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Stationen einer Liebe
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eBook683 Seiten11 Stunden

Stationen einer Liebe

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Über dieses E-Book

Als sich Andreas und Susanne kennen lernen, sind beide mitten in ihrem beruflichen Werdegang. Andreas steckt in der Ausbildung zum Arzt und glaubt als Wissenschaftler sowieso nicht an die große Liebe.
Susanne ist Alleinerziehende Mutter einer kleinen Tochter und studiert nebenbei noch Jura. Beide denken anfangs sie hätten noch Zeit. Als Andreas endlich erkennt wie tief seine Gefühle für Susanne in Wirklichkeit sind und er all seinen Mut zusammennimmt um ihr diese zu gestehen, hat das Leben anderes mit ihm vor. Er muss die größte Prüfung seines Lebens bestehen und wird an einen Ort geschickt an dem ihm alles abverlangt wird. Dass er völlig zu Unrecht in diese Situation geraten ist und vor allem aus welchem unfassbarem Grund heraus, erfährt er erst, als er ganz am Boden und innerlich, wie körperlich, schon fast zerstört ist. Wie und ob er mit den Folgen je klar kommen wird, weiß er nicht. Susanne allein ist diejenige die es schaffen könnte ihn aus dieser Hölle zu befreien.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum18. Nov. 2016
ISBN9783738092882
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    Buchvorschau

    Stationen einer Liebe - Anna-Sophie Wagner

    Danke!

    Ich danke allen, die mich immer wieder unterstützt und motiviert haben. Und allen die mich bestärkt haben weiterzuschreiben.

    Vor allem aber danke ich meinem Mann für seine Geduld.

    Außerdem danke ich ganz besonders meiner ersten Probeleserin und Kritikerin, Kristin, welche mich immer wieder darin bestärkt hat weiterzuschreiben.

    Mein besonders großer Dank gilt Moritz, welcher immer mit Begeisterung gelesen und mich zusammen mit Nicole sehr unterstützt hat.

    Und ich danke Lisa für ihre unwahrscheinliche Kreativität und für die Motivation, die sie mir immer wieder angedeihen ließ.

    Bedanken möchte ich mich auch bei meinen begeisterten Probelesern Walter, Peter, Monika, Karina und Ronald.

    ******************************************************************************

    Allen Lesern wünsche ich, dass sie mein Buch mit eben so viel Begeisterung, wie die Probeleser lesen können.

    Viel Spaß dabei!

    Kapitel 1

    Professor Marks schaute in den voll besetzten Hörsaal. Ja, heute waren sie alle da. Auch die nicht so zuverlässigen Teilnehmer seiner Vorlesungen. Heute, am letzten Prüfungstag.

    Ein paar seiner Medizinstudenten waren vielversprechende Talente.

    Vor allem dieser Andreas Falk…..Gerade er hatte enorm viel gearbeitet. Ein paar andere konnte er, wie jedes Jahr, gefühlsmäßig schon von vorn herein ausschließen. Er wusste dieses Studium war trotz der hohen Zugangsvoraussetzungen sehr beliebt und deshalb überlaufen. Nur eine Handvoll Studenten hatte gewöhnlich nach seinen Erfahrungen auch wirklich Erfolg. Nun gut, dachte sich der Professor, sehen wir einmal wie viele meiner Prüflinge es dieses Semester schaffen. Die Zeit für die Prüfung war fast vorbei. Er räusperte sich und ließ seine Studenten wissen, dass sie nur noch fünf Minuten Zeit hatten. Ein allgemeines Raunen ging durch den Raum.

    Andreas hatte wie wild darauf los geschrieben – alles war wie von alleine auf sein Blatt gekommen. Ja, gut Aufgabe drei war ein bisschen schwieriger, aber im Großen und Ganzen hatte er ein erstaunlich gutes Gefühl. Die letzten Jahre hatte er nur gelernt und jede Gelegenheit genutzt um Wissen aufzusaugen. Er wollte diesen Beruf unbedingt ausüben. Das war immer schon sein Traum gewesen. Jetzt las er sich noch einmal Alles durch. Ergänzte an manchen Stellen seine Ansätze und ließ es dann aber gut sein. Mit einem Blick auf seine Freunde verfiel Andreas in Gedanken über ebendiese.

    Er sah, dass Thomas, kurz Tom genannt, neben ihm ziemlich angespannt und hektisch wirkte. Hoffentlich hatte er sich die Stoffsammlung zur Neurologie noch einmal angeschaut. Thomas war zwar nicht schlecht, musste sich aber im Gegensatz zu ihm, sehr viel erarbeiten. Und Andreas wusste, dass er auch nicht immer konsequent genug gewesen war und bei Weitem nicht so viel, wie er – Andreas - selbst gelernt hatte. Vor allem nicht seit er eine Freundin hatte.

    Thomas war Andreas Freund aus Kindertagen. Tom und er hatten zwar irgendwie zufällig immer die gleiche Richtung eingeschlagen. So wie jetzt das Medizinstudium. Wobei aber jeder der beiden das Studium aus anderen Beweggründen heraus begonnen hatte. Andreas, weil er eine Leidenschaft für die Medizin hatte und alles daran hochinteressant fand. Außerdem wollte er Menschen helfen und dazu beitragen dass auch Patienten mit schlechten Heilungsprognosen doch noch eine Chance hatten. Thomas hatte einmal gesagt „Was du studierst Medizin? Das könnte ich eigentlich auch machen!" Das also waren dessen Beweggründe. Andreas wusste, dass Tom intelligent genug war um das Studium zu schaffen zu können, aber ihm fehlte die Lust an der Materie. Infolgedessen tat er sich dementsprechend schwerer beim Lernen. Was für Andreas purer Spaß und Wille war, war für Thomas eher ein Muss. Andreas mochte Thomas keine Frage, wenn er auch nicht sein bester Freund war.

    Martin, Andreas bester Freund, saß zwei Bänke vor ihm. Auch er schien bereits fertig zu sein. Die beiden kannten sich seit dem Gymnasium. Es war als würden sie sich schon ewig kennen. Anders wie Tom, hatte Martin ebenso eine große Leidenschaft für die Medizin. Und was Andreas ganz besonders gefiel er hatte eine eigene Meinung, welche er auch vertrat. Und er und Martin hatten die gleichen Ziele und Wertvorstellungen. Andreas wusste, dass Martin förmlich in ihn hineinschauen konnte. Es war ihm unmöglich etwas vor ihm zu verheimlichen. Was oft dazu führte, dass ihm dieser gehörig den Kopf wusch. Der ideale beste Freund also. „Martin mit seiner Röntgenbrille", wie Andreas scherzhaft zu sagen pflegte. Martin war groß, schlank und hatte blonde, kurze Haare. Ihm haftete eine ziemlich konzentrierte, ruhige Art an. Das war allerdings anders, wenn sie unterwegs waren.

    Professor Marks stand auf, um den Prüflingen mitzuteilen, dass jetzt die Zeit um war und sie nun abzugeben hatten. Er wusste, jetzt fing seine schlimmste Arbeit als Professor an. Das Korrigieren. Oftmals war die Schrift unleserlich, dann wiederum konnte man die Abläufe entweder gar nicht erkennen oder sie waren einfach in der falschen Reihenfolge. Manche Patienten würden auf jeden Fall nicht überleben, wenn seine Schützlinge die Behandlung in der Praxis auch so durchführen würden.

    Er dachte an die letzten Jahre in denen er korrigiert hatte. Immer wenn es zu schlimm wurde und seine Enttäuschung über das was seine Studenten anscheinend nicht gelernt hatten zu groß war, genehmigte er sich meistens ein bis zwei Glas Wein. Dann war es erträglicher für ihn, sich die Arbeiten durchzusehen.

    Noch einmal ließ er seinen Blick über die Studentenschar schweifen. Wieder blieb er bei Falk hängen. Dieser Junge, faszinierte ihn. Er hatte bereits erfahrene Dozenten in den Schatten gestellt. Bei ihm konnte man wirklich das Interesse und die Freude an der Materie spüren. Aber vor allem die Begabung sehen.

    Andreas war total erledigt – ganz so, als wäre all der Druck von ihm abgefallen, als hätte er sich einfach frei geschrieben. Er war aufgestanden und aus dem Prüfungssaal in die Aula gelaufen. Er musste jetzt einfach stehen nach diesen fünf Stunden Prüfung. Er sah Tom an, der jetzt ebenfalls aus dem Saal stapfte. Irgendwie sah dieser geknickt aus, immer noch angespannt, deswegen fragte ihn Andreas: „Tom, was ist los?"

