Erzählungen
DIE ZUKUNFT VON GESTERN: 13 Science-Fiction- und Horror-Erzählungen
DIE ZUKUNFT VON GESTERN: 13 Science-Fiction- und Horror-Erzählungen
eBook238 Seiten3 Stunden

DIE ZUKUNFT VON GESTERN: 13 Science-Fiction- und Horror-Erzählungen

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Ist die Zukunft von gestern die Gegenwart von heute?

Die Zukunft von gestern vereinigt 13 unter Pseudonym oder mit wechselnden Ko-Autoren entstandene Science-Fiction- und Horrorgeschichten des mehrfachen Kurd-Lasswitz-Preisträgers Ronald M. Hahn, darunter Die Zivilisation, wie wir sie kennen und Die Privilegierten (mit Thomas Ziegler), Begegnung in der Nacht (mit Jörg Kaegelmann) sowie Der große Ölkrieg (mit Hans Joachim Alpers).

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum12. Dez. 2017
ISBN9783739696355
DIE ZUKUNFT VON GESTERN: 13 Science-Fiction- und Horror-Erzählungen

Mehr von Ronald M. Hahn lesen

Ähnlich wie DIE ZUKUNFT VON GESTERN

Ähnliche E-Books

Science-Fiction für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für DIE ZUKUNFT VON GESTERN

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    DIE ZUKUNFT VON GESTERN - Ronald M. Hahn

    Das Buch

    Ist die Zukunft von gestern die Gegenwart von heute?

    Die Zukunft von gestern vereinigt 13 unter Pseudonym oder mit wechselnden Ko-Autoren entstandene Science-Fiction- und Horrorgeschichten des mehrfachen Kurd- Lasswitz-Preisträgers Ronald M. Hahn, darunter Die Zivilisation, wie wir sie kennen und Die Privilegierten (mit Thomas Ziegler), Begegnung in der Nacht (mit Jörg Kaegelmann) sowie Der große Ölkrieg (mit Hans Joachim Alpers).

    Der Autor

    Ronald M. Hahn, Jahrgang 1948.

    Schriftsteller, Übersetzer, Literaturagent, Journalist, Herausgeber, Lektor, Redakteur von Zeitschriften.

    Bekannt ist Ronald M. Hahn für die Herausgabe der SF-Magazine Science Fiction-Times (1972) und Nova (2002, mit Michael K. Iwoleit) sowie als Autor von Romanen/Kurzgeschichten/Erzählungen in den Bereichen Science Fiction, Krimi und Abenteuer.

    Herausragend sind das (mit Hans-Joachim Alpers, Werner Fuchs und Wolfgang Jeschke verfasste) Lexikon der Science Fiction-Literatur (1980/1987), die Standard-Werke Lexikon des Science Fiction-Films (1984/1998, mit Volker Jansen), Lexikon des Horror-Films (1985, mit Volker Jansen) und das Lexikon des Fantasy-Films (1986, mit Volker Jansen und Norbert Stresau).

    Für das Lexikon der Fantasy-Literatur (2005, mit Hans-Joachim Alpers und Werner Fuchs) wurde er im Jahr 2005 mit dem Deutschen Fantasy-Preis ausgezeichnet. Insgesamt sechsmal erhielt Hahn darüber hinaus den Kurd-Laßwitz-Preis – dem renommiertesten deutschen SF-Preis - , u.a. für die beste Kurzgeschichte (Auf dem großen Strom, 1981) und als bester Übersetzer (für John Clute: Science Fiction – Eine illustrierte Enzyklopädie, 1997).

    Weitere Werke sind u.a. die Kurzgeschichten-Sammlungen Ein Dutzend H-Bomben (1983), Inmitten der großen Leere (1984) und Auf dem großen Strom (1986) sowie – als Übersetzer – der Dune-Zyklus von Frank Herbert.

    Ronald M. Hahn lebt und arbeitet in Wuppertal.

