Der Soldat und das Mädchen Monique: Fahnenflucht in den Ardennen 1944
Von Jo Manno Remark
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Über dieses E-Book
"Als ich das Buch "Mit 16 zu jung zu sterben" fertig hatte, war mein Kopf noch voll von den wieder aufgeweckten Erinnerungen an die schlimmsten Tage meines Lebens. Überhaupt hat sich vieles durch das Schreiben in meinem Leben verändert, das eigentlich lediglich dazu beitragen sollte, alles, was mit Gewalt und Krieg zusammen hängt schon im Keim zu ersticken. Manchmal bin ich froh, dass ich das Geschehen über lange Zeiten meines Lebens verdrängen konnte und die schönen, positiven Ereignisse in den Vordergrund rückten. Andererseits ist es gut, dass ich durch die Anregungen meiner Urenkel einiges von dem gesagt habe, was wahrscheinlich immer tief in mir rumort hat und das heraus wollte. Trotzdem war ich nicht ganz zufrieden, weil im ersten Buch das Geschehen in meiner Jugend so alternativlos wirkt und ja auch von vielen Menschen in dieser Weise als Ausrede für ihren begrenzten Widerspruch benutzt wird.
In unserer Verwandtschaft gibt es einen Mann, der als deutscher Soldat in Frankreich desertiert ist und mit der Hilfe freundlicher Menschen und vor allem einer liebenden Frau ein neues Leben dort gefunden hat. Von Charlie und seiner Frau Helene hab ich viel erfahren und ihr Geschichte hat mich veranlasst, dieses Buch als Gedankenspiel niederzuschreiben.
Es gibt immer Alternativen!"
Jo Manno Remark
Jo Manno Remark is a German writer, author of some novels refering to the history of the County Bergisches Land. He worked as a teacher for many years and wrote short stories and Theater Plays, mainly in dialect. As a pensioner he started writing his novels and at least three anti-war stories, based on his own experiences as German soldier in the last month of the Second World War. He is now 88 years old and great-grandfather of three boys and two girls.
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Rezensionen für Der Soldat und das Mädchen Monique
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Buchvorschau
Der Soldat und das Mädchen Monique - Jo Manno Remark
Für meine Frau Hildegard, die mich bei meinen Vorhaben so liebevoll und tatkräftig unterstützt.
Für meine Urenkel Jesse, Johannes und Jasper als besonderes Vermächtnis.
Titelbild: Jo Manno Remark
Das größte, das es gibt, das ist das Leben. Jonas
Ich habe mich oft gefragt, ob Tote weinen können. Ich glaube, dass alle Todesopfer von Gewalt und Krieg in der Welt weinen würden, wenn sie es könnten, und ich wünschte, dass die Verantwortlichen in den Fluten ersaufen. Der Autor
„Gehe zuerst einmal auf die Menschen zu und vertraue ihnen, bis sie dir einen Anlass geben, es nicht mehr zu tun." Ich meine, das ist ein akzeptabler Rat, der die Welt lebenswerter macht, wenn jeder ihn befolgt. (Auszug)
Wir können uns unser Leben selber gestalten, weil wir als Geschöpfe Gottes alle Voraussetzungen dazu besitzen. Einzig der Einfluss anderer Menschen und die von ihnen als Gesellschaft geschaffenen Umstände können unsere Entwicklung fördern oder behindern. Josef Krämer
Inhalt:
Staff Sergant John Webster, US-Army
Die Ardennen-Schlacht
Unteroffizier Helmut Schreiber
Obergefreiter Max Rauch
Häuserkampf
Vorwärts, marsch!