    „Ach ich weiß nicht – aber ich hab ein mieses Gefühl - diese Aufgabe Nummer drei! „Ich hatte dir doch gesagt, du sollst dir den Stoff zur Neurologie noch mal anschauen, erinnerte ihn Andreas. „Ach Mist ja, ich konnte einfach nicht mehr. Mein Kopf war nicht mehr aufnahmefähig., gab Thomas jetzt zu. „Jetzt warte doch erst mal ab, vielleicht ist es gar nicht so übel gelaufen?, versuchte Andreas ihn wieder runter zu holen. „Ja wäre schön, wenn ich das denken könnte."

    Martin kam um die Ecke „Geschafft – die Prüfungen sind vorbei und so auch die Zeiten aller Abstinenz, sagte er und fuchtelte wie wild vor Andreas Gesicht herum „He Andreas, aufwachen – auftauchen aus der Welt der Medizin – übergleiten in die Welt des Spaßes und der wohlverdienten Party. Mit Blick auf Tom sagte er: „Komm Kopf hoch Tom – wir haben schon bestanden – mach dir keine Gedanken. Du denkst sowieso immer zu schlecht von dir! Bestimmt hast du überall etwas gewusst und hingeschrieben? „Ja hab ich!, antwortete Thomas. „Na also, siehst du. Was glaubst du, wie viele noch nicht mal das haben? Kommt lasst uns unser Küken an der Uni aufsammeln!", beruhigte ihn nun Martin und warf Andreas eine vielsagenden Blick zu.

    Mit Küken meinten sie Markus. Andreas, Thomas, Martin und Markus hatten in München zusammen eine WG. Der Männer-Haushalt funktionierte gut, solange jeder seine Aufgaben erledigte. Markus, das Küken, war der Jüngste in der Gruppe. BWL-Student. Im Augenblick wusste er nicht so ganz, wohin sein Weg ihn führen würde oder was genau er machen wollte. Er ließ sich die Entscheidungen in diese Richtung noch offen. Eigentlich wollte er lieber die Studiumszeit genießen. Und das in vollen Zügen. So ließ er keine Party aus. Markus der „Womanizer" wie ihn Andreas scherzhaft nannte. Er war nur 1,65 m groß, sportlich und hatte dunkle Haare. Andreas konnte die Anzahl der Damen, die er bisher mit in die WG gebracht hatte schon gar nicht mehr zählen.

    Er selbst, Andreas, war mit siebenundzwanzig der Älteste in der WG. Er hatte sein Studium erst später beginnen können, weil er noch wehrpflichtig war und somit seinen Dienst bei der Bundeswehr vor dem Studium noch abgeleistet hatte. Die Anderen waren ausgemustert worden. Sicher, er hätte auch über die Bundeswehr studieren können, aber das war Nichts für ihn. Er war nur allein deswegen zur Bundeswehr gegangen, weil sein Vater beim Bundesverteidigungsministerium arbeitete. Außerdem stammte seine Familie aus einem alten deutschen Adelsgeschlecht. Es wurde also vom Grund her von ihm als Erbgraf erwartet, dass er den Wehrdienst ableistete. Andernfalls hätte er einen Affront heraufbeschworen. Also hatte er sich gefügt und diesen eben abgeleistet. Mehr war er aber nicht bereit in diese Richtung zu tun. Anschließend hatte er im Studium dann härter gearbeitet als die Anderen und aufgeholt. Deshalb konnte er nun gemeinsam mit seinen Freunden die Abschlussprüfung schreiben. Andreas war mittelgroß, sportlich und muskulös, hatte braun-grüne Augen, dunkelbraune kurze Haare und lange dunkle Wimpern. Dazu noch einen Drei-Tage-Bart. Eigentlich eine Mischung aus Model und Hollywoodstar, sagte Markus immer zu ihm. Er selbst gab darauf Nichts.

    *************************************************************************************

    Kapitel 2

    „Mama", rief Mia heute zum wiederholten Male. Sie war krank und einfach nicht fit. Wobei Susanne, sie so wie heute, noch nie erlebt hatte. Mia war unruhig, weinerlich und zickig. So langsam fing Susanne an, sich Sorgen um ihre Tochter zu machen. Was die Kleine auch beschäftigte - ab 18 Uhr hatte sie Dienst im Luna´s. Die Arbeit dort war gut, weil sich die Bar im gleichen Haus wie ihre Wohnung befand. So konnte sie das Babyphone mitnehmen und auf diese Weise arbeiten, ohne Mia richtig allein lassen zu müssen. Mist – ihr Kopf wird immer heißer, dachte Susanne. Fieberthermometer, wo habe ich das nur? Ah, da ist es! So mal sehen. Oh je, 40,2°!

    Susanne und die zweijährige Mia, wohnten allein. Vormittags besuchte Susanne Vorlesungen fürs Jura-Studium, nachmittags arbeitete sie als Notariatsangestellte im Bezirksnotariat. Nach der Krippe kümmerte sie sich dann um Mia. Mit ihrem Jura-Studium wollte sie fünf Jahre als Rechtsanwältin arbeiten und danach Notarassesorin werden, um dann später als Notarin arbeiten zu können. Wenn sie erst mal Notarin war, würde es für sie und Mia auch leichter werden, bestimmt. Zumindest hoffte sie das.

    Während der Woche, half sie ihrem Vermieter – Bernd - zwei- bis dreimal abends in der Bar aus. Das Geld konnte sie sehr gut gebrauchen. Den Rest der Zeit, war sie mit Nacharbeiten für das Studium, oder mit Haushalt und Kind beschäftigt. Das alles war guter Stress. Irgendwie brauchte sie diesen straffen Zeitplan, das pushte sie. Und so war sie in der Lage das alles unter einen Hut zu kriegen.

    Sie war sechsundzwanzig Jahre alt. Mia´s Vater hatte sich, direkt nachdem Susanne ihm von der Schwangerschaft erzählt hatte, aus dem Staub gemacht und nie mehr blicken lassen - geschweige denn Verantwortung für seine Tochter übernommen.

    Susannes Eltern lebten im Allgäu und somit etwa zwei Stunden entfernt. Deshalb waren sie und Mia meistens allein auf sich gestellt. Einzig und allein ihr Bruder Stefan, Pate von Mia, wohnte nur eine Stunde von ihr und half Susanne wo er nur konnte. Und manchmal sprang auch Eva, Susannes beste Freundin, ein.

    *************************************************************************************

    Andreas, Martin und Thomas waren inzwischen an der Uni angekommen. Markus hatte noch Vorlesung gehabt. Aber er wollte sich die Party natürlich nicht entgehen lassen. Und dann kam er auch schon. „Na wie ist es gelaufen – ihr Weißkittel? „Geht so, sagte Tom. „Also bestanden Tom, oder?, neckte Markus ihn. „Warum denkt ihr das denn immer alle? „Weil du dich immer schlecht gefühlt und dann gut abgeschnitten hast, sagte Andreas mittlerweile gelangweilt von der Leier. „Wohin jetzt?, fragte Tom um abzulenken. „Kommen die Mädels auch?, wollte Markus wissen. „Markus, die Mädels kommen vielleicht nach. Und Tom, wir gehen ins Luna´s., antwortete Martin. „Also los", sagte Markus.

    Als die vier im Luna´s angekommen waren, war es dort schon ziemlich voll. Nur noch ein Tisch auf der rechten Seite vom Eingang war frei. Das wird eng, wenn die Mädels noch kommen, dachte Markus. Die Tische im Luna´s waren in O-Form gestellt, so dass in der Mitte die Kellner gut alle Tische erreichen konnten. Andreas und Thomas setzten sich mit dem Rücken zur Wand, so dass sie in das Innere des O und die Tür sehen konnten. Martin und Markus setzten sich mit Gesicht Richtung Wand.

    Andreas schaute sich um. Er fand, dass das Luna´s mit seinen gelben Wänden und daran hängenden Blechbildern eine kleine aber gemütliche Bar war. Er schaute weiter zur Theke. Sonst half hier donnerstags immer noch eine Kellnerin. Heute konnte er nur Bernd, den Chef des Ladens, sehen. Wo ist sie nur, dachte er bei sich. Hoffentlich arbeitet sie noch hier, wir waren schon so lange nicht mehr da. Andreas hatte immer noch auf die Theke geschaut. Als seine Augen zurück zum Tisch wanderten, traf ihn Martins wissender, durchbohrender Blick. Und bei Markus war ein verschmitztes Grinsen zu sehen. Als könnten sie seine Gedanken lesen. Verdammt!

