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Never Give Up: Lichtblicke des Lebens
Never Give Up: Lichtblicke des Lebens
Never Give Up: Lichtblicke des Lebens
eBook344 Seiten4 Stunden

Never Give Up: Lichtblicke des Lebens

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Über dieses E-Book

Gib niemals auf!

Drei einfache Worte mit einer klaren Botschaft. Doch oftmals ist es gar nicht so leicht, sich daran zu halten.
Viele von uns haben schon Situationen erlebt, in denen wir lieber aufgegeben hätten. Vielleicht wegen eines Verlustes oder einer Krankheit.
Aber wenn man die Augen öffnet und genau hinsieht, dann kann man sie erkennen:

Die Lichtblicke des Lebens!

Diesem Thema haben sich 20 AutorInnen gewidmet und ihre wundervollen, teils traurigen, aber auch hoffnungsvollen Geschichten in einer Spendenanthologie zusammengetragen.

Der Gewinn aus allen Verkäufen kommt der "Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft - Bayern" zugute.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum14. Aug. 2023
ISBN9783384001924
Never Give Up: Lichtblicke des Lebens

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    Buchvorschau

    Never Give Up - Isabell Bayer

    Content Note

    Hallo ihr lieben Leser und Leserinnen!

    Wir freuen uns, dass diese wundervolle Anthologie ihren Weg zu euch gefunden hat.

    Nun möchten wir aber ein paar Worte vornweg an euch richten.

    Die Geschichten in diesem Buch sind teils frei erfunden, teilweise rühren sie jedoch auch von wahren Begebenheiten.

    Aus diesem Grund möchten wir euch darauf hinweisen, dass hier viele sensible Themen auf euch warten.

    Am Ende des Buches findet ihr eine genauere Liste all dieser Themen. Wenn ihr euch unsicher seid, seht sie euch bitte gut an, damit ihr euch beim Lesen nicht unwohl fühlt.

    Eure AutorInnen von

    „Never Give Up – Lichtblicke des Lebens"

    Aller Anfang ist schwer

    Mit einem frustrierten Schnauben warf ich den angebissenen Donut auf den Teller. Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Wie sollte ich das stemmen? Gab es vielleicht noch eine Möglichkeit, reumütig zurückzukriechen und es ungeschehen zu machen?

    Mein Blick glitt zum Handy und die Worte meiner Mutter hallten in mir nach:

    Bist du wahnsinnig? Was soll das heißen, du hast gekündigt? Wovon willst du denn jetzt leben?

    Der panische Unterton, der durch die Leitung zu mir durchgedrungen war, hatte erste Zweifel gesät.

    Hatte ich mir das Ganze gründlich überlegt?

    Konnte ich es wirklich schaffen? Oder war es am Ende eine dumme Schnapsidee, die ich noch lange bereuen würde?

    „Da bist du ja, drang Elas Stimme durch den dichten Gedankenschleier. „Und? Hast du es durchgezogen?

    „Ela! Zum Glück bist du hier!" Ich sprang auf und schloss meine beste Freundin fest in die Arme. Ein beruhigender Duft nach Rosmarin und Ingwer umhüllte mich, und ich sog diesen tief in mich ein.

    „Hast du Jan die Kündigung auf den Tisch geknallt oder nicht? Ela schob mich ein paar Zentimeter von sich und klimperte mit ihren dichten Wimpern. Als nicht sofort eine Antwort folgte, atmete sie enttäuscht aus. „Bitte sag mir, dass du keinen Rückzieher gemacht hast. Wir waren uns doch gestern Abend einig, dass du nicht mehr für diesen Idioten arbeiten kannst.

    Ich seufzte.

    „Gekündigt habe ich schon. Ich bin mir nur nicht mehr ganz klar darüber, ob das eine gute Idee war." Unsicher senkte ich den Blick und schob den Ring an meinem Daumen hin und her.

    „Zwei Gläser Champagner, bitte!, rief Ela in den Raum. „Hier gibt es etwas zu feiern!

    Meine Hand schnellte an ihre Schulter, um sie zurückzuhalten. Allerdings viel zu spät.

    „Hast du mir gerade nicht zugehört?, fragte ich verhalten. „Ich bin unsicher, ob das eine gute Entscheidung war.

    „Das habe ich durchaus gehört. Ich habe nur beschlossen, es zu ignorieren, weil es totaler Unsinn ist." Ela warf sich ihre blonde Mähne mit einer galanten Bewegung über die Schulter.

