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Legende der Elemente
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eBook387 Seiten5 Stunden

Legende der Elemente

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Über dieses E-Book

Der Roman "Legende der Elemente" von Eva Eccius, handelt von vier jungen Menschen, deren Heimatdörfer angegriffen wurden. Ein Krieg droht zwischen den Dörfern zu entstehen. Jedes dieser Dörfer steht für ein Element: Wasser, Wind, Feuer, Erde. Während Fiona, ein junges Mädchen aus einem der Dörfer, auf dem Weg ist, um die Wahrheit des Angriffes herauszufinden, trifft sie ihren Freund aus Kindertagen, Neys. Sein Dorf wurde ebenfalls Opfer eines Anschlags. Die beiden schließen sich zusammen, um die wahre Ursache zu finden und treffen auf ihrem Weg Nina und Mira, deren Dörfern das gleiche Schicksal widerfahren ist. Alle Vier glauben nicht an die Schuld der jeweils anderen Dörfer und so entsteht anfangs eine Zweckgemeinschaft. Im weiteren Verlauf der Geschichte verbindet sie viel mehr als nur ihr Versprechen, die Wahrheit zu finden. Sie werden Freunde, machen gefährliche, lehrreiche und schöne Erfahrungen. Ihre Wege führen sie durch Wiesen, Wälder, Schneelandschaften und Wüsten. Dort treffen sie viele Menschen, und manches Mal geraten die Gefühle durcheinander. Gemeinsam lernen sie, was es bedeutet, zu vertrauen, an sich zu glauben, zu lieben und für das zu kämpfen, was ihnen am Herzen liegt.

Zentrale Themen des Romans sind: Vertrauen, Verständnis, erste Liebe, Tod und Freundschaft.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum2. Juni 2021
ISBN9783347185968
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    Buchvorschau

    Legende der Elemente - Eva Eccius

                Wie alles begann            

    „Lass mich los! Neys … Neys … NEEEYS!"

    „Fiona, wach auf!"

    Schweißgebadet blickte ich mich um. Wo war ich? Seufzend ließ ich mich wieder zurück in die Kissen sinken.

    Ich war Zuhause. Alles ist gut … es ist nichts passiert.

    Oder doch?

    Mein Herz raste immer noch, als ich die Hand auf meine Brust legte. Ich atmete zweimal mit geschlossenen Augen durch, bevor ich in die braunen Augen meines Bruders blickte.

    „Hast du wieder schlecht geträumt?", fragte er mich mit besorgter Stimme.

    „Wieder von damals", murmelte ich mit belegter Stimme.

    Sota musterte mich weiterhin mit aufmerksamen Blick.

    „Weißt du was dir hilft? Ein wunderschöner Tag am Wasserfall! Das wird dich ablenken."

    Ich nickte nur und Sota nahm das als Einverständnis an. Er sprang vom Bett und hopste die Stufen hinunter zu unseren Eltern. Immer noch nicht ganz wach, ließ ich den Traum Revue passieren. Ich träumte nicht oft, aber wenn, dann immer diesen Traum. Kopfschüttelnd, um auch die letzten besorgten Gedanken zu vertreiben, verließ ich mein gemütliches Bett.

    „Guten Morgen, Fiona", begrüßte mich meine Mutter fröhlich.

    „Morgen", murmelte ich nur.

    „Gut geschlafen?", fragte mich mein Vater, während er kurz von seinem Tee aufschaute.

    „Schlecht geträumt, aber sonst geht es mir gut. Ich gehe mit Sota zum Wasserfall."

    „Das hat uns dein Bruder bereits erzählt. Er sucht gerade seine Angel."

    Vater konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen und ich tat es ihm gleich. Sota freute sich immer, wenn er mit mir zum Wasserfall gehen konnte. Alleine durfte er noch nicht hin, einerseits, weil er erst sieben Jahre alt war und andererseits, weil der Wasserfall nahe der Dorfgrenze lag, die wir nicht überschreiten durften.

    „Fiffi, ich bin so weit! Beeil dich!", rief Sota von draußen.

    Fiffi … wie ich diesen Spitznamen hasste. Er stammte aus der Zeit, als Sota noch ein Baby war und meinen Namen nicht richtig aussprechen konnte. Doch er klang wie ein Name, den man seinem Hund geben würde.

    „Nicht zu lange Kinder, das Fest ist ja heute! Und ihr wisst doch, dass es eure Großmutter hasst, wenn ihr zu spät kommt", erinnerte uns unser Vater mit ernster Miene.

