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Die Beziehungswette: Stefan und die Frauen
Die Beziehungswette: Stefan und die Frauen
Die Beziehungswette: Stefan und die Frauen
eBook332 Seiten4 Stunden

Die Beziehungswette: Stefan und die Frauen

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Über dieses E-Book

Nachdem sich seine Freundin von ihm getrennt hat, ist der 30-jährige Stefan nun Single.
Seine Freunde Hannes und Max wollen ihn aufmuntern und schließen eine Wette mit ihm ab. Stefan hat ein Jahr Zeit, um in einer festen Beziehung zu sein. Schafft er es nicht, bezahlt er ein komplettes Partywochenende zu dritt auf der Reeperbahn. Doch es ist schwierig, eine passende Frau zu finden.
In den nächsten Monaten lernt Stefan viele Frauen kennen. Dabei erfährt er nicht nur mehr über Frauen, sondern auch viel über sich selbst.
Doch wird er am Ende die Wette gewinnen und die Liebe finden?
SpracheDeutsch
Herausgebernet-Verlag
Erscheinungsdatum14. Feb. 2024
ISBN9783957203984
Die Beziehungswette: Stefan und die Frauen
Autor

Jan Ischke

Jan Ischke, der 1985 in Mecklenburg-Vorpommern geborene Bücherwurm, zog schon vor Jahren, durch seinen Humor und seine sympathische Art, Leser und Zuhörer in seinen Bann. Seit 2010 wohnt er in Bremen, schreibt und veröffentlicht Gedichte, Kurzgeschichten und Romane. Er ist sportlich aktiv und nimmt regelmäßig an Laufveranstaltungen teil. Dabei kommen ihm viele Ideen. Da wird selbst der Tod schon einmal auf die Schippe genommen, was in seinem Buch »Tod Mord Sport« nachzulesen ist. Zwei Geschichten daraus wurden in einem däni-schen Schulbuch veröffentlicht. In seinem neuesten Werk, dem Männerroman »Die Beziehungswette – Stefan und die Frauen« nimmt er das Kennenlernen, die Liebe und Beziehungsprobleme zwischen Mann und Frau aufs Korn. www.jan-ischke.de

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    Buchvorschau

    Die Beziehungswette - Jan Ischke

    Das Ende

    Der Weg zu meiner Traumfrau fing mit einer Trennung an. Damals war ich noch ganz anders: oberflächlich und dumm. Ich wusste nicht, worauf es wirklich ankommt. Für einige Dinge entschuldige ich mich schon jetzt. Es gibt nicht viel, was ich richtig gut beherrsche, aber im Verbocken bin ich weltspitze. Und spätestens, wenn man auf der Damentoilette sitzt und Angst hat herauszugehen, ist es Zeit, über ein paar grundsätzliche Dinge nachzudenken. Aber ich erzähle der Reihe nach …

    Die Idee kam, wie so oft, von Helena. Wir trafen uns um 21 Uhr am Werdersee. Leichter Nieselregen umhüllte uns mehr, als dass er tatsächlich auf meinem Gesicht landete. Es waren keine wirklichen Tropfen, trotzdem war es unangenehm nass. Und kalt. Ich schloss mein Fahrrad ab und schaute skeptisch aufs Wasser. Was tat ich nur alles für diese Frau? Gut, dass sie sonst nicht viel verlangte.

    »Wollen wir das jetzt wirklich?«

    »Ach, Stefan.« Sie hielt ihre Hand auf und schaute zum Himmel. »Nass sind wir doch so oder so schon.« Sie lächelte mich an und zog sich aus.

    Ich sah nur noch ihren kleinen, süßen Po. Sie breitete die Arme aus und rannte los. Dabei schwang ihre Hüfte so verführerisch von der einen zur anderen Seite, als ob sie in Zeitlupe lief. Den Sprung ins kalte Nass des Werdersees hörte ich, bevor ich ihn mit meinen Augen verarbeitet hatte. Ich schüttelte meinen Kopf kurz in die Realität zurück. Während sich Helena nach zwei, drei Schritten schon lang ins Wasser legte, brauchte ich ein paar Minuten länger.

    Während ich mich auszog, ließ ich notgedrungen den Blick über meinen Körper wandern. Ich hatte eine halbwegs normale, nicht gerade sportliche Figur, und um meine Hüften hatten sich im Laufe der Jahre einige Kilos angesiedelt. Alles in allem fand ich mein Aussehen ziemlich durchschnittlich.

