Vertrauter Feind: Dr. Norden Extra 110 – Arztroman
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Über dieses E-Book
Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben.
Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen.
»Tut mir leid, Mausi, aber ich kann es nun mal nicht ändern. Arbeit ist Arbeit, da kann ich auf meine privaten Vergnügungen keine Rücksicht nehmen.« »Ist es schon so weit, dass du deine Familie eine private Vergnügung nennst?« Caroline Hübner konnte es nicht vermeiden, dass ihre Stimme schrill klang. Wie so oft würde ihr Mann Richard wegen einer Besprechung nicht pünktlich nach Hause kommen, und die Enttäuschung darüber stand ihr ins Gesicht geschrieben. »Und was ist mit meinem Kurs heute Abend? Du hast mir doch versprochen, die Kinder zu übernehmen.« »Tut mir leid, das nächste Mal klappt's bestimmt. Und so wichtig ist dieser Computerkurs auch wieder nicht. Eine reine Beschäftigungstherapie. Aber ich muss jetzt aufhören. Bis später.« Richard beendete das Gespräch abrupt, und Caro starrte auf den Hörer in ihrer Hand. »Das nächste Mal? Und was ist mit heute?«, fragte sie sich selbst, als eine quengelnde Kinderstimme ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. »Ich will auch mit Papa reden.« Kleine Hände klammerten sich an Caros Hosenbeine. Die holte tief Luft, als könnte sie sich so die nötige Geduld für ihre drei Kinder holen und bückte sich, um den kleinen Quälgeist hochzuheben. »Papa hat jetzt keine Zeit, Lilly.
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Buchvorschau
Vertrauter Feind - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Extra
– 110 –
Vertrauter Feind
Unveröffentlichter Roman
Patricia Vandenberg
»Tut mir leid, Mausi, aber ich kann es nun mal nicht ändern. Arbeit ist Arbeit, da kann ich auf meine privaten Vergnügungen keine Rücksicht nehmen.«
»Ist es schon so weit, dass du deine Familie eine private Vergnügung nennst?« Caroline Hübner konnte es nicht vermeiden, dass ihre Stimme schrill klang. Wie so oft würde ihr Mann Richard wegen einer Besprechung nicht pünktlich nach Hause kommen, und die Enttäuschung darüber stand ihr ins Gesicht geschrieben. »Und was ist mit meinem Kurs heute Abend? Du hast mir doch versprochen, die Kinder zu übernehmen.«
»Tut mir leid, das nächste Mal klappt’s bestimmt. Und so wichtig ist dieser Computerkurs auch wieder nicht. Eine reine Beschäftigungstherapie. Aber ich muss jetzt aufhören. Bis später.« Richard beendete das Gespräch abrupt, und Caro starrte auf den Hörer in ihrer Hand. »Das nächste Mal? Und was ist mit heute?«, fragte sie sich selbst, als eine quengelnde Kinderstimme ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. »Ich will auch mit Papa reden.« Kleine Hände klammerten sich an Caros Hosenbeine. Die holte tief Luft, als könnte sie sich so die nötige Geduld für ihre drei Kinder holen und bückte sich, um den kleinen Quälgeist hochzuheben.
»Papa hat jetzt keine Zeit, Lilly. Er muss arbeiten.«
»Papa immer arbeitet. Lilly will aba Papa.«
»Komm, lass uns in die Küche gehen und sehen, was wir uns Schönes zum Essenmachen.«
»Lilly nich will essen«, widersprach die Zweijährige bestimmt und wand sich in Carolines Armen. »Lilly will Papa.«
»Ist der Papa schon daheim?« Angelockt von dem Lärm steckte der sechsjährige Finn den Kopf zur Tür herein. Sein Fußballtrikot war über und über mit Dreck beschmiert, und seine Wangen leuchteten in schönstem Rot. »Ich muss ihm unbedingt die neuen Tricks zeigen, die mir mein Trainer beigebracht hat.« »Die kannst du mir auch zeigen«, seufzte Caro und ließ Lilly auf den Boden gleiten. Beinahe sofort ließ die sich von einer einsamen Ameise ablenken, die sich vom Garten hinein verirrt hatte. »Mit dir machts nicht soviel Spaß. Du kennst ja beinahe schon alles. Aber der Papa hat noch nichts gesehen«, gab Finn pampig zurück und blickte sich um. »Wo ist er denn jetzt?«
»Noch nicht zu Hause, und er wird so schnell auch nicht kommen, weil er noch eine Besprechung hat. Ob es dir passt oder nicht, du wirst schon mit mir vorliebnehmen müssen.« Obwohl Caro die Enttäuschung der Kinder durchaus verstand, traf sie die offensichtliche Ablehnung doch.
Finns Blick ließ indes keinen Zweifel daran, was er von diesem Vorschlag hielt. Mit mürrischem Gesicht schenkte er sich ein Glas Saft ein, trank es in tiefen Zügen leer und verließ die Küche wieder. Eine Dreckspur markierte seinen Weg, und nach kurzer Bedenkzeit beschloss die kleine Lilly, ihrem großen Bruder zu folgen. Caroline blickte ihren beiden Kindern mit gemischten Gefühlen nach. Natürlich liebte sie die Kleinen über alles. Jedes Einzelne war ein Wunschkind gewesen. Doch dass sich ihr Leben einmal ausschließlich um den Nachwuchs drehen würde, damit hatte sie nicht einmal in ihren kühnsten Träumen gerechnet. Trotz des Trubels, der den ganzen Tag um sie herrschte, fühlte sie sich einsam und verlassen. Ein Gefühl, das sie angesichts von Richards Ankündigung wie ein Zug zu überfahren drohte. Dem musste sie ausweichen, wollte sie nicht wieder wie so oft in Tränen ausbrechen. Mit einem kurzen Blick aus dem Fenster versicherte sich Caroline, dass die drei Kinder friedlich spielten, und griff dann zum Telefon, um sich bei ihrer besten Freundin Pia auszuweinen. »Glück!« Wie immer, wenn sich Pia am Telefon meldete, musste Caroline auch schon lächeln.