    „Außerdem ist es erst 11 Uhr morgens", setzte ich leise nach.

    „Auch dieser Anmerkung werde ich keinerlei Wert beimessen. Sie grinste übers ganze Gesicht. „Es gibt etwas zu feiern, also gibt es Schampus.

    Ihr Blick ließ keine Widerworte zu, und der Kellner kam ohnehin bereits mit zwei Champagnergläsern herbeigeeilt. Sie schnappte sich eines davon, hielt es hoch und posaunte mit erhobener Stimme heraus: „Auf dein eigenes Business, Yara!"

    Mir blieb nichts anderes übrig, als das zweite Glas vom Tablett zu nehmen und mit ihr anzustoßen. Mit eingezogenen Schultern sah ich mich verstohlen im Restaurant um und erkannte, dass nahezu alle uns anstarrten.

    „Können wir uns bitte hinsetzen?", fragte ich mit gesenkter Stimme. Die ganze Aufmerksamkeit war mir mehr als unangenehm. In meinem Magen hatte sich wieder das flaue Gefühl breitgemacht, das mich auch überrollt hatte, als ich Jan die Kündigung in die Hand gedrückt hatte.

    „Warum? Ela blinzelte verwundert. „Das alles hier, sie machte eine weit ausladende Geste mit beiden Armen, „sind vielleicht potenzielle Kunden von dir. Du musst wirklich lernen, auf die Leute zuzugehen, Yara."

    „Noch habe ich nichts Eigenes, das ich ihnen anbieten könnte, bremste ich meine Freundin aus. „Und vor allem bin ich alles andere als sicher, dass es klappt.

    „Papperlapapp, konterte Ela und winkte ab. „Das hat dir doch sicher wieder deine Mutter eingeredet. Habe ich recht? Sie hob ihre Augenbraue, während sie sich näher zu mir lehnte.

    „Irgendwie schon, gab ich zu. „Aber ihre Bedenken sind nicht ganz unbegründet.

    Erneut sank mein Blick zu Boden, und ich inspizierte eindringlich meine Schuhspitzen. „Was mache ich, wenn ich wieder für längere Zeit ausfalle, weil mein Magen nicht mitspielt? Oder wenn ich nicht genügend Kunden an Land ziehen kann?"

    „Das lass mal meine Sorge sein, erwiderte Ela bestimmt und legte mir ihre Hand auf die Schulter. „Als deine Marketingbeauftragte und dein Notfall-Backup fällt das eindeutig in mein Ressort.

    „Du hast bereits einen Vollzeitjob, Ela."

    Unsicher kaute ich auf meiner Nagelhaut. Ich konnte unmöglich von ihr verlangen, mich bei meiner Selbstständigkeit zu unterstützen.

    „Das bisschen Arbeit bekomme ich nebenher locker unter. Ela zwinkerte mir vielsagend zu. „Außerdem läuft der Laden nach ein paar Wochen von ganz allein, du wirst schon sehen.

    „Es gibt doch schon unzählige selbständige Übersetzer, gab ich zu bedenken. „Außerdem darf ich meinen aktuellen Kundenstamm laut Jan nicht informieren. Also fange ich komplett bei null an. Ich seufzte schwer und ließ den Donut ein weiteres Mal zurück auf den Teller fallen.

    „Natürlich, es schwimmen immer viele Fische im Meer. Aber die bieten nicht alle deinen Qualitätsstandard und deine Bandbreite an. Ela nickte in Richtung meines Champagnerglases. „Und vor allem sind die nicht annähernd so serviceorientiert und zuverlässig wie du, Yara.

    „Trotzdem muss ich die ersten Monate irgendwie überbrücken. Verzweifelt schlug ich die Hände über dem Kopf zusammen. „Was habe ich mir nur dabei gedacht? Ich bin chronisch krank und alles andere als belastbar!

    Drei Wochen später zog ich endlich meinen ersten größeren Auftrag an Land – natürlich mit Unterstützung von Ela.

    Die ersten beiden Tage stürzte ich mich dankbar in die Arbeit und lag dadurch mehr als gut im Zeitplan.

    Doch am dritten Tag wachte ich mit schmerzhaft trockenen Augen und heftigen Magenschmerzen auf. Jeder Versuch, mich trotz der fiesen Migräneattacke auch nur aus dem Bett zu bewegen, rächte sich, noch ehe ich einen Fuß auf den Boden setzte.

