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Stürme der Prärie: Wild West Romantik heute
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Stürme der Prärie: Wild West Romantik heute
eBook343 Seiten4 Stunden

Stürme der Prärie: Wild West Romantik heute

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Über dieses E-Book

Karen flieht nach einem Streit mit ihrem Vater Hals über Kopf nach Arizona, wo sie als Sekretärin auf der Milton Ranch landet. Für die erfolgreiche Geschäftsfrau und Millionenerbin aus New York ist nicht nur das Leben auf einer Ranch gewöhnungsbedürftig, sondern auch der attraktive Besitzer Derek Milton, der ihr schon bald den Kopf verdreht. Er ahnt allerdings nichts von ihrer wahren Identität, die sie schließlich in große Gefahr bringt…
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum16. Dez. 2017
ISBN9783742759887
Stürme der Prärie: Wild West Romantik heute

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    Buchvorschau

    Stürme der Prärie - Jutta Maschmeier

    1.Kapitel

    Stürme der Prärie

    Es lag eine gespenstische Stille über der kargen Landschaft, nur ein paar Vögel zogen ganz in der Nähe ihre Kreise. Waren das etwa Geier? Nein, das konnte nicht sein, oder doch? Die junge Frau blieb stehen und hielt sich ihre Hand über die Augen, um die Vögel genauer zu betrachten. Die Mittagssonne, die unerbittlich vom Himmel schien, blendete sie. Nach wenigen Augenblicken war sie sich immer noch nicht sicher, welcher Vogelrasse diese Exemplare angehörten. Auch egal, ich bin jedenfalls nicht euer Abendessen, soviel steht fest, dachte sie. Sie nahm ihren Koffer wieder auf. Das edle Gepäckstück war zwar vom teuersten Designer und todschick, aber die Rollen waren wohl eher für glatte teure Marmorböden konzipiert, denn sie funktionierten schon seit einiger Zeit nicht mehr richtig. So schleifte die junge Frau ihren Koffer hinter sich her. Wer hätte auch gedacht, dass ich damit mal eine Wüste durchquere, ging es ihr durch den Kopf. Die Straße war zwar asphaltiert, doch sehr uneben und zum Teil mit Sand und Steinen übersät. Außerdem schien sie kein Ende zu nehmen, seit Stunden war Karen nun unterwegs. Ihre Füße brannten. Sie hatte bereits nach kurzer Zeit ihre schicken Pumps gegen ihre Turnschuhe ausgetauscht, doch trotzdem taten ihr die Füße weh. Sie überlegte, ob sie noch bequemere Schuhe dabei hatte. Die große Reisetasche, die über ihrer Schulter hing, war schließlich voll mit Schuhen, weil sie nicht mehr in den Koffer gepasst hatten, doch bequeme flache Exemplare waren ganz sicher nicht darunter. Ich glaube, ich habe die falschen Sachen für diese Gegend eingepackt, überlegte sie. Oder einfach den falschen Ort für mein Vorhaben gewählt. Dabei hatte sie gar keine große Wahl gehabt! Ja, wenn sie mehr Bargeld von ihrem Konto abgehoben hätte, dann hätte sie auch nach Miami oder Hawaii fliegen können, aber so musste sie sich mit einem Flug nach Phoenix begnügen. Wenn sie gewusst hätte, wie fehl am Platz sie hier war, hätte sie vielleicht doch noch ein letztes Mal ihre Kreditkarte benutzt. Aber dann hätte ihr Vater herausbekommen, wohin sie verschwunden war. Er hätte sie schnell gefunden, da war sie sich sicher. Nein, ihre Kreditkarte war ab sofort tabu, sie wollte keine Spur hinterlassen. Er sollte sie verzweifelt suchen und sich grämen, dass er sie fortgejagt hatte! Karen blieb einen Moment stehen. Sie wischte sich den Schweiß von der Stirn. Warum musste es hier auch so verdammt heiß sein? Sicher, wenn sie nur ein wenig netter zu Harry gewesen wäre, dann säße sie jetzt in seinem klimatisierten Truck und müsste nicht laufen, doch sie musste diesem Macho einfach die Meinung sagen, so wie der sich aufgeführt hatte! Der Gedanke an diesen schmierigen Möchtegern-Casanova machte sie wütend. Energisch schnappte sie sich wieder den Griff des Koffers und zog weiter. Dieser Typ hatte doch tatsächlich geglaubt, bei ihr landen zu können, nur weil er sie ein Stück mitnehmen sollte. Nach einigen Meilen hatte er sogar versucht, sie zu begrapschen, was ihm dann eine schallende Ohrfeige und eine Moralpredigt vom Feinsten einbrachte. Leider war er dafür nicht sehr empfänglich gewesen. Er hatte sie kurzerhand mitten auf der Strecke rausgeschmissen. Das musste nun schon drei Stunden her sein. Seitdem war kein einziges Auto vorbeigekommen. Wirklich eine gottverlassene Gegend hier, was sollte sie tun, wenn nun niemand kam? Dann müsste sie womöglich hier am Straßenrand übernachten, ganz allein in der Wildnis. