Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

In diesen Tagen
In diesen Tagen
In diesen Tagen
eBook201 Seiten2 Stunden

In diesen Tagen

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Der Roman spielt in Berlin, einen Sommer lang.
Über 500 Angestellten eines Berliner Kaufhauses sind zu immer neuen Zugeständnissen bereit, um das Kaufhaus zu erhalten. Eine heile Welt gerät ins Trudeln, als die "Wirtschaftskrise" ihren Schatten auf sie wirft.
Zwei Frauen, beide etwa Mitte 40, erleben, jede auf ihre Weise, wie die Ereignisse sich auf ihr Leben auswirken.
Kati ist verheiratet, zwei Kinder. Der Ehemann verliert nach einem Arbeitsunfall seinen Arbeitsplatz. Katis Nerven liegen blank. Die Schreckensmeldungen hatten sich in den vergangenen Monaten gehäuft. Der Sohn war in schlechte Gesellschaft geraten und nun musste sie auch noch um seine Gesundheit bangen. Ihr Arbeitsplatz im Kaufhaus, in dem sie als Verkäuferin arbeitet und sich als Betriebsrätin engagiert, ist in Gefahr. Die Doppelhaushälfte ist noch nicht ganz abbezahlt und das Auto auch nicht. Sie schafft sich eine private Heilewelt-Oase.
Die freie Journalistin Christina, lebt allein hat aber einen festen Freund (Thomas). In der Beziehung kriselt es. Die Journalistin erfährt am eigenen Leibe was es heißt, hin und wieder auf "Staatsknete" angewiesen zu sein, weil die Honorare zu mager und die Aufträge zu unregelmäßig sind. Der Auftrag für eine Reportage führt sie in das Kaufhaus, in dem Kati arbeitet. Christina lernt dort den Betriebsratsvorsitzenden Alfons Ritter kennen und schätzen. In ihren politischen Ansichten sind sie sich einig, und beide lieben die Kunst. Christinas Gefühlsleben gerät durcheinander, als sie sich in ihn verliebt. Wird sie, die Entscheidungsneurotikerin, wie sie sich selbst nennt, für einen der beiden Männer entscheiden? Kann das Kaufhaus gerettet werden?
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum14. Apr. 2019
ISBN9783748588924
In diesen Tagen

Ähnlich wie In diesen Tagen

Ähnliche E-Books

Allgemeine Belletristik für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für In diesen Tagen

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    In diesen Tagen - Lena Simon

    I

    Sie kann sich nicht entscheiden. In diesem Punkt muss Christina ihm Recht geben. Einmal mehr hatte Thomas gestern Abend davon gesprochen, eine gemeinsame Wohnung zu nehmen. Und einmal mehr war sie ihm eine eindeutige Antwort schuldig geblieben. Er war aufgestanden und ohne einen Abschiedsgruß gegangen. Seine Reaktion hatte sie traurig gestimmt und wütend auf sich selbst. Aber da ist dieses diffuse Gefühl von Panik.

    Mitten in ihre trüben Gedanken hinein klingelt das Telefon.

    „Guten Mooorgen! Liebe Christina, hast du gerade Zeit?"

    So freundlich, da steckt doch was dahinter.

    „Ich habe einen tollen Auftrag für dich. Es ist genau Dein Thema."

    „Die Redaktion am frühen Morgen! Wer auch sonst? Dann rück mal raus damit."

    „Wir müssen etwas bringen über das Weber-Kaufhaus, du weißt schon, es gibt Gerüchte über Zahlungsschwierigkeiten und Entlassungen. Ich habe einen Termin für dich ausgemacht. Für elf Uhr? Ist das in Ordnung?"

    „Ja, ja. Mach ich."

    So richtig Lust auf diese Arbeit hat sie heute nicht, den Tag mit Hektik zu beginnen, ist nicht ihr Ding. Das Wetter lädt auch nicht dazu ein, aus dem Haus zu gehen. Andererseits ist sie froh, wenn sie außer der Reihe Aufträge bekommt. Und auf dem Konto zählt ohnehin jedes noch so kleine Honorar. Für die schreibende Zunft sind sie mickrig genug. Da muss sie sich schon mächtig sputen, um über die Runden zu kommen. Und wer weiß, manchmal entpuppt sich ein Auftrag, der zunächst völlig langweilig scheint, als absolut lohnend.

