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Ich bremse auch für Singvögel: Ein Campervan erzählt aus Neuseeland
Ich bremse auch für Singvögel: Ein Campervan erzählt aus Neuseeland
Ich bremse auch für Singvögel: Ein Campervan erzählt aus Neuseeland
eBook181 Seiten1 Stunde

Ich bremse auch für Singvögel: Ein Campervan erzählt aus Neuseeland

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Über dieses E-Book

"Ich bremse auch für Singvögel - Ein Campervan erzählt aus Neuseeland" ist eine humorvolle Reisereportage über Touristen und die Tücken des Straßenverkehrs am schönsten Ende der Welt. Jule und Tommy reisen drei Monate lang durch Neuseeland. Dabei fahren sie auf eigene Faust 9.000 Kilometer über die Nord- und Südinsel. Ihr Mietwagen "Rosie", ein umgebauter Nissan Caravan, wächst ihnen auf diesem Trip sehr ans Herz - obwohl Rosie etwas depressiv, schadenfroh und voller Vorurteile ist!
Ein authentischer Reisebericht mit Fotos und Landkarten.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum30. März 2017
ISBN9783734586378
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    Buchvorschau

    Ich bremse auch für Singvögel - Jana Lehmann

    Kia ora ki aotearoa

    Das heißt: Willkommen in Neuseeland, im Land der langen weißen Wolke! Mein Name ist Romy. Dachte ich zumindest, bis Jule und Tommy mich an einem bis dahin friedlichen Tag aus meinem frühzeitigen Winterschlaf rissen...

    Es war März, Herbstanfang in Neuseeland und ich genoss die Sonnenstrahlen auf meinem weißen Lack. Die Vorstellung, nun bis zum Frühling auszuruhen, war wunderbar, denn hinter mir lag eine anstrengende Hochsaison mit chinesischen Campinganfängern auf staubigen Straßen. Ich dachte mir also nichts Böses, bis meine Chefin mich umparkte, mitten auf den schmalen, geschotterten Hof. Oh-oh! Sie würde mich doch nicht etwa noch mal los schicken, jetzt, wo das Saisonende in greifbarer Nähe lag und die Touristen Neuseeland verließen wie Ratten das sinkende Schiff?

    Meine Chefin fuhr mit bossy Boris davon, dem jungen Mitsubishi, der sich etwas auf seinen Goldlack einbildete und der unter dem Spott der erfahrenen Campervans litt, weil er erst 80.000 Kilometer drauf hatte – im Stadtverkehr!

    Meine Befürchtungen bestätigten sich jedenfalls, als meine Chefin und bossy Boris nicht alleine zurückkamen: Zwei junge Deutsche, müde von den Langstreckenflügen und nichtsdesto trotz mit diesem irren Glitzern in den Augen, das ihre Illusionen von friedlichen Roadtrips und dem Ruf der Freiheit verriet.

    Die deutsche Frau sprach mit meiner Chefin, der Mann schaute dauernd zu mir herüber. Ich wurde nervös. Es gab kein Entkommen.

    Schließlich stellte meine Chefin mich vor: Romy, eine zuverlässige Partnerin für das geplante Abenteuer. Aaah, wenn ich das schon hörte! Abenteuer! Bitte nicht...

    1 Coromandel Peninsula

    Meine neue Mieterin will wissen, wie viele Kilometer ich drauf habe. 268.325, antwortet meine Chefin voller Stolz, als sei sie all diese Kilometer gelaufen. Wie alt ich denn sei. 15 Jahre, antwortet meine Chefin. Ich lache scheppernd in mich hinein. Wenn die wüssten! Das hatten sie eben davon. Eine Lady fragt man nie nach dem Alter! Es folgt die unvermeidliche Einführung in meine technischen Details, die so kompliziert nicht sind, stamme ich doch aus dem schönen Japan. Wobei ich im Laufe meines Lebens auch ein paar Ersatzteile erhalten habe, bei denen ich mich selbst frage, von welchem Erdteil und aus welcher Zeitphase der Industrialisierung sie stammen...

    Das Automatikgetriebe kommentieren die beiden Neuen mit Verwunderung. Sie hätten doch mit einem Schaltwagen gerechnet. Ich bin kurz beleidigt. Als sei mein Automatikgetriebe eine Herabstufung ihrer Fahrkünste! „Sie trinkt Diesel!, gebietet meine Chefin. „Nicht vergessen – Diesel! Ihr müsst sie vorglühen lassen, sonst startet sie nicht! Das ist nicht so schwer. Man dreht den Zündschlüssel, wartet, bis ein Lämpchen aufleuchtet, und dreht dann noch weiter. Ich springe an und schnurre wie ein altes Kätzchen. Meine Chefin klappt den Beifahrersitz hoch und zeigt den erstaunten Mietern meinen Motor, den sie dort nicht vermutet hätten.