    Helena schwamm bereits und spritzte mir Wasser zu, während ich langsam ins Wasser stieg.

    »Hey, dafür gibt es Hotels!«, rief mir kopfschüttelnd ein älterer Mann auf einem Fahrrad zu. Eilig verdeckte ich mit beiden Händen meinen Intimbereich, obwohl das Wasser diesen bereits bedeckte. Der Radler fuhr weiter; ich war peinlich berührt und Helena lachte.

    »Na komm schon! – Los, du Landratte. – Du kriegst mich nicht!«

    Ich drehte mich wieder zu ihr und bekam am ganzen Körper eine krasse Gänsehaut. »Aber nur kurz.«

    »Bewege dich, dann wird dir wärmer.«

    Wir schwammen nicht nur im kalten Wasser, sondern plantschten auch herum und hatten einen wirklich schönen Abend. Helena tauchte um mich herum. Das Wasser wurde mir von Minute zu Minute wärmer. Ein paar Grillen spielten Geige mit ihren Hinterbeinen, und auf der gegenüberliegenden Uferseite schnatterte eine Entenmutter.

    Helena nahm mich in den Arm. Wir küssten uns oberhalb vom Wasser und gaben uns Streicheleinheiten darunter. Meine angeschwollene Härte stieß mehrmals gegen ihre Beine.

    Helena lächelte zwar wissend, ließ mich aber nicht weitergehen.

    Ich lernte Helena keine 24 Stunden nach meinem dreißigsten Geburtstag kennen. Ich schwamm gerade in der Schwimmhalle des Schlossparkbads, als sie plötzlich neben mir auftauchte, im wahrsten Sinne des Wortes. Sie lächelte und fing ein Gespräch mit mir an.

    Ich hatte noch einen leichten Kater, aber erkannte genau, dass sie keine Gal Gadot, Mila Kunis oder Natalie Portman war, nicht einmal eine Laura Wontorra, aber ich konnte ihren langen nassen Haaren nicht widerstehen. Sie hatte außerdem eine prima Figur und einen hammermäßigen Hintern. Wir verabredeten uns öfter zum gemeinsamen Schwimmen. Es lief eine ganze Zeit lang gut. Wir verstanden uns super. Wir schwammen viel zusammen, redeten dabei und trafen uns auch zwei, drei Mal beim jeweils anderen zu Hause. Helena hatte die Realschule und ich das Abitur abgeschlossen.

    Schneller, als ich gucken konnte, waren wir zusammen und gaben auch ein ziemlich gutes Pärchen ab, sodass man uns bald Steflena nannte. Ihre leichte Verrücktheit und mein analytischer Verstand ergänzten sich super. Die Chemie stimmte.

    Sie hatte Beine bis zum Himmel. Na ja, eher bis zu einem Hibiskusstrauch, aber das war in Ordnung. Ich konnte nie viel mit zu großen Frauen anfangen. Da ich vielleicht der Größte, aber nicht der Höchste war, mochte ich kleinere Frauen.

    Ich liebte es, mit Helena im Bett in Löffelchenstellung zu kuscheln, und auch, wie wir uns dabei mit unseren Füßen gegenseitig kitzelten.

    Wenn wir uns gegenübersaßen, passierte es schnell, dass wir unterm Tisch füßelten. Sie hatte die schönsten und längsten kurzen Beine, die ich je gesehen hatte.

    Aber nach ein paar Wochen war die Luft ziemlich schnell raus. Ich fand Schwimmen immer langweiliger und schwamm eh nur noch, wenn Helena dabei war. Oft waren auch nervige Kinder im Schwimmbad, die grölten, herumliefen und Fangen spielten. Wie sollte ich da denn in Ruhe schwimmen?

    Während Helena den Kindern amüsiert hinterherlächelte, rollte ich nur mit den Augen. Ich hätte die kleinen Plagegeister lieber lange untergetaucht, während Helena viel zu verständnisvoll zu den Schreihälsen war.

    Wenn wir einander besuchten, wollte ich sie küssen oder mit ihr ins Bett. Helena machte lieber noch schnell den Haushalt oder lernte für die Arbeit als Rechtsfachwirtin. Widerwillig ließ sie sich aber oft von mir überreden, auf die Fernsehcouch zu kommen. Wir zappten durch das Fernsehprogramm, fanden allerdings selten gute Unterhaltung, die uns beide interessierte.