    Wie könnte ich das nur vergessen. Seit Wochen war unser Dorf schon in großen Vorbereitungen zum Geburtstagsfest meiner Großmutter. Wer hundert Jahre alt wird, der darf auch richtig gefeiert werden.

    „Fiona, pass bitte gut auf deinen Bruder auf, als ältere Schwester trägst du die Verantwortung für ihn."

    „Ja, Mutter, ich weiß, seufzte ich, jeden Tag die gleiche Leier. Sota schaute zum Fenster hinein: „Mama, sie ist nur acht Jahre älter!

    „Neun, Sota, ich bin sechzehn." Lachend schüttelte ich den Kopf, während ich aus dem Haus lief.

    „Die paar Jahre …" Sota verdrehte die Augen.

    Zur Strafe boxte ich ihn mit einem Grinsen leicht an die Schulter: „Komm jetzt! Sonst wird es zu spät … wer zuerst am Wasserfall ist."

    Er schaute mich herausfordernd an und flitzte los. Schnell hatte ich Sota eingeholt und wir liefen nebeneinander her. Unser Dorf war feierlich geschmückt worden, in der Mitte des Dorfplatzes brachten die Männer schwere Holzscheite zusammen. Das würde ein prächtiges Lagerfeuer werden.

    „Ich fasse es nicht, dass unsere Großmutter schon hundert wird." Sota und ich schauten uns verschmitzt an, doch ich meinte nur grinsend, dass ihr die Arbeit als Dorfoberhaupt scheinbar gut bekäme.

    Bald ließen wir die Häuser zurück und jagten uns lachend den kleinen Hügel hinauf. Nach einem kleinen Waldstück erreichten wir eine Lichtung, wo der Wasserfall seinen höchsten Punkt hatte, bevor er metertief hinunterplätscherte.

    „Wer als erster hinunterspringt hat … Fiffi!", brüllte Sota mir empört hinterher.

    Doch da war ich schon im kühlen Nass. Dieser Moment, wenn der gesamte Körper ins Wasser eintaucht und von Kälte umhüllt wurde, das war mein liebster Augenblick. Ich tauchte gerade wieder auf, als Sota in diesem Moment mit voller Wucht eine Wasserbombe neben mir machte. Keuchend und prustend tauchte er neben mir auf und bekam einen ordentlichen Wasserschwall von mir ab.

    „Ich war schneller", sagte ich lachend und ließ mich auf dem Wasser treiben.

    „Du hast nicht gewartet, das war unfair", murmelte Sota beleidigt und schob schmollend seinen Mund unter Wasser.

    „Aber ich könnte schwören, dass du schneller unten warst, als das Wasser vom Wasserfall."

    „Wirklich?" Sotas Augen begannen zu leuchten.

    „Ganz sicher sogar." Es war so einfach meinen Bruder glücklich zu machen.

    „Nächstes Mal wartest du aber!"

    „Niemals", versicherte ich ihm, mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht.

    Er spritzte mich frech an und so begannen wir eine ausgelassene Wasserschlacht, bis wir uns völlig erschöpft auf dem Wasser treiben ließen.

    Im Wasser fühlte ich mich frei und vollkommen, alle Sorgen schienen vorbeizuschwimmen. Ein Gefühl völliger Losgelöstheit. Wasser oder wie ich es auch nannte: blaues Gold, war eines der wichtigsten Teile meines Lebens. Es zog mich magisch an, als ob es mich zu sich rufen würde. Ein Glück, dass ich in einem Dorf lebte, welches von einem Fluss umrundet wurde und nur durch eine Brücke mit dem Festland verbunden war. Das viele Wasser verlieh unserem Dorf auch den wunderschönen Namen: Dorf des Wasserspiegels. Sehr treffend, wie ich fand. Das Wasser spiegelte all das wieder, was für mich und mein Dorf wichtig war: Zusammenhalt, Stärke, Mut und Willenskraft. Wasser war unsere Quelle des Lebens.

    Glücklich legten wir uns ins Gras. Es war ein warmer Tag geworden, kein Wölkchen war am Himmel zu sehen. Nur ein leichter Wind blies mir durchs schulterlange, braune Haar und kitzelte mich leicht im Gesicht.

    „Ich liebe solche Tage", nuschelte Sota und ich konnte ihm nur zustimmen. Von der Früh bis zum Nachmittag mit meinem Bruder den Tag genießen und abends unsere Großmutter mit dem köstlichsten Essen zu feiern, solche Tage könnte es öfter geben.

    Bevor ich leicht weg döste, drehte sich Sota zu mir um: „Heute besiege ich dich!"