    Neben ihm war ein Handy zu hören. Tom´s! Wahrscheinlich Miriam, Jurastudentin aus Frankfurt, die neue Freundin. Da noch mal ein Handy. Martins! Irgendwie hatte Andreas den Verdacht, dass es da seit neuestem eine Frau im Leben seines besten Freundes gab. Aber dieser ließ einfach Nichts raus! Andreas sah, dass Markus schon Blickkontakt zu den beiden Mädels am Nebentisch aufgenommen hatte. Rechts von ihm war ein Pärchen ständig am Knutschen. Ihm wurde gleich übel. Ehrlich – was war nur mit allen los?

    Er, Andreas, war der Meinung, dass es nur die eine Richtige geben konnte, die zu einem passte. Außerdem hatte er jetzt keine Ambitionen eine Beziehung zu führen. An die „große Liebe" glaubte er sowieso nicht, dass war wissenschaftlich nicht zu erklären. Außerdem war erwiesen, dass die Ursache für dieses ganze Liebesgedöns nur die erhöhte Ausschüttung der Hormone Oxytocin und Dopamin ist. Was allerdings zugegebenermaßen eigenartig war, war die Tatsache, dass er seit zwei Jahren immer an ein und dieselbe Frau dachte. Aber das hatte sicherlich Nichts zu bedeuten. Das eigentlich Komische in dieser Angelegenheit aber war, dass er nicht wie sonst, diese Dame einfach abschleppen konnte. Irgendetwas hielt ihn zurück – fast so etwas wie eine Schüchternheit – er konnte sie einfach nicht ansprechen. Total untypisch für ihn. Aber auch das hatte bestimmt nichts zu bedeuten, dachte er bei sich.

    Auf jeden Fall war sie heute hier nicht zu sehen. Aber was würde ihr Erscheinen für einen Unterschied machen? Er konnte sich ja ohnehin nicht überwinden, sie anzusprechen. Und da fühlte er schon wieder Martins Blick. Der machte ihn noch wahnsinnig. Er kennt mich einfach zu gut, dachte Andreas bei sich. Plötzlich hatte er das Gefühl, dass er hier raus musste – an die frische Luft – eine Rauchen. Und so stand er auf und lief nach draußen.

    *************************************************************************************

    Zehn vor sechs – Susanne musste noch mal Fieber messen bei Mia. … 40,2, immer noch! Das Fieber sank einfach nicht. Mia schlief jetzt. Heute würde sie alle halbe Stunde zu ihr hoch schauen – egal wie sauer Bernd war.

    Bernd, ihr Chef und Vermieter, war ein richtiger Choleriker. Immer wenn ihm etwas widerstrebte, konnte man das frühzeitig an der Färbung seines Gesichts erkennen. Er war ein kleiner untersetzter Mann mit grauen Haaren.

    Als Susanne unten in der Bar angekommen war, traute sie ihren Augen nicht. Um sechs schon alle Plätze besetzt. Und das gerade heute, dachte sie bei sich. Sie ließ ihren Blick über die Gästeschar gleiten. Ganz vorne sah sie, natürlich die Stammgäste Sandra, Peter und Philipp. Sie waren jeden Donnerstag da. Am Tisch daneben saßen zwei junge Mädels – ziemlich aufgetakelt – wahrscheinlich auf Männerfang. Daneben fand Susanne Jens und Paul sitzen – die idealen Opfer für die Mädels am Nebentisch. Konnte interessant werden, dachte sie bei sich. Ganz hinten rechts, war der Club der Rennradfahrer. Ihrer Meinung nach, alle von sich selbst überzeugte junge Studenten, sehr darauf bedacht, dass sie auch jeder Frau als absolut sportliche und leistungsfähige Partner ins Auge stachen. Sie ließ ihren Blick nach links schweifen. Ah, Paula und Rike waren auch da. Die beiden mochte sie. Sie waren eigentlich fast jeden zweiten Abend hier. Manchmal hatten sie noch ein paar Mitstudenten oder -studentinnen dabei. Heute waren sie allein und in ein ziemlich wichtig erscheinendes Gespräch über die „sportlichen" Männer am Nebentisch vertieft. Susanne schaute weiter. Ah, da war die, Clique Medizinstudenten. Die hatte sie schon länger nicht mehr gesehen. Wenn sie ins Luna´s kamen, dann waren sie meistens zu siebt. Vier Jungs und drei Mädels. Heute schienen sie extrem gut gelaunt zu sein. Am Tisch direkt vor der Theke saß ein Pärchen – anscheinend ganz frisch verliebt – wie zusammengewachsen. Puhh, dass würde auf jeden Fall ein anstrengender Abend für sie werden.

    „Was stehst du hier so rum? Los, sieh zu dass du die Getränke aufnimmst und an die Tische kriegst – Zeit ist GELD!!!" Bernd! – Der, hatte heute wieder blendende Laune! Susanne nahm die Bestellungen der ersten drei Tische rechts auf – neun Personen auf einmal waren heute einfach das Maximum. Die Radler würde sie dann mit Rike und Paula machen. Danach die Mediziner und das Liebespaar. Sie machte sich gerade daran Bernd zu helfen, die neun Getränke ihrer ersten Bestellung einzuschenken, als das Babyphone einen ziemlichen Ausschlag hatte. Sie musste dringend zu Mia. Bernd würde ausrasten. Egal. Schnell machte sie sich auf den Weg nach oben zu ihrer Wohnung.

    Mia saß weinend und glühend rot im Bett. „Mein Schatz was ist denn? „Ich habe so Durst Mami! „Warte ich bringe dir gleich etwas! Leg dich wieder hin. Susanne machte sich daran, Mia ein Glas Tee einzuschenken. Danach ging sie wieder zu ihr und nahm sie ganz fest in den Arm. Sie musste unbedingt noch mal Fieber messen. „40,4 – das auch noch – gestiegen! Lange konnte sie jetzt nicht mehr warten bis sie einen Arzt aufsuchte. „Fieberzäpfchen, sagte sie vor sich hin. Sie verabreichte Mia das zweite für heute. Dann gab sie ihr Tee zu trinken – danach schlief Mia vor lauter Erschöpfung gleich wieder ein. Susanne zog sie um, weil sie komplett nass geschwitzt war und machte noch schnell kalte Umschläge auf die Beine. „Mein Mäuschen in einer halben Stunde sehe ich wieder nach dir!, flüsterte sie ihr ins Ohr und gab ihr einen Kuss.

    Unten in der Bar angekommen, war sie durch die Gesichtsfarbe von Bernd – schon mal gleich vorgewarnt. „Wo warst du so lange, denkst du ich bezahle dich fürs Nichtstun? Los bring die Getränke an die Tische und nimm die Bestellungen auf. Und setz dir ein motivierteres Gesicht auf! Da denken die Gäste ja du hättest keine Lust sie zu bedienen!", sagte er sehr deutlich.

    *************************************************************************************

    Martins Blick hatte auf Andreas geruht, - als dieser sich plötzlich fluchtartig erhob und nach draußen ging. Meine Güte, so konnte das echt nicht weiter gehen, dachte er. Jeder wusste, dass Andreas total verschossen war, in diese Kellnerin - Susanne – nur Andreas eben selber nicht. Weil, wie waren noch mal seine Worte? Weil so etwas ja wissenschaftlich überhaupt nicht zu erklären war und er außerdem keine Frau brauchte und wenn dann nur um Spaß zu haben. So etwas wie Liebe gibt es ja sowieso nicht, hatte er zu Martin gesagt. Es machte Martin langsam wahnsinnig! Natürlich gab es keine Liebe, wenn man es nicht mal bemerkte, wenn sie einem eine Ohrfeige gab. Sie mussten sich was einfallen lassen. Und er wusste auch schon genau was. Markus hatte er schon eingeweiht. Jetzt noch Tom. „Hey Tom, du hast doch sicherlich mitbekommen, wie unser Doc hier zu dieser Kellnerin, Susanne, zwischenzeitlich war sie hinter der Theke aufgetaucht, „steht, oder?, fragte ihn nun Martin.

    „Ich bin mir nicht sicher Martin, wie denn? „Oh Mann, du bist auch so ein Kandidat! Er ist total verschossen in sie und will es einfach nicht wahrhaben! Deswegen müssen wir jetzt was machen und ihm den Schritt des Bekanntmachens erleichtern – verstehst du? „Und was bitteschön sollen wir da machen Martin? „Ganz einfach, - warte ich erzähle es dir…. „Findet ihr das fair?, verlieh Tom seinen Bedenken Ausdruck. „Was heißt hier fair – ich finde das hilfreich!, antwortete Markus. „Außerdem werden wir nicht mehr allzu oft hier sein, was bedeutet, so viele Chancen kriegt unser Freund Andreas nicht mehr!, sagte Martin. „Ich kann das nicht – Erstens, fühle ich mich dann schlecht Andreas gegenüber und Zweitens, hintergehe ich doch nicht Miriam!, sagte Thomas. „Meine Güte jetzt reiß dich mal zusammen! Wir ziehen das durch, basta!" entschied nun Martin.