    Die Zivilisation, wie wir sie kennen

    (mit Thomas Ziegler)

    Als die abgerissenen Gestalten mit den verschwitzten Haaren und den geröteten Pustelgesichtern sich zum Angriff auf die Stacheldraht-Umzäunung formierten, düsten über den kahlen Baumwipfeln des Nordwaldes auch schon die Kampfhelikopter heran.

    Tränengas-Granaten wurden abgeworfen, die am Boden zerplatzten und ätzende, weiße Wolken freigaben. Die Demonstranten gerieten zwar zeitweilig ins Stocken, doch sie ließen sich nicht beirren. Ihre Logistik schien bestens zu funktionieren, denn sie trugen ausnahmslos ABC-Schutzmasken. Zu Hunderten rückten sie gegen die gefährlich aussehende Umzäunung vor und ließen lange Seile durch die Luft schwirren, an deren Enden sich metallene Enterhaken befanden. Mehrere der Haken verfingen sich in den starken Zaunmaschen, doch nun rückten von der anderen Seite Wasserwerfer an. Sie verspritzten eine ätzende Brühe, die sich durch jeden Kleiderstoff fraß und einen unerträglichen Juckreiz verursachte. Die Demonstranten wichen langsam zurück.

    »Das muss man sich nur mal ansehen!«, sagte Philip O. T. Nasemann wutentbrannt, während er sich in einem vollelektronischen, autoformenden Servosessel räkelte. Mit einem Auge beobachtete er das lautlose Herannahen des Elektrokeepers, mit dem anderen musterte er das Geschehen auf dem 3D-Schirm des HoloTV. »Man stelle sich nur vor, dass das lächerliche zehn Kilometer von uns entfernt geschieht!«

    »Es ist eine Schande«, bekräftigte Werner Wulf Wondraschek, ein Mann, den man sich selbst im Swimming Pool nur im maßgeschneiderten Nadelstreifanzug vorstellen konnte. Wie Nasemann gehörte auch er zum Leitenden Management der Ruhrstrom AG. Mit einem zustimmenden Zungenschnalzen ließ er sich vom Elektrokeeper einen neuen Whisky Made in Scotland einschenken. »Haben diese Laffen eigentlich nichts anderes zu tun?«, fragte er greinend. »Das können doch nur Tagediebe und Studenten sein! Anständige Menschen...« – er warf einen Blick auf seine Rolex – »müssten doch um diese Zeit noch an ihrem Arbeitsplatz sein, finden Sie nicht auch?«

    Philip O. T. Nasemann nickte. »Genau!«

    Der Elektrokeeper war ein waschpulverkartongroßer Kasten auf vier kleinen Rädern im Metallic-Look, mit einem elastischen Arm und einer Antenne für den drahtlosen Empfang von Mikrowellenenergie. Nachdem er auch Philip O. T. Nasemann versorgt hatte, kehrte er lautlos in sein Ruhefach unter der erleuchteten Bar zurück, um auf weitere Anweisungen zu warten.

    »Es ist halt eine alte Branchen-Binse«, klagte Philip O.T. Nasemann und ließ per Knopfdruck die Oberfläche seiner Rückenlehne elastisch werden, »dass sich die Strolche in zu langen Friedensperioden wie die Ratten vermehren. – Arbeiten will ja heutzutage überhaupt keiner mehr. Die wollen alle nur noch studieren.«

    Obwohl es im weiträumigen Wohnzimmer des Hohensteißbeinschen Besitzes ziemlich warm war, fröstelte er plötzlich. Der Servosessel fing an, ihm summend den Rücken zu massieren. »Und wenn sie dann keinen Job kriegen«, fuhr Philip O.T. Nasemann fort, »lungern sie auf der Straße herum und hetzen die Leute auf.«

    »Es ist eine Schande«, wiederholte W.W. Wondraschek und nippte an seinem Whisky. »Was wir hier vor uns sehen, ist die Revolte der Zukurzgekommenen; der Aufstand der Neidhammel; die Rebellion der Einfaltspinsel.«

    »Wie wahr, wie wahr«, sagte Philip O.T. Nasemann.

