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Gestern-Heute-Morgen: ... und dann eines Tages
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Gestern-Heute-Morgen: ... und dann eines Tages
eBook309 Seiten4 Stunden

Gestern-Heute-Morgen: ... und dann eines Tages

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Über dieses E-Book

War doch alles nur ein Zufall gewesen? Ein ungewöhnliches, einmaliges Erlebnis, durch ein Versehen der Natur verursacht? Warum aber dann wieder dieser Rücksprung in die moderne Zeit, wenn der Zustand noch der gleiche war? Auch das nur ein zufälliges Ereignis? Oder geschah in der Tat auf dieser Welt nichts ohne Grund und ich hatte einfach nur auf die Lösung zu warten?
Wo konnte ich hier in der neuen Zeit diese Frau finden, mit der ich das Glück leben konnte, das ich im Mittelalter erfuhr? Würde sie mir noch über den Weg laufen? Oder sollte ich nach ihr suchen? Aber wo mit der Suche beginnen? War ich einfach nur zu ungeduldig?
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum7. Juli 2021
ISBN9783347214415
Gestern-Heute-Morgen: ... und dann eines Tages
Autor

Joachim Schmidt

Der Autor: Joachim Schmidt, Jahrgang 1944, Techniker, Sport- und Werklehrer, staatl. gepr. Masseur, Akupunktmassage Therapeut, Shiatsu- und Atemtherapeut, Er schrieb mehrere mittelalterliche, mystische Liebes-Romane zur Zeit des Ulmer Münsterbaues. Er lebt heute alleine in Wiblingen bei Ulm. Ehemalige Freizeitgestaltung: Kajak fahren, Klettern, Wandern, Reisen und unterrichtete über 20 Jahre eine Mischung aus Yoga, Tai Chi, Qi Gong und herkömmliche Gymnastik. Er ist offen für Gespräche aus dem zwischenmenschlichen Bereich.

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    Buchvorschau

    Gestern-Heute-Morgen - Joachim Schmidt

    Gestern – Heute - Morgen

    Vor sieben Jahren kehrte ich von meiner Reise ins Mittelalter wieder in die heutige, digitale Zeit zurück. Damals dachte ich, es sei hoffentlich wie schon so oft nur ein kurzer Ausflug, denn ich liebte inzwischen diesen Aufenthalt im 14. Jahrhundert, doch dann dauerte das Warten auf die Rückkehr immer länger. Minuten dehnten sich zu Stunden und die Stunden zu Tagen, Monaten und Jahren. Ich war verzweifelt. Endlich waren Lis und ich ein Paar geworden und dann alles von einem Augenblick auf den anderen wieder vorbei. Warum?

    Ich habe es nicht gezählt, wie oft ich die Stelle auf der Stadtmauer am Fluss besuchte, an welcher der Zeitsprung ins Mittelalter stattgefunden hatte. Immer mit der Hoffnung, dieses Mal würde es bestimmt wieder klappen. Ich wollte, dass es passierte, ich sehnte mich zurück zu Lis, zu meiner Schwester Resa, meiner Mutter, meiner Töpferei, aber nichts geschah.

    Ich saß stundenlang auf der Mauer und meditierte. Vielen Leuten war ich bereits aufgefallen. Ich hörte sie flüstern: „Der sitzt ja immer noch da. Übernachtet er auch hier oder schläft er unter der Brücke? Der sieht doch gar nicht wie ein Penner aus. Oder ich vernahm Stimmen wie: „Ein komischer Kauz, hat der‘ne Meise? Oder: „Solange er von niemandem was will und niemand was antut, ist es doch ok", und Ähnliches.