    Thomas musste nachdenken. Früher waren die besten Zeiten von ihm und Andreas, die Partys am See vor Andreas Elternhaus. Sie hatten immer die hübschesten und angesagtesten Mädels am Start. Und manches Mal hatten sie Andreas Eltern zur Verzweiflung gebracht. Andreas wurde in dieser Zeit nachgesagt, er könne jedes Mädchen glücklich machen. Und alle waren sie total verschossen in ihn. Aber Andreas ging es nur um den Spaß. Er wollte sich mit festen Beziehungen noch Zeit lassen. Und jetzt vor allem. Während des Studiums waren Frauen absolut tabu für ihn, das wusste Thomas. Sein Freund wollte unbedingt Arzt werden, das war immer schon sein Ziel gewesen. Dafür war dieser bereit alles zu geben. Nicht, dass Andreas nicht weiterhin auch auf der Uni massenhaft Chancen gehabt hätte. Seiner Meinung nach, sah er wirklich sehr gut aus.

    *************************************************************************************

    Am liebsten würde er gar nicht mehr hineingehen. Es machte keinen Spaß dort, wenn sie nicht da war. Verdammt, welche Gedanken hatte er denn da? Er war Wissenschaftler, Mediziner – wach auf Andreas, sagte er zu sich selber. Er warf seine Zigarette auf den Boden um sie auszumachen und ging zurück in die Bar. Seine drei Freunde schienen sich ziemlich ernst zu unterhalten – komischerweise verstummten sie, als er zum Tisch kam, abrupt.

    Er setzte sich wieder auf seinen Platz, als – und da war sie – Susanne an ihren Tisch kam. Sie wirkte irgendwie durcheinander heute. Er sah sie an, aber sie nahm nur ganz professionell ihre Bestellung auf und ging dann weiter zum Nebentisch. Sie hatte ihn noch nicht einmal bemerkt.

    Gleich war wieder eine halbe Stunde vorbei. Susanne beeilte sich, die Getränke für die beiden letzten Tische zusammenzustellen und zu den Gästen zu bringen. Sie hatte heute auf jeden Fall nicht die Konzentration wie sonst. Ihre Sorge um Mia war einfach zu groß.

    Markus erhob sich und lief direkt auf die Theke zu. Was will der denn jetzt an der Theke, wunderte sich Andreas. Er hat doch eben erst bestellt. Markus ging direkt auf Susanne zu. Jetzt fängt er auch noch an mit ihr zu reden und er packt sein Womanizer-Lächeln aus. Dieser Arsch! Er wusste doch, dass er, sie nett fand! Oder war es vielleicht sogar mehr? Andreas kannte solche Gefühle nicht bei sich.

    „Hallo schöne Frau! Jetzt waren wir schon so oft hier und ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Ich heiße Markus und würde dich gerne auf einen Drink einladen, wir haben heute nämlich was zu feiern! Was soll das denn, dachte Susanne? „Danke für die Blumen, Markus. Ich habe hier leider viel zu Tun und keine Zeit einen Drink zu nehmen. Außerdem habe ich, so lange ich arbeite, alle Getränke frei. – Trotzdem danke! Viel Spaß dir noch bei deiner Feier! Mit diesen Worten nahm Susanne das Tablett und lief zu dem Tisch mit den Radlern.

    So war er noch nie abserviert worden, dachte Markus bei sich. Das machte die Frau direkt interessant. Aber na ja, andere Mütter hatten ja auch schöne Töchter z. B. die vom Nebentisch. Besonders diese Paula schien sehr vielversprechend zu sein.

    Das machte ihn richtig wütend! Markus, sein eigener WG.-Mitbewohner, dachte Andreas! Wie konnte er nur! Aber wie es aussah – hatte sie ihn gehörig abblitzen lassen. Recht so! Auch einem Markus musste so was mal passieren.

    So, jetzt musste sie unbedingt noch mal hoch zu Mia. Zwei Stufen auf einmal nehmend, rannte Susanne zur Wohnung. Mia schlief friedlich. Fieber messen! 40,1°! Etwas gesunken, Gott sei Dank. Sie machte neue kalte Wickel und gab Mia einen Kuss auf die Stirn, bevor sie sie wieder richtig zudeckte.

    Dann lief sie wieder runter in die Bar. Sie war gerade dabei, die Getränke für das Pärchen und die beiden ersten Tische rechts zusammenzustellen, als wieder einer vom Medizinertisch auf sie zusteuerte. Dieser war sicher zwei Köpfe größer als sie. So wie sie wusste, hieß er Thomas. Er wirkte sehr unsicher und es schien so, als würde er den Weg zu ihr, nicht ganz freiwillig antreten.

    „Hallo, sagte Thomas. „Hallo, erwiderte Susanne, „kann ich irgendetwas für dich tun? „Ähm, ja ich denke schon, du könntest mir die Freude machen und mit mir einen Drink nehmen. So als kleines Dankeschön, weil du uns immer so gut versorgst hier und weil wir hier heute was zu feiern haben. War gar nicht so schwer dachte Thomas.

    Was war heute nur mit diesen Medizinern los? Hatten sie alle einen Stromschlag bekommen, dachte Susanne? „Danke, das ist sehr nett von dir mich einzuladen, aber leider habe ich überhaupt keine Zeit dafür. Du siehst ja was hier los ist! Außerdem sind für mich, solange ich arbeite, alle Getränke frei. „Okay, dann eben nach deiner Schicht! Wie lange musst du hier arbeiten?, sagte Thomas - so schnell ließ er sich nicht abservieren. „Du, auch danach habe ich keine Zeit – tut mir leid. Ist nichts gegen dich! „Verstehe – du willst nicht. „Sieh es wie du willst. Ich muss jetzt weiter machen", antwortete Susanne und lieferte dann ihre Getränke aus.

    Es war echt unglaublich, jetzt baggerte auch noch Thomas Susanne an. Thomas, der doch eigentlich mit Miriam liiert war! Andreas konnte es nicht fassen! Was sollte das alles? Martin durchbohrte ihn schon wieder.

    „Hör zu Andreas, sagte Martin nun, „Wir werden das so lange weiter treiben, bis du mit ihr sprichst. Es ist jetzt echt Zeit – das kann kein Mensch mehr mit anschauen. „Das ist nicht euer Ernst!, antwortete Andreas. „Doch unser voller Ernst, sagte Markus. „Du bist total verknallt in sie, dass kann ein Blinder sehen! Auch wenn es deiner Meinung nach, wissenschaftlich nicht erklärbar ist, musst du wohl akzeptieren, dass es auch Dinge außerhalb der Wissenschaft gibt! Wir, sehen uns das auf alle Fälle nicht mehr länger mit an. Entweder du sprichst sie heute noch an, oder ich schleppe sie ab, sagte Martin. „Das kann nicht dein Ernst sein! Du weißt, ich kann sie nicht ansprechen, Martin. „Das - ist allerdings dein Problem – wobei ich absolut nicht verstehen kann warum. „Ich kann es auch nicht verstehen Andreas! Früher hast du jedes Wochenende mehrere Frauen abgeschleppt. Was ist nur los mit dir?, klinkte sich jetzt auch noch Tom mit ein. „Und sie ist echt heiß" jetzt gab auch noch Markus seinen Kommentar dazu.

    Martin konnte sehen, wie Andreas sich wand. Er wusste, dass es schwer für ihn war zuzugeben, sich verliebt zu haben. Und das war seiner Meinung nach auch der Grund, warum Andreas sie nicht ansprechen konnte. Sie war nicht die Frau, die man nach einer Nacht wieder loswerden konnte und wollte. Sie war eine Frau für was Richtiges. Und das, leider musste Martin das zugeben, war absolutes Neuland für seinen besten Freund. Plötzlich war er nicht mehr der selbstbewusste Medizinstudent, der jede Frau flachlegen konnte, die er wollte. Plötzlich sollte er sein sicheres, bekanntes Terrain verlassen. Er musste Angst haben, abgelehnt zu werden. Und auf einmal war das ganze Selbstbewusstsein seines Freundes verschwunden. Er nahm nicht einmal mehr wahr, dass er von allen Vieren, der war, der am besten aussah. Und bei Gott, leider musste das Martin auch anerkennen, er sah gut aus!