    Durch die dunklen Schlieren, die mir durchs Blickfeld tanzten, war es ohnehin unmöglich, etwas auf dem Bildschirm zu erkennen. Mit einem entnervten Seufzen blieb ich liegen und hoffte inständig, dass es lediglich ein Tag sein würde, den ich verlor. Den aufzuholen war dank meiner übermotivierten Vorarbeit sicher möglich.

    Aber am nächsten Morgen wurde es nicht besser, im Gegenteil. Zwar konnte ich mich wieder halbwegs aus dem Bett hieven, allerdings nur, weil in starken Wellen eine unbändige Übelkeit von mir Besitz ergriff und mich ins Bad trieb.

    An konzentriertes Übersetzen eines Textes war nicht einmal zu denken.

    Dazu kamen die Vorwürfe und Ängste.

    Quälender Selbsthass nagte an mir und ließ meine Gedanken nicht stillstehen.

    In wenigen Tagen würde ich eine halbgare Übersetzung einreichen oder eine Begründung für die Verzögerung finden müssen.

    Jedoch konnte ich mir bei beiden Varianten eine weitere Zusammenarbeit mit dem Großkunden abschminken.

    „Yara, du musst dich ausruhen, redete ich mir selbst zu. „Wenn du dich jetzt entspannst, geht es dir heute Abend sicher viel besser und du kannst das noch aufholen, wenn du richtig Gas gibst.

    Nichtsdestotrotz entspannte ich mich nicht.

    Kein bisschen.

    Ich presste die Fäuste auf die ohnehin schon schmerzenden Augen, schrie in mein Kissen und krampfte innerlich zusammen bei dem Gedanken daran, die Firma zu enttäuschen, die auf mich gesetzt hatte.

    Mein innerer Moralapostel ließ nicht locker und bohrte den erhobenen Zeigefinger tiefer und tiefer in mein beinahe explodierendes Gehirn.

    Irgendwann wusste ich nicht mehr, ob mir die Migräne oder mein schlechtes Gewissen die größten Schmerzen zufügte.

    Es verging noch ein weiterer Tag, an dem ich mir Vorhaltungen machte und mich aktiv davon abhielt, mir die dringend nötige Erholung zu gönnen.

    Immer wieder schaltete ich den Laptop an und versuchte, gegen die Tränen anzublinzeln, die das grelle Licht mir in die Augen trieb, und irgendetwas auf dem Bildschirm zu erkennen.

    Dunkle Pixel und das allgegenwärtige Pochen in meinen Schläfen machten es mir unmöglich, auch nur ein Wort zu erkennen – geschweige denn dessen Sinn zu erfassen. Stumm vor mich hin weinend krümmte ich mich auf dem Sofa zusammen und wünschte mir nur eines: Ruhe.

    Ein schriller Ton ließ mich wimmernd zusammenfahren.

    Die Türklingel.

    „Ist gerade schlecht", krächzte ich in Richtung Flur. Da hörte ich bereits, wie sich jemand am Schloss zu schaffen machte.

    Entweder der Einbrecher war extrem fingerfertig und besaß das beste Dietrich-Set der Welt oder die Person, die sich selbst einließ, besaß einen Schlüssel.

    Bitte lass es nicht meine Mutter sein!

    „Yara?", hörte ich Elas Stimme, und mir stellten sich die Nackenhaare auf.

    Sie hatte so viel investiert, um mir diesen Auftrag zu beschaffen. Wie enttäuscht würde sie sein, wenn sie mich gleich in meinem elenden Zustand ertappte, wie ich auf dem Sofa fläzte anstatt zu arbeiten.

    Zu spät!

    Ich spürte bereits ihre warme Hand an meinem Oberarm. „Yara, geht es dir gut?"

    „Nicht wirklich, raunte ich mit schmerzverzerrter Miene. Ich konnte die Spannung um meine Augen deutlich spüren. „Es tut mir leid.

    Ich konnte erahnen, wie sich ihr Schatten vor meinen fest verschlossenen Lidern bewegte. Vermutlich sah sie sich um. Beim Gedanken daran, wie es in meiner Wohnung gerade aussehen musste, sank ich verlegen tiefer in den Stoff. Es war mir schrecklich peinlich, dass Ela mich an diesem Tiefpunkt sah.

    „O Gott! Ich hörte, wie sie sich die Hand vor den Mund schlug. „Wie lange geht es dir denn schon so?

    Sie machte sich sicher Sorgen um den Auftrag. Zu meinem Unglück leider absolut berechtigt.