    Es vergingen Zeiten der Niedergeschlagenheit, der Depressionen und Verzweiflung. Ich betete gedanklich zu allen Schutzheiligen, flehte Engel an, zog mich von meinen Freunden zurück und haderte mit allem und jedem. Nichts half. Je mehr sich der zeitliche Abstand vergrößerte, umso öfter fragte ich mich, ob ich denn wirklich alles real erlebt hatte oder ob ich einem Traum erlegen war und ob ich vielleicht sogar immer noch träumte. Ich hatte mich in meinem Leben schon zu oft und zu viel mit der Vergangenheit beschäftigt. Ich geriet dabei nicht selten in Träumereien. „Vielleicht", dachte ich, „geschieht augenblicklich alles nur in einem dieser heftigen Tagesträume, in die ich mich versenkt hatte. Doch dann erinnerte ich mich wieder an Einzelheiten, an erlebte Gefühle, so klar und deutlich, dass diese Zweifel wieder verflogen und an ihrer Stelle diese mittelalterliche Realität trat. Warum bloß diese abrupte Trennung?

    „Vielleicht liegt es daran, dass es von mir noch etwas in der Vergangenheit zu klären gab, etwas, was mir in meinem neuzeitlichen Leben nicht wirklich bewusst geworden war. Irgendetwas musste passiert sein, was mich in dieses Zeitalter zog, mich dort festhielt und mich vielleicht erst wieder ausspuckte, wenn ich es auf meine Weise verarbeitet hatte.

    „Was glaubst Du, ist das Wichtigste im Leben eines Menschen? Um welchen Angelpunkt dreht sich das Leben im Allgemeinen?, stellte mir eines Tages eine befreundete Psychologin diese Frage. „Ich denke, für die meisten Menschen ist natürlich eine gut funktionierende Liebesbeziehung wichtig, eine Familie, auch Kinder. Das Gefühl der Geborgenheit, verbunden mit Liebe, Glück und Zufriedenheit.

    Ein Wunsch, der in fast allen Menschen lebt und die Natur sorgt auf ihre Weise für den menschlichen Fortbestand. Aber wenn ich mich an meine jetzige Beziehung erinnere…, nichts von all dem, was ich meiner Meinung nach im Mittelalter zu Wege brachte, hatte hier besonders positive Auswirkungen. Ich sah mich immer noch als ein Beziehungsgefangener, nicht wirklich frei und glücklich.

    War doch alles nur ein Zufall gewesen? Ein ungewöhnliches, einmaliges Erlebnis, durch ein Versehen der Natur verursacht? Warum aber dann wieder dieser Rücksprung in die moderne Zeit, wenn der Zustand noch der gleiche war? Auch das nur ein zufälliges Ereignis? Oder geschah in der Tat auf dieser Welt nichts ohne Grund und ich hatte einfach nur auf die Lösung zu warten?

    Wo konnte ich hier in der neuen Zeit diese Frau finden, mit der ich das Glück leben konnte, das ich im Mittelalter erfuhr? Würde sie mir noch über den Weg laufen? Oder sollte ich nach ihr suchen? Aber wo mit der Suche beginnen? War ich einfach nur zu ungeduldig?

    Gedanken, Gedanken, Gedanken ohne befriedigende Antworten.

    Während meiner Arbeit als Pädagoge hätten sich genügend Möglichkeiten für Begegnungen und Beziehungen auftun können, doch meine eigenen Vorstellungen hinderten mich wieder und wieder daran. War ich ein hoffnungsloser Fall? Ein Beziehungskrüppel mit unendlichen Ansprüchen an den Partner? Eine Beziehung lag bereits hinter mir. Meine Partnerin hatte sich von mir, warum auch immer distanziert, und ich mich letztendlich von ihr getrennt.

    Wieder einmal Sommer, ja, zum siebten Mal, nach meiner Rückkehr. Steckte es in der Zahl sieben, dass es mir ohne zwanghafte Hintergedanken gelang, die Sonne an der Donau zu genießen? Stille in mir, keine Fragen, keine Erinnerungen, einfach nur das Wasser vor mir, die heiße Sonne auf meiner Haut, Schwäne, Enten und Möwen, die sich gegenseitig das vom Ufer aus zugeworfene Futter streitig machten. Ich befand mich im Hier und Jetzt.

    *

    Ich hatte mich auf einen geomantischen Kurs angemeldet und am Tag darauf sollte er beginnen.