    Andreas war der Abend verdorben. Was sollte er nur machen? Insgeheim wusste er, dass Martin und die anderen Recht hatten. Er wusste aber nicht, was mit ihm los war. Wenn er in ihrer Nähe war, fühlte er sich so unsicher und gar nicht selbstbewusst wie sonst. Außerdem war sein Magen ständig flau, wenn er sie ansah. Und heute hatte sie noch nicht mal Notiz von ihm genommen. Wenn er sie jetzt anspräche und sie ihn abblitzen ließe, was dann? Was war nur mit ihm los? Sogar Tom konnte sie ansprechen, dachte er bei sich. Jetzt kam sie auch noch an ihren Tisch!

    „Kann ich euch noch was bringen?", fragte sie.

    Das war seine Chance, dachte er, – bitte erwidere meinen Blick – bitte! Er versuchte ihr direkt in die Augen zu schauen, ganz tief. Sie sah ihn an und ihre Augen trafen sich. Beide konnten sie sich nicht mehr lösen. Es war ihm, als würde eine fremde Macht sie beide festhalten. Sie hatten Mühe in die Wirklichkeit zurückzukehren. Bemüht um Fassung sagte sie stotternd: „Was möchtest du noch trinken? Perplex antwortete er: „Gin Tonic - bitte! Im Umdrehen sagte sie: „Okay!"

    Und wieder konnte Andreas spüren, wie Martins Röntgenblick ihn durchbohrte.

    Susanne war für einen kurzen Augenblick völlig aus der Spur. Was war das gerade eben? Als hätten seine und ihre Augen sich verbündet. Und ihr Herz hatte Freudensprünge veranstaltet. Nicht jetzt Susanne, das geht nicht, du kannst das nicht. Denk an Mia, denk an deinen Tagesablauf, du hast keine Zeit für so etwas. Es ist völlig ausgeschlossen. Mia! Oh Gott, es war schon über eine dreiviertel Stunde her, seit sie das letzte Mal nach ihr gesehen hatte. Jetzt wollte das Pärchen am Tisch gleich links auch noch zahlen. Sie war gerade zurück vom Pärchen, da kam der blonde Jüngling vom Medizinertisch direkt auf sie zu. Nicht das auch noch. Ihr Abend war auch ohne das Chaos anstrengend genug!

    Andreas hatte seine Chance wieder nicht wahrgenommen. Wer nicht hören will, muss fühlen, dachte Martin. Jetzt kam sein Auftritt. Ihn würde sie nicht abblitzen lassen, so wie die anderen beiden. „Hallo –Susanne- richtig? Susanne stellte gerade das Tablett für den Mädels Tisch zusammen „Ja Martin ließ sich nicht abwimmeln „Hör zu, wir waren jetzt schon so oft da. Und nie haben wir beide uns unterhalten. Ich würde dich gerne näher kennenlernen, weil ich dich sehr sympathisch finde. Krieg ich eine winzig kleine Chance? Einfach nur reden und kennenlernen? „Martin richtig? Ganz charmant antwortete er: „Ja. „Hör zu, es ist absolut nichts gegen dich – aber ich hab für solche Dinge einfach keine Zeit, erklärte sie ihm. „Jeder Mensch hat doch mal Zeit? Jetzt reichte es ihr! „Nicht ich! In mein Leben passt so Etwas im Moment nicht! Sorry! Ich muss jetzt weitermachen!, mit diesen Worten nahm sie das Tablett und wollte schon los, als er wieder anfing. „Hab ich den gar keine Chance verdient? Sie atmete tief durch. „Das schon, aber ich bin die falsche Frau dafür!, mit diesen Worten lief sie nun zum Mädels Tisch.

    Wow – da hatte sie doch glatt sie alle drei abserviert. Das hatte Martin auch nicht erwartet. In seinem Rücken spürte er schon das Grinsen auf Andreas Gesicht. Aber das Gute war – jetzt war der selbstbewusste Frauenschwarm Andreas zurück. Das konnte er an Andreas ganzer Haltung und Ausstrahlung erkennen. War der Abend also doch nicht umsonst. Vielleicht hatte Andreas, ja nur eine andere Taktik, wie sie alle.

    Jetzt musste Susanne dringend wieder zu Mia hoch schauen. - Fieberthermometer. 40,5°! Sie konnte sie jetzt nicht mehr so lange alleine lassen. Was sollte sie nur tun? Vielleicht konnte sie jemand vertreten? Sie rief Mara an, ob sie nicht einspringen könne. Mara nahm nicht ab. Vielleicht Joe? Okay, auch nicht – er lag mit Grippe im Bett. Was nun? Sie würde noch mal eine halbe Stunde versuchen. Dann musste sie mit Bernd sprechen. Sie lief zurück in die Bar und machte sich an die Arbeit.

    Da war sie wieder. Der Blick hatte Andreas dermaßen durcheinander gebracht, dass er jetzt doch tatsächlich den Mut hatte – sie anzusprechen. Er musste es tun, bevor es jemand anders machte, das hatte er heute gelernt.

    Oh mein Gott jetzt kam auch noch ER auf sie zu! Waren die denn heute alle bescheuert? Aber ER? Ihr Bauch fing an flau zu werden und ihr Herz schlug Purzelbäume – aufhören! – Das darf nicht sein! „Hi, sagte er. „Hi, antwortete sie prompt und hatte das Gefühl, kirschrot anzulaufen. Er setzte sich vor ihr auf den Barhocker. Und jetzt tat er es schon wieder! Er sah ihr in die Augen! Sie konnte nicht, sie konnte einfach nicht wegsehen. Auch sie schaute ihm direkt in die Augen. Es war ihr, als würde die Welt um sie beide verschwimmen. Alle Geräusche, alle Gerüche waren verschwunden. Sie wusste nicht einmal ob es warm oder kalt war. Es gab nur sie beide. Gar nicht gut! Gab ihr Gehirn zur Warnung. Ach Quatsch – der ist es – der ist unsere andere Hälfte – er ist der Richtige – der gehört zu uns! Gab ihr Herz zu bedenken. Plötzlich fühlte sie, wie sie in die rechte Seite geboxt wurde. Bernd! Verdammt jetzt war alles zerstört.

    „Bring das zu Tisch fünf und bediene endlich den Herrn hier!"

    Sie sah Andreas an und sie fühlte sich total zittrig und aufgewühlt. „Ich-, ich-, bin gleich wieder da", ließ sie ihn wissen. Er nickte nur und sah ihr immer noch in die Augen. Dieser Blick, glasklar mit einem Glitzern, hoffnungsvoll und gleichzeitig fordernd - durchdringend. Gegen diesen Blick war sie total machtlos – er hätte alles von ihr verlangen können.

    Mist, was musste ihr Chef das jetzt kaputt machen. Da war etwas zwischen ihnen beiden. Er konnte es deutlich spüren. Sein ganzer Körper spielte verrückt. Er fühlte sich wie high und gleichzeitig total schwach und zittrig. Dafür gab es einfach keine logische Erklärung – zumindest nicht vom wissenschaftlichen Standpunkt aus betrachtet! Shit, Martin hatte mal wieder Recht! Da, jetzt kam sie zurück – seine Chance!

    „Möchtest du was trinken? Kann ich dir was bringen?, fragte sie. „Nein! Ich möchte - ich muss mit dir reden – es ist wichtig!, sagte er. „Ich kann nicht!, sagte sie wie aus der Pistole geschossen. Das traf ihn wie ein Blitz! Als sie seinen Gesichtsausdruck sah, tat es ihr unheimlich leid und sie sagte: „Es ist gerade wirklich schlecht – alle wollen zahlen oder bestellen – ich weiß nicht wo ich zuerst hin soll! Kannst du noch kurz warten? Bitte? „Ja - ja klar" Er fühlte seinen gefassten Mut ganz schnell wieder sinken, genauso wie er sein Selbstbewusstsein an sich vorbei spazieren sah! Das war´s dann.

    „Wollen sie was bestellen?, bellte nun der Chef auch noch in seine Richtung, „wenn nicht, lassen sie meine Angestellte gefälligst ihre Arbeit machen und setzen sie sich wieder! Das hatte gesessen. Andreas Selbstbewusstsein war jetzt zusammen mit seinem Mut und allem anderen verschwunden. Miese Verräter. Also stand er auf, nahm gleich zwei Gin Tonic mit und setzte sich wieder zu den Anderen an den Tisch. Jetzt war ihm alles egal und nur der Alkohol half noch.

    Mensch der Arme, dachte Martin – jetzt hat er doch endlich den Mut gefasst und dann so etwas. Deswegen beschloss er mit zu trinken. Geteiltes Leid war schließlich halbes Leid. Das dachten wohl die anderen beiden auch. Und so bestellten sie gleich die nächste Runde.

