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Ruhrpottherzen: Verliebt, verlobt, geschieden
Ruhrpottherzen: Verliebt, verlobt, geschieden
Ruhrpottherzen: Verliebt, verlobt, geschieden
eBook211 Seiten3 Stunden

Ruhrpottherzen: Verliebt, verlobt, geschieden

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Über dieses E-Book

Ruhrpottherzen

Im dritten Teil der Ruhrpottsaga geht es turbulent zu.
Elisa größter Wunsch erfüllt sich, sie bekommt das erste Kind. Sehr zum Leidwesen ihres Mannes, denn Alfred Gimpel wollte eigentlich gar keine Kinder. Nicht genug damit, verführt ihn Elisa nach Strich und Faden, um ein zweites Kind zu bekommen.
Seine Drohung, als Holzfäller nach Alaska zu gehen, wenn sie ihm zum dritten Mal ‚ein Balg anhängt‘ scheint sie ernst zu nehmen. Es bleibt bei den beiden Jungen Felix und Matts. Doch gerade der jüngere Sohn Matts bringt seinen Vater regelmäßig auf die Palme. Alfred kann sich häufig nicht beherrschen und schlägt das Kind. Als die Situation eskaliert, stellt Elisa Alfred ein Ultimatum.
Auch die Nachbarin Karin ist in ihrer Ehe nicht glücklich. Sie wirft ihren Mann kurzerhand hinaus. Bald lernt sie den Friedhofsgärtner Uwe kennen, doch der hat mehr Interesse an ihrer jüngsten Tochter, als an ihr.

‚Ruhrpottherzen‘ ist ein Roman über
Macker und Tussis,
Döppken und Blagen,
Hallas und Halligalli,
Fissematenten, Sperenzkes,
und ein ganz schönes Schlamassel.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum22. März 2014
ISBN9783735717504
Ruhrpottherzen: Verliebt, verlobt, geschieden
Autor

Angie Pfeiffer

Angie Pfeiffer schreibt Unterhaltungsliteratur in Form von Romanen und Kurzgeschichten für Erwachsene sowie Kinderbücher. Sie hat Romane, E-Books und zahlreiche Kurzgeschichten in Anthologien, Literaturzeitschriften und der Tagespresse veröffentlicht.

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    Buchvorschau

    Ruhrpottherzen - Angie Pfeiffer

    Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen oder Persönlichkeiten ist selbstverständlich nicht gewollt und rein zufällig.

    Inhaltsverzeichnis

    Prolog

    1980

    1981

    1982

    1983

    1984

    1985

    1986

    1987

    1988

    1989

    Prolog

    Sie holt tief Luft, lässt sich in den nächstbesten Sessel fallen.

    ‚Erst einmal die Schuhe ausziehen und die Füße einen Augenblick hochlegen‘, denkt sie. Auspacken kann sie später noch, das hat Zeit. Ihre beste Freundin hat ihr eine Flasche Champagner geschenkt. Jetzt, zur Ruhe gekommen, wird sie sich einen Schluck gönnen. Ganz für sich allein feiern, die neu gewonnene Freiheit einen Augenblick lang auskosten.

    Der Champagner perlt, sie hebt ihr Glas, prostete ihrem Spiegelbild zu. ‚Auf dich‘.

    Zufrieden sieht sie sich in dem spartanisch eingerichteten Zimmer um. Sie hat keine Möbel mitgenommen, will nichts, was an ihn erinnerte in ihrer Nähe haben.

    Wieder nippt sie an ihrem Glas, nachdenklich geworden. Die Trennung ist der letzte Schritt, doch wann ist es zum Bruch gekommen? Wann hat sich die Liebe in Luft aufgelöst, ist einer Leere gewichen, die sie und ihn umschloss. Einer Leere, die sich irgendwann mit Aggressivität füllte, mit Widerwillen und Intoleranz, einen tiefen Graben zwischen ihnen schuf, über den es keine Brücke mehr gab.

    Ihr Auszug aus der gemeinsamen Wohnung, ist die letzte Konsequenz. Der Weg dorthin war schmerzlich, hatte sie viel Kraft gekostet.

    Doch sie hat es geschafft, ihr Leben wieder selbst in die Hand genommen, und sie wird es auch weiter schaffen, ohne ihn!