    Nachdem sich kein dunkles Loch meiner erbarmte und sich unter mir auftat, um mich zu verschlingen, musste ich wohl oder übel antworten.

    Ich schluckte und stellte mich dann ihrem Urteil.

    „Es tut mir leid, Ela. Ich bin schon seit ein paar Tagen außer Gefecht und befürchte, ich werde den Auftrag nicht fristgerecht schaffen."

    Ich wollte so viel sagen, aber Ela brachte mich zum Schweigen, indem sie mir ins Wort fiel. „Warum hast du dich nicht gemeldet? Ich habe doch gesagt, dass ich dir helfe." Nach einer kurzen Pause setzte sie hinzu:

    „Wer hat sich denn um dich gekümmert?"

    „Ich?", krächzte ich unsicher.

    „Das ist nicht dein Ernst!", fuhr Ela mich wütend an.

    Der scharfe Ton und vor allem die Lautstärke ließen mich schmerzerfüllt zusammenfahren, und ein lautes Zischen entwich mir.

    „Entschuldige, sagte sie deutlich leiser und strich mir mitfühlend über die Schulter. „Dann werde ich hier ein bisschen klar Schiff machen, koche dir eine nahrhafte Hühnersuppe und schaue mir einmal an, was wir noch vor uns haben.

    „Nein, Ela, hielt ich sie zurück. „Ich schaffe das schon irgendwie. Du musst dir keine unnötige Mühe machen. Es war mir furchtbar unangenehm, dass sie nicht nur meine Arbeit übernehmen, sondern sich zudem um mich kümmern wollte.

    Wie sollte ich das je wiedergutmachen?

    „Yara."

    Der ernste Tonfall in ihrer Stimme ließ mich aufhorchen. „Es ist okay, auch einmal Hilfe anzunehmen. Sie seufzte. „Wie oft hast du mir bei etwas unter die Arme gegriffen, wenn ich kein Land gesehen habe?

    „Wir sind Freunde, brachte ich gegen den Kloß in meinem Hals und die wieder aufkommende Übelkeit hervor. „Da macht man das so.

    „Eben, stimmte sie mir selbstzufrieden zu. „Das ist im Übrigen keine Einbahnstraße. Lass mich dir jetzt helfen.

    Ich deutete ein halbherziges Schulterzucken an. Überzeugt war ich nicht.

    „Sieh es einfach so: Je eher du mich machen lässt, desto früher bist du mich wieder los und kannst dich ausruhen."

    „Okay", gab ich schwach zur Antwort. Ich fühlte mich nach wie vor hundeelend damit, ihre Hilfe anzunehmen, hatte aber nicht die Kraft, mich gegen ihren Tatendrang zu wehren.

    „Wenn du dich ein wenig ausruhst und die magische Suppe isst, die ich dir kochen werde, geht es dir sicher bald wieder besser. Vielleicht kannst du später sogar noch einmal über meine Übersetzung schauen, bevor wir sie termingerecht einreichen. Einverstanden?"

    „Ich mache es wieder gut", flüsterte ich kraftlos.

    „Das sowieso." Sie lachte leise und legte eine warme Decke über mich.

    „Und das war meine erste bittere Erfahrung, die mich am Ende hierhergebracht hat", fasste ich zusammen. „Denn damals, als ich gezwungen war, mir helfen zu lassen, habe ich von meiner Freundin Ela eine unumstößliche Wahrheit entgegengeworfen bekommen: Es ist okay!"

    Ich machte eine kurze Pause und genoss die zurückhaltende Erleichterung auf den Gesichtern meiner Zuhörer, als meine Worte zu ihnen durchsickerten.

    „Es ist okay, wenn man etwas nicht allein schaffen kann. Es ist okay, wenn man nicht immer voll performen und abliefern kann. Es ist okay, Hilfe von anderen anzunehmen. Es ist okay, nicht perfekt zu sein. Denn niemand auf dieser Welt ist perfekt. Genau deshalb haben wir Freunde, Familie, Geschäftspartner und jede Menge anderer Personen in unserem Umfeld. Auf sie ist Verlass, wenn es einmal nicht so läuft, wie wir uns das ausgemalt hatten."

    Tosender Applaus setzte ein, und ich wartete, bis dieser abgeebbt war. „Glauben Sie mir, ich hätte niemals damit gerechnet, nur wenige Jahre später auf einer derart großen Bühne zu stehen und anderen Menschen Tipps und Strategien zu vermitteln, wie sie sich beruflich und privat weiterentwickeln und den Hürden des Lebens stellen können. Hätten Sie mir damals gesagt, dass ich einmal Mental Health Coach werde, hätte ich Sie mit ziemlicher Sicherheit lauthals ausgelacht. Doch hier bin ich, Tausende bittere Erfahrungen, Stolperer und Steine im Weg später, und erzähle Ihnen, wie Sie es ebenfalls schaffen können."