    „Niemals", konterte ich und musste mir ein Lachen verkneifen.

    Wir sprangen auf die Beine, suchten uns jeweils einen Stock und ließen sie über unsere Köpfe wirbeln. Ich drehte den Holzstock mit meinem Handgelenk und führte ihn so knapp wie möglich an meinem Körper vorbei. Ich folgte der Dynamik des Stockes und richtete nur die Schneidrichtung danach, wo Sota versuchte mich anzugreifen. Jeden seiner Hiebe parierte ich und ließ sie an meinen Stock abgleiten. Seit er klein war lehrte ich ihn im Stockkampf, in der Hoffnung, er würde es nie benötigen. Aber lieber können und nicht brauchen, als unvorbereitet einer Situation ausgeliefert zu sein. Sota war gut geworden, keine Frage, aber mit einem gezielten Stich an die Schulter, verlor er das Gleichgewicht und fiel ins Wasser.

    „Wer ist nun die Beste?", gab ich triumphierend an.

    „Du natürlich, nun hilf mir hoch", murmelte Sota beleidigt.

    Ich ließ den Stock fallen und reichte ihm meine rechte Hand. Ich wollte ihm gerade erklären, dass sein Fehler darin lag, dass er nicht gemerkt hatte, wie ich ihn zum Wasser getrieben hatte. Er musste aufpassen, wo er hin stieg und immer seine Umgebung im Auge behalten. Als Sota meine Hand ergriff und mich mit aller Kraft zu sich ins Wasser zog. Mit einem Lachen kniff ich ihm ins Bein und sagte lachend: „Das war fies."

    „Du bist und bleibst aber die beste Kämpferin im Dorf", grummelte Sota enttäuscht und zugleich stolz, eine solche Schwester zu haben.

    „Ich bin nicht so stark, wie die Männer im Dorf", stellte ich richtig.

    „Ja, aber du kannst am besten mit dem Stock kämpfen und verflixt schnell bist du auch noch!" Sota bemerkte, dass er mich lobte, was nun wirklich selten vorkam und blickte verlegen zur Seite.

    Im Wald neben uns, huschte irgendetwas durch die Büsche. Ich hatte keine Zeit mehr zum Reagieren, da war der Schatten schon über mir und drückte mich leicht unter Wasser.

    „Blinky, schnaufte ich, als ich wieder an die Wasseroberfläche kam. „Du kleiner, frecher Waschbär! Ich blickte in seine großen Knopfaugen und musste grinsen.

    „Ich hätte auch gern ein Haustier wie du", murmelte Sota leicht geknickt.

    „Blinky ist kein Haustier, Blinky ist mein Begleiter. Aber du weißt doch, dass er immer zu uns beiden gehören wird. Du hast mir schließlich geholfen, ihn aufzuziehen", tröstete ich ihn.

    „Aber du vergisst ihn immer", merkte Sota skeptisch an.

    „Ich wollte ihn heute Morgen nur nicht wecken", rechtfertigte ich mich, mit gespielt bösen Blick.

    Blinky war noch ganz klein als seine Mutter ihn verstoßen und ich ihn beim Wasserfall gefunden hatte. Ich verliebte mich sofort in seine Kulleraugen. Ich konnte gar nicht anders, als ihn großzuziehen. Seitdem war er mein ständiger Begleiter und ließ mich so manche einsamen Momente besser aushalten. Er erhielt seinen Namen aufgrund seiner Gabe, jedes Essen zu finden. Wenn er dies gefunden hatte, leuchteten seine Augen heller als jeder Stern am Himmel.

    „Geht es dir jetzt eigentlich besser?, fragte Sota besorgt, als wir aus dem Wasser stiegen und uns zum Ausrasten in das Gras legten. Nickend sagte ich: „Ja. Ich weiß auch nicht, warum ich schon wieder von früher geträumt habe. Ich denke, vergessen kann man das nicht so einfach.

    „Aber es ist schon sieben Jahre her", stellte Sota fest.

    „Ich weiß, aber es tut immer noch weh, wenn ich daran denke." Gedankenverloren zupfte ich am Gras.

    „Du warst neun Jahre alt, meinst du nicht, es wird Zeit es zu vergessen?"

    „Wie würdest du dich fühlen, wenn du gerade mit deinem besten Freund spielst und deine Mutter käme, um dich von ihm wegzureißen? Ich wusste damals ja nicht einmal wieso …", fuhr ich ihn schärfer an, als geplant.