    Inzwischen war die Dämmerung hereingebrochen. Die raffinierte Beleuchtung des Hohensteißbeinschen Parks schaltete sich ein. Mildes Licht fiel durch die Fensterwand des Wohnzimmers, das von der Klimaanlage wohltemperiert und von einem elektrischen Atmo-Cleaner mit zartem Rosenduft versehen wurde.

    »Zigarre?«, wandte sich Philip O.T. Nasemann an seinen Kollegen, ohne das HoloTV aus den Augen zu lassen. In dem stetig glühenden, quadratischen Kraftfeld, das die Polizei-Projektorengerade errichtet hatte, wirkten die Demonstranten wie ziellos umher huschende graue Mäuse.

    »Oh, gern.«

    Nasemann grunzte. »Ich verstehe nicht, was dieses Lumpenpack überhaupt, davon hat! Wenn sie keinen Strom haben wollen, sollen sie ihre Curry-Würste doch über einem Lagerfeuer rösten! Es zwingt sie doch niemand. Strom von uns zu beziehen. Sollen sie ihre verlausten Buden doch mit Kerzen beleuchten.« Er lachte plötzlich. »Ich frage mich, was diese Radaubrüder wohl sagen würden, wenn die Bundesbahn keinen Strom mehr hätte, um sie in Sonderzügen heranzukarren.«

    »Eben!«, bekräftigte W. W. Wondraschek zustimmend. »Aber vielleicht hätten sie es lieber, wenn man die Bahn wieder mit Kohle antreiben würde, wie in den fünfziger Jahren.«

    »Und sowas nennt sich progressiv.« Philip O.T. Nasemann schüttelte angewidert den Kopf. »Rückschrittlich sind die! Reaktionär! Die wollen ein neues Mittelalter!«

    »Es ist eine Schande«, bekräftigte W.W. Wondraschek Philip O.T. Nasemanns Ausführungen.

    Philip O. T. Nasemann betätigte den Impulsgeber seines Servosessels. Aus einer Nische löste sich die flache Gestalt des Zigarromaten und rollte auf Wondraschek zu. Vor dessen Sessel angekommen, klappte er sein Oberteil auf. Leise symphonische Musik erklang.

    Helles Licht beleuchtete die zwei Dutzend Zigarrensorten in dem mit Samt ausgelegten Behälter.

    Wondraschek machte »Ah!« Dann griff er mit spitzen Fingern nach einer dicken Brasil. Der Zigarromat versorgte ihn mit Feuer und rollte dann auf Philip O.T. Nasemann zu.

    Als W.W. Wondraschek in den Park hinausblickte, stellte er fest, dass Alfred Ludewig zu Hohensteißbein, ihr allseits verehrter Chef, soeben den beheizten, ausgeleuchteten Swimming Pool verließ und seinen voluminösen Bauch unter den Heißlufttrockner neben der Sauna und dem vollautomatisierten Fitnessraum schob. Alfred Ludewig zu Hohensteißbein war ein wenig gesäßlastig, was daher kam, dass er den größten Teil seines Lebens einer sitzenden Tätigkeit widmete. Aber er war ein guter Chef, und ein großzügiger dazu. Die Köstlichkeiten, mit denen er seine unmittelbaren Untergebenen bewirtete, kosteten in diesen unruhigen Zeiten Unsummen.

    »Man sollte mit einer Eisenfaust dazwischen hauen«, ließ sich Philip O.T. Nasemann vernehmen und blies ein hellblaues Rauchwölkchen in die Luft. Die Klimaanlage summte; sogleich wurde der Qualm abgesaugt, damit die teuren Vorhänge nicht litten. »Man müsste mal richtig dreinschlagen«, wiederholte Philip O.T. Nasemann und deutete mit seinem wurstigen rechten Zeigefinger auf den Bildschirm des HoloTV. Die Demonstranten standen jetzt Rücken an Rücken und wehrten sich mit Knüppeln, Flaschen und Steinen gegen den von allen Seiten her anrückenden Polizeikordon. Die Uniformierten trugen Schutzanzüge. Ihnen tränten die Augen nicht.