    Autorin von „Aller Anfang ist schwer"

    Mae Fall

    Ihr Leben lang hat sich Mae Fall, die ursprünglich unter dem Namen Marlene Guggenberger veröffentlicht hat, bereits mit dem Schreiben und ihrer Leidenschaft für Bücher tiefgehend befasst. Sei es im Deutsch Leistungskurs an ihrer Schule, im Nebenfach Kreativ Schreiben oder beim Germanistikstudium.

    Die temperamentvolle Katzen-, Irland- und Whisk(e)yliebhaberin war von jeher verliebt in gute Geschichten - egal, ob lustig, dramatisch, melancholisch, grausam, liebevoll. Hauptsache eine gute Geschichte eben, die einen abholt und in eine andere Welt bzw. ein anderes Leben entführt. Endlich hat sie ihre Stimme gefunden und es geschafft, ihr erstes Buch aus der Hand zu geben. Sehr zur Freude ihrer Leserschaft! Wir sind uns sicher, dass noch einige Bücher folgen werden - und dass ihre Buchreihe um die Kíolesh-WG nicht die letzte sein wird, die ihre Leser verzaubert.

    Der Weg der Windsbraut

    Der nervige Ton meines Telefons dröhnte mir zum vierten Mal in den Ohren, aber ich wollte das Gespräch erst annehmen, sobald ich im Wagen saß. Ich wollte mich zunächst auf dem Sitz einkuscheln und der beißenden Kälte entgehen.

    Fast ein wenig mitleidig sah mich der Fahrer an, als er mir die Türe aufhielt, auch wenn ich das fast für ein wenig überzogen hielt. Ich war schließlich nicht Hera, aber Hermes verlangte das so von seinen Mitarbeitern. Sie sollten jeder Seele Respekt zollen.

    Ich rollte mit den Augen – unbemerkt vom Fahrer, der es vermied, mich anzusehen, während er um das Auto herum ging – und fischte mein Telefon aus der Tasche. Seufzend sammelte ich mich für einen Moment, bevor ich den Anruf annahm.

    »Sag mal –«

    »Ich bin gerade in den Wagen gestiegen. Hab die Ware bei mir. Bin unterwegs!«

    Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen kramte ich meinen Taschenspiegel hervor, um mich nachzuschminken. Dem angestrengten Schnaufen am anderen Ende der Leitung nach zu urteilen, plusterte sich Mneme gerade auf.

    »Du musst mich nicht daran erinnern. Das tut mein Kalender bereits. Danke.«

    Das letzte Wort hätte ich mir vielleicht sparen können. Zumal ich beim letzten Mal wirklich nichts dafür gekonnt hatte, dass es ein wenig länger gedauert hatte, die Ware zu finden.

    »Du weißt, dass Zeus es gar nicht leiden kann, wenn du über die Seelen als Ware sprichst.«

    Aber quälen soll man sie. Schon klar, dachte ich. Dieses Mal konnte der Fahrer mein Augenrollen im Rückspiegel erkennen. Seine Augen verrieten ein Lächeln, aber ich war mir nicht sicher, ob er sich über mich amüsierte oder sich überlegte, mich zu melden.

    »Aello.«

    Ich seufzte.

    »Ich weiß, ich weiß.«

    Jetzt, da sich mein Puls wieder beruhigt hatte und die Wärme des Wageninneren mich langsam durchdrang, fragte ich mich, warum ich so zickig mit Mneme gewesen war. Im Grunde wollte sie nur das Beste für mich.

    »Danke«, setzte ich daher versöhnlicher nach.

    »Gutes Mädchen.« Das Lächeln in ihrer Stimme war echt, trotzdem verriet es, dass sie es ganz gerne sah, wenn andere ihr gehorchten. Da knackte es urplötzlich in der Leitung, und ich war mit meinen Gedanken allein.

    Gutes Mädchen. Das hatte ich oft gehört. Von meiner Familie, aber später auch im Beruf. Und irgendwann war ich hier gelandet. Mit dieser vermaledeiten Aufgabe: dem Quälen. Nicht, dass es bei der Ankunft hieße, den Seelen ginge es zu gut. Ich hatte schließlich keinen Bock, selbst dort eine Strafe abzusitzen.