    1980

    Elisa krümmte sich, versuchte tief in den Bauch zu atmen, wie es ihr beigebracht worden war. Das hatte sich während der Schwangerschaftsgymnastik alles so einfach angehört. Jetzt, nachdem die Wehen eingesetzt hatten, war es ihr fast unmöglich ruhig zu atmen. Sie konzentrierte sich: ‚Ruhig bleiben, tief durch die Nase einatmen, die Luft langsam aus dem Mund strömen lassen‘, befahl sie sich. Merkte, wie der Schmerz langsam abebbte, ihr eine Atempause gewährte. Bevor die nächste Welle sie überrollte, griff sie erneut zum Telefonhörer. „Hoffentlich nimmt sie jetzt ab!"

    Tatsächlich meldete sich Käthe, ihre Schwiegermutter, nach mehrmaligem Klingeln mit einem unfreundlichen „Hallo?"

    „Hallo, ist Alfred bei dir?", wisperte Elisa in den Hörer.

    „Allerdings, stört dich das?, war die Antwort. „Schließlich muss der Junge nach der Arbeit etwas Ordentliches zu Essen haben!

    Elisa ließ sich auf keine Diskussion ein, sie hatte im Moment andere Sorgen als die ausreichende Ernährung ihres Ehemannes. „Bitte sag ihm einfach, dass er schnell nach Hause kommen soll, die Wehen haben eingesetzt." Nach dieser Information knallte sie den Hörer auf die Gabel. Sie krümmte sich erneut, denn die nächste Wehe überrollte sie, nahm ihr den Atem.

    ***

    Eine gefühlte Ewigkeit später hörte sie den Schlüssel im Schloss. Alfred stürmte ins Zimmer. „Ich bin so schnell es ging gefahren, japste er atemlos. „Was sollen wir jetzt machen?

    Elisa verzog das Gesicht, diese Frage verwunderte sie trotz ihres Zustands. „Vielleicht sollten wir zum Krankenhaus fahren oder was meinst du?, und obwohl sie sich vorgenommen hatte, ganz gelassen zu bleiben: „War’s denn schön bei Mutti?

    Alfred antwortete nicht. Er hatte in den letzten Wochen jeden Tag bei seiner Mutter gegessen. „Dann brauchst du nicht für mich zu kochen, wo du dick bist!" Es folgte unweigerlich ein abschätzender Blick auf Elisas Schwangerschaftsbauch. Auch heute, am Tag des errechneten Geburtstermins war er nach Feierabend zu seiner Mutter gefahren.

    Elisa hatte sehr gehofft, dass Alfreds Mutterbindung mit dem Umzug in einen gut 50 km weit entfernten Ort etwas nachlassen würde, hatte sich aber geirrt. Nach wie vor mischte sich ihre Schwiegermutter ein, kritisierte gnadenlos Elisas Verhalten und verfügte nach Belieben über ihren Sohn. Auf Anraten seiner Mutter weigerte sich Alfred, einen geburtsvorbereitenden Kurs zusammen mit seiner Frau zu besuchen. „Die Mutti meint auch, dass so etwas Weibersache ist!"

    Zum Glück für Elisa gab es noch eine werdende Mutter, die den Kurs ohne Mann besuchte, doch sie war sowieso solo. So übernahm immer abwechselnd eine von ihnen den Part des nicht schwangeren Partners, was Elisa seltsam anmutete. Doch sie gab die Hoffnung nicht auf: Vielleicht würde sich einiges ändern, wenn das Kind erst einmal auf der Welt war, Alfred Verantwortung übernehmen müsste.

    ***

    Das altertümlich anmutende Gebäude machte einen fast baufälligen Eindruck, doch verbarg sich hinter der Fassade ein charmantes, altmodisches Krankenhaus, das sein eigenes Flair hatte. In der gynäkologischen Abteilung angekommen wurde Elisa von der Hebamme in Empfang genommen. „Es hat noch Zeit, stellte sie fest. „Wenn du laufen möchtest, dann ist das in Ordnung!

    So tigerte Elisa, den überforderten Alfred im Schlepptau, den Krankenhausflur auf und ab. In regelmäßigen, immer kürzer werden Abständen, ging sie auf die Toilette, knallte Alfred die Tür vor der Nase zu, krümmte sich, auf dem Toilettenrand hockend, zusammen.

    Schließlich fing die Hebamme sie wieder ein und dirigierte sie in den Kreißsaal.

    Obwohl sich für Elisa die Zeit endlos zu dehnen schien, dauerte es nur noch eine kurze Weile und ein paar Presswehen.

    „Du hast einen Sohn und er hat ein Glückshäutchen", erklärte die Hebamme strahlend.