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Ihre Wut wandelte sich augenblicklich in Selbstmitleid. Gestern Morgen war ihre Welt noch in Ordnung gewesen. Sie hatte schon um halb acht Uhr ihr Büro im sechzehnten Stock von Cook Industries in New York betreten. Wie immer hatte sie Suzanne, ihre persönliche Assistentin, mit einem Milchkaffee empfangen. Dann hatte sie sich sofort auf ihre Arbeit gestürzt, denn das war schließlich ihr Leben. Mit viel Ehrgeiz hatte sie sich nach dem Studium in der Firma ihres Vaters hochgearbeitet und immer jegliche Unterstützung seinerseits abgelehnt. Sie wollte nicht nur als Tochter von Nelson Cook, sondern wegen ihrer Leistung anerkannt werden. Das hatte sie ohne Weiteres geschafft, worauf sie sehr stolz war. Ihr Vater könnte ohne schlechtes Gewissen in den Ruhestand gehen, denn sie wäre durchaus bereit, die Firma zu übernehmen. Das hatte sie ihm auch schon mehrmals erklärt, doch er dachte gar nicht daran, das Ruder aus der Hand zu geben. Dabei könnte er das Leben nun endlich mal genießen, schließlich war er mit seinen einundsechzig Jahren noch jung genug dafür. Vielleicht würde er sich auch noch einmal verlieben, Karens Mutter war schließlich schon zehn Jahre tot. Doch für ihn gab es nur die Firma und seine Tochter, das war immer schon so gewesen. Als er sie gestern Vormittag zu sich ins Büro gerufen hatte, ahnte Karen noch nichts von seinen neuen Plänen. Sie hatte sich nur gewundert, dass Paul nicht anwesend war, was bei geschäftlichen Besprechungen eigentlich immer der Fall war. Pauls Meinung zählte viel bei ihrem Vater. Als Teilhaber hatte er bei allen Entscheidungen Mitspracherecht. Leider war er immer anderer Meinung als Karen. So kam es oft zum Streit zwischen den beiden. Was vielleicht auch daran liegen könnte, dass Karen eine leichte Abneigung gegen ihn hatte. Sie wusste nicht, warum. Er war durchaus charmant und gut aussehend, doch sie mochte seine aalglatte Art nicht. Paul erschien immer in perfekt sitzenden Maßanzügen und bei seiner Frisur lag kein Haar in der falschen Richtung. Vielleicht war es das, was sie störte, oder sein allgemein bekanntes Interesse an ihr. In der Firma gab es laut Suzanne Gerüchte, dass er in sie verliebt war, doch davon hatte Karen noch nichts gemerkt. Sie waren schon ein paar Mal essen, doch er verhielt sich immer korrekt und distanziert, worüber Karen mehr als froh war. Denn eines wusste sie genau, sie wollte nichts von ihm! Falls er sich ihr jemals nähern sollte, würde sie ihm das schon klarmachen, damit hatte Karen keine Probleme. In den letzten Jahren hatte sie gelernt, sich durchzusetzen, was in einer Männerdomäne wie Cook Industries nicht immer einfach gewesen war. An diesem Vormittag waren sie nun allein in Nelson Cooks Büro gewesen. Nach der üblichen Begrüßung hatte sich Karen auf die große Ledercouch gesetzt. Sie war gespannt darauf gewesen, was ihr Vater von ihr wollte, denn er hatte diesen Gesichtsausdruck, bei dem sie nichts Gutes ahnte.

    „Wie war die Dinnerparty gestern bei den Hensons?", hatte sie ihn gefragt, obwohl es sie gar nicht interessierte.

    „Ganz amüsant, schade dass ich dich nicht überreden konnte, auch zu kommen. Paul war übrigens auch da. Es wäre eine Gelegenheit gewesen, ihn auch privat näher kennenzulernen", hatte Mr. Cook vorwurfsvoll geantwortet.

    „So? Und warum meinst du, sollte ich das tun?", hatte Karen nun schnippisch gefragt.

    „Ach, Karen, geh doch nicht gleich wieder auf Abwehr. Er ist ein netter junger Mann und zufällig auch Single, so wie du. Darf man sich als Vater nicht mal so seine Gedanken machen?"