    Sie spült noch ihre Teetasse ab, im Bad zieht sie die Lippen nach, geht mit der Bürste über ihr Haar. Auf dem Weg zum Schreibtisch im Wohnzimmer stolpert sie in der Eile über die Teppichkante, „Scheißding, das kommt demnächst weg", kann gerade noch das Gleichgewicht halten. Sie überprüft den Akku im Fotoapparat, packt ihre Tasche und macht sich auf den Weg zur U-Bahn.

    Bereits eine halbe Stunde später steht sie vor der Schaufensterfront des Kaufhauses Weber. „Heute Autogrammstunde mit Mark Medlock, ist quer über ein überlebensgroßes Foto des Künstlers im Fenster geklebt. Darunter etwas kleiner: „Jede gekaufte CD wird signiert.

    Das Kaufhaus ist bekannt für seine publikumswirksamen Aktionen, die Käuferscharen magisch anziehen. Sie erinnert sich, dass es im vergangenen Monat eine Modenschau in der Abteilung für Damenoberbekleidung war, moderiert von einer aus der abendlichen TV-Regionalsendung bekannten Ansagerin. Mal ist es eine Kochshow in der Feinkostabteilung mit einem, der inzwischen so berühmten, Fernsehköche und mal eine Spielaktion in der Spielwarenabteilung, bei der es vom Fahrrad bis zu Buntstiften allerlei zu gewinnen gibt.

    Die Veranstaltungen sind inzwischen so gefragt, dass sie in den Umsonstblättern des Bezirks beworben werden. Christina hatte vor einigen Wochen selbst an einer Autorenlesung in ihrer Lieblingsbuchhandlung teilgenommen. Sie ist überzeugt, dass diese Veranstaltungen nicht zuletzt auch deshalb so attraktiv sind, weil sie keinen Eintritt kosten. Und die Rechnung der Veranstalter scheint aufzugehen. Anschließend sind die Verkaufsstände immer von drängelnden Menschenmassen umlagert.

    An der Kasse zwei in der Elektronikabteilung schlängelt sich Christina an einer schier endlosen Schlange von Käufern vorbei. Eine Verkäuferin verpackt fast ohne hinzusehen eine CD mit dem Konterfei des Künstlers und fragt ihre Kollegin, die neben ihr an der Kasse bedient: „Kommst du heute Abend zur Betriebsversammlung?"

    „Nee, ich kann nicht, mein Mann hat Nachtschicht. Ich muss bei dem Kleinen bleiben. Außerdem was soll ich da noch? Die gehen ja sowieso nicht auf unsere Wünsche ein. Macht eins-fünfzig. Morgen komme ich übrigens später, muss zum Jobcenter."

    „Entschuldigung, fragt Christina die Verkäuferin, die die CDs verpackt, „sagen Sie mir bitte wie ich in das Büro des Geschäftsführers komme?

    „Eine Etage höher praktisch genau hier über uns."

    „Danke."

    Christina weicht einer schwer bepackten Kundin so eben noch aus. Neben ihr zieht eine junge Frau ein quengelndes Kind hinter sich her. Ein Mann, so um die fünfzig, steht gelangweilt schauend neben dem Ständer mit Winterjacken.

    „Guck mal, wie findest du die?" fragt ihn eine blond gefärbte Kurzhaarige und dreht sich hin und her vor dem Standspiegel.

    „Is gut."

    Christina muss grinsen. Klingt ja nicht sehr begeistert. Die Rolltreppe hinauf. Christina folgt einem Hinweisschild mit der Aufschrift Verwaltung.

    Hinter der Tür ein schmaler Flur, weiß gestrichen, schmucklos, fensterlos mit weiteren Türen rechts und links, welche ist die richtige? Ah hier - Geschäftsführung Herr Schmieding in der Zeile darunter Frau Feldkamp. Nach kurzem Klopfen ein leises: „Ja bitte herein." Eine Frau vielleicht Mitte dreißig, dunkles Haar mit blonder Tolle, dunkelblaues Kostüm, weiße Bluse, nach neuester Mode lackierte Fingernägel.