    Viele Frauen und Männer versammelten sich zur ersten Begegnung in einem dafür vorgesehenen großen Raum. Eine Frau fiel mir besonders auf, denn sie beobachtete auch mich. Während praktischer Arbeiten tauchte sie immer wieder in meiner Nähe auf. Noch dachte ich mir nichts dabei, bis mir in der ersten Nacht etwas passierte, was sich noch nie in meinem vergangenen Leben ereignet hatte. Ich träumte nicht nur einen Traum von dieser Frau, sondern unendlich viele und wachte nach jedem Traum auf. Völlig übernächtigt, von Gefühlen und fragenden Gedanken überwältigt, saß ich ihr beim Frühstück gegenüber.

    Als ich bemerkte, dass sie mich wieder irgendwie intensiv beobachtete, nahm ich meinen ganzen Mut zusammen und sprach sie an. „Darf ich Dir erzählen, was mir heute Nacht passierte, begann ich vorsichtig. Doch sie winkte nur ab und meinte: „Du musst mir nichts erzählen, vermutlich erging es mir genauso.

    Erst etwa ein Jahr danach, wir trafen uns hin und wieder, erhielt ich beim Chaneln auf die Frage: „Woher kenne ich diese Frau?, folgende Antwort: „Ihr kennt euch seit Anbeginn der Zeit. Ihr habt schon sehr, sehr viele Leben miteinander verbracht, doch in diesem Leben gibt es kein wirkliches Miteinander.

    Ich begriff die Zusammenhänge nicht, wollte sie auch nicht begreifen, denn etwas in mir glaubte nur an meine intensiven Gefühle dieser Frau gegenüber. In diesem Zustand müsste einfach viel mehr möglich sein.

    *

    Einem im Sternzeichen Fisch Geborenen fällt es nicht schwer, in Tagträume einzutauchen. Ich erinnerte mich an meine Mutter, die, als ich noch als kleiner Junge die Schule besuchte und meist ohne gute Zeugnisnoten aufwartete, meinen Vater mit den Worten besänftigen wollte: „Ach, er ist halt noch ein Träumer, das wird schon noch werden." Sie behielt Recht. Ich lernte mich auf die Realitäten des Lebens besser zu konzentrieren, in bestimmten Situationen konnte ich jedoch das Träumen nicht ablegen.

    So, wie in diesem Augenblick an der Donau zu sitzen und ganz entspannt die Gedanken vorbeiziehen zu lassen, das hatte ich in den letzten Jahren vermisst. Fast immer drängten sich mir Erlebnisse aus der Gegenwart oder dem Mittelalter auf.

    Doch dann, als ich mich gerade entschloss, meine Träumereien zu beenden, um nach Hause zu fahren, blickte ich auf ein anderes Gewässer vor mir. Etwas hatte sich verändert. Die Donau, viel kräftiger strömend, mit einem von Ulmen und wildem Gestrüpp bewachsenen Ufer. Ein paar Fischerboote mit ausgeworfenen Netzen kämpften gegen die Strömung und eine Frau, die neben mir saß. Sie schaute mich lächelnd an und meinte: „Wo bist Du denn mit Deinen Gedanken, wir wollten doch noch unser neues Töpferangebot durchsprechen."

    „Wie, wo, was? Lis, Du? stammelte ich, dann umarmte ich sie, als würden wir uns erst ein paar Tage kennen. „Entschuldige Lis, ich glaube, ich war eingenickt und ganz woanders. In mir jubelte es. Wieder umarmte und küsste ich sie. „He, he, was ist mit Dir los? lachte sie, „man könnte meinen… „Ja, so ist es, ich liebe Dich, Lis.

    Ich musste Zeit gewinnen, ich erinnerte mich zwar an Lis, aber wo blieb der Rest der verflossenen sieben Jahre?

    „Ich benötige mehr Zeit als gedacht, um mich an die gemeinsame Zeit mit ihr zurückzuerinnern."