    Irgendwann war unser Wochenhighlight der gemeinsame Großeinkauf mit ihrem Auto. Auch die Gespräche wurden einsilbiger.

    »Wie war es auf der Arbeit?«, fragte sie mich oft auf der Couch.

    »Gut. Und bei dir?«, antwortete ich, ohne großes Interesse und zum Fernseher schauend.

    »Auch gut.«

    Das Nacktbaden im Werdersee gab uns einen erfrischenden Beziehungsaufschwung.

    Als wir zwei Stunden später wieder zu Hause waren, die Unterwäsche hatten wir gleich ausgelassen, lachten wir noch immer über den Ausflug und waren froh, das Abenteuer gewagt zu haben. Wir nahmen uns vor, so etwas Verrücktes nun öfter zu machen. Aber zunächst gingen wir schlafen.

    Ich war so schön müde, und als mir gerade die Augen zufielen, kam Helena nackt aus dem Badezimmer. Augenblicklich war meine Müdigkeit verschwunden. Sie schaltete das Licht aus und schlüpfte zu mir unter die Decke. Es blieb nicht beim Kuscheln. Ich lag unter ihr, und sie ritt mich mit ihrem wundervollen Körper. Ihre Brust war weich und voll und passte genau in meine Hand. Ihre weichen Lippen lagen eng um meinen Stefano. Es war schön, und trotzdem wollte ich die Stimmung noch etwas aufheitern.

    »Rauf und runter. Vor und zurück. Du weißt auch nicht, was du willst. Nun entscheide dich doch mal, Helena!« Ich freute mich über meinen Witz, doch sie lächelte seltsamerweise nicht einmal.

    »Hannes hätte sich schlappgelacht«, erklärte ich mich.

    Helena schaute mich nur seltsam an. Aber da sie weiterritt, dachte ich mir nichts dabei. Außerdem kam ich nach vier Minuten zum Höhepunkt.

    Doch die Aufregung, splitterfasernackt zu schwimmen, und die anschließende Fortsetzung zu Hause war nach wenigen Tagen bereits vorbei. Der Alltag hatte uns wieder eingeholt. Das ganz normale Schwimmen wurde noch langweiliger, und irgendwann mochte ich überhaupt nicht mehr ins Schwimmbad gehen. Etwas Verrücktes taten wir auch nicht.

    Helena hatte nichts Neues mehr zu erzählen, was mich interessierte, und mir fiel nichts mehr ein, was ich fragen konnte. Fast wie bei meinen Großeltern früher.

    Mein Leben war im Vergleich zu Helenas Leben nun wirklich nicht spannend. Arbeiten in der Woche und trinken am Wochenende. Während sie morgens bereits herumwirbelte, lag ich noch im Bett. Somit war nach acht Wochen schon wieder Schluss. Um genau zu sein: nach zwei Monaten, 3 Tagen und 15 Stunden. Dann beendete Helena die Beziehung.

    Ihre dreiminütige Rede fasse ich mit diesen Worten zusammen: »Stefan, du bist ein überdurchschnittlich attraktiver und sympathischer Mann mit Humor. Ich mag dich, aber irgendwie passt es nicht zwischen uns. Ich sehe keine Zukunft für uns. Wir leben beide in verschiedenen Welten. Du weißt gar nicht, wie gut du es mit mir hast. Ich konzentriere mich jetzt auf mich und meine Arbeit.«

    Ich vermutete, dass ich ihr zu langweilig geworden war. Aber dass ich nicht wüsste, wie gut ich es mit ihr habe, war gelogen. Sie machte in der Tat viel. Nicht nur tollen Sex, sondern half auch immer beim Haushalt mit, wenn sie bei mir war. Aber das konnte ich ihr natürlich nicht sagen. Stattdessen markierte ich den Coolen und sagte nur: »Du machst Schluss mit mir? Wow! Krass!«

    »Ist das alles, was du mir zu sagen hast? Nach zwei Monaten Beziehung? Nun gut, ich werde dich nicht zwingen, dein Leben zu leben«, erwiderte Helena.

    »Nein, natürlich ist das nicht alles.« So langsam dämmerte es mir doch noch. »Gibt es einen anderen?«

    Sie schüttelte den Kopf, wobei ich mir nicht sicher bin, ob das eine Antwort war, jedenfalls packte sie ihre Sachen zusammen und verließ die Wohnung.