    Als sie wieder zur Theke kam und die Bestellung an Bernd weitergab, war ER weg. Andreas saß wieder am Tisch und hatte es sich wohl anders überlegt. Sie sah wie er schon das zweite Glas leerte. Wer weiß wovor mich das bewahrt hat, dachte sie. Jetzt wollte sie erst einmal zu Mia. Oben angekommen, schlief Mia sehr unruhig und wälzte sich im Bett hin und her. Das Fieberthermometer zeigte 40,8°! Jetzt konnte sie nicht mehr warten.

    Aufgelöst rannte sie hinunter in die Bar zu Bernd. „Bernd, Mia hat schon den ganzen Tag Fieber! Es steigt von Stunde zu Stunde! Ich muss bei ihr bleiben und einen Arzt rufen – du musst hier alleine weitermachen. „Das geht jetzt nicht Susanne! Wenn du das machst, kannst du zukünftig gleich weg bleiben! Ich brauche jemanden auf den ich mich verlassen kann! Hier ist die Hölle los. „Aber sie hat HOHES FIEBER!!! Ich hab doch noch nie gefehlt!, versuchte sie ihren Job zu retten. „Das weiß ich wohl, aber du musst sowieso schon froh sein, dass ich dich ab und zu hoch lasse zu ihr. Denk nicht das wäre mir nicht aufgefallen. „Gut, dann musst du mich eben kündigen! Ich werde die Arbeit bei dir nicht über das LEBEN von MIA stellen!", mit diesen Worten nahm sie ihre Schürze ab und knallte sie ihm auf den Tresen.

    Andreas konnte nicht anders er musste immer wieder zur Theke schauen und hatte so das ganze Gespräch mitgehört. Sie hatten irgendetwas von hohem Fieber gesprochen. Da kam der Medizinstudent in ihm raus. Wenn es um die Medizin ging – war er immer selbstbewusst, außerdem war er dann, auch trotz Alkohol, bei glasklarem Verstand. Und so stand er auf und lief Richtung Theke. Die drei anderen, schauten, ihm hinterher. „Entschuldigung wenn ich mich einmische. Ich habe zufällig euer Gespräch mit angehört. Kann ich irgendwie helfen?", fragte er.

    Susanne schaute ihn an – sie war dermaßen durcheinander und aufgewühlt „Meine….,, ihre Stimme erstarb. „Meine Tochter Mia hat sehr hohes Fieber, war alles was sie an Antwort zustande brachte.

    Andreas schloss für einen kurzen Moment die Augen um sich selbst klar zu machen, wie blöd er gewesen war. Sich einzubilden – eine Frau wie sie wäre noch allein. Sie hatte eine Tochter! Dazu gehörte ein Vater – er war so ein Riesenvollidiot! Andreas reiß dich zusammen, jetzt zählt das Kind, dachte er und fragte: „Darf ich sie mir mal ansehen? „Ja, sicher. antwortete Susanne. Sie lief vorweg in Richtung ihrer Wohnung. „Wie hoch ist das Fieber?, fragte Andreas. „40,8°! Klingt nicht gut – dachte er. Sie lief ihm voraus in Mias Zimmer. Er ging gleich zu Mia und setzte sich aufs Bett, fühlte ihre Stirn und sah ihre Zunge an. Dann zog er die Decke zurück und schaute sich ihren Körper an. Überall große rote Flecken. „Hat sie über irgendwelche Schmerzen geklagt? „Ja sie hatte ein wenig Halsschmerzen! „Wie lange hat sie schon Fieber? „Seit heute Mittag! „Was hast du seither unternommen? „Ich habe ihr schon zwei Fieberzäpfchen gegeben! „Bitte zeig mir welche. Sie zeigte ihm die Packung, „Hier. „Okay, ich tippe auf Scharlach – hatte sie das schon? „Nein! „Hattest du es schon?, fragte er sie. „Ich glaube - ich weiß es nicht! „Du solltest möglichst nicht in ihrer Nähe sein, bevor wir nicht wissen, ob du es schon hattest. Es ist ansteckend und kann für Erwachsene gefährlich sein! Hast du etwas dagegen, wenn ich bei Mia bleibe? „Nein! Kannst du was machen?, fragte sie aufgewühlt. „Ich werde ihr noch mal ein Fieberzäpfchen geben und ihr kalte Wickel an Beinen, Armen und Kopf machen. Wenn innerhalb einer halben Stunde das Fieber nicht sinkt, müssen wir ins Krankenhaus! „Wie alt ist sie? „Zweieinhalb! So schwer es ihm fiel musste er das jetzt sagen: „Du solltest ihren Vater benachrichtigen – es ist ernst, sagte er. „Da ist – kein Vater!"

    Irgendwie musste Andreas erleichtert aufatmen. Im ersten Moment, in der Bar, als er erfahren hatte, dass sie ein Kind hatte, war ihm als würde jemand sein Herz direkt aus ihm herausreißen. Er fühlte noch einmal Mias Stirn. Es sah wirklich ernst aus. Die Symptome sprachen eindeutig für Scharlach. Himbeerrote Zunge, rote Flecken am ganzen Körper, kontinuierlich steigendes Fieber. Eindeutig Scarlatina ausgelöst durch Streptokokken. Wenn ihr Zustand sich weiter verschlechterte konnte es zu einer Myokarditis oder einer Otitis media acuta, sowie immensen Spätfolgen kommen. Der Zustand des Mädchens machte ihm Sorgen. Die nächste halbe Stunde war entscheidend. Er selbst hatte Scharlach schon gehabt, so war die Gefahr einer erneuten Infektion geringer, weil er schon Antikörper gebildet hatte. Aber für Susanne war die Ansteckungsgefahr da. „Du darfst auch nicht mehr in die Bar, für den Fall dass du dich bereits angesteckt hast. Du würdest sonst nämlich die Gäste anstecken, wenn du es nicht schon hast. Ihre Antwort war nur noch ein Flüstern: „Mein Gott, Bernd wird ausflippen! „Bleib du bei Mia, ich kläre das, mit diesen Worten stand Andreas auf und ging zurück in die Bar. Fünf Minuten später hatte er Bernd den Kopf gewaschen und war wieder zurück am Bett von Mia. Er sah Susanne, die da stand, wie ein Häufchen Elend. Am liebsten hätte er sie in den Arm genommen, gehalten und nie mehr los gelassen. Von ihr weg zu sehen, sich auf das Kind zu konzentrieren fiel ihm nicht leicht. Plötzlich lief eine Träne über ihr Gesicht. Er stand auf und legte den Arm um ihre Schulter. „Keine Angst, wir kriegen das schon hin, versuchte er sie aufzubauen. „Ich danke dir!", mit diesen Worten löste sie sich von ihm. Sie sah ihn an, wie ein scheues, verängstigtes Tier.

    Sie wirkt sehr zerbrechlich, dachte er bei sich. Oh wie gerne wäre er für sie dagewesen. Aber jetzt war der falsche Zeitpunkt er musste nach Mia sehen. Wie er befürchtet hatte, war das Fieber weiter gestiegen. „Wir müssen sie ins Krankenhaus bringen. Kannst du fahren? Ich sollte lieber nicht mehr „Ja!, flüsterte sie. Du kommst doch mit?, fragte sie ihn – sie fühlte sich plötzlich so allein und hilflos. „Sicher! Ich gebe kurz unten meinen Freunden Bescheid., mit diesen Worten verschwand er.

    Susanne packte inzwischen eine kleine Tasche mit Kleidung und Waschzeug für Mia – Mr. Hase packte sie auch mit ein. ER kam zurück. Sie zog Mia die nass geschwitzten Sachen aus und trockene Kleidung, sowie gleich auch ihre Jacke und Stiefel an. Andreas nahm Mia hoch und legte sie sich über die Schulter um sie so zum Auto zu tragen. Er stieg hinten ins Auto und legte sich Mia auf den Schoß. Susanne fuhr. Zehn Minuten später waren sie in der Uni Klinik, seinem neuen Arbeitsplatz – für die nächsten fünf Jahre. Er wollte sich zum Chirurgen spezialisieren. Aber vorher musste er noch sein PJ, sprich sein praktisches Jahr, ableisten. Am Montag war sein erster Tag.