    „Lass mich Dich lieber verwöhnen und später darüber sprechen! Lis nickte einvernehmend. Sie legte sich auf den Bauch und hielt mir ihre vom Töpfern geplagten Schultern entgegen, die ich sanft streichelte und langsam immer kräftiger durchmassierte. Lis stöhnte wohlig. „Ach Georg, Du könntest auch mit Massieren unser Geld verdienen, aber wage es nicht, sonst… sie kicherte.

    Ich versuchte meine Erinnerungsblockade zum Einsturz zu bringen. Offensichtlich hatte ich hier, während dieser Zeitepoche auch mindestens sieben Jahre gelebt und zwar mit Lis. Sie sah prächtig aus, viel fraulicher, als ich sie in meinen Erinnerungen vor Augen sah. Hatten wir auch Kinder? Ich erhielt prompt Antwort: „Georg, jetzt wäre die Gelegenheit, uns mit Nachwuchs zu beschäftigen. Weißt Du, uns geht es gut, unsere Töpferei ist prächtig gediehen, Deine Arbeit bei den Sammlungsfrauen bestens. Wir sollten es wagen. Ich musste nicht lange überlegen, das Gras, die Büsche, die dicke Decke und nur ein Gedanke. „Hoffentlich muss ich nicht gleich wieder zurück in die Zukunft.

    „Autsch, Georg, Ameisen!" „Tatsächlich, jetzt spürte ich sie auch. Wir stürzten uns ins Wasser, wo wir unsere lustvollen Spiele fortsetzten.

    Ich war nicht ganz bei der Sache, denn meine Erinnerungen der letzten sieben Jahre blieben immer noch aus. Hoffentlich würde sich das alles noch klären. Resa, meine Mutter, lebte sie überhaupt noch? Und Heiner, war er mit Resa liiert? Weiter kam ich nicht. Vorwurfsvoll musste ich mir einen Verweis mitanhören. „Georg! Du bist nicht bei der Sache. Wie soll uns das gelingen… wenn…" Bevor sie weitersprechen konnte, drückte ich einen Kuss auf ihre Lippen und war wieder ganz eng bei ihr.

    Dann endlich, ein kleiner Lichtblick. Ich erinnerte mich. Meine Mutter hatte vor fünf Jahren das Zeitliche gesegnet. Sie starb am Fieber.

    Wir machten uns auf den Heimweg. Unsere Bündel waren geschnürt und hängten an einem Stock über unseren Schultern. Ich betrachtete Lis von der Seite. Das Glück, das sie ausstrahlte, umhüllte auch mich. „Georg, hoffentlich, eigentlich müsste es geschehen, meine Tage. „Lis, wir hätten dann endlich ein Kind. Sie nickte strahlend. „Ich bin so froh, dass Du endlich einverstanden bist. Anscheinend gab es Gründe, die mich seither vorsichtig sein ließen. „Ja, weißt Du, wollte ich beginnen. „Du hast endlich Deine Eifersüchteleien und Ängste, dass ich Dir weglaufen könnte, überwunden, unterbrach sie mich. „Ja, Du hast Recht, immer dachte ich meine, Lis versteht sich so gut mit allen anderen Männern, die bleibt mir nicht lange. „Und wie lange sind wir schon zusammen? Sieben volle Jahre. Wie könnte ich Dich jemals verlassen, Georg? Dann schon eher Du mich, mit Deiner Patrizia. „Nein, nein Lis, hören wir damit auf, sonst ist dieser schöne Tag dahin. Ich umfasste sie an der Hüfte und kreiste mit ihr, bis sie mich endlich bat: Lass mich runter, mir wird schwindelig, Georg. Was stand da zwischen uns? Ich konnte mich einfach nicht erinnern. Patrizia? Irgendetwas wollte es nicht wahrhaben.

    Der Weg durch das Stadttor war immer noch der gleiche, doch die Luft war nicht mehr die gleiche, sie hatte sich verändert. Wieso stank es nicht mehr nach verdorbenem Fleisch? Hatte meine Rede vor dem Stadtrat doch etwas eingebracht?