    Ich rief ihr noch hinterher: »Also gut, dann war es das!«

    Sie brachte mir am nächsten Tag meine Sachen, die noch bei ihr waren, bis an die Wohnungstür. Damit war es vorbei. Einfach so. Ich nahm es hin und kämpfte nicht.

    Helena passte sowieso nicht zu mir: Ihre Lippen fand ich immer schon ein bisschen zu dünn, ihre Nase war nicht ganz gerade und ein wenig zu groß.

    Eine Stunde später war ich am Boden zerstört. Sie war nicht meine erste Frau, aber die erste meiner wenigen Frauen, die sich von mir trennte und nicht umgekehrt. Meine Schultern bebten, aber über meine Lippen kam kein Ton. Es hat nie jemand gesagt, wie schmerzhaft es ist, stumm zu weinen.

    Ich überdachte mein Leben. Ich war 30 Jahre alt. Ein Alter, in dem meine Eltern damals schon Eltern waren. Und ich? Ich hatte wenig Glück mit den Frauen. Ich war noch immer Single. Ein Single, der bald mal wieder den Abwasch machen musste. Die Erkenntnis darüber, in welcher verzweifelten Lage ich mich befand, traf mich mit solch einer Wucht, bis die Tränen aus mir herausbrachen.

    Zwei Nächte später.

    Ich füllte meine innere Leere und meinen Magen mit reichlich Alkohol und hatte dabei ein klitzekleines bisschen über die Stränge geschlagen. Torkelnd schwankte ich durch die kalte, dunkle Nacht, als mir eine super Idee kam. Ich nahm mein Handy und rief Helena an. Ich wollte ihr sagen, dass ich sie doch liebe. Gerade jetzt vor dem Erotikshop wurde mir das klar.

    Nach dem zwanzigsten Klingelzeichen – ja, mein Wille war standfest, im Gegensatz zu meinem Gleichgewichtssinn – hörte ich nichts mehr. Kein Klingeln, kein Anrufbeantworter, keine Helena. Seltsam.

    Ich versuchte es noch einmal. Und noch einmal. Fünf weitere Anrufe brachten keinen Erfolg. War ihr Akku leer? Sie würde zurückrufen. Ganz sicher würde sie zurückrufen. Ich schrieb ihr eine WhatsApp-Nachricht. Seltsam. Eben sah ich ihr Gesicht noch ganz klar vor mir, und nun war ihr Profilfoto verschwunden.

    Sechs Nächte später.

    Schweißgebadet wachte ich auf. Das Display des Radioweckers auf meinem Nachttisch zeigte mit rot leuchtenden Zahlen 2:41 an. Ich träumte, Helena schubste mich von einem Zwanzig-Meter-Brett hinunter, doch im Becken war kein Wasser. Doch das war nur ein Traum. Gleichzeitig mit dieser Erkenntnis kam die Erinnerung zurück. Draußen klopfte der Regen gegen mein Fenster. Oh trauriges, verregnetes Bremen. Roch es hier nicht nach Helena?

    Ich konnte nicht mehr einschlafen und wälzte mich im Bett vom Rücken auf die Seite, von der Seite auf den Bauch.

    Mir war heiß und ich musste pinkeln. Außerdem hatte ich eine Erektion. Das war nicht verwunderlich, schließlich träumte ich von Helena.

    Nackt, bis auf die Unterhose, schlurfte ich zum Klo. Dabei kam ich an der Küche vorbei. Zu meiner Verblüffung lag Helena dort lang ausgestreckt auf der Arbeitsplatte. Nein, mein Fehler, es war nur der liegengebliebene Abwasch, der im Dunkeln in seiner Gesamtheit aussah wie Helena.

    Sie hatte noch immer nicht zurückgerufen.

    Neben dem Abwasch sah ich ein altes Vollkornbrot auf dem Küchentisch liegen. Ich verzichtete darauf, es zu bestreichen, griff zu, biss in den Kanten rein und spülte es mit einem benutzten Glas Wasser nach.

    Ich latschte weiter zum Pinkeln, dabei hörte ich meinen Nachbarn stöhnen. Mal wieder. Vor zwei Nächten wachte ich auch von seinem Stöhnen auf. Ich fand danach keine Ruhe mehr und blieb bis zum Morgen wach. Mit vielen kranken Bildern im Kopf.