    »Es ist eine Affenschande!«, murmelte Wondraschek und wünschte sich insgeheim das Drei-Klassen-Wahlrecht zurück. Mit einem Knopfdruck rief er den Elektrokeeper herbei.

    Inzwischen ließ sich Alfred Ludewig zu Hohensteißbein von einer strombetriebenen, jedoch völlig menschlich wirkenden Androidenzofe massieren, deren Körperformen der Filmschauspielerin Jayne Mansfield nachempfunden waren. Nachdem sie sein Blut wieder einigermaßen in Wallung gebracht hatte, kniff Alfred Ludewig zu Hohensteißbein ihr ins Hinterteil, und sie verpasste ihm noch eine lokale Spezialmassage, die er wohlig grunzend über sich ergehen ließ.

    Anschließend betrat er das Förderband, dessen Plastiküberzug sich harmonisch in den Rasenteppich einfügte, und warf einen Blick auf den Sternenhimmel, von dem leider nicht allzu viel zu sehen war: Momentan lastete dichter Smog über der Landschaft. Wahrscheinlich würde er sich erst in ein paar Tagen wieder heben. Nur gut, dachte Alfred Ludewig zu Hohensteißbein, dass wir diese elende Scheiße nicht einatmen müssen. Er musterte voller Stolz das käseglockenartige Energiefeld, das seinen blühenden Besitz umschloss. Hier drin war die Atemluft sauber.

    Nachdem die Fotozelle an der Tür seiner Villa ihn identifiziert hatte, betrat er das Innere des Hauses. Ein weiteres Förderband transportierte ihn ins Wohnzimmer, wo Philip O.T. Nasemann und W.W. Wondraschek es sich seit geraumer Zeit gemütlich gemacht hatten.

    »Nun, meine Herren?«, fragte Hohensteißbein. »Amüsieren Sie sich ordentlich?«

    »Sehr ordentlich«, erwiderte Nasemann und prostete seinem Chef zu. »Sie haben hier ein vorzügliches Tröpfchen, muss ich schon sagen.«

    »Ein ganz vorzügliches Tröpfchen«, bekräftigte auch Wondraschek. Er sah dem Elektrokeeper nach und leckte sich genüsslich die Lippen.

    »Der Whisky ist dreiunddreißig Jahre alt«, erklärte Hohensteißbein. Er trat an den Hausterminal, über den sämtliche Funktionen der Villa und die umfangreichen elektronischen Sicherheitsvorrichtungen des Anwesens gesteuert wurden. Dort, wo die Parkbeleuchtung den Schatten einer hohen Hecke Platz machte, funkelte es hin und wieder bläulich auf, wenn sich ein Insekt in das für menschliche Augen nicht wahrnehmbare Maschengewirr des Energieschirms verirrt hatte.

    Hohensteißbein rief ein Programm ab.

    »Oho!«, meinte er dann mit gespitzten Lippen. »In fünf Minuten ist die Automatenküche mit dem Dinner fertig. Ich schlage vor, wir lassen uns die Mahlzeit von den Androidenkellnern im Grünen Salon servieren. So haben wir Gelegenheit, die Laser-Show auf der Terrasse zu verfolgen.«

    Nasemann und Wondraschek nickten zustimmend und murmelten Artigkeiten. Ihr Chef war wirklich ein Mann von Welt. Er tat alles, um seinen Gästen etwas zu bieten.

    »Und anschließend«, fuhr Hohensteißbein triumphierend fort und fuhr sich lüstern mit der Zunge über die Lippen, »ziehen wir uns in meinen Orgien-Pavillon zurück und genießen den lauen Sommerabend in der Gesellschaft meiner allseits verwendungsfähigen Androiden-Damen. Was halten Sie davon?«

    »Au ja«, sagte Nasemann.

    »Au ja«, sagte Wondraschek.