    „Ich weiß, Fiffi, aber …"

    „Nichts aber!, unterbrach ich ihn. „Stell dir vor: Auf einmal konnten wir nicht mehr aus dem Dorf gehen, weil es scheinbar zu gefährlich sei. Ach früher … früher war es so schön. Wir konnten spielen und toben, mit wem und wann wir wollten. Und heute? Verärgert versuchte ich meinen Kloß im Hals hinunterzuschlucken. „Du warst noch nie außerhalb des Dorfes. Das ist nicht gerecht." Ich musste mit den Tränen kämpfen, zu tief saßen die Erinnerungen. Damals gab es noch keine Unstimmigkeiten zwischen den Dörfern.

    Das Dorf im Land des Windes wurde damals beschuldigt versucht zu haben, unser Heiliges Wasser zu stehlen. Dem Heiligen Wasser sagte man heilende Kräfte nach und es stand für den Segen, den wir erhalten hatten. Unser Fluss war immer voll von sauberem, klaren Wasser. Es gab nie einen Mangel oder schwere Krankheiten. Für uns war das kleine Gefäß das Symbol und die Verbindung mit unserem Element. Ich glaubte nicht, dass das Dorf im Land des Windes es an sich reißen wollte. Jeder wusste, wie wertvoll es für uns war. Beweise gab es damals keine und doch war jeder zu stolz, dieses große Missverständnis zu klären.

    Neys … die Erinnerungen an ihn verblassten jeden Tag etwas mehr. Nur eines blieb immer in meinen Gedanken: Seine Augen, seine wunderschönen, waldgrünen Augen.

    „Vielleicht siehst du ihn irgendwann einmal wieder", sagte Sota achselzuckend.

    „Ja vielleicht", murmelte ich und legte mich wieder zurück in das Gras und hatte nur noch Neys grüne Augen vor mir. Er war immer so lieb zu mir gewesen, von Grund auf ehrlich und dennoch so undurchschaubar. Neys … was du wohl gerade machst?

    „Ich freue mich aufs Essen heute", sagte Sota lächelnd und wechselte das Thema.

    „Als ob in deinem Kopf nur Platz für Essen wäre. Denkst du auch mal an etwas anderes, du kleiner Vielfraß? Obwohl, … ich freue mich auch schon."

    „Ganz ehrlich Schwesterchen, woran sollte ich sonst denken? Plötzlich richtete sich Sota auf und hielt seine Nase gegen den Wind. „Mhhhmmm. Es riecht so, als hätten sie schon angefangen zu braten, stellte Sota begeistert fest.

    Der Wind wehte einen verbrannten Geruch zu uns herüber. Ich musste kichern: „Ich glaube, da hat jemand etwas anbrennen lassen."

    „Wehe, das waren unsere Eltern", gluckste Sota.

    Doch der Geruch war nicht das Einzige, was der Wind zu uns herüber trug - auf einmal hörten wir einen Schrei. Augenblicklich sprang ich auf und der schlafende Waschbär fiel von meinem Bauch. Sofort fegte ich los. Den verdutzten Sota ließ ich hinter mir. Ein Schrei? Warum schrie jemand so entsetzlich? Mein Bruder erreichte mich erst am obersten Platz des Hügels. Mein Blick fiel hinunter zu unserem Dorf. Entsetzt wich ich ein paar Schritte zurück und zog Sota beschützend hinter meinen Rücken. Unser Dorf stand meterhoch in Flammen. Alles brannte!

    „Komm!", schrie Sota und riss mich aus meiner Erstarrung. Wir rannten so schnell wir konnten in unser Dorf hinunter.

    Am Dorfplatz trafen wir unsere Großmutter. Sie zitterte am ganzen Körper. Diese sonst so standhafte Frau schien völlig verloren.

    „Sota, bring dich in Sicherheit", kreischte ich ihn an. Er schrie mir noch zu, dass er Mutter suchen würde, doch das drang fast nicht mehr zu mir hindurch.

    „Was ist passiert?", rief ich meine Großmutter, gegen den Lärm des Dorfes zu.

    „Alles fing plötzlich an zu brennen … dieses Feuer … diese Flammen und dann … und dann …"

    Ich bemerkte schnell, dass meine Großmutter noch völlig unter Schock stand, drückte sie fest an mich und suchte dann meinen Vater. Gemeinsam mit anderen Dorfleuten bildeten sie eine Kette, um das Löschwasser schneller zu transportieren. Doch die Flammen waren zu mächtig, um gegen sie anzukommen.

    „Fiffi, ich habe Mama gefunden", schrie Sota aus heiterem Himmel hinter mir. Ich drehte mich und rannte zu ihnen.