Die Zeit ist reif
Die Wende
Die Flucht
Es nimmt kein Ende
Mademoiselle Monique
Die Verwandlung
Der Hof in den Ardennen
Ein besonderer Tag
Die Exekution
Mathis Dubois
Die Geburt des Antoine Fournier
Das geschenkte Leben
Einbruch, Diebstahl und Intrigen
Der Krieg kommt zurück
Captain Liam Bragg, United States Air Forces
Der Duft der Freiheit
Leben und leben lassen
Nachbarn und Freunde
Die Entscheidung
Epilog
Anhang
United States Army, Combat Command Bravo, Staff Sergeant John Webster
Als der GI zu sich kam und langsam seine Augen öffnete, schaute er in einen grauen Himmel, eingerahmt von hohen Fichten. Von einigen war die obere Hälfte weggeschossen. Er erinnerte sich an den Feuerüberfall, an die Krepierer in den Baumgipfeln und die Detonationen der Granaten, die den Boden erreichten. Die ersten verstreuten unbarmherzig millionenfach Metallsplitter über die Soldaten, denen auch die Erdlöcher keinen Schutz dagegen boten. Die anderen hatten die Körper seiner Kameraden zerfetzt und einige in die Höhe geschleudert. Er sah zwei Mäntel in den Zweigen hängen. Die Soldaten, die dazu gehörten, mussten darunter im Dreck liegen, wo Menschen eigentlich nicht hingehören, und der lautlos fallende Schnee bedeckte langsam gnädig ihre tödlichen Wunden.
Er lag auf dem Rücken und verspürte keinen Schmerz. Um ihn herum war es seltsam ruhig. Er war froh, das Granatfeuer heil überstanden zu haben. Mühevoll hob er seinen Kopf und seinen Oberkörper und sah an sich herunter. Sein rechtes Bein endete in einem Blutklumpen am Knie. Sein Bein lag einen Meter vor ihm im Schnee. Das Hosenbein war durchtrennt und sein Fuß mit dem Schuh lag total verdreht im Dreck. Entsetzt ließ er sich wieder fallen.
„Meine Kameraden werden mich suchen", dachte er. Doch er konnte nicht wissen, dass die Männer, an die er dachte und auf die er wartete, längst tot waren. Die Regierungen hatten beschlossen, mehr Opfer zu bringen für den Sieg. Pech gehabt! Sie gehörten dazu.
„Nichts ist ehrenhafter, als für das Vaterland zu sterben!" Welcher Idiot hatte das noch mal gesagt?
Warum spürte er keine Schmerzen? Das war ein böser Traum, der ihn genarrt hatte. Er spürte genau, wie er seinen Fuß bewegen konnte. Er richtete sich wieder auf, doch sein Körper widersetzte sich seinem Befehl. Da schien doch etwas nicht in Ordnung zu sein.
„Ich bleibe liegen, gleich werden sie kommen, mich zu holen. Meine Kameraden lassen mich nicht im Stich! Ich würde lügen, wenn ich behauptete, ich hätte keine Angst. Ich will nicht sterben. Bis vor einem Jahr habe ich noch fest daran geglaubt, alt werden zu können, doch seit meiner Zeit in der Armee hat sich das geändert. Auch, wenn es mich getroffen haben könnte, hoffe ich doch noch ein paar gute Jahrzehnte vor mir zu haben. Es ist noch so viel zu erledigen, ich habe genügend Pläne, mein Leben auszufüllen."
Seine Augen wanderten durch die Baumgipfel.
„Wo bleiben die Kameraden nur. Das Wetter wird ihnen auch zu schaffen machen. Na ja, es könnte schlimmer kommen. Das ist ein verdammt kaltes Land hier, wohin ich da geraten bin. Es schneit dauernd, aber gestern war es kälter, viel schlimmer. Ich weiß gar nicht, was der Wetterbericht sagt."
Er schloss für einen Moment die Augen. Er sah seine Heimat.
„Das Winterwetter zu Haus im Piedmont in North Carolina konnte auch ganz schön kalt sein. Es war bekannt für Graupelschauer und Eisregen, der in manchen Stürmen so heftig ausfallen konnte, dass Bäume und Stromleitungen unter der Last zusammenbrachen. Aber an der Küste waren die Winter in Carolina eigentlich immer angenehm und oft ohne Schnee. Der nahe Atlantik sorgte für den Temperaturausgleich."
Vor seinen Augen sah er plötzlich seine Mutter.
„Lauf nicht so schnell, John, du brichst dir noch die Beine, Darling!" rief sie. Sie war eine wunderbare Mutter und immer besorgt um ihn und seine kleine Schwester.
„Lass den Jungen doch, sagte sein Vater, „wenn ein richtiger Junge aus ihm werden soll, braucht er die Bewegung.
Er hatte wie immer ein Werkzeug in der Hand, um irgendetwas am Haus zu reparieren.