»Was für ein Glück, dich zu haben. Ich könnte dich schon wegen deines Nachnamens fünfmal am Tag anrufen.«
»Tu das. Du weißt, dass ich mich immer freue, dich an der Strippe zu haben. Aber was ist los? Du klingst irgendwie nicht besonders fröhlich.« »Ich hab’ doch noch kaum was gesagt.«
»Das bisschen reicht. Nach all den Jahren kenne ich dich in- und auswendig. Heraus mit der Sprache. Welche Laus ist dir denn heute über die Leber gelaufen?«
»Das Übliche. Richard hat gerade angerufen, dass er wegen einer Besprechung später nach Hause kommt. Und das ausgerechnet heute, wo ich doch in meinen Computerkurs muss.«
»Schon verstanden. Tante Pia steht bereit. Aber das ist nicht der Grund, weshalb du anrufst, nicht wahr?«
»Nein. Ich muss einfach mal wieder mit einem Erwachsenen reden. Wenn man den ganzen Tag so wie ich mit Kleinkindern verbringt, sehnt man sich hin und wieder nach einem vernünftigen Gespräch«, seufzte Caroline erschöpft. »Weißt du, eigentlich hatte ich mir mein Leben ganz anders vorgestellt. Dabei hat damals alles so schön angefangen. Es war Liebe auf den ersten Blick. Ich werde nie vergessen, wie der Blitz bei uns beiden gleichzeitig eingeschlagen hat. Es war auf diesem Faschingsfest. Erinnerst du dich? Richard war damals Scheich und ich hatte mich zufällig als Haremsdame verkleidet.«
»Wie könnte ich diese schöne Geschichte je vergessen?« Pia lächelte geduldig. Immer und immer wieder kam Caroline auf diese Faschingsnacht vor sieben Jahren zurück. Die Nacht, die ihrem Single-Dasein ein jähes Ende bereitet hatte.
»Die folgenden Wochen waren die schönsten meines Lebens. Was wir alles vorhatten! Wie grandios unser Leben sein sollte! Reisen wollten wir, gemeinsam Abenteuer erleben, das Leben erforschen. Und jetzt? Was ist jetzt aus uns geworden? Ein langweiliges Ehepaar, das hin und wieder Tisch und Bett teilt. Kein Gedanke mehr an Abenteuer und Träume.«
»Ist es wirklich so schlimm?«, fragte Pia besorgt. Sie kannte die unglaubliche Liebesgeschichte von Richard und Caroline zu gut, um sich einen so frustrierenden Alltag zwischen den beiden auch nur annähernd vorstellen zu können. »Noch viel schlimmer«, gestand Caro, die gewöhnlich nur wenig über ihr Privatleben sprach. Dazu sah sie sich zu gerne als glücklich verheiratete Ehefrau und zufriedene Mutter von drei wohlgeratenen, hübschen Kindern. Aber jetzt konnte sie ihr ganzes Unglück nicht länger verleugnen. »Ich fühle mich einsam, regelrecht verlassen. Meine ganzen Träume und Ziele sind hinter einem fernen Horizont verschwunden.«
»Was sagt denn Richard dazu, wenn du mit ihm darüber redest?«
»Richard? Der bezeichnet meinen Computerkurs als Beschäftigungstherapie. Er glaubt mir nicht, dass ich wirklich vorhabe, wieder arbeiten zu gehen, wenn ich für Lilly erst einmal einen Betreuungsplatz gefunden habe.«
»So was sagt Richard? Das kann ich gar nicht glauben. Ich hatte ihn immer für so einen modernen, aufgeschlossenen Mann gehalten, den Traumtypen schlechthin.«
»Wenn’s um die Karriere geht, sind sie wohl alle gleich.« Caroline spitzte die Ohren, als lautes Kindergeschrei aus dem Garten zu ihr in die Küche drang. »Aber jetzt muss ich aufhören. Sophie brüllt sich die Seele aus dem Leib.«
»Schon gut. Wann soll ich denn heute Abend da sein, damit du deiner Beschäftigungstherapie nachgehen kannst?«, fragte Pia verständnisvoll. Sie selbst hatte zwar keine Kinder. Aber als Patentante von Finn bekam sie genug vom turbulenten Leben der Familie mit, um zu wissen, was für eine Herausforderung jeden Tag aufs Neue auf Caroline wartete.
*
Eine ähnliche Herausforderung war für Caroline der Computerkurs, den sie vor einigen Wochen begonnen hatte. Schon seit Jahren hegte sie den heimlichen Wunsch, wieder berufstätig zu sein. Jetzt, wo die Familienplanung abgeschlossen und Lilly aus dem Gröbsten heraus war, wollte sie diesen Plan endlich in die Tat umsetzen. Nicht nur für sich selbst erhoffte sie neue Impulse. Insgeheim träumte sie auch davon, ihrer Ehe damit neuen Schwung zu verleihen. Hätte sie erst einmal wieder eigene Erfahrungen, würde sie wieder eine ungleich interessantere Gesprächspartnerin für ihren Mann sein. »Was haben Sie denn vor, wenn der Kurs