    „Mutter", hauchte ich entsetzt, als sie schwankend neben Sota her ging und sich an ihn klammerte. Beide waren völlig von Russ bedeckt. Unsere Mutter hatte sogar einige kleinere Brandblasen an ihren Armen und Beinen. Sota ließ sie vorsichtig los und lehnte sie gegen einen Baum, der noch nicht völlig vom Feuer zerfressen war.

    Unsere Mutter nahm uns Kinder in den Arm und drückte uns verzweifelt an sich. Sie nuschelte uns etwas ins Haar, was ich aber nicht richtig verstehen konnte. Das war in diesem Moment aber auch nicht wichtig. Ich spürte ihre Erleichterung, dass sie uns bei sich hatte. Sota blieb bei ihr, während ich versuchte … ja was versuchte ich eigentlich? Ich fühlte mich hilflos der Situation ausgeliefert. Doch es schien nicht nur mir so zu gehen. Großmutter stand immer noch in der Mitte des Dorfplatzes. Sie hielt das kleine Gefäß um ihren Hals fest. Das Heilige Wasser, es war in Sicherheit, stellte ich erleichtert fest.

    Ich ging langsam auf sie zu, legte meine Hände auf ihre und gemeinsam beteten wir. Wir hofften, dass uns das Wasser, wie so oft seine Kraft zeigte und uns helfen würde. Alle Bewohner, die zu schwach zum Löschen des Dorfes waren, kamen zu uns. Alle berührte einander und schenkten einander Halt.

    Hoffnung war unsere stärkste Kraft. In diesem Moment bündelten sich all unsere Gedanken und Gebete und als wir in den Himmel blickten, war er von grauen Wolken übersät. In mir fing es augenblicklich an zu kribbeln und als die ersten Tropfen meine Großmutter und mich berührten, schloss ich glücklich die Augen. Von da an wusste ich es: Wir wurden erhört. Das gesamte Dorf war innerhalb von Augenblicken von Regen bedeckt. Noch nie spürte ich mehr Erleichterung, als in diesem Moment.

    Es regnete mehrere Tage hindurch und am Ende waren alle Flammen gelöscht und der Regen war verschwunden. Es würde schwer werden, das Dorf wieder aufzubauen. Zu viel wurde zerstört. Aber unser Dorf hielt auch in größter Not zusammen und ich war mir sicher, dass wir das durchstehen würden.

    An einem Abend saßen meine Familie und ich in unserem halb abgebrannten Haus und schwiegen uns an. Zu tief saß noch der Schock.

    „Vater, wie kam es zu dem Ausbruch des Feuers?", fragte ich nach einiger Zeit.

    „Das wissen wir noch nicht genau, ich weiß nur, dass wir nicht Schuld daran waren."

    „Wie meinst du das?", hakte ich nach.

    „Das Lagerfeuer war noch nicht entzündet und auch sonst gab es nichts, was so ein gewaltiges, zerstörerisches Feuer hätte entfachen können."

    „Es kam so plötzlich. Keiner hatte gesehen wo es zu brennen angefangen hatte und auf einmal stand alles in Flammen", murmelte meine Mutter.

    Wieder trat betretenes Schweigen in die kleine Runde ein. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Zu viele Überlegungen jagten durch meinen Kopf. Doch immer wieder kehrte eine Frage wie ein Bumerang zurück. Die eine Frage, die wir uns wahrscheinlich gerade alle gleichzeitig in unseren Gedanken stellten: Wie in aller Meerestiefe, konnte das nur passieren?

    „Natürlich, warum war mir das nicht schon eher in den Sinn gekommen? Das Dorf der Feuerstätte", schnaubte meine Großmutter empört auf. Unsere Blicke wanderten ruckartig zur ihr. Sie hatte die gesamte Zeit über geschwiegen, doch jetzt konnte sie ihren Hass kaum noch verbergen.

    „Das kann nicht sein. Wieso sollten sie uns so etwas antun?", fragte ich meinen Vater und schüttelte entschieden den Kopf.

    „Ist es das Dorf, welches im Vulkan liegt?" Sota schaute fragend in die Runde.

    „Ja genau, das ist es. Sein Element ist das Feuer. Die Dorfbewohner wären die Einzigen, die in der Lage gewesen wären, so ein mächtiges Feuer so plötzlich zu entfachen", murmelte unsere Großmutter.

    Es gab vier große Dörfer, jedes wurde einem Element zugeordnet: unser Dorf war das des Wasserspiegels. Neys schönes Dorf im Land des Windes, dann das Dorf der Feuerstätte und das vierte Dorf, welches sehr weit weg lag: Das Dorf im Tal der Weisen, repräsentierte das Erdelement.