    Ohne sich weiter für mein Innenleben oder die Besonderheiten meiner Karosserie zu interessieren, verschwinden die Drei im Büro. Ich mache ein paar Atemübungen zur Beruhigung (und weil ich nach der Sommersaison immer eine Staublunge habe). Mir kommen tröstende Gedanken. Vielleicht unterschreiben sie den Mietvertrag nicht. Vielleicht ist es ihnen zu teuer! Vielleicht funktioniert die Kreditkarte nicht. Oder vielleicht schickt meine Chefin einen meiner Kollegen los, ich hatte mich doch so auf die Winterpause gefreut...

    Als sie jedoch freudestrahlend auf die Veranda tritt und eine gute Fahrt wünscht, sind alle Hoffnungen zunichte. Meine Entführer beginnen eine leise Diskussion darüber, wer zuerst fahren muss. Ich werde wieder nervös. Diese verfluchten Festlandeuropäer und ihr Rechtsverkehr! Die Frau namens Jule setzt sich an mein Lenkrad. Der Mann, Tommy, hat es geschickt hinbekommen, dass sie sich als Siegerin der Diskussion fühlt, und zugleich verborgen, dass er sich nicht traut. Es soll gen Süden gehen, das habe ich schon herausgehört. Den Beiden ist immerhin bewusst, was das bedeutet: Achtspurige Autobahn durch Auckland.

    Es geht los, hurra. Ich versuche, meinen Sarkasmus abzulegen und positiv zu denken. Vielleicht wird es ja gar nicht so schlimm. Jule und Tommy merken immerhin sofort, dass meine Tankanzeige auf Reserve steht. Meine ausgefuchste Chefin fährt mich nach einer Rückgabe immer so lange zu ihrem Privatvergnügen herum, bis nur noch ein paar Dieseltropfen übrig sind. Also steuern wir eine Tankstelle an. Auf dem Weg dorthin haben sie, da Jule nach dem ersten Abbiegen die richtige Straßenseite fand und beide beruhigt waren, kein anderes Gesprächsthema als meinen Namen. Romy hin, Romy her. Ich sei doch eher eine Rosie.

    Jule meistert die Herausforderung, im Linksverkehr die Spur zu wechseln und rechts abzubiegen. Beim Schulterblick beschwert sie sich: „Man sieht ja gar nichts!" Als wir an der Tankstelle stehen, kommt sie auf die gute Idee, die dunklen Vorhänge für die Fahrt zu öffnen. Tommy tankt. Ich trinke genüsslich meinen Diesel und stelle mir vor, wie ich in drei Monaten meinen gelangweilten Kollegen von sonnigen Tagen am Meer berichte. Jule geht bezahlen, weil Tommy etwas zögert. Kann doch nicht so schwer sein, auf Englisch Hallo zu sagen und eine Kreditkarte über den Tisch zu schieben! Ich kichere und bekomme Schluckauf. Hab ganz vergessen, wie das ist, einen vollen Magen zu haben. Ich wette eine ganze Kurbelwelle darauf, dass in spätestens einer Woche Jule tanken kann und Tommy auf Englisch Hallo sagen und eine Kreditkarte über den Tisch...

    Wir fahren ein paar Kilometer weiter zum gigantischen gelben Supermarkt. Jule ist offenbar schon mal in Neuseeland gewesen, da sie zielstrebig den passenden Laden ansteuert, um sich mit preisgünstigen Lebensmitteln aus Oversea einzudecken. Sie kichert sich durch den ersten zweispurigen Linksverkehr-Kreisverkehr ihres Lebens. Dann taucht der Parkplatz vor uns auf, der unter dem Supermarkt liegt. An der Einfahrt hängt eine Planke mit dem Hinweis, dass diese Einfahrt nicht wesentlich höher ist als ich. Das wird knapp! Jule atmet zischend ein, während Tommy fröhlich fragt: „Wie hoch mag die Resi... Rosie... Romy wohl sein?"

    Ich langweile mich in der dunklen Parketage, bis die Beiden wiederkommen und ihre Vorräte unter meinem eingebauten Bett verstauen. Dann geht es weiter. Von der Harbour Bridge aus werfe ich einen letzten Blick auf die geliebte Skyline von Auckland. Goodbye, denke ich. Wer weiß, ob wir uns wiedersehen. Vielleicht fahren die jungen Wilden mich noch vor Wellington zu Schrott und ich werde umgehend per Frachter zurück nach Japan geschickt...