    Schließlich lag der kleine Junge warm und weich auf Elisas Bauch. Sie fühlte sich glücklich wie nie zuvor. Alfred stand wohl immer noch unter Schock. Er saß neben der Liege und stammelte ununterbrochen: „Ich habe einen Sohn, einen Sohn. Ich habe einen Sohn!"

    Nach einer Weile unterbrach ihn die resolute Hebamme. „Das können wir alle sehen, mein Lieber und jetzt wirst du ihn baden!"

    „Wer? Ich? Baden? Der fassungslose Vater schaute sich hilfesuchend um, was die Hebamme dazu brachte, einen amüsierten Blick mit Elisa zu wechseln. „Aber sonst ist dein Mann nicht so schwer von Begriff, oder?

    Nachdem er seinen Sohn tadellos gebadet und die Hebamme den Namen eingetragen hatte, verabschiedete sich der stolze Vater. Elisa, frisch gemacht und überglücklich, wurde in ihr Zimmer gebracht, wo sie in einen unruhigen Dämmerschlaf fiel. Immer wieder wachte sie auf. „Ich habe ein Kind!, dachte sie dann, noch immer ein Bisschen fassungslos. Sie freute sich schon auf den nächsten Tag, an dem der Kleine zu ihr ins Zimmer überwechseln sollte. „Rooming-in, das war seit neuestem der Hit in allen Krankenhäusern.

    ***

    „Ach is dat schön, entzückt beugte sich Elisas Mutter über das Kinderbettchen, in dem ihr Enkelsohn schlief, während Kalle seine Tochter in die Arme schloss. „Spatz, das hast du gut gemacht. „Tja, wenn ich daran denke, dass du Karten gekloppt hast, während ich deinen Sohn geboren habe! Ilse konnte sich diese Spitze nicht verkneifen. Kalle stutzte einen Augenblick, um dann breit zu grinsen. „Das stimmt aber nicht, du hast uns, bevor das Kind gekommen ist, doch alle rausgeschmissen!

    Tatsächlich hatte der werdende Vater mit seinem Schwager und dem besten Freund im heimischen Wohnzimmer Skat gespielt. Schließlich war es Rosenmontag. Seine hoch schwangere Frau allein zu lassen, das traute Kalle sich nicht. Während der Skatpartie setzten bei Ilse die Wehen ein. Da sie beschlossen hatte, das erste Kind zu Hause zu bekommen, warf Ilse die Männer kurzerhand hinaus. Anschließend schickte sie Kalle los, um die Hebamme zu holen.

    Peter, Elisas älterer Bruder, kam tatsächlich an diesem Rosenmontag zur Welt. Passend zu seinem Geburtstag war er selten schlecht gelaunt und für jeden Jux zu haben.

    „Und der Kleine heißt also Felix? Ein moderner Name wäre schöner gewesen: Marcel zum Beispiel!" Ilse konnte einfach nicht zufrieden sein, sie fand immer einen Grund, um zu meckern, stellte Elisa einmal mehr fest.

    „Ach was, der Vorname ist in Ordnung. Schlimmer ist, dass der arme Junge den Nachnamen seines Vaters tragen muss: Gimpel! Felix Gimpel, schauderhaft! Wie gut würde da Felix Jollenbeck klingen." Elisas Vater konnte seinen Schwiegersohn nicht leiden und hielt mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg. Das ging ihm nicht allein so. Auch für den Rest der Familie Jollenbeck war Alfred Gimpel das reinste rote Tuch. Lediglich Ilse hatte aus unerfindlichen Gründen einen Narren an ihm gefressen. Alfred schien es völlig schnuppe zu sein, ob er vom Jollenbeck Clan akzeptiert wurde. Er vermied sowieso jeden unnötigen Kontakt mit den Jollenbecks.

    Elisa grinste. „Ja sicher dat, am besten Marcel Jollenbeck-Gimpel. Lass mal, das passt schon."

    „Hat sich deine Schwiegermutter schon blicken lassen?, erkundigte sich Ilse interessiert. Elisa seufzte. „Ja, leider. Sie hat mir erst einmal erklärt, dass es ganz schlecht für das Kind ist, wenn ich es stille. Sie hat ihrem Freddy Haferschleim gekocht und ich solle doch mal schauen, was er für ein Prachtkerl geworden ist.

    „Prachtkerl, dass ich nicht lache!"