    »Äh, zum Tartaros, Miss?« Der Taxifahrer schien genau zu wissen, woran ich dachte.

    Ich nickte schwach. »So wie immer. Andere fahren in den Urlaub. Ich bringe Seelen in den Tartaros.« Die Achseln zuckend, steckte ich den Lippenstift wieder ein und wandte mich erneut dem Spiegel zu. »Zeig mir die Ware.«

    Ein erbostes Gesicht erschien, und ich konnte die Seele, die es darstellte, in meinen Gedanken schreien und toben hören. Es beschimpfte mich wüst.

    »Das hilft dir jetzt leider auch nicht mehr«, sagte ich, und beinahe war mir, als würde ich ihren Schmerz und die Angst vor dem, was kommen mochte, spüren.

    »Es ist nicht sehr weit, Miss. Sie können sich ruhig ein wenig entspannen. Sie sehen müde aus.«

    Oh, du weißt gar nicht, wie sehr müde ich bin, dachte ich. Meine Schläfe mit einer Hand massierend, sank ich in den Sitz zurück, doch mein Körper weigerte sich weiterhin, das zu tun, was der Fahrer von mir verlangte. Immerhin war da noch die Ware. Seele, korrigierte ich mich. Als ob Zeus meine Gedanken hören konnte.

    Irgendwo weit in der Ferne blitzte es.

    Na, lassen wir es mal lieber nicht darauf ankommen …

    Ich schüttelte den Kopf und versuchte, in dem Spiegel etwas zu erkennen.

    Der Schemen schrie nach wie vor und zog milchig weiße Schlieren unter der Oberfläche.

    Das ungeübte Auge eines Sterblichen hätte sich vielleicht täuschen lassen, und der Spiegel wäre fortgeworfen worden.

    Aber ich wusste, dass da mehr war. Zudem wusste ich, dass die Seele froh sein konnte, dass ich den Auftrag angenommen hatte und nicht etwa meine Schwester Okypete.

    An meiner Stelle hätte sie sie vermutlich bereits tausend Jahre des Schmerzes durchleben lassen, noch ehe sie mit ihr aus der Stadt heraus gewesen wäre.

    Ich spürte, wie sich in meinem Rücken etwas regte. Obwohl ich zuerst über die eine, dann über die andere Schulter sah, konnte ich nicht erkennen, was es war.

    »Meister Hermes hat mir aufgetragen, Sie premium zu chauffieren. Das ist das neue Sondermodell. Rückenmassage.«

    Wie gut, dass ich meine Flügel eingefahren hatte und schon längst nicht mehr benutzte. Sonst hätte es wohl ein Desaster gegeben. Trotzdem lächelte ich den Mann verbunden an. »Danke.« Ein Wörtchen, das ich von anderen viel zu selten hörte.

    Erneut registrierte ich ein Zupfen und Zerren an meinen Gedanken. Der Schemen wollte offenbar, dass man sich ihm widmete. Wenn der wüsste …

    Ich besah mir die Finger meiner freien Hand und erkannte mit Freude, dass zumindest noch etwas so war, wie es sein sollte: Meine Nägel waren lang und scharf, ganz wie früher. Genau so wie sie sein mussten, um mühelos in die Oberfläche des Spiegels einzutauchen und nach dem Schemen zu greifen, der nun panisch flüchtete. Doch es war mein Spiegel, der nach meinen Regeln spielte. Egal, wie lange er sich wehren mochte, irgendwann erwischte ich ihn doch. Und zwar dann, wenn ich es wollte.

    Ich ließ ihn ein wenig länger zappeln. Sollte er ruhig meinen, er hätte eine Chance. Das konnte auf Dauer sogar schlimmer sein als Schmerzen. Auch wenn ich die einzige meiner Schwestern war, die das verstanden hatte.

    Götter, wie ich diese Art der Bestrafung hasste! Warum konnte ich den Seelen nicht etwas Gutes tun, die ihr Leben lang anständig gewesen waren?

    »Was führt Sie eigentlich an diesen vermaledeiten, furchtbaren Ort, Miss?« Wieder war es die Stimme des Taxifahrers, die mich aus meinen Gedanken riss.

    Meine Finger spürten nach wie vor die kühle Oberfläche des Spiegels, die sich wie zu Wasser gewordenes Glas an meine Haut schmiegte.

    »Job.«

    »Ich weiß, es geht mich nichts an, aber Sie sehen aus,

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