    Die Androiden-Damen Alfred Ludewig zu Hohensteißbeins genossen nämlich einen geradezu legendären Ruf. Sie waren japanische Produkte und auf jede vorstellbare Ferkelei programmiert. Dass sie pro Stunde etwa soviel Energie verbrauchten wie eine Kleinstadt in einer Woche, bezeugte nur, wie großzügig ihr Gastgeber war. Es galt als unerhörtes Privileg, wenn man von Hohensteißbein in seinen Orgien-Pavillon eingeladen wurde.

    Als Alfred Ludewigs Blick auf das HoloTV fiel, bildete sich jedoch eine steile Falte auf seiner Stirn. »Sind diese Spinner etwa immer noch zugange?«, fragte er erstaunt. »Also, die haben ja eine Ausdauer!«

    »Ins Arbeitslager sollte man die schicken«, sagte Wondraschek. »Wer arbeitet, hat auch keine Zeit zum Unruhestiften. Aber Arbeit ist für dieses Gesindel ja sowieso ein Fremdwort. Die geben doch sogar ihre Sozialhilfe noch für Flugblätter aus!«

    »Tsk, tsk«, machte Hohensteißbein verständnislos. »Dass die nach all dieser Zeit noch immer keine Ruhe geben! Dabei ist die Sache mit Tschernobyl doch schon achtzehn Jahre her.«

    »Eben!«, ließ sich Nasemann vernehmen. »Die tun gerade so, als würde sie das was angehen. Dabei sind bei diesem Störfall doch bloß paartausend Russen verseucht worden.«

    Hohensteißbein schaltete achselzuckend die Klimaanlage etwas höher und fragte desinteressiert: »Ist das Gebiet um Kiew herum eigentlich schon wieder bewohnbar?«

    Nasemann schüttelte den Kopf. »Nein. Aber das tut den Russen ja eh nicht weh. Bei dem riesigen Land, das sie haben – was sind da schon lumpige siebenhundert Quadratkilometer?«

    Man sah dem HoloTV noch eine Weile zu. Als der letzte Demonstrant am Boden lag, erhoben sich die Männer aus ihren Servosesseln. Aus dem Lautsprecher der Interkom-Anlage ertönte jetzt ein leiser Gong, dem die wohlmodulierte Stimme des Hauscomputers mit der Meldung folgte, das Dinner sei angerichtet.

    »Kommen Sie, meine Herren«, sagte Alfred Ludewig zu Hohensteißbein freudig, »das Essen ist fertig.«

    Als sie ihm zur Wohnzimmertür folgten, sagte Philip O.T. Nasemann: »Diese elenden Spinner! Diese Phantasten! Die wollen doch tatsächlich, dass wir alle Kernkraftwerke abschalten! Wenn die je an die Macht kommen sollten... Also, ich wage nicht, mir das vorzustellen. – Wenn die an die Macht kommen, bricht unsere ganze Zivilisation zusammen.«

    »Essen wir erst einmal«, sagte Alfred Ludewig zu Hohensteißbein. »Und später, wenn wir uns die Wampe voll gehauen haben, gehen wir in den Pavillon und vergessen diese ganze Scheiße.« Er kicherte. »Stoppt alle Kernkraftwerke! - Die haben sie doch nicht alle.« Er zwinkerte Philip O.T. Nasemann und W.W. Wondraschek zu. »Meine Androiden-Damen werden Sie dieses Geseire schnellstens vergessen lassen.«

    Als sie hinausgingen, sagte W.W. Wondraschek: »Nasemann hat völlig Recht. Wenn die je an die Macht kommen... Es wäre wirklich das Ende der Zivilisation, wie wir sie kennen!«

    In seiner Nische unter der Bar wartete still und unbeweglich der Elektrokeeper und lud seine Speicher mit neuer Energie auf. Denn er musste die Eiswürfel in seinem Bauch und sich selbst stets bereithalten – für den Fall, dass der nächste Impuls ihn erreichte und die Zivilisation nach einem Whisky oder einem Mixgetränk verlangte.