    Elisa überhörte den Einwurf ihres Vaters geflissentlich. „Überhaupt soll ich Rücksicht darauf nehmen, dass in einigen Wochen ihr Geburtstag ist. Bis dahin habe ich mich so weit erholt zu haben, dass ich an der tollen Feier teilnehmen kann. Natürlich mit dem Kleinen. Das bestimmt die olle Hexe einfach so und ihr Sohn steht dabei, grinst dümmlich und sagt kein Wort!"

    „Tja, irgendwann wirst du ihr Paroli bieten müssen. Ich hoffe sehr für dich, dass dein toller Mann dann zu dir steht! In jedem Fall kannst du dich auf uns verlassen." Kalle legte seiner Frau liebevoll den Arm um die gut gepolsterte Taille.

    „Ja, ich denke auch, dass ich mir nicht immer alles von meiner Schwiegermutter gefallen lassen kann. Vielleicht kommt es schneller zu einem handfesten Krach, als wir es denken. Schnell schüttelte Elisa die trüben Gedanken ab und strahlte ihre Eltern an. „Wichtig ist im Moment nur unser kleiner Felix. Ist er nicht das süßeste Baby auf der ganzen Welt!

    ***

    „Du meine Güte, stell dich doch nicht so an! Schließlich erwartet die Mutti, dass wir zusammen zu ihrem Geburtstag gehen. Wenn du der Meinung bist, dass das Blag gestillt werden muss, dann trägst du auch die Konsequenzen." Alfred ließ nicht mit sich reden. Im Gegenteil brachte er sich immer mehr in Rage. Dabei hatte Elisa gedacht, ihm einen Gefallen zu tun, als sie ihm vorschlug, den Geburtstag seiner Mutter allein zu besuchen. Sie hatte bei dem Gedanken, den ein paar Wochen alten Säugling mit auf die Feier zu nehmen ein schlechtes Gefühl. Einerseits war der Kleine einen derartigen Trubel nicht gewohnt, andererseits rauchten alle Anwesenden wie die sprichwörtlichen Schlote.

    Elisa hatte, sofort als sie wusste, dass sie schwanger war, das Rauchen eingestellt und war fest entschlossen, nicht wieder damit anzufangen. Leider stand sie mit dieser Meinung allein da. Selbst Alfred sah nicht ein, in Gegenwart seines noch ungeborenen Kindes auf den Zigarettenkonsum zu verzichten.

    Seine Mutter bestärkte ihn in dieser Meinung. „Ich habe meine Zigaretten in eine Dose gepackt, als ich sicher war, dass ich ein Kind erwarten würde. Nachdem ich das Blag bekommen habe und wieder zu Hause war, habe ich gleich geraucht und es war ein Genuss!", schwelgte sie in Erinnerungen. Hinzu kam, dass anlässlich der verschiedenen Familienfeiern dem Alkohol reichlich zugesprochen wurde. Käthe erwies sich dabei als äußerst trinkfest und konnte es in dieser Beziehung mit dem gesamten Donkosakenchor aufnehmen. Bei den diversen Trinkgelagen stimmte sie immer ein munteres Liedchen an. Das ‚Polenmädchen‘ war ihr ausgesprochener Favorit.

    Elisa machte gute Miene zu bösem Spiel. „Ist schon gut, ich komme mit. Aber beschwer dich hinterher nicht bei mir, wenn wir früher als gewöhnlich nach Hause fahren müssen. Der Kleine ist so viele Leute auf einen Schlag überhaupt nicht gewöhnt! Sie musterte Alfred noch einmal streng. „Und glaub bloß nicht, dass deine Mutter das Kind in die Hände bekommt, wenn sie etwas getrunken hat! Ohne ihrem Mann die Gelegenheit zu einer Entgegnung zu geben, drehte sie sich um und kümmerte sich demonstrativ um Felix, der verschlafen blinzelte.

    ***

    Wie gewöhnlich hatte sich Käthe in ihren rosa Kittel gezwängt. Oben herum trug sie den obligatorischen weißen Nylonpullover. Unten wurde das Bild von der Strumpfhose komplettiert, deren Zwickel immer einmal unter dem Kittelsaum hervorblitzte. Aus dem Schwung, mit dem sie die Wohnungstür öffnete, ließ sich schließen, dass sie schon den einen oder anderen Weinbrand mit Cola intus hatte.