Das Laufen hatte ihm im Leben nichts geschadet. Nur das Marschieren hatte ihn Wege nehmen lassen, die er besser nie gesehen hätte. Durch Frankreich und halb Belgien war er gezogen, immer dem Sieg hinterherlaufend. Seit Juni 1944 war er bei den siegreichen alliierten Truppen, die den Deutschen folgten, die Richtung Heimat stürmten. Das war jetzt anders geworden. Die verdammten Krauts wollten es noch einmal wissen und drehten den Spieß um. Die letzten paar Tage waren die Hölle.
Da dachte er doch lieber an die wunderbaren Tage ihrer Holidays in South Carolina, wenn sie bei Granma und Granpa in Summerton auf dem Land waren. Er sah die Berge und Wälder vor sich, die Bootsfahrten auf dem Lake Marion, der den Sommerhimmel mit herrlichem Blau spiegelte. Boss, der Labrador freute sich auf ihn und er sich auf den Hund.
„Wenn Frieden ist, schaffe ich mir auch einen Hund an." Seine Gedanken hüpften von der Vergangenheit in die Zukunft. Er war zweiundzwanzig Jahre alt. Da lag das wirkliche Leben noch vor ihm.
„So langsam könnten meine Kameraden aber kommen. Komisch, mir ist gar nicht kalt. Im Gegenteil, angenehm warm. Er fühlte sich wunderbar. Vielleicht war er getroffen worden und verletzt, doch es war gar nicht so schlimm. Davon hatte man ja schon gehört, dass Menschen Halluzinationen haben, wenn sie Blut verlieren. So schlecht konnte es eigentlich nicht sein, denn immerhin konnte er noch klar denken. „Ich werde etwas schlafen und träumen. Es ist herrlich, wie hell und schön die Welt sein kann, wenn man träumt.
Er wusste nicht, wie lange er geschlafen hatte, doch als er wieder erwachte, fror es ihn. Es schneite leise und sein Atem bildete kleine Wölkchen. Plötzlich hörte er, wie jemand seinen Namen sagte. Das konnte nicht sein. Es war die Stimme von Mary, seiner Mary und die war weit weg in Carolina. Doch ganz klar hörte er, was sie sagte.
„Du musst wach werden, John!"
„Ich bin wach", sagte er und blinzelte mit den Augen. Er sah Mary nur unscharf. Das wunderte ihn nicht, denn sie konnte nur ein Geist sein. Er hätte sie trotzdem gerne geküsst.
„Es ist gut, dass du da bist, Mary", sagte er.
„Das will ich doch hoffen", lachte sie ihr silbernes Lachen, das er so an ihr liebte.
„Mary, ich spiele mit dem Gedanken, dich zu küssen, doch die Erinnerung an den Schmerz, wenn ich mich bewege, hält mich davon ab."
„Früher hattest du bessere Ausreden, John."
„Was ist denn mit meinem Bein?"
„Was soll schon damit sein, John?" Sie stand unvermittelt auf und löste sich in der Schneeluft auf.
„See you!" Er meinte noch einmal ihre Stimme gehört zu haben.
Er war enttäuscht und drehte seinen Kopf zur Seite.
Eine wohlige Wärme stieg wieder in ihm auf und er schloss die Augen. Er war nur froh, dass seine Sorge um sein Bein nicht nötig war, sonst hätte Mary bestimmt etwas gesagt.
„Die lassen sich verdammt viel Zeit", dachte er noch, bevor er einschlief.
Zwei Tage später fanden ihn die deutschen Soldaten unter dem Schnee.
„Verblutet, sagte einer, „Erfroren
, ein anderer.
Sein Körper war steif gefroren, als sie ihn wegtragen wollten.
„Guck mal, sagte einer, „dem laufen Tränen über das Gesicht.
„Mensch, der weint!"
„Du spinnst! Tote weinen nicht."
Doch sein Kamerad hatte richtig gesehen: die feinen Eisverkrustungen an Johns Augen tauten als erstes auf und es sah aus, als ob er weinte.
Sie packten ihn an Schultern und dem einen Bein, das ihm geblieben war. Sie hoben ihn auf, wie ein Stück Holz.
„Legt ihn zu den Amis", sagte einer.