    Generell lag ich in den letzten Nächten viele Stunden wach und wälzte mich hin und her und dachte an Helena. Nächte voll mit dumpfem Schmerz und auf alte Handyfotos starrend. Sie war nicht meine erste Frau, aber die erste, mit der ich es mir vorstellen konnte.

    Dieses Mal hörte ich zum Stöhnen meines Nachbarn noch eine Frau. Da stand ich nun urinierend vor der Kloschüssel und überlegte, wann ich das letzte Mal Sex hatte. Vor genau acht Nächten und es fehlte mir schon jetzt.

    Die Frau beim Nachbarn hatte eine unwahrscheinlich schöne Stimme. Soweit ich das durch eine Betonwand einschätzen konnte, und auch, wenn ich immer nur das eine kleine Wort hörte: JA.

    Ich stellte mir diese Frau vor, ihr Hintern und ihr Busen und ihre Stimme, wenn sie immer wieder meinen Namen stöhnte oder schrie – und spritzte ab.

    Ich fühlte mich allein und zum ersten Mal stellte ich mir konkret die Frage, was zum Teufel ich hier eigentlich machte. Es war traurig. Ich ging ans Waschbecken, warf mir mit vollen Händen Wasser ins Gesicht und spülte damit jede Spur von Tränen davon. Zurück im Bett jammerte ich mich in einen unruhigen Schlaf.

    Discobesuch

    Ich beriet mich mit meinen beiden besten Freunden: Hannes und Max. Beide waren in meinem Alter, aber auch noch immer Single.

    Wir trafen uns Freitagabend auf einen Kasten Krombacher, um mein erneutes Singledasein zu betrinken.

    Als ich die Tür öffnete, hielt mir der mal wieder viel zu gut angezogene Hannes gleich am Eingang grinsend eine Zigarre in mein Gesicht. Wie fast immer trug er einen Anzug. Vermutlich hatte er sich vor Jahren einen 10er- oder 50er-Pack gekauft. Sein Kleidungsstil war schon immer gehobener, nur an seinen neuen Vollbart musste ich mich noch gewöhnen.

    »Alter, Stefan, das müssen wir feiern. Auf deine zurückgewonnenen Freiheiten!«

    Max hingegen sah es eher als einen Trostumtrunk an. Er legte mir die Hand auf meine linke Schulter, sah mich mit traurigem Gesichtsausdruck an und drückte mich. Von uns dreien war Max der Romantischste. Er begegnete seinen Frauen immer frisch rasiert und mit Hemd. Außerdem mit Champagner, Rosen, Konfekt sowie Anstand, Respekt und Ritterlichkeit, doch dann kam Hannes und nahm ihn unter seine Fittiche. Max war ihm zu zurückhaltend und schüchtern. Danach ließ er sich etwas gehen, hauptsächlich charakterlich. Dennoch war Max von uns der Anständigste.

    Wenn ich meine beiden Freunde beschreiben soll, vergleiche ich sie gerne mit dem Engelchen und dem Teufelchen auf meinen Schultern.

    »Stefan, du siehst miserabel aus. Dunkle Augenringe und auf der Stirn neue Falten.«

    »Ja, sorry, dass ich gerade so scheiße aussehe.«

    »Kein Ding, mein Bester, so siehst du ja sonst auch aus.« Damit boxte er mich etwas schmerzvoll und mit einem Grinsen auf den Oberarm. »Aber ehrlich, wie sieht das denn hier aus?« Hannes schaute sich leicht angewidert um und sog ein wenig Luft durch die Nase. »Du musst unbedingt mal den Abwasch machen. Es müffelt und die ersten Fliegen stapeln sich schon an der Decke.«

    Wir setzten uns gegenüber und hatten nach einer Stunde bereits die halbe Kiste leer, da meinte Hannes: »Stefan, so geht es nicht weiter. Du siehst aus wie ›7-Tage-Regenwetter‹. Und dazu deine graue Freizeithose; fehlt nur noch, dass du im weißen Unterhemd die Tür aufmachst. Dabei steht dir die Welt wieder offen. Endlich wieder bei offener Tür auf dem Thron sitzen. Du musst unbedingt raus aus deiner Bude und wieder unter Leute! – Ich hab’s: Wir gehen jetzt in die Disco!«

    »Was? Stefan ist noch ein Wrack, hast du doch gesehen. Wieso soll er jetzt in die Disco?«

    »Nicht nur er, sondern wir alle. Auch du, Max!«

    Während die beiden sich stritten, was für mich das Beste war, sah ich an mir herunter. Es stimmte, was Hannes meinte: Ich trug einen Schlabberlook, und mein Astralkörper war stellenweise zu ›aufgepolstert‹.