    Sie brachten Mia direkt in die Notaufnahme. Den diensthabenden Arzt kannte Andreas schon. Zum Glück war gerade nichts los und so waren sie gleich an der Reihe. Er sah, dass Susanne neben ihm kreidebleich war. Er legte Mia auf das Krankenbett und gab dem Doktor noch seine Erkenntnisse weiter. Für die Zeit der Untersuchungen mussten sie draußen warten, deshalb ging Andreas zu Susanne. Sie wirkte wie gelähmt neben ihm. Er nahm ihre Hand in die seine und sah sie mit einem Blick an, der ihr sagte –Ich bin da!-. Just in diesem Moment rief Dr. Grau sie wieder zu sich. Susanne löste ihre Hand aus seiner. Er lief mit zum Behandlungsraum. Dr. Grau hatte bereits eine Antibiotika – Infusion gelegt und teilte ihnen mit, dass Mia jetzt gleich auf Station verlegt würde. Susanne durfte bei ihr bleiben. Also verabschiedete Andreas sich – Susanne sagte nur noch kurz „Danke" und konzentrierte sich dann wieder auf Mia.

    Andreas verließ die Klinik – es war klirrend kalt. Er machte sich auf den Weg zur WG – ein Fußmarsch von über einer Stunde, das würde ihm jetzt gut tun.

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    Kapitel 3

    Montagmorgen der darauffolgenden Woche

    „Oh – jetzt schon!" Es war gerade 5:30 Uhr als Andreas Wecker unerbittlich klingelte. Sein erster Arbeitstag. Er schaute aus dem Fenster. Was er da sah war auch nicht besser. Regen, windig. Na wenigstens würde er draußen heute nichts verpassen. Pünktlich um 6:30 Uhr war er in der Klinik.

    Die Klinikleitung hatte ihn als Jahrgangsbesten sehr gerne eingestellt. Sein Klinik-Pate Oberarzt Miller wartete bereits auf ihn. Für die ersten zwei Monate hatten sie ihn in der Notaufnahme eingeteilt. Morgen sollte er gleich eine 3-Tage-Schicht zusammen mit Dr. Friedrichs übernehmen.

    Angekommen in der Notaufnahme wurde er ins kalte Wasser geschmissen. Dr. Friedrichs hatte angerufen und mitteilen lassen, dass er eine Stunde später käme. Meinte aber, er wisse ja, dass Andreas durchaus auch alleine klar komme. Super, dachte Andreas. Friedrichs war Gastdozent an der Uni gewesen und hatte sich dort schon ein Bild von Andreas Können gemacht. Aber dass er so überzeugt von ihm war, hatte er nicht erwartet. Andreas erster Patient war ein älterer Herr mit Verdacht auf Herzinfarkt. Er ordnete gleich alle nötigen Untersuchungen an und ging zur nächsten Patientin. Eine 14-jährige die sich eine Überdosis Heroin gespritzt hatte. Er ließ sie zur Entgiftung auf die Intensivstation verlegen. Dann kam der erste Handwerker. Das war schon eher nach seinem Geschmack. Der Mann hatte sich den Finger der linken Hand mit der Motorsäge fast vollständig abgetrennt. Aber durch eine Operation konnte dieser möglicherweise noch gerettet werden. Also reservierte er gleich einen Operationssaal und stabilisierte die Wunde für die Operation. So verhielt es sich den ganzen Tag über. Ihm wurde nicht langweilig. Um 21 Uhr konnte er endlich seine Ablösung alleine lassen um vorzuschlafen für seine 72-Stunden-Schicht.

    Daheim angekommen war eine Party im Gange. Markus hatte ein paar Mädels und auch drei Mitstudenten mitgebracht. Tom war zu Miriam gefahren, er musste erst am nächsten Montag, in einer auf Dermatologie spezialisierten Klinik, anfangen. Martin war zu Hause bei seinen Eltern.

    Von wegen vorschlafen, dachte Andreas bei sich. Also beschloss er erst mal eine Runde joggen zu gehen, um den Kopf frei zu kriegen. Danach wollte er einfach nur noch schlafen. Am nächsten Tag um zwölf Uhr ging seine nächste Schicht los.

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    Die nächsten Tage und Wochen…..

    Der nächste Tag war auch Martins erster Arbeitstag. Er hatte ebenfalls bei derselben Uniklinik wie Andreas angefangen und wollte sich auf die Innere Medizin spezialisieren. Als Belohnung dafür hatte er wesentlich nettere Arbeitszeiten als Andreas. Außerdem war Martin nie alleine sondern hatte anfangs immer noch einen anderen Arzt an seiner Seite.

    Bei Andreas verhielt sich das schon anders. Dr. Friedrichs schien seinem neuen Kollegen zu vertrauen – er ließ ihn des Öfteren alleine – kein Mensch wusste, wo er in dieser Zeit steckte. Es wurde aber gemunkelt, dass er nicht nur mit einer Schwester was am Laufen hatte. Wenn während der letzten drei Tage ein Notfall kam, blieb Dr. Friedrichs immer schön liegen und ließ Andreas den Vortritt. Dieser war nach dieser ersten Drei-Tage-Schicht total erledigt. Aber es machte ihm Spaß und bisher hatte er noch keinen Fall gehabt, bei dem er nicht weiter wusste. Wahrscheinlich bemerkte das auch Dr. Friedrichs.

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    Susanne saß bei Mia am Bett. Sie war jetzt wieder zu Hause. Andreas hatte mit seiner Diagnose völlig richtig gelegen und die Ärzte hatten gesagt, dass sein schnelles überlegtes Handeln, Schlimmeres verhindert hatte.

    Sie musste immer wieder an den Abend zurück denken. Als er den Arm um sie gelegt hatte, hatte sich das so gut angefühlt. Und im Krankenhaus, als er dann kurz ihre Hand gehalten hatte. Und dann war er einfach verschwunden. Einmal hatte er wohl noch vorbei geschaut bei Mia, weil sie ständig von einem Doktor sprach, der Andreas hieß. Susanne hingegen hatte ihn seit dem Abend im Krankenhaus nicht mehr gesehen. Sie hoffte auf ihren nächsten Arbeitstag in der Bar. Dann konnte sie sich auch noch einmal bedanken. Leider wartete sie vergebens. Er kam nicht mehr in die Bar. Und auch die anderen seiner Clique ließen sich nicht mehr blicken. Susanne hatte für einen kurzen Moment das Gefühl gehabt, dass da mehr zwischen ihnen wäre. Und sie war sich so sicher gewesen, sich nicht zu täuschen. Aber wahrscheinlich hatte es ihn abgeschreckt, dass sie ein Kind hatte. Das kannte sie schon. Viele Männer waren nicht bereit eine Beziehung zu führen mit einer Frau, die sie teilen mussten. Außerdem wollten sie sich nicht um ein Kind kümmern müssen, welches nicht ihres war. Trotzdem hatte Susanne auch noch paar Mal versucht ihn in der Uniklinik zu erwischen, aber immer war er im OP oder bei einem Patienten.

    Nach vier Monaten machte Susanne sich dann selbst klar, dass sie sich damit abfinden musste. Auch wenn in ihr immer noch der Wunsch und die Hoffnung brannten, ihn wieder zu sehen. Sie hatte so etwas, wie mit ihm noch nie zuvor gefühlt. Immer wenn sie sich angesehen hatten, war es ihr gewesen, als würde eine unsichtbare Macht sie verbinden, so als gehörten sie zusammen.

    Aber warum Trübsal blasen, dachte sie. Sie würde auch wie bisher schon, ohne Mann klar kommen. Ja gut, manchmal fühlte sie sich sehr einsam. Und eigentlich war sie auch noch zu jung, um ständig alleine zu sein. Aber im Grunde genommen hatte sie, solange sie noch studierte und Mia noch so klein war, sowieso keine Zeit für eine Beziehung.

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    Kapitel 4

    Ein Jahr später war Andreas fast an seinem Ziel. Er hatte das dritte Staatsexamen erfolgreich bestanden und seine Approbation erhalten. Jetzt konnte er sich spezialisieren. Zwischenzeitlich hatte er sich selber eine Bleibe gesucht. Es gab in diesem Jahr so gut wie keine Freizeit für ihn. Er war kaum noch zu Hause – eigentlich sah er nur noch die Klinik und sein Bett. Trotzdem musste er das jetzt durchziehen. Er dachte noch oft an Susanne. Aber wie sollte er eine Beziehung führen, wenn er nie da war? Und wenn er da war, zu müde um noch gerade stehen zu können. Das würde sich nach der Spezialisierung ändern. Er hatte noch zwei Jahre vor sich. Eigentlich wären es noch vier gewesen – aber aufgrund seiner guten Leistungen hatte ihn die Klinik- und Universitätsleitung um zwei Jahre hoch gestuft. Dafür musste er auch doppelt so viel wie die anderen Nachwuchsärzte arbeiten. Er war jetzt bei vielen Operationen dabei. Auch selbst hatte er bereits einige durchgeführt und bei einer Herztransplantation, sowie einer Hirnoperation assistiert. Er war gut in dem was er tat. Es war genau das, was er wollte und was ihm Spaß machte. Wenn andere aufhörten zu operieren, fing er erst an. Eigentlich lief alles perfekt bis zu einem Tag im Mai seines dritten Spezialisierungsjahres, als plötzlich ein Mann auftauchte, der Andreas Leben für immer verändern sollte.