    „Guten Morgen, mein Name ist Christina Stratmann ich komme von der Ost-West Abendpost, meine Redaktion hat einen Termin ausgemacht mit Herrn Schmieding."

    „Einen Moment, ich sage Bescheid."

    Frau Feldkamp, sie wirkt überraschend klein als sie aufgestanden ist, klopft an eine Tür zu ihrer Linken.

    „Herr Schmieding, die Presse."

    Sie lächelt über ihre Schulter zurück und winkt Christina, näher zu treten. Ein großer, kräftiger Mann, ordentlich gescheiteltes blondes, leicht schütteres Haar, Christina schätzt ihn auf Ende dreißig, hellgrauer Maßanzug, erhebt sich hinter seinem riesigen modernen Schreibtisch und kommt auf sie zu. Kurzes Begrüßungsritual und gegenseitige Vorstellung.

    „Bitte nehmen Sie doch Platz Frau Stratmann", Schmieding führt Christina zu einer eleganten Sitzgruppe aus edlem mausgrauen Leder. Ein modernes, offensichtlich originales Gemälde hängt an der Wand hinter ihr, das hatte Christina gerade noch wahrgenommen bevor sie sich setzte. Der Blick aus dem Fenster zu ihrer rechten Seite führt auf eine begrünte Dachterrasse. Vermutlich war die Verkäuferin, die nicht zur Betriebsversammlung kommen kann, weil niemand sonst auf ihr Kind aufpasst, noch nie hier oben, um vom stundenlangen Stehen die müden Beine auf der Terrasse auszuruhen.

    „Tja, Frau Stratmann, ihre Redaktion hatte angedeutet, dass Sie über die derzeitig schwierige Lage in unserem Hause berichten wollen."

    „Ja richtig, es geistern Gerüchte durch die Stadt, dass ihr Haus Zahlungsschwierigkeiten hat und eventuell Personal entlassen muss. Unsere Leser würden eine Schließung sehr bedauern, das wissen wir. Unsere Pflicht ist es nun, die Leser über den Stand der Dinge zu informieren."

    „Und genau da liegt unser Problem. Wir haben, wie üblich, einen weiteren Kredit bei der Bank beantragt. Heute nun haben wir erfahren, dass die Bank, nicht wie bisher gewohnt, die Zusage erteilt hat, sondern die Angelegenheit erst prüfen will. Mit Zahlungsschwierigkeiten hat das nichts zu tun, das kann ich Ihnen versichern. Aber es ist für uns eine ganz neue Situation, die uns einige Kopfschmerzen bereitet. Deshalb hat der Vorstand vorhin beschlossen, dass wir vorerst nichts an die Presse weiter geben sollen. Es tut mir Leid, dass sie den Weg nun umsonst gemacht haben. Aber ich habe den Sachstand auch eben erst erfahren."

    So ein Mist, wie soll sie daraus einen Artikel zimmern?

    „Das ist mehr als schade. Offenheit wäre doch in dieser Situation für alle besser. Es könnte in der Bevölkerung leicht der Verdacht entstehen, dass hier etwas verheimlicht werden soll."

    „So dürfen sie das nicht sehen Frau Stratmann. Wir wollen keine Informationen herausgeben, die sich dann später als revisionsbedürftig herausstellen. Das müssen sie doch verstehen. Sobald wir mehr wissen, werden Sie informiert. Das kann ich Ihnen zusagen."

    Ich kann das sehen wie ich das will und verstehen muss ich gar nichts. Gerade noch rechtzeitig schluckt sie ihre Gedanken zurück. Schmieding erhebt sich.

    „Auf Wiedersehen Frau Stratmann, hoffentlich unter besseren Vorzeichen."

    Sie ergreift die dargebotene, für einen Mann ungewöhnlich kleine Hand. Hatte sie nicht mal gelernt, dass immer die Frau zuerst die Hand reicht? Schließlich ist Schmieding nicht ihr Vorgesetzter. Aufgeblasener Typ. Der kann auch nur in leeren Floskeln reden. Sie hasst Redewendungen, die Herrschaftsverlangen bestätigen. Ach, was soll's.

    „Auf Wiedersehen."