    »Und wenn Helena genau dann zurückruft?«

    »Natürlich wird sie zurückrufen, du Idiot. Die kriegt sich schon wieder ein. Glaub mir, ich kenne die Frauen. Allerdings bin ich ich und du bist du. Nimm einfach dein Handy mit.«

    »Lass ihn doch erst mal zur Ruhe kommen. Eine mentale Pause. Sich und sein Ego wieder stärken.«

    »Ach, nichts da Pause! Wie lange wart ihr zusammen? Zwei Monate? Das ist nichts!«

    »Immerhin viele Wochen mehr als du jemals mit einer Frau zusammen warst, Hannes.«

    »Halt die Klappe, Max. Ich bin zufrieden und es geht nicht um mich. Stefan, Helena war eine Frau, die auf schmutzige Sachen steht und man trotzdem seiner Mutter vorstellen kann, doch jetzt schauen wir der Wahrheit mal ins Gesicht: Sie hat dich vermutlich schon vergessen. Du musst das Loch in dir mit einer neuen Frau füllen und auch ihr Loch. Und Frauen findet man am besten in der Disco.«

    »Hannes, wie stellst du dir das vor? Ich habe noch nicht einmal ein Ausgeh-Outfit an, weil ich dachte, wir bleiben hier. Und was soll ich mit einer anderen Frau?« Ich nahm einen kräftigen Schluck aus meiner Flasche. »Jetzt sitze ich hier mit euch und bin mir nicht einmal sicher, ob ich sie vermisse oder bloß die Gefühle im Allgemeinen, denn ich fühle nicht so intensiv wie früher.«

    »Oh Gott, gib mir Kraft, jetzt fängt er auch noch an zu sinnieren. Du musst definitiv hier raus.« Hannes gab Max ein Zeichen, woraufhin beide aufstanden und mich hochzogen. »Du rasierst dich jetzt erst mal und machst irgendwas mit deinen Haaren. Wir suchen dir etwas zum Anziehen raus.«

    Während ich mich widerwillig im Bad fertig machte, hörte ich die Stimmen aus dem Schlafzimmer. »Wo ist sein Anzug?«

    »Es hat ja nicht jeder einen Anzug zu jeder Tageszeit an wie du.«

    »Wenn das das kleinste Problem ist, bekommt er mein Jackett einfach über sein Shirt und fertig. Nur eine ordentliche Hose müssen wir noch finden.«

    Ich rief aus dem Badezimmer: »Als ob mir dein Jackett passt! Da bin ich vier Nummern zu schmal für.«

    Hannes rief zurück: »Das lass mal unsere Sorge sein. Und du vergiss nicht, dir die Zähne zu putzen.«

    Plötzlich stand Max in der Tür. »Stefan, was meinst du? Lieber entspannt hierbleiben?« Max bekam wohl Zweifel.

    »Nichts da, entspannt hierbleiben!« Hannes kam nun ebenfalls dazu. »Die Zeiten, als ihr traurig die Bravo gelesen und Dr. Sommer angeschrieben habt, sind vorbei! Nun heißt es ›Von der Piste in die Kiste!‹ Einfacher findest du keine Frau.«

    Ich schaute auf die Zahnbürste in meiner Hand und meine Freizeithose. Ich hatte keine Energie, um mich groß dagegen zu wehren, mit meinen Freunden Party zu machen. Mir war alles egal, und Hannes trug sowieso schon neue Jeans und ein flottes Sportsakko.

    »Nein, wir gehen tanzen!«

    Hannes grinste breit. Max bekam ein Hemd von mir, denn wir hatten die gleiche Größe, und ich zog mich auch noch fix um.

    So standen wir eine Stunde später in einer Großraumdisco in der Bremer Innenstadt. Ein Ort für alle Möglichkeiten, der wilden Schamlosigkeit und der gierigen Verzweiflung. Während der Bass aus den Lautsprechern dröhnte und die Tanzfläche beschallte, standen wir an der Bar, jeder ein Bier in der Hand.

    »Alter, hier sind schon ein paar heiße Weiber dabei. Stefan, hast du schon ein passendes, hübsches Häschen für dich gefunden? – Stefan? Erde an Stefan.«

    Ich schaute nur traurig auf den Boden und nahm die Frauen überhaupt nicht wahr.