    „Schön, dass es hier nicht mehr so stinkt, Lis. Ich hoffte von Lis mit Hilfe dieses Erinnerungsfetzens etwas mehr von den Veränderungen in der Stadt mitgeteilt zu bekommen. Aber sie meinte nur: „Dein Verdienst, Georg, nur Dein Verdienst, die Bürger danken es Dir täglich.

    Ich bewegte mich auf sehr dünnem Eis, wenn ich mehr in Erfahrung bringen wollte. Dann müsste ich mich enttarnen und Lis in meine Verwandlungen einweihen? Lieber nicht, sie und alle anderen würden mich für verrückt erklären und die Kirche war eh nicht so gut auf mich, den Gottesdienst-Verweigerer, zu sprechen. „Sollen wir Heiner und Resa besuchen? „Das ist ein guter Gedanke, Lis, das machen wir. Resa war, so wie ich sie in Erinnerung hatte, wahrscheinlich noch nicht verheiratet, trotzdem anscheinend immer noch mit Heiner zusammen. Das war gut so und wischte meine Bedenken mit einem Streich auf die Seite. Resa, meine geliebte Schwester, mein Herzblatt, wie würde sie sich verändert haben? Diese Antwort erhielt ich alsbald. Mit einem Freudenschrei fiel sie mir um den Hals. „Georg, Lis, endlich besucht ihr uns mal wieder. Ich sehe es euch beiden an, wie glücklich ihr seid. Müsst hoffentlich nicht mehr so bald zum Fugger. „Es wird einige Zeit vergehen, Resa bis… Auch ich hatte sie umschlungen und genoss ihren Körperduft. Dann zeigte sich Heiner, schien etwas mehr gealtert. Das harte Arbeiten schrieb auch bei ihm tiefere Falten in seine männlichen Gesichtszüge. Zuerst umarmte er Lis. „Kannst Dich ruhig öfter bei uns zeigen, Lis, auch wenn Georg weg ist. Ein besorgter Ausdruck in Lis Gesicht, ließ mich aufmerken. Was war mit mir los? Bereitete ich meiner geliebten Lis etwa Sorgen? Vorsichtig schaute ich mich um und entdeckte an Heiners Weberei einen Anbau. Mit was beschäftigte sich Resa? Schneiderte und webte sie noch? „Wie steht es um den Nachwuchs, Schwesterchen?, wollte ich mutig wissen. „Aber das weißt Du doch, Georg, ich will immer noch keine Kinder, Heiner und ich sind noch zu sehr mit unserer Arbeit beschäftigt. Wenn der Fugger mehr abnehmen würde, aber jetzt, wo Gott und die Welt unser Barchent zu weben nacheifert, hat er auch genügend andere Kunden und wir müssen schuften und viele andere Märkte besuchen, um das Gleiche zu erwirtschaften. Ah, daher wehte der Wind. „Ja, ja, der Hans ist zwar ein ehrlicher Bursche und leider immer sehr auf seinen Vorteil bedacht. Dabei wird er groß und größer. Was will er noch? „Ein riesiges Handelsimperium? „Er will den Medici in Italien den Rang ablaufen, warf Heiner ein. „Zum Glück hat ihn Patrizia mit einem männlichen Erben beglückt.

    Als das Wort Patrizia fiel, spürte ich einen Schmerz in meiner Brust, so stark, dass es mir einen Augenblick den Atem nahm. Lis reagierte sofort. „Georg, was ist? Mir fiel nichts Besseres ein, als zu antworten: „Ich glaube, ich verspüre starken Hunger, Lis. Lass uns nach Hause gehen. „Nein, nein, Georg, jetzt seid ihr endlich einmal hier bei uns und dürft meine Bewirtung nicht abschlagen."