    „Natürlich darfst du das, Daddy. Aber sprich sie bitte nicht aus. Zwischen Paul und mir ist nichts und wird auch nie etwas sein. Reicht dir das als Antwort?"

    Karen hatte ihren Vater herausfordernd angesehen, doch der war mindestens so dickköpfig wie sie.

    „Nun, weißt du, mein Kind, ich habe da ein wenig mehr Lebenserfahrung als du. Ich sehe es, wenn zwei Menschen zusammenpassen, glaube mir. Ich finde, ihr würdet ein wunderbares Paar abgeben, zumal ich weiß, wie Paul für dich empfindet. Er verehrt dich sehr und er würde dich auf Händen tragen, außerdem könntet ihr zusammen die Firma leiten. Ich würde mich langsam zurückziehen."

    „Aha, so ist das also." Karen hatte ihren Vater nun wütend angesehen.

    „Du traust mir nicht zu, die Firma allein zu leiten! Du denkst, dass eine Frau das nicht kann. Aber da irrst du dich gewaltig. Ich kann diese Firma übernehmen, jederzeit und ich würde sie gut leiten, ob du das nun glaubst oder nicht!"

    Nelson Cook war sich durch sein weißes, volles Haar gefahren und hatte geseufzt.

    „Liebling, ich sage ja nicht, dass du es nicht kannst, aber mir wäre einfach wohler, wenn ich wüsste, dass ein fähiger Mann an deiner Seite wäre. Und Paul ist genau der Richtige, schließlich habe ich ihn ausgebildet", hatte er versucht, zu beschwichtigen.

    „Also soll ich einen Mann heiraten, den ich nicht liebe, nur damit du in Zukunft gut schlafen kannst?" Karen war immer lauter geworden.

    „Sagen wir mal so, wenn ihr verheiratet wäret, wüsste ich, dass ihr an einem Strang zieht und euch nicht gegenseitig die Köpfe einschlagen würdet."

    „Ach ja, und da bist du dir sicher? Daddy, ich würde lieber die Firma aufgeben, als einen Mann zu heiraten, den ich überhaupt nicht leiden kann. Genau, gib Paul doch die Firma, wenn dich das beruhigt!", war es aus Karen herausgebrochen.

    Im nächsten Moment hatte sie bereut, was sie da gesagt hatte, doch sie war einfach zu wütend gewesen, um es wieder zurückzunehmen. Nun konnte sie nur noch hoffen, dass ihr Vater nicht darauf einging, doch da hatte sie sich leider getäuscht.

    „Ach so, ich dachte Cook Industries würde dir etwas bedeuten, aber da habe ich mich wohl auch getäuscht. Genauso wie ich dachte, ich könnte mit dir vernünftig darüber reden und zusammen eine Lösung finden. Du wüsstest doch gar nicht, was du ohne die Firma anstellen solltest, willst du etwa für andere Leute arbeiten? Ist es das, was du willst? Oder willst du dir mit meinem Geld ein schönes Leben machen, Partys feiern und reisen? Ich wusste wirklich nicht, dass du das vorhattest."

    Nun hatte sich Mr. Cook in Rage geredet. Er holte erst einmal Luft. Seine Tochter konnte einen aber wirklich auf die Palme bringen. Angriffslustig war Karen aufgestanden und hatte sich vor seinem Sessel aufgebaut.

    „Oh nein, Daddy, dein Geld brauche ich nicht und wenn du es so willst, dann werde ich eben für fremde Leute arbeiten. Ich habe damit kein Problem und ich habe es auch nicht nötig, mich von dir aushalten zu lassen. Setz doch deinen lieben Paul auf deinen Sessel, aber wundere dich nicht, wenn du ab heute nichts mehr von mir hörst."

    Nelson Cook hatte einen Moment überlegt, ob er nachgeben sollte, aber leider einen Moment zu lange. Karen war bereits an der Tür und hatte sie mit einem lauten Knall hinter sich zugeschlagen. Nun, sie würde schon bald wieder auf der Matte stehen, da war er sich sicher. Wo sollte sie auch hin, über viel Bargeld konnte sie nicht verfügen, da das meiste über sein Konto lief, also wäre sie schneller wieder da, als sie dachte. Trotzdem war dieses komische Gefühl im Bauch geblieben, dass er heute vielleicht zu weit gegangen war.

    Davon war Karen überzeugt gewesen. Wütend lief sie durch den Flur. Als sie ihr Büro erreicht hatte, packte sie so schnell wie möglich ihre Sachen zusammen. Suzanne hatte erstaunt in der Tür gestanden und ihre Chefin beobachtet.

    „Was ist denn passiert? Was haben Sie vor, Karen?" hatte sie gefragt.