    Damals, vor sieben Jahren, fing es an, dass Neys Dorf und unseres sich verachteten. Der Grund der Beschuldigungen war, dass sie unser heiliges Wasser stehlen wollten. Auch zu den anderen Dörfern hatte man danach keinen Kontakt mehr, weil sich kein Dorf auf eine Seite ziehen lassen wollte. Einem Krieg war man damals noch entgangen. Man strafte einander jedoch mit Missachtung.

    „Ich weiß nicht … ich versteh es nicht … wir haben ihnen doch nichts getan, murmelte ich verwirrt. „Warum sollten sie unser Dorf angreifen?

    „Nicht immer kann man die Gründe nachvollziehen", nuschelte Großmutter in ihre Teetasse hinein.

    „Ihr wollt euch doch nicht rächen, oder?", fragte ich meine Großmutter beunruhigt.

    „Wollen, nicht. Aber wir können so eine Zerstörung nicht unbeantwortet lassen", antwortete mein Vater zuerst.

    „Vater!, rief ich entsetzt „Warum?

    „Fiona, stell dich nicht gegen dein Dorf", warnte mich meine Mutter.

    „Ihr könnt doch kein Dorf beschuldigen, wenn ihr euch nicht sicher seid!", appellierte ich an ihre Vernunft.

    Mein Vater zeigte mit den Fingern auf die zerstörten Häuser. „Das alles hier beweist, dass wir im Recht sind", donnerte Vater mit der Faust auf den Tisch, so heftig, dass sogar einiges an Geschirr leicht zu klirren begann. Erschrocken zuckten wir zusammen. So wütend hatte ich ihn noch nie erlebt.

    „Gebt mir Zeit und ich werde euch beweisen, dass ihr Unrecht habt", sagte ich flehend. Ich wusste nicht warum, aber ich konnte nicht zulassen, dass meine Familie und mein Dorf, das Dorf der Feuerstätte, beschuldigte, so lange sie keine Beweise dafür hatten. Das wäre kein guter Zeitpunkt einen Krieg anzuzetteln. Selbst wenn, wären wir momentan viel zu geschwächt, um auch nur irgendeine Chance zu haben. Das käme einer eigenen Vernichtung gleich.

    „Warum setzt du dich für ein anderes Dorf ein? Du warst noch nie dort? Du kennst sie nicht! Woher willst du wissen, dass sie unschuldig sind?", schrie mich mein Vater wutentbrannt an. Zorn und Entrüstung funkelten in seinen Augen. Und Enttäuschung, dass ich nicht auf ihrer Seite stand und dass ich mich scheinbar gegen unser Dorf stellte. Es versetzte mir einen Stich ihn so zu sehen. Betreten blickte ich zu Boden. Doch ich wusste tief in meinem Inneren, dass es das richtige war.

    „Ich weiß es nicht. Doch im Herzen glaube ich an das Gute. Ich will wieder frei aus dem Dorf gehen können ohne Angst zu haben, angegriffen zu werden. Ich will, dass nie wieder so etwas passieren muss, wie jetzt oder wie vor sieben Jahren." Ich versuchte meinen Vater genauso anzufahren, wie er mich gerade angeschrien hatte. Doch mein Wutausbruch erstickte unter den aufkommenden Tränen.

    „Du hast es mir immer noch nicht verziehen?", fragte mich meine Mutter traurig.

    Betrübt schüttelte ich den Kopf. „Ich wollte, doch ich konnte nicht. Damals wurde mir nicht nur mein bester Freund, sondern auch ein Teil meiner Kindheit genommen. Ich lasse nicht zu, dass die Kinder heute das Gleiche durchmachen müssen und nichts anderes kennen als unser Dorf!", flüsterte ich mit zitternder Stimme.

    In diesem Moment tauchte plötzlich ein Mann im Türrahmen auf, unterbrach unseren Streit und rief tief schnaufend zu meiner Großmutter: „Verehrte Tamaya, wir haben einen Zettel mit dem Symbol des Feuerdorfes gefunden. Bitte schauen Sie sich es an." Thenis, der Gelehrte des Bäckers, kam unsicher näher und streckte meiner Großmutter den Zettel entgegen.

    Meine Großmutter stand auf und blickte in meine Augen, als sie sagte: „Siehst du es nun ein, mein Kind? Überlege dir nun sehr genau, was du tust." Mit diesen Worten folgte sie dem Mann hinaus.