      Als Arthur Lanthrop den Arsch voll kriegte

    (mit Andreas Decker)

    [1] Finstere Wolken dräuten über dem kleinen Tal. Die Luft würde sich bald entladen. Ein Käuzchen schrie. Irgendwo in der Ferne grunzte ein Wildschwein. Ein Köter heulte den Mond an. In der Scheuer des Bauern Morgenroth kreischte eine geile Katze. Ahörnchen und Behörnchen saßen auf ihrem Wohnbaum und knackten ein Nüsslein. Wölfi, der Sohn des Huberbauern, lag mit der Taschenlampe unter der Bettdecke und las Unternehmen Walhalla von Edmond Hamilton. Förster Pölzig reinigte am Kamin sein Gewehr und pfiff leise »Marina, Marina« vor sich hin. Seine Gattin Prunella bereitete das Abendbrot zu.

    Im Dörfchen Tannenholz gingen früh die Lichter aus. Hier ging man früh zu Bett und stand mit den Hühnern auf.

    [2] Nur in dem unheimlichen Haus auf dem Pratzenstein brannte noch Licht. Von dort oben, das wusste nicht nur Wölfi, sondern auch Förster Pölzig, konnte man das ganze Tal überblicken.

    Ja! Und genau das tat Arthur Lanthrop!

    Er hockte mit finsterer Miene am Fenster, fletschte die Stirn, runzelte die Zähne und ließ seinen hasserfüllten Blick über das friedliche Dörflein wandern. So wie die finsteren Wolken über dem kleinen Tal dräuten, dräuten in Arthurs Geist rabenschwarze Gedanken. Denn Arthur verachtete die Menschen. Er hatte sie schon immer verachtet. Damals, in der Untertertia, als er in der Pause neben Tommy Zubbel auf dem Klo gestanden und erkannt hatte, dass er es mit seinem Piephahn bei den Mädchen nicht weit bringen würde, war ihm schlagartig bewusst geworden:

    ICH,

    ARTHUR LANTHROP,

    BIN ANDERS ALS DIE ANDEREN!

    Fortan hatte er nach dieser Maxime gelebt und den Rest der Menschheit mit Verachtung gestraft.

    Nichtsnutziges Kakerlakengezücht, dachte er, als sein Blick über die rot gedeckten Häuser von Tannenholz wanderte. Armseliges Lumpenpack. Ihr seid nur Eitergeschwüre auf dem Angesicht dieses Planeten. Die Menschen dieser Welt sind die arschlöchrigsten Parasiten des Universums. Der Blitz soll euch alle beim Scheißen treffen!

    Oh, Mann, Arthur war wirklich ein fieser Kerl. Menschen waren für ihn nur gierige Schmarotzer und dummes Gewürm. Kerbtierchen. Einzeller. Sie hatten ja keine Ahnung von den wirklichen Mysterien des Kosmos.

    Arthur selbst war freilich auch nicht sonderlich beliebt. Schon als Kind hatten die Dörfler den Knaben gemieden, der sich nun, nach jahrzehntelanger Abwesenheit, in einen alten Kauz verwandelt hatte und im dem unheimlichen Haus auf dem Pratzenstein lebte. Keiner wusste, wo Arthur seit 1922 gewesen war. Man munkelte von der Fremdenlegion, aber genaues wusste keiner. Aber schien wohlhabend zu sein, denn er hatte das Haus des alten Loisl gekauft, nachdem Förster Pölzig diesen beim Wildern erlegt hatte. Ob Arthur eine Pension bezog, wusste niemand. Der Postbote wusste nur zu berichten, dass er allwöchentlich dicke Pakete aus Wörlham bekam, die so schwer waren, dass er Bücher in ihnen vermutete. Arthur war ein Eremit, er hielt keinerlei Kontakte.

    Aber Arthur war nicht immer Eremit gewesen, oh nein!

    Was niemand wusste: Er war ein weit gereister Mann. Er hatte sich durch die Dschungel des Amazonas geschlagen und gefürchtete Stämmen ausgeforscht, die unaussprechlichen, schrecklichen, barbarischen Kulten anhingen. Er hatte im tiefsten Afrika halb versunkene Städte aufgesucht, deren Erbauer

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1