    »Jaja, ein, zwei.« Ich schaute kurz hoch und zeigte mit dem Kopf auf die erstbeste Frau. »Die da zum Beispiel.«

    »Die Giraffe da? Die hat doch Stelzenbeine.«

    Trotzdem griff er fest in mein Shirt, zog mich sofort zu ihr hin und fragte sie: »Hey, kennst du schon Stefan?« und zeigte auf mich.

    Sie schaute mich erst abschätzend, dann herabschätzend an, meinte dann »Nein« und drehte sich wieder weg.

    Hannes musste schmunzeln. »Okay, welche noch?«

    Bevor nun eine Diskussion losging, erwiderte ich schnell: »Geht ihr schon mal tanzen, ich brauche noch einen Moment.«

    Die beiden blickten zu mir, stießen mit ihren Getränken noch mal an und gingen auf die Tanzfläche. Ich war kein besonders guter Tänzer und bewegte mich normalerweise recht steif.

    Ich sah ihnen nach, als eine Frau mit zwei Bechern Cola durch mein Sichtfeld ging. Es war nicht Helena, das sah ich sofort, trotzdem erinnerte sie mich an sie. Die Cola-Becher waren ihre Sonnenbrille, dazu kam die blasse Haut, die nun durch die hellen Scheinwerfer fast leuchteten.

    Ich schloss kurz die Augen. Ich hätte wirklich mehr um Helena kämpfen müssen, und nun bin ich schon so alt. 30 Jahre.

    Ich dachte weiter über Helena nach. Ich dachte über Frauen nach. Ich dachte über mich nach. Doch weit kam ich nicht.

    »Na, Kleiner? Auch nicht deine Musik? Was schaust du denn so gedankenverloren auf dein Bier?«

    Eine große, schlankgewachsene Brünette stand neben mir an der Bar und schaute mich interessiert an. Sie wartete wohl auf den Barkeeper, der gerade beschäftigt war.

    »Ach nichts.«

    »Nichts? Das ist doch super. Hast du zufällig Feuer für mich oder magst du mir ein Bierchen ausgeben? Mein Freund hat mich heute verlassen und die anderen Männer da auf dem Dancefloor sind doch alle scheiße.« Sie lallte etwas und nickte zur Tanzfläche.

    Ich sah mittendrin kurz auch Hannes und Max tanzen.

    »Na dann herzlich willkommen im Club. Meine Freundin hat mich letztes Wochenende verlassen, und meine Jungs denken, dass sie mich hier ablenken können. Da ich Nichtraucher bin, habe ich kein Feuer für dich. Aber ein Bierchen kann ich dir ausgeben. Dann ist mein Geld schneller weg, und ich kann nach Hause.«

    Ich bestellte nebenbei per Handzeichen zwei neue Biere. Meine Flasche war fast leer.

    »Du bist auch frischer Single? Cool. Ich bin übrigens Victoria, aber alle sagen Vicki.«

    So kamen wir ins Gespräch. Wir stießen mit unseren neuen Flaschen an, und Vicki bedankte sich. Sie haute daraufhin nicht ab, wie ich es erwartete, denn sie hatte ja nun ihr Freigetränk, sondern blieb bei mir, sodass wir uns noch etwa zehn Minuten unterhielten. Das Gespräch war recht oberflächlich, aber wir wollten beide nichts Tiefgründiges erzählen. Außerdem hatten wir auch schon ordentlich einen im Tee.

    »Du scheinst kein Idiot wie die anderen zu sein. Hast du Bock auf eine schnelle Nummer? Ohne Nachspiel? Einfach so fürs Ego?«

    Ich schaute sie erschrocken an. »Meinst du wirklich …?«

    Sie lachte. »Ja, das meine ich. Ich brauch das jetzt, und du wohl auch. In zehn Minuten vor der Damentoilette. Einverstanden?« Wie zur Untermalung ihres Vorschlags streckte sie ihren Rücken gerade, sodass ich ihren Busen besser sehen konnte. Sie waren voll und rund. Ich glaube, selbst, wenn ich wollte, hätte ich es nicht geschafft »Nein« zu sagen.

    Ein letzter Versuch, etwas nicht zu tun, was ich aber eigentlich wollte, kam noch von mir: »Aber wir kennen uns doch gar nicht. Ich hatte noch

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