    Lis und ich ließen uns im Garten auf der Holzbank nieder. Sie, glücklich in meinem Arm, während mich Heiner etwas irritiert betrachtete. „Nun, was habt ihr zwei in nächster Zeit vor? Zum Glück antwortete Lis schneller, als ich es gekonnt hätte. „Du weißt ja, zuerst morgen der Markt, dann hat uns Hedwig schon genervt, wegen der Abrechnungen auf den Dörfern und dann ja, dann Arbeit, Arbeit und nochmals Arbeit, um unser Lager aufzufüllen. Und dann haben Georg und ich einen Plan. Jetzt lachte sie so verschmitzt, dass Resa, die nun mit vollen Händen aus dem Hause trat, beinahe alles hätte fallen lassen. Frauen hatten wohl ein größeres Gespür für gewisse Belange. „Lis, ist das wahr, was ich denke?, dabei strahlte sie Lis an. „Du liegst mit Deinen Gedanken richtig. Und endlich begriff auch Heiner. „Stimmt das Georg? „Ich hoffe, und lachte ebenfalls, allerdings etwas verunsichert. „Das muss gefeiert werden Resa, lass uns eine Flasche vom Roten köpfen, solange Lis noch mittrinken darf." Wie konnte Lis so sicher sein, dass es dieses Mal geklappt hatte?

    Bald stand ein Essen für mehr Leute auf dem Tisch, als anwesend waren. Nachdem alle Platz genommen hatten, wurden die Becher angehoben, um auf den zu erwartenden Nachwuchs anzustoßen. Lis streichelte, drückte und küsste mich, wie damals, kurz bevor ich verschwand. Auffallend war allerdings, dass sich nun alle hauptsächlich mit Lis freuten. Ich fühlte mich etwas übergangen und wo blieb Heiners Mutter? Ich wollte schon nachfragen, als ich dieses Versehen gerade noch rechtzeitig bemerkte und mich stoppen konnte. Heiners Mutter war nicht anwesend, vermutlich hatte sie wie unsere Mutter ebenfalls die Seite gewechselt.

    In diesem Augenblick betrat eine mir unbekannte, ältere Frau das Grundstück. „Renate, bitte fang oben an, bis Du unten bist, sind wir mit Essen fertig. Kannst dann alles mitnehmen was übrig ist, das wird reichlich sein, Resa hat es gut gemeint." Renate nickte und wünschte uns ein angenehmes Zusammensein. Ich schloss richtig, eine Zugehfrau. Hatten Lis und ich das auch? Oder konnten wir uns keine leisten? Ich wollte dies sofort überprüfen, denn wenn Lis tatsächlich schwanger wäre, würde ich dafür sorgen, dass sie sofort mit der Arbeit nachließe.

    Nach zwei Krügen Wein getraute ich mich zu fragen und dabei stellte ich mich an, als ob ich schon zu viel getrunken hätte. „Wie alt ist jetzt Patrizias Sohn? „Schon beinahe fünf Jahre, Georg, das weiß doch jeder, hast wohl schon zu tief in den Krug geschaut. Lis` Hand auf meinem Oberschenkel zog sich langsam zurück. Ich hatte bei ihr einen wunden Punkt getroffen. Gab es zwischen mir und Patrizia ein Geheimnis? Sofort meldete sich mein Gewissen, ich liebte doch Lis. Niemals würde ich ihr weh tun wollen. Sofort nahm ich ihre Hand und legte sie wieder an den gleichen Ort, sogar noch etwas weiter nach innen. Sie schaute mich spitzbübisch an und schmunzelte.

    Nach vier Bechern gab ich auf. Lis, aus Rücksicht vor Eventualitäten, meisterte nur einen. Etwas lautstark und witzig drauf, erhob ich mich, umfasste Lis an ihren immer noch respektablen, engen Hüften, zog sie ebenfalls hoch und wir verabschiedeten uns mit dem Versprechen, uns bald in unserem Töpferheim zu revanchieren.