    Vorhin war sie schon an der Tür des Betriebsratsvorsitzenden vorbei gelaufen. Das ist die nächste Station. 'Alfons Ritter' steht am Türschild. Alfons Ritter, so um die 40 Jahre alt, schlank, kurz geschnittenes dunkles Haar mit ersten grauen Strähnen. In seinem gut sitzenden dunkelblauen Anzug und dezenter, blaurot gestreifter Krawatte, wirkt er auf sie eher wie ein aufstrebender Bankangestellter, denn als kämpferischer Betriebsrat.

    Er begrüßt sie freundlich, ist aber kurz angebunden. Für die Betriebsversammlung am Abend sei viel vorzubereiten und vorher sei noch ein längeres Gespräch mit dem Geschäftsführer geplant, erklärt er.

    „Kommen Sie doch heute Abend dazu, dann haben Sie die Gelegenheit, mit unseren Angestellten selbst zu sprechen. Und vielleicht können wir uns anschließend bei einem Glas Wein zusammensetzen und die Fakten besprechen."

    Die Gelegenheit lässt sich Christina nicht entgehen.

    II

    Kati Welldorf deckt eilig den Abendbrottisch für die Familie.

    „Mama, ich muss gleich los. Bringst du mich?"

    „Ich kann nicht. Du weißt doch, dass ich zur Betriebsversammlung muss."

    „Und ich zum Training."

    Immer muss er unter der Eile der Erwachsenen leiden. Wie soll er jetzt so schnell zum Training kommen? Bis eben hatte er am Computer gesessen. Das blöde Spiel wollte einfach nicht aufgehen.

    „Nimm doch das Rad", ruft Kati zu ihm hoch.

    „Kaputt."

    „Und warum reparierst du es dann nicht?"

    Kevin stürmt die Treppe hinunter in die Küche zu seiner Mutter.

    „Kann ich nicht allein, da muss der Papa mir helfen. Du weißt ganz genau, dass der seit Wochen nie Zeit hat."

    Der Vorschlag seiner Mutter, die U-Bahn zu nehmen, kann ihn ganz und gar nicht begeistern. Außerdem würde er dann garantiert zu spät kommen.

    „Warum hast du dir nicht eher überlegt, dass du mehr Zeit einplanen musst?"

    Er braucht endlich ein neues Fahrrad. Seines besteht fast nur noch aus Ersatzteilen. Der Gunnar hatte zum Geburtstag ein nigelnagelneues Rad bekommen. Das war gar nicht teuer. In gut drei Monaten wird er 13.

    „Zum Geburtstag wünsche ich mir ein neues Rad mit 21 Gangschaltung."

    „Mal sehen was sich machen lässt", sagt die Mutter.

    „Mama hörst du mir überhaupt zu?"

    „Ja natürlich, du wünschst dir zum Geburtstag ein neues Fahrrad. Und ich hab gesagt mal sehen, weil nicht sicher ist, wie sich die Dinge entwickeln. Wenn ich meinen Job verliere, sieht es nicht gut aus. Das weißt du."

    „Kann ich nicht wenigstens in den Ferien jobben gehen? Dann verdiene ich einen Teil dazu."

    Darüber hatten sie schon öfter gestritten. Immer wieder brachte er das Argument vor, dass einige Kinder aus seiner Klasse sich mit Zeitungs- und Prospekte austragen ihr Taschengeld verdienten.

    „Kommt überhaupt nicht in Frage."

    Er schaut zu wie seine Mutter hastig im Stehen ein belegtes Brot mit Jagdwurst kaut und noch ein Stück Tomate hinterher schiebt. Sie räumt ihre Sachen zusammen, packt einen Apfel hinzu.

    „So, ich muss jetzt wirklich los. Für euch steht alles bereit wie du siehst. Papa und Jasmin werden gleich kommen."

    Kevin kann es nicht fassen, hatte seine Mutter schon wieder vergessen, dass er zum Training wollte? Warum musste die Mutter ausgerechnet heute zur Betriebsversammlung? Seit sie sich in den Betriebsrat hatte wählen lassen, hatte sie noch weniger Zeit als vorher für ihn.

    „Ich wünschte, du wärst nie Betriebsrätin geworden."

    „Jetzt hör aber mal auf Kevin."