„Was ist mit dem Bein?" fragte einer.
„Frag´ nicht so blöd!"
„Dann warfen sie ihn zu den anderen auf die schmutzige Ladefläche des LKWs. Das Bein warfen sie hinterher.
Die Ardennen-Schlacht
Vielleicht hast du ja schon einmal etwas von der Ardennen-Offensive gehört, das hört sich besser an, als Schlacht, stimmt aber nicht. Kennst du beides nicht, könntest du eigentlich das Ganze vergessen, denn es liegt siebzig Jahre zurück.
Es könnte aber auch gut sein, sich daran zu erinnern, dass im Dezember 1944 in den lieblichen Hügeln der belgischen Ardennen die blutigste Schlacht des 2.Weltkrieges viele Menschen in den Abgrund riss. Freund und Feind, Soldaten und unbeteiligte Zivilisten, alte Menschen, Frauen und Kinder, alle wurden dahingerafft. Wer zählt ihre Qualen? Was macht den Unterschied, die Trauer über alle, Freund oder Feind, zu mindern?
Schlacht kommt von schlachten. Und das war es auch. Dabei könnte das alles auch an einem anderen Ort, zu einer anderen Zeit und mit anderen Menschen im Laufe der Menschheitsgeschichte passiert sein, - und es kann wieder geschehen. Zu jeder Zeit und aller Orten.
Am 16.Dezember 1944, morgens um 5Uhr30 begann die deutsche Artillerie mit einem einstündigen Trommelfeuer entlang einer Front von hundert Kilometern.
Eine Nacht, so gut wie ohne Schlaf, lag hinter uns. Es war die Sorge um das Morgen. Wir wussten nicht, was es bringen würde, aber wir hatten gute Gründe, das Schlimmste zu befürchten.
(Schau dir die nachgenannten Orte auf Google Earth an.)
Für unsere Division hatte man folgendes geplant: Die Division durchbricht in breiter Front die amerikanischen Linien um die Straße Habscheid – Steinebrück - St.Vith frei zu bekommen. Rechts sollte ein Grenadierregiment auf Großlangenfeld, links ein anderes Regiment auf Heckhuscheid und in der Mitte ein weiteres Regiment als bewegliche Voraus-Abteilung antreten mit dem Auftrag: Durchbruch über Winterspelt - Steinebrück auf St.Vith.
Beabsichtigt war dabei ein überraschender Handstreich auf das Städtchen St.Vith und die Besetzung des Bahnhofes zur Eroberung und Sicherstellung amerikanischer Transportzüge mit Treibstoff.
Es war winterliches Wetter, Temperaturen 3 Grad unter dem Gefrierpunkt, in der Nacht -10, und zu alledem noch 10 cm Schnee.
16. Dezember 1944; 3 Uhr morgens früh Wecken. 4.45 Uhr Befehlsausgabe vom Regimentskommandeur bis runter zum Gefreiten. Um Punkt 5.00 Uhr wurde die Nacht durch Flakscheinwerfer mit künstlichem Licht erhellt. Es blendete die eigenen Truppen und machte den Feind auf den Angriff aufmerksam. Eine Schnapsidee!
Im Raum Brandscheid befand sich das II. Bataillon des Gren.Regt. 164 zur Reserve. Das Bataillon des Grenadier Regiments 164, mit zwei Sturmgeschützen der Panzerjägerabteilung, Artillerie und Pionieren wurde zur schnellen Abteilung
bestimmt. An der Spitze der 62. Volksgrenadier Division sollte das Grenadier-Regiment. 164 aus dem Bereitstellungsraum Steinmehle-Pronsfeld angreifen. Der Divisionsgefechtsstand befand sich in Schönecken.
Als um 7.00 Uhr vom Grenadier Regiment 190 beim Divisionsstab die Meldung einging, dass der Waldrand nordwestlich Eigelscheid erreicht sei und der feindliche Widerstand nachgelassen habe, wurde die bewegliche Abteilung zum Vorstoß über Steinebrück auf St.Vith in Marsch gesetzt. Diese stieß im Wald längs der Straße nach Winterspelt auf neuen feindlichen Widerstand, der erst gebrochen werden musste. Wir konnten schwere Granatwerfer einsetzen und mit den beiden uns zur Verfügung stehenden Sturmgeschützen angreifen. Wenig später erhielten wir hinter Eigelscheid erneutes Feuer. Der Beschuss kam frontal aus der Richtung von Winterspelt. Von vorne hörten wir Kettengeräusche von Panzern. Unser nächstes Angriffsziel war jetzt Winterspelt.