    Wir liefen zur Kirche. Ich sah noch die Grundpfeiler in Erinnerung vor mir und jetzt stand die umfassende Mauer bereits einige Meter hoch. „Die bauen aber schnell Lis, gab ich mit etwas schwerer Zunge von mir. Lis lachte, sie nahm mich, Gott sei Dank, nicht wirklich ernst. „Na ja, wenn Du die Arbeiter mit Schnecken vergleichst, dann hast Du Recht, mein Guter. Zu Hause hatte sich nicht viel verändert. Tische und Stühle standen, wie unbewegt immer noch an ihrem Platz. Ich sah das gleiche Bild wie vor sieben Jahren vor mir. Eine kleine Erinnerungslücke begann sich zu schließen. „Ich gehe noch kurz ins Lager, um nachzusehen, was für morgen alles hergerichtet werden muss. Diese Aussage war mein zweiter großer Fehler. „Aber wir haben doch schon alles hingerichtet, Georg. Bist Du tatsächlich betrunken oder tust Du nur so? „Ach Lis, der Tag war so schön, und unser Vorhaben hat mich durcheinander gebracht, komm lass uns schlafen gehen. Langsam sickerte Licht ins vergangene Leben. Natürlich hatten wir schon alles hergerichtet und unsere Gehilfen, die heute frei bekommen hatten, sollten uns deshalb schon sehr früh begleiten.

    Lis und ich versanken eng umschlungen in einen tiefen, nicht enden wollenden Schlaf. „Endlich wieder zu Hause", waren meine letzten Worte.

    Am Morgen traute ich mich nicht, meine Augen zu öffnen, denn ich hatte Angst vor dem, was ich sehen würde. Doch dann roch ich den fein herben Duft ihrer Haut, spürte, dass Lis neben mir lag und als ich die Augen öffnete, schaute ich in zwei leuchtend grüne Augen, die auch mich aufmerksam betrachteten. Wenn sich Lis voller Energie und Tatendrang fühlte, dann erkannte ich es an diesem grün-leuchtenden Blick. Meine Antwort darauf fast zu simpel. Ich warf mich auf sie und sie jauchzte: „Georg, wann hatten wir zum letzten Mal solchen Spaß?" Ich wusste, was sie meinte, meine Erinnerungen hatten sich geweitet. Ja, ich war Georg, der Töpfermeister und ja, ich liebte meine Angetraute. Viel Arbeit lag hinter uns. Heiners Mutter, wie auch Resas und meine Mutter waren gegangen. Lis und ich wollten augenblicklich eine Familie gründen. Das Rad des Lebens drehte sich weiter, warum sollte es auch gerade bei uns zum Stehen kommen?

    „Lis, lass uns aufstehen und auf den Markt gehen. Legen wir eine Pause auf der Töpferscheibe ein und genießen den herrlichen Tag auf dem Markt. Lis strahlte: „Was ist nur seit gestern mit Dir los, Georg? So ausgelassen fröhlich habe ich Dich schon lange nicht mehr erlebt. „Ja, ja, es geschehen halt noch Wunder. Und mit diesen Worten kullerte ich sie aus dem Bett, hob sie auf meine Arme und trug sie zur kleinen Blau, unserem Badeflüsschen, wo wir uns gegenseitig kräftig lachend abrubbelten. „Wenn es gestern noch nicht geklappt hat, Georg, dann bestimmt heute. Ich lachte und dachte: „Stimmt, so lange und lustvoll haben wir beide in den letzten Jahren bestimmt noch nie geübt."

    *

    Viele Stände standen bereits aufgebaut, als wir mit unserem Wagen angezogen kamen. „Na, Lis, hast Du ihn heute nicht aus dem Bett bekommen? Wenn ich euch so anschaue, dann weiß ich, warum ihr so spät dran seid." Alle, die es gehört hatten, lachten. An diesem Morgen mussten wir uns einiges anhören. Sie meinten es nicht böse, der Schalk stand ihnen im Gesicht geschrieben. Alle, Händler und Krämer, hatten ihren Spaß dabei.

    „Nein! Lis! Schau! Dort kommt der Gesandte des Herrn! äh, des Klerus! meinte ich spöttisch und lachte etwas verächtlich. „Was will er von uns, hoffentlich läuft er vorbei."