    Positiv denken! So wild sind die beiden gar nicht. Jule hält sich bisher strikt ans Tempolimit und steuert mich souverän aus Auckland heraus. Dann verlassen wir den Highway 1, auf dem die Touristenwelle normalerweise gen Süden schwappt, und nähern uns der Küste. Eine gute Entscheidung, denn am Firth of Thames ist es noch spätsommerlich warm. Wir halten auf einem Hügel und Jule und Tommy freuen sich wie Kinder, als sie zum ersten Mal das Meer sehen.

    Sie lassen mich für ein Picknick auf dem einsamen Parkplatz zurück. Aus der Ferne höre ich, wie sie darüber diskutieren, ob man wohl unten auf dem Strand für die Nacht campieren könnte. Natürlich entscheiden sie sich dagegen. Ich lache in mich hinein. Da stehen zwar schon zwei Campervans, ein Toilettenhäuschen und ein idealer Lagerfeuerplatz, aber sie trauen sich trotzdem nicht, denn rein theoretisch ist das Wildcampen mit einem Fahrzeug wie mir verboten. Dabei war das Plätzchen wirklich schön...

    Wir umrunden die Bucht und fahren auf einen Campingplatz nördlich von Thames. Trotz ihrer Sparsamkeitsbestrebungen mithilfe des unvermeidlichen Lonely Planet Reiseführers und der nutzlosen Aushänge am örtlichen i-SITE (das ist kürzer als „Besucherinformationszentrum) haben Jule und Tommy instinktiv den teuersten Campingplatz von allen ausgewählt. Im Stillen beglückwünsche ich den Gastgeber in Shorts und Sandalen, den ich natürlich kenne und der uns mit dem liebenswerten Pragmatismus meines Landes begrüßt: „Hallo! Ich muss erst mal die Fische füttern. Stellt euer Auto, wohin ihr wollt!

    Der Campingplatz liegt in einem sattgrünen Tal und ist wirklich idyllisch. Es gibt Stromanschlüsse und in meinem Laderaum findet sich ein dickes oranges Kabel. Jule und Tommy stellen fest, dass sie zwar den richtigen Adapter für den Stromanschluss dabei haben, er jedoch aufgrund seines ausladenden Gehäuses nicht in meine Kabelbuchse passt. Tommy entzieht sich der Herausforderung, erkundet meine Geschirrkiste und verschwindet mit einem Paket Nudeln unter dem Arm Richtung Küche. Jule ist diejenige, die loszieht und fremde Camper anquatscht, um sich einen Adapter zu leihen.

    Zwei andere Deutsche, was für ein Zufall, haha. Ja, sie könnten den Adapter ausleihen. Ja, sie seien schon ein paar Monate in Neuseeland. Ja, sie hätten in dieser Zeit gearbeitet, schreckliche Dinge über die Forst- und Milchwirtschaft gelernt und wollten nun schnell nach Auckland und ab nach Hause. Naja, Hauptsache der Adapter, denkt sich Jule und verschwendet keinen Blick mehr auf das abgerissene Pärchen und ihren verbeulten Kombi. Ich lausche dem Zirpen der Grillen und ruhe mich aus. 150 Kilometer am ersten Tag, das ist noch im Rahmen.

    Nach der ersten Nacht auf meiner komfortablen Federkernmatratze und einem spärlichen Frühstück nehmen Jule und Tommy ihre Wäsche von der Leine und wollen weiter. Der Fairness halber darf diesmal Tommy ans Steuer. Auch er gewöhnt sich schnell an das entschleunigte Fahren und meistert die Serpentinen der Küstenstraße, die sich entlang der Hügel windet.

    Währenddessen spottet Tommy weiter über meinen Namen. „Das hat sie gut gemacht, die Lucy... Ich muss bremsen, sorry, Susie..." Das könnte zu einem ernsthaften Identifikationsproblem für mich werden!

    Die Straßen sind schmal, die Brücken einspurig und alle paar Kilometer gibt es geschotterte Haltebuchten, wo der Beifahrer sich für ein Foto aus dem Fenster lehnt oder man einfach nur einen Jeep vorbei lässt. Mein Erfolgsgefühl, wenn ich eine steile Serpentine mit angeschriebenen 15 km/h erfolgreich gemeistert habe, verliert jedoch an Wert, wenn sogleich ein großer Laster mit noch größerem Anhänger entgegen kommt – was, kommentiert Jule, die dürfen hier auch entlang fahren? Ich rolle mit den Scheinwerfern. Natürlich, ihr Lieben, bei uns dürfen alle Fahrzeuge auf der selben Straße fahren! Es gibt ja nur diese.

    Und in dieser Gegend wird sie von einsamen Briefkästen, Weidezäunen und überfahrenem

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