Bis zu Einbruch der Dunkelheit kam die bewegliche Abteilung bis zu den einzeln stehenden Gehöften nördlich des Waldes in Sicht von Winterspelt vor, im halbkreisförmigem Bogen kam es hier in den nächsten Stunden zu heftigen Gefechten. Es dauerte bis Mitternacht, als die ersten Teile des Grenadier-Regiments in Winterspelt Fuß fassen konnten.
Erst am zweiten Tage konnten wir Winterspelt einnehmen, wo noch im Westteil Widerstand geleistet wurde. Hier erbeuteten wir einen US- Regiment-Gefechtsstand. Bei Beginn der Dunkelheit war das Dorf genommen und der Feind rückte ab. Zugleich stand aber noch das Regiment 190 im Kampf um Großlangenfeld und das Regiment 183 im Kampf um Heckhuscheid. Auch im Westteil von Winterspelt zeigten sich immer wieder feindliche Stoßtrupps. Am 18. Dezember war der Winterspelter Westteil noch nicht ganz feindfrei, wir erhielten Artilleriefeuer aus Richtung Elcherath. Der Widerstand bei Großlangenfeld und Heckhuscheid ließ nach. Der Kampf um Winterspelt war hart und verlustreich. Auch der amerikanische Widerstand in Steinebrück war besonders hartnäckig und die GIs ließen uns keine Ruhe. Sie stießen immer wieder erneut vor und erkämpften sich Haus um Haus, bevor wir wieder vorgingen, um ihnen das soeben Eroberte streitig zu machen.
Ein Bericht dieser Art hört sich sehr nüchtern an und gibt in keiner Weise einen Einblick in all das Leid der Beteiligten, es sagt nichts aus über die Angst und die Gedanken der Menschen, wenn sie dabei sind.
In Wirklichkeit war es ein blutiges Gemetzel. Da war nichts mit Heldentum. Da flogen die Fleischfetzen und klebten an den Häuserwänden. Ich habe gesehen, wie das Blut unter einer Haustür durchlief und den Dreck auf dem Podest über den Treppenstufen zur Straße hin durchtränkte, bevor es die Stufen hinunterlief und seitlich vom Podest in den Schnee auf dem Rasen tropfte und ihn rot färbte.
Zweihundert Tote allein im Kampf um Winterspelt. Das waren eigene Verluste, dazu kam die Unzahl der Verwundeten. Die amerikanischen Menschenleben, die draufgegangen waren, lassen sich nur schätzen, denn die Amerikaner sorgten immer dafür, ihre Verwundeten und Toten schnell wegzuschaffen, bevor sie in unsere Hände fallen konnten. Dazu kam noch eine hohe Zahl an toten Zivilisten, denn niemand nahm Rücksicht auf die Bevölkerung. Sie versuchten, sich in den Kellern und Bunkern zu verstecken um zu überleben, während die Soldaten aus Amerika und Deutschland darüber ihre Häuser, Schulen und Fabriken, ihre Heimat zerstörten.
Kriegstagebuch Unteroffizier Helmut Schreiber
Ich will einmal anfangen, unseren Einsatz aus meiner Sicht aufzuschreiben.
Ich heiße Helmut Schreiber und bin im November 1944 gerade einundzwanzig Jahre alt geworden, Jahrgang 1923, Unteroffizier in der Wehrmacht.
Mein Jahrgang spielt in meinem Leben eine große Rolle, wie ja überhaupt die Zeit, in die wir geboren werden, bedeutend für unsere persönliche Entwicklung ist. So waren das vom Datum und vom Ort her nicht gerade günstige Bedingungen für ein beginnendes Menschenleben.
Meine Wiege stand nämlich in Eupen, das war ein besonderer Ort in Europa. Als ich zwei Jahre alt war, bin ich Belgier geworden, denn meine schöne Heimatstadt, in dem meine deutschen Eltern lebten, war nach