    Auch wenn meine Großmutter, meine Familie und mein Dorf dieses Stück Papier als Beweis anerkannten, mich jedoch überzeugte dies noch lange nicht. Meine Entscheidung war längst gefallen. Ich wollte aufbrechen, um die wahren Schuldigen zu finden und den Frieden zurück in die Dörfer bringen. Ich konnte und wollte nicht mehr warten. Ich stand auf, ging in mein Zimmer und suchte meine Sachen zusammen. Viel war es nicht mehr, dass ich besaß. Meine gesamte Ausrüstung, meine warmen Sachen, all das war im Feuer verbrannt.

    Während ich meine Lederstiefel fester zusammenschnürte, kamen mir erste Zweifel. Sollte ich das wirklich machen? Aufregung und Unsicherheit wirbelten in meinem Bauch. Doch mein Herz und mein Kopf entschieden ausnahmsweise im Gleichklang, dass es jetzt soweit war.

    Ich war schon einige Schritte, vom Haus entfernt, als ich stehen blieb, mich doch noch einmal umdrehte und zurückblickte. Ich zuckte zusammen, als ich Sota im Türrahmen stehen sah. Ich dachte schon, er würde gleich lauthals nach unseren Eltern rufen, doch Sota nickte mir nur aufmunternd zu und reckte den Daumen nach oben. Nun wusste ich, dass er voll und ganz hinter mir stand. Er würde sich schon etwas einfallen lassen und unsere Eltern dazu zu überreden, sich noch einmal alles durch den Kopf gehen zu lassen und nicht voreilig zu reagieren oder zu verurteilen. Sota würde an dieser Aufgabe wachsen, da war ich mir sicher.

    Stolz nickte ich ihm ebenfalls zu und bevor ich es mir noch einmal anders überlegen konnte, dreht ich mich um und lief zu dem nahe gelegenen Baum. Aus einem Erdloch, dass mir als Versteck diente zog ich mein Schwert heraus. Viel zu lange lag es dort schon, geschützt vor meinem jüngeren Bruder, damit er sich nicht verletzten konnte.

    Ich zog das Katana Schwert aus seiner Scheide und betrachtete es stolz. Der Schwertgriff war mit blauen Schnüren umwickelt, so dass ich einen besseren Halt hatte. Die Klinge war dunkel, fast schwarz. Nicht so wie die anderen Schwerter meines Dorfes, aus silbernen Metall. Aber manchmal schimmerte die Klinge einzigartig blau, wenn ich mit meinem Schwert übte. Es war mein wertvollster Besitz und ein Erbstück aus längst vergangenen Generationen. Ich steckte es vorsichtig zurück in die Holzscheide und heftete es an meinen Gürtel. Mein Blick wanderte wehmütig zu meinem Haus. Welch schöne Zeiten ich darin verbracht hatte und wie schnell sich doch alles ändern konnte.

    „Blinky, wir beginnen eine Reise", sagte ich zu meinem Waschbären, der mir hinterher getrottet war. Er schaute mich kurz fragend an und kletterte dann ohne weiteren Widerstand in meinen Rucksack. Wohin ich gehen werde? Das wusste ich nicht. Ich sagte mir, dass ich einfach los gehen musste, um mein Ziel zu erreichen. Das Dorf der Feuerstätte war mein erster Punkt, an dem ich mir Antworten erhoffte.

    Ich streckte meinen Rücken durch und ging so selbstsicher wie ich nur konnte zur Brücke. Die letzte Verbindung zu meinem alten Leben. Plötzlich hörte ich die Stimmen meiner Eltern hinter mir. Mist. Verdammt! Sie hatten es also doch bemerkt. Ich wusste, sie würden versuchen, mich um jeden Preis aufzuhalten. Doch das konnte und wollte ich nicht zulassen. Halb drehte ich mich zu ihnen um, winkte ihnen mit einer Träne im Auge. „Verzeih mir, Mutter."

    Mit entschlossener Miene schritt ich voran. Endlich, nach so langer Zeit, würde ich wieder spüren wie es ist, vollkommen frei zu sein. Als ich die Brücke überschritt, überwältigte mich ein Gefühl von völliger Anspannung und Glück. Eine neue, unheimliche, aber verlockende Welt wartete auf mich.

    „WIR SEHEN UNS WIEDER, VERSPROCHEN!"

    Dieser Satz ging im gleichen Moment zwei weiteren jungen Menschen über die Lippen …

                Der Weg ins Ungewisse            

    Wie lange war es her, dass ich ganz auf mich allein gestellt war? Niemand war hier, der mich brauchte. Niemand auf den ich aufpassen sollte. Niemand der nach mir rief. Keine Aufgabe, die ich sofort erledigen musste. Niemand vor dem ich perfekt sein wollte und auch musste. Mit jedem Atemzug sog ich mehr dieser vollkommenen Freiheit ein und atmete Erleichterung aus, als würde ich wieder zu mir selbst finden.