    Als die Betriebsratswahlen anstanden und die Kollegen sie gefragt hatten, ob sie sich aufstellen lassen würde, hatte sie geantwortet, dass sie das erst mit ihrer Familie absprechen müsste. Es war nicht so leicht gewesen, Mann und Kinder zu überzeugen.

    „Und mein Training? Kannst du mich nicht wenigstens bis zur U-Bahn mitnehmen?"

    „Na los, dann komm, aber dalli und nimm wenigstens noch einen Apfel mit, wenn du schon nichts isst."

    III

    Christina Stratmann leert den Inhalt ihres Portemonnaies in ihre Hand. 'Geht gerade noch. In fünf Tagen ist wieder Geld auf dem Konto.' Für Brot und Käse wird es reichen. Und ein paar einsame Euro werden dann noch übrig sein. So kurz vor Monatsende muss sie mit jedem Cent rechnen, viel ist dieses Mal nicht übrig. Sie hatte sich einen Kinobesuch gegönnt und war mit einer Freundin lecker essen gewesen. Bei ihrem bescheidenen Einkommen sind solche Unternehmungen der reine Luxus. Andererseits will sie ihr Leben genießen, einen zweiten Versuch wird es nicht geben. Und manchmal muss man dann eben finanziell über die Stränge schlagen und dazu am Ende des Monats besonders sparsam sein.

    Bevor sie gleich zu der Betriebsversammlung geht, will sie sich etwas ausruhen. Sie hatte sich vorgenommen, Thomas anzurufen wegen des verkorksten gestrigen Abend. Könnte sie aber doch auch machen, kurz bevor sie losgeht, wahrscheinlich ist er jetzt gar nicht zu Hause. Wenn sie ehrlich mit sich selbst ist, weiß sie, dass ihr schlechtes Gewissen sie blockiert und genau das sie dazu bringt, unangenehme Entscheidungen bis zum 'Geht-nicht-mehr' zu verschieben.

    In letzter Zeit war ihr aufgefallen, dass es bei ihren Treffen immer um dasselbe geht: um Thomas, um seine Befindlichkeit, seinen Stress mit seinen Eltern, mit denen er schon lange nicht mehr zusammenwohnt, um den Ärger mit seiner früheren Freundin und den Unterhalt für seine Tochter aus der Beziehung. Eigentlich fragt er nie von selbst wie es ihr geht.

    Wenn sie sich beschwert, meint er immer nur: „Wieso, du sagst mir doch auch so was los ist".

    Was ist eigentlich passiert? War Thomas immer schon so ichbezogen oder ist ihr das erst jetzt aufgefallen? Gut, er ist immer schon so und es ist ihr erst jetzt aufgefallen. Aber warum nervt sie das seit Kurzem so sehr, dass sie manchmal gar keine Lust hat auf ihn? Auch nicht auf den Sex mit ihm, den sie doch sonst so umwerfend gut findet. Stimmt mit ihr selbst was nicht? Kommt daher ihre Angst vor zuviel Nähe zu ihm? Sie müsste eine Kiste haben in der einfache Antworten auf komplizierte Fragen aufbewahrt sind.

    „Jetzt nicht", sagt sie laut und meint die Grübelei über ihre Beziehung, greift sich ein Decke und ein Kissen und macht es sich in ihrem Lieblingssessel bequem. Sie will versuchen abzuschalten, um für die Betriebsversammlung heute Abend einigermaßen aufnahmefähig zu sein. Am Nachmittag hatte sich der Himmel wieder bezogen und nun schneite es auch noch, da wird es schon Überwindung genug kosten, sich noch einmal aufzuraffen.

    IV

    „Was meinst du, wie viele werden kommen?" fragt Alfons Ritter, seine Kollegin Mia Olfen, während beide Papiere auf die bereit gestellten Stühle im großen Besprechungsraum legen.

    „Meinst du, wir haben genug Kopien?"

    Mia Olfen zuckt die Schultern.

    „Ich weiß nicht. Steffi M. und Martina kommen jedenfalls nicht und Gönül und Simone sowieso nicht. Die Männer wollen das nicht. Steffi muss heute beim Kind bleiben, der Mann hat Nachtschicht und ich glaube, Martina kapiert noch nicht was uns demnächst bevorsteht."

    Das kennt man

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1