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    Eineinhalb Jahre später hatte Andreas dann seinen ersten Urlaub. Mit Martin und Tom, war er heute deshalb im Luna´s verabredet.

    Martin war inzwischen mit Andreas Schwester Sophie liiert. Sie hatten sich sogar schon verlobt. Die beiden wohnten auf dem Anwesen von Andreas Eltern und hatten sich im Nebentrakt des Haupthauses eingerichtet.

    Tom war immer noch mit Miriam zusammen. Nach dem Studium wollten sie heiraten. Und er, Andreas? Na ja, er war immer noch allein. Für eine Beziehung war im Augenblick kein Platz in seinem Leben. Solch eine würde nur darunter leiden, dass er so wenig Zeit hatte und wahrscheinlich am Ende daran zerbrechen. Außerdem gab es für ihn sowieso nur eine Frau, mit der er sich eine solche Beziehung vorstellen konnte, Susanne. Erschwerend kam hinzu, dass sie ein Kind hatte. Sie musste einen regelmäßigen Zeitablauf haben. Das war mit ihm im Augenblick nicht möglich. Das Ganze wäre also von vornherein zum Scheitern verurteilt, solange er in der Spezialisierungszeit war. Er hatte immer wieder versucht den Kontakt zu ihr herzustellen. Aber irgendwie hatte er sie immer verpasst.

    Angekommen im Luna´s setzten sich die drei an einen Tisch gleich rechts von der Theke. Wie automatisch hielt Andreas nach Susanne Ausschau. Aber sie schien nicht da zu sein. Also ging er zu Theke um Bernd nach ihr zu fragen. Dieser informierte ihn, dass sie heute ihren freien Tag hatte, aber nachher eventuell mit Mia noch herunterkommen wollte.

    Eine halbe Stunde später kam sie auch. Als Mia ihn sah, rief sie: „Doc!! und lief auf ihn zu. Überrascht schaute Susanne zu ihm. „Hallo Mia!, sagte Andreas und ging in die Hocke, „Wie geht’s dir denn? Du bist ja richtig groß geworden! „Doc, ich bin jetzt schon vier!„Na ja, dann musst du ja größer sein!, sagte er lächelnd. Langsam kam er aus der Hocke wieder hoch und sah Susanne an. Wieder mit diesem Blick, welchen sie schon von ihm kannte. Susanne versuchte sich aber zusammenzureißen und sich nicht Hoffnungen zu machen, die dann am Ende wieder ins Leere gingen. Deshalb wollte sie nicht, dass er merkte, wie sehr sie sich freute, ihn wiederzusehen. Er ging, sie immer noch anschauend, auf sie zu und sagte: „Hallo Susanne! Schön dich zu sehen! Wollt ihr euch zu uns setzen? Verdammt, wieder konnte sie ihre Augen nicht von den seinen lösen. Und es schien, dass es ihm genauso ging.

    Dann stand Martin auf. „Hallo Susanne! Schön dich zu sehen. Bei uns ist noch Platz, wenn ihr wollt! Mühsam löste sie ihren Blick von Andreas. „Danke Martin! sagte sie und sie setzten sich dazu.

    Hinter der Theke war inzwischen Mara aufgetaucht und Mia sprang auf und lief in ihre Richtung. Andreas schaute immer noch auf Susanne. Verlegen sah auch sie ihn an, um aber gleich wieder wegzusehen. Sie musste sich jetzt im Griff haben, durfte nicht wieder Gefühle zulassen.

    Martin sah Tom an und bedeutete ihm, dass er mit ihm rausgehen sollte. Die beiden standen auf und gingen.

    Als sie alleine waren fragte Andreas „Wie geht es euch? „Danke gut! Wie ist es bei dir? „Mir geht es auch gut. Ich habe gerade Urlaub – der erste seit eineinhalb Jahren! „Ernsthaft? „Ja! Susanne sah ihn sich genauer an „Du siehst müde aus!, sagte sie deswegen. „Ja, das bin ich auch. Ich habe die letzten eineinhalb Jahre so gut wie keine Freizeit gehabt. War nur in der Klinik. Eine 72-Stunden-Schicht jagt die nächste! „Ist das bei allen so? „Nein! Aber sie haben meine Spezialisierungszeit verkürzt. Die Konsequenz daraus ist, dass ich mehr arbeiten muss als die anderen. Wieder schaute er ihr ernst in die Augen, was sie erwiderte. „Susanne, ich finde es schön dich wiederzusehen und mit dir sprechen zu können. Ich musste oft an dich denken! „Auch ich musste oft an dich denken Andreas. Ich hab mich immer gefragt, wo du abgeblieben bist und ich hab dich auch nie erwischt. Ich hätte mich so gerne noch bei dir bedankt, für dass, was du für Mia getan hast! „Dafür ist kein Dank nötig. Ich hab das gerne gemacht!, wieder sah er sie an. Nach einer Weile fuhr er fort „Susanne, ich hab noch mal eineinhalb Jahre vor mir. Eineinhalb Jahre ohne auch nur einen Funken Freizeit. Manchmal könnte ich im Stehen einschlafen. Oft bin ich völlig ausgepowert. Aber ich muss das die restliche Zeit jetzt noch durchziehen. Ich hoffe du verstehst das. Es wäre aber sehr schön, wenn wir ab und zu voneinander hören würden, damit ich weiß, wie es euch Beiden geht!, bat er sie nun indirekt. „Was willst du mir damit sagen Andreas? „Ich weiß nicht. - Aber was ich weiß ist, dass du und Mia, dass ihr beide mir nie aus dem Kopf gegangen seid. Dass ich immer an euch gedacht habe. Ich würde gerne wissen, wie es euch geht, vor allem ob es euch gut geht. Meinst du das könnten wir schaffen? „Andreas, auch ich bin immer Fulltime beschäftigt. Morgens Jurastudium. Nachmittags arbeite ich als Notariatsfachangestellte, dann nach dem Kindergarten braucht Mia meine vollständige Aufmerksamkeit. Und abends helfe ich immer wieder Bernd, das weißt du „Ja, aber vielleicht könnten wir mal telefonieren? Oder schreiben? Ist zwar altmodisch, aber doch nicht abwegig, oder?, gab er nicht auf. „Wir können es versuchen Andreas, aber sag mir bitte warum?"

    Andreas schaffte es nicht seine Gefühle für Susanne in Worte zu fassen. Obwohl die Worte doch eigentlich so einfach waren. Er liebte sie. Und auch ihr ging es ebenso. „Susanne ich kann nicht in Worte fassen, was in mir vorgeht. Ich weiß nur, dass es mir wichtig ist, zu wissen, ob es euch beiden gut geht. Es wäre schön, wenn unser Kontakt nicht wieder abbrechen würde. Was meinst du dazu?" Wieder trafen sich ihre Blicke.

    „Also gut, dann versuchen wir, warum auch immer, Kontakt zu halten", ließ sie sich nun überreden. Unbewusst hatte sie sich gewünscht zu hören, dass er sie gern hatte und eine Beziehung wollte. Aber auch sie konnte irgendwie nicht einfach zu ihm sagen, was sie für ihn empfand.

    Tom und Martin kehrten zurück und setzten sich zu ihnen und auch Mia kletterte auf den Schoß ihrer Mutter. Als Susanne und sie etwas gegessen und getrunken hatten, verabschiedeten sie sich und gingen wieder nach oben. Irgendwie sank Andreas Stimmung danach. Da konnte er wieder Martins Blick fühlen. „Und, hast du es ihr gesagt?, fragte dieser ihn nun auch schon. „Was soll ich ihr gesagt haben Martin? „Oh Mann, du hast es immer noch nicht kapiert. Was du für sie empfindest natürlich?, half ihm Martin weiter auf die Sprünge. Was er für sie empfand? Was empfand er denn? , überlegte Andreas. „Andreas, das ist nicht dein Ernst, dass du da noch überlegen musst? Du bist doch nicht so ein verkappter Wissenschaftler! Irgendwo in dir müssen doch Gefühle lauern?, regte Martin sich jetzt auf. „Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was du meinst Martin! Genervt schnaubte Martin: „Andreas, was fühlst du, wenn sie in deiner Nähe ist? „Ich fühle mich wohl in ihrer Nähe. Am liebsten würde ich sie immer ansehen. „Und weiter? „Was weiter?, antwortete Andreas genervt. „Na was würdest du noch gerne tun mit ihr?, ließ Martin nun nicht locker.

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