    Blinky kroch gähnend aus meinem Rucksack und kletterte auf meine Schulter. Ich kraulte ihm sein warmes, zottiges Fell. „Mit dir werde ich mich niemals einsam fühlen."

    Es war ein schöner sonniger Tag. Einzelne Wolken zogen am Himmel vorbei, doch die Sonnenstrahlen leuchteten mir warm ins Gesicht. Mein Weg führte durch Wälder hindurch, immer wieder machten wir Halt, um durchzuatmen, Beeren vom Wegrand zu naschen oder um uns in den Bächen zu erfrischen. Es fühlte sich alles so vollkommen an, dass ich unvorsichtig wurde.

    Blinky und ich hatten gerade eine Lichtung erreicht, als mich der Geruch von einem Lagerfeuer innehalten ließ. Schnell versteckte ich mich hinter einen Baum und lugte vorsichtig hervor. Ein schwarzes Zelt war mitten auf der Waldlichtung aufgebaut worden. Doch es war nicht irgendein schwarzes Zelt, es war das schwarze Zelt.

    Mein Puls begann sich sofort zu beschleunigen. Dieses Zelt gehörte Dào und seinen bösen Handlangern. Dào galt als der Schrecken aller Dörfer. Soweit ich mich erinnerte, waren es drei Männer, die durch die Gegend streiften und überall wo sie waren für Unruhe sorgten. Sie waren Räuber und überfielen alle, die ihren Weg kreuzten. Vorsichtig schaute ich aus meinem Versteck hervor, doch ich konnte niemanden entdecken. Waren sie im Zelt? Konnte ich darauf hoffen, dass sie gerade nicht da waren? Aber warum brannte dann ein Lagerfeuer? Gedanken stürmten in meinen Kopf umher. Was sollte ich tun? Hätte ich eine Chance gegen drei brutale Männer? Was würden sie machen, wenn sie mich entdeckten?

    Ich bückte mich und schlich von meinem Baum zum nächsten Busch, die rechte Hand an meinem Schwertgriff gelegt. Nur nicht zu laut sein, mahnte ich mich. Erschrocken fuhr ich zusammen und blickte mich panisch nach allen Seiten um, als ich hörte, wie das Holz knackte.

    War ich das? Oder war es doch hinter mir? Automatisch hielt ich die Luft an und mein Herz raste. Im Schatten eines Baumes drängt ich mich an den Stamm und sah mich zögernd um. Wenn ich weiterging, würde ich den Schutz der Bäume verlieren. Ruhelos schweifte mein Blick über die Lichtung, nichts zu erkennen – doch da! Ich spürte eine Bewegung im Unterholz. Ganz in der Nähe. Bei allen stinkenden Waschbär-Pupsen, ich war nicht alleine! Meine Hand lag immer noch auf dem blauen Schwertgriff. Irgendwer war in der Nähe. Ich konnte seine Atemzüge beinahe hören. Hatten sie mich entdeckt?

    Die Geräusche verstummten. Schlagartig war es ganz still im Wald. Zu still. Das gefiel mir ganz und gar nicht. Gänsehaut überzog meinen Körper. Sie waren in der Nähe. Ich konnte sie spüren. Plötzlich fasste eine Hand nach mir, ich zog meinen Ellenbogen nach oben, sodass ich die Hand weghebelte und machte einen Sprung zurück. Während ich noch auf die Seite sprang, zog ich mein Schwert und schaffte so eine Distanz zwischen mir und dem Angreifer. Dieser wich überrascht zurück und brüllte: „Hier ist ein Mädchen, Dào!" Rasche Schritte hallten durch den Wald.

    Ich musste hier weg!

    Mein Fluchtinstinkt ließ mich abdrehen. Noch ehe der Mann reagieren konnte, lief ich los. Ich sprang über Wurzeln, duckte mich unter Ästen und ignorierte den stechenden Schmerz in meiner Lunge. Ein Versteck! Es musste ein Versteck her. Ich konnte ihnen nicht ewig davonlaufen. Ich hörte ihre Rufe. Sie waren dicht hinter mir. Wie lange es wohl noch dauerte, bis sie mich erreichten?

    Mit verzweifeltem Blick suchte ich meine Umgebung ab. Wie sollte ich mich verstecken, wenn sie mir so dicht folgten. Als ich gerade zurückblickte, um abzuschätzen, wie weit

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