    Ihr Schwiegersohn Roland ließ es sich bei keiner Feier nehmen, den Barkeeper zu spielen. Seine Spezialität war die ‚Hausmarke‘: Er füllte ein Whiskyglas halb voll Weinbrand und fügte einen Hauch Cola hinzu. Während Käthe und Roland die explosive Mischung wie Wasser hinunterkippten, hatte das Getränk schon so manchen Nichtsahnenden aus den Socken gehauen. Franz-Rainer Wuttke, dem Ehemann der mittleren Gimpeltochter Sylvia hatte die ‚Hausmarke‘ zu so manchem Absturz verholfen. Einmal war er direkt über eine halbhohe Steinmauer auf den örtlichen Friedhof gekippt. Sylvia hatte anschließend alle Mühe, ihn von den Toten zu den Lebenden zu befördern.

    Elisa musterte ihre Schwiegermutter verdrossen. ‚Die fangen auch immer früher an zu trinken‘, dachte sie, hütete sich aber davor, ihre Gedanken laut auszusprechen. Sie quälte ein Lächeln auf ihr Gesicht. „Hallo Schwiegermutter, herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!"

    Doch das Geburtstagskind hatte weder Augen für die Schwiegertochter, noch für das Geburtstagsgeschenk. „Ach da ist ja der kleine Freddy, rief sie aus und nahm Elisa die Tasche mit dem schlafenden Kind aus der Hand. „Er sieht seinem Vater immer ähnlicher! Elisa öffnete den Mund, doch Alfred kam ihr zuvor. „Mutti, der Kleine schläft gerade und glaub mir: Ich bin froh, dass er mal nicht rumschreit. Lassen wir ihn einfach noch eine Weile in Ruhe. Wenn er gleich wach ist, dann kannst du dich um den Scheißer kümmern!"

    Käthe strahlte ihren Sohn an. „Ach, mein Freddy, gurrte sie. „du hast ja Recht. Wir stellen den Kleinen im Schlafzimmer auf dem Bett ab und lassen ihn schlafen. Nachher ist auch noch Zeit.

    Zu Elisas Überraschung trug sie die Tasche behutsam ins Schlafzimmer und stellte sie tatsächlich vorsichtig ab. Felix ließ sich nicht stören, steckte den Daumen in den Mund und schmatzte im Schlaf.

    Im Wohnzimmer angekommen klopfte Elisa zur Begrüßung auf den Tisch. Sie ließ sich wie gewöhnlich neben Lara, ihrer Lieblingsschwägerin, nieder. „Na Patentante? Wie sieht’s aus? Die Angesprochene grinste. „Gut! Schließlich brauchte ich kein Kind zu kriegen. Louis ist uns gut geraten und ein Kind ist völlig ausreichend! Lieber gehe ich zu Fuß nach Holland, als das ich wieder ein Blag kriege!

    Roland, ihr schwergewichtiger Ehemann und Pseudo-Barkeeper, zuckte bedauernd die Schultern. „Tja, man kann nicht alles haben – die schönste Frau der Welt und gleichzeitig einen Stall voller Kinder."

    Lara strahlte ihren Mann an, kam aber nicht mehr dazu, ihm zu antworten. Carmen, die Jüngste der Gimpeltöchter, betrat das Wohnzimmer. Ihr folgte, in leicht gebückter Haltung, ihr blasser Ehemann. Carmen ließ sich in einen Sessel plumpsen und steckte sich aufatmend eine Zigarette an, während sie ihren beträchtlichen Bauch tätschelte. „Mensch bin ich froh, wenn ich erst mal ausgepackt habe. Dat Balg tritt und tritt und Probleme mit den Nieren habe ich auch."

    „Ja, letztens musste ich die Alte mitten in der Nacht zum Krankenhaus fahren weil sie gejault hat wie ein junger Hund, ließ sich ihr Mann Walter Waczolla vernehmen. „Aber der Doc hat sie mir wieder mit nach Hause gegeben, leider. War wohl irgendwie falscher Alarm.

    Carmen sog gierig an ihrer Zigarette. „Wie gezz, leider? Meinst du vielleicht, ich wäre die dicke Wanne nicht gerne losgeworden. Du hast es gut. Brauchst bloß die Nacht durch unter Tage rumstehen und warten, dass irgend ‘ne Maschine kaputt geht und du sie reparieren kannst. Während ich mir nicht mal mehr die Schuhe alleine zumachen kann."

    Walter tippte sich grinsend an die Stirn. „Meine Alte ist bekloppt, das sage ich ja immer. Von Tuten und Blasen keine Ahnung haben, aber die Fresse aufreißen! Die möchte ich mal im Stollen erleben, dat ist ganz wat anderes als im Bergbaumuseum!"

    Das Ehepaar führte diese Diskussion schon seit geraumer

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