    „Heute sind wir aber noch nicht so früh bei der Arbeit. Ich wollte als Erster schauen, ob ihr für unsere Brüder genügend Weinkrüge zum Auswählen dabeihabt."

    „Vater, bestimmt sind Krüge dabei, die Euch gefällig sind, wenn die Turmuhr acht Mal schlägt, werden alle Waren auf ihrem Platz stehen. „Oh, leider kann ich nicht solange warten, eine Rede steht an. Da unten in Deinem Wagen sehe ich doch einen Krug. Lis und ich schauten uns an. Sie spürte, dass meine Geduld schon am Ende war. „Gut, ich hole ihn raus, muss aber zuerst die anderen Sachen auf die Seite räumen. Lis, hilfst Du mir? „Ich baue gerade noch den Stand auf, das dauert nicht lange. Der Pater schaute Lis missgünstig an. „Meine Tochter, meinte er nun mit deutlich erhobener Stimme. „Du hast doch gehört, was Dir Dein Mann befohlen hat. Lis schaute mich an. „Ich hatte auch gesagt, dass wir zuerst alles auf die Seite räumen müssen, um an den Krug heranzukommen. „Bist Du Deinem Weib hörig? Oder bist Du der Mann? Jetzt platzte mir der Kragen, ich richtete mich auf, stellte mich so knapp vor dem Pater auf, dass er erschrocken einen Schritt zurückwich und zischte ihn an. „So geht das nicht. Bei uns ist jeder dem anderen gleich. Nur ungeduldige Mönche ohne Frauen glauben, etwas Besseres zu sein, um so sprechen zu können. Wartet jetzt, bis wir mit dem Aufbau fertig sind, dann habt Ihr auch eine größere Auswahl."

    Andere Standbesitzer wurden nun aufmerksam und näherten sich neugierig. „Welche unpassenden Töne schlägt hier der Töpfer an, das grenzt an Gotteslästerung. „Wir sprachen nicht über Gott, sondern nur über das unnachgiebige Vordrängen eines Gottesdieners. Wahrscheinlich möchte er noch den Krug geschenkt? „Das muss ich mir nicht gefallen lassen. Du Undankbarer, hast vergessen, was sich geziemt, wirst von uns noch hören!" Lis fasste mich am Arm und zog mich zurück, während die zerschlissenen Sandalen des Paters kaum seiner prompten Kehrtwende auf dem Absatz standhielten.

    „Dem hast Du`s gegeben, Georg! Das lässt er sich nicht gefallen, hörte ich. „Au weia, Georg, das gibt Ärger. „Hätte ich Dich und mich weiter beleidigen lassen sollen, Lis? Diese Blutsauger." Lis arbeitete eifrig am Stand weiter, ihr war es offensichtlich peinlich, was geschehen war und ich erkannte die Angst in ihren Bewegungen. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich mich doch zu weit vorgewagt hatte. Mein mutiges Auftreten, vermutlich ein Relikt aus noch älteren Zeiten, ließ mich überborden. Es war nicht das erste Mal, dass mir diese religiösen Wichtigtuer auf den Nerv gegangen waren. Meine Mutter, Gott habe sie selig, hätte hier einen besseren Umgangston empfohlen.

    Wenig später, alles stand an seinem Platz, der Verkauf hatte begonnen und die Gemüter hatten sich beruhigt, eilte eine kleine Prozession von Würdenträgern auf unseren Stand zu. „Lis, Achtung! Halte Dich im Hintergrund, jetzt wird es ernst."

    „Was muss man hören?, begann einer der schwarzen Kuttenträger das Wort anzuführen. „Der Töpfermeister ist sich seines Standes nicht bewusst und führt sich ungebührlich gegenüber dem Klerus auf? „Das ist ein Missverständnis, versuchte ich zu beschwichtigen. „Man wollte nur nicht abwarten, bis ich alles vom Wagen auf den Stand gebracht hatte. Deshalb hatte der Pater gemeint, er müsse mich und meine Frau beleidigen. Meine Frau ist mein Herz und nicht nur ein williges Weib, sie schuftet wie ich den ganzen Tag."

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