    Karen hatte gar nicht aufgeblickt, als sie Suzanne antwortete:

    „Mein Vater hat mich rausgeschmissen, weil ich eine Frau bin! Können Sie sich das vorstellen? Aber das wird ihm noch leidtun, das verspreche ich."

    Als sie an Suzanne vorbei aus der Tür wollte, war sie kurz stehengeblieben und hatte ihre langjährige Assistentin angesehen.

    „Sie müssen mich vertreten. Sie kennen sich ja aus. Ich verlasse mich auf Sie."

    „Ja, hatte diese verwirrt gestottert, „aber wo wollen Sie denn hin?

    Doch Karen war schon hinausgeeilt. Wieder war die Tür hinter ihr mit einem heftigen Knall zugefallen.

    Erschöpft ließ Karen sich auf ihrem Koffer nieder, die Hitze war mörderisch. Sie hätte im Moment alles für einen Baum und ein bisschen Schatten gegeben. Ganz in Gedanken an den gestrigen Tag war sie ein gutes Stück vorangekommen, doch noch immer war keine Zivilisation in Sicht. Auf was hatte sie sich da nur eingelassen? Sie hätte auch genauso gut in ihrem schicken Apartment bleiben können. Sich einfach bei der Konkurrenz bewerben können! Aber nein, sie musste das nächstbeste Flugzeug nehmen und New York so weit wie möglich hinter sich lassen. Aber wo sollte sie hier Arbeit finden, es gab hier noch nicht mal Menschen? Jetzt nur keine Panik, sagte sie sich selber. Es konnte nur besser werden. Irgendwann musste doch mal eine Stadt auftauchen oder zumindest ein Auto. Mühsam erhob sie sich und setzte ihren Weg fort. Wenn sie nur nicht so einen Durst hätte. Zu Hause hätte sie nur ihren großen Kühlschrank öffnen müssen und neben Mineralwasser auch einige Säfte vorgefunden. Ihre Haushälterin sorgte immer dafür, dass alles da war, was sie benötigte. Karen hatte ihr einen Zettel hinterlassen, dass sie Urlaub machen sollte, da sie auf unbestimmte Zeit verreist sei. Um die Bezahlung brauchte sie sich keine Sorgen machen, da das immer von Daddys Konto erledigt wurde. Überhaupt hatte sie sich noch nie über Geld Sorgen machen müssen. Als Tochter von Nelson Cook war es ihr immer gut gegangen. Jetzt hatte sie gerade mal elf Dollar in der Tasche. Damit würde sie nicht weit kommen, also musste sie sich schnell Arbeit suchen. Auf was hatte sie sich da nur eingelassen? Hatte sie vielleicht doch etwas vorschnell reagiert? Ganz in Gedanken merkte Karen erst gar nicht, dass sich von hinten ein Auto näherte. Plötzlich hörte sie das Motorengeräusch. Schnell drehte sie sich um. Tatsächlich, da kam ein Auto auf sie zu. Dem Himmel sei Dank. Schnell ließ sie ihre Sachen fallen und stellte sich winkend auf die Straße. Sie würde sich vor das Auto schmeißen, wenn es nötig wäre, es durfte auf keinen Fall ohne sie weiterfahren. Aber das war gar nicht nötig, denn der Wagen hielt genau neben ihr an. Ein junger Mann stieg aus. Ein sehr gut aussehender Mann, wie Karen feststellte. Er war schlank, trug eine dunkle Hose, ein weißes Hemd und hatte dunkles Haar, das ihm ins Gesicht fiel.

    „Haben Sie sich verlaufen, Miss?", fragte er erstaunt.

    „Gott, bin ich froh, dass Sie gekommen sind, sagte Karen ganz aufgeregt. „Ich muss in die nächste Stadt, können Sie mich bitte mitnehmen?

    „Natürlich, steigen Sie ein, ich verstaue Ihr Gepäck hinten", sagte der junge Mann und öffnete die Heckklappe.

    Das ließ sich Karen nicht zweimal sagen. Sie machte es sich auf dem Beifahrersitz bequem. Es war angenehm kühl im Auto. Karen lehnte sich erschöpft und erleichtert zurück. Kurz darauf stieg auch der Mann wieder ein und reichte ihr seine Hand.

    „Ich heiße David."

    „Karen. Sie sind wirklich meine Rettung. Haben Sie vielleicht etwas zu trinken dabei?"

    David reichte ihr eine Flasche Mineralwasser und startete den Motor. Karen trank fast die ganze Flasche.

    „Jetzt sagen Sie nicht, dass Sie ohne einen Tropfen Wasser die Wüste durchqueren?", fragte David schmunzelnd.

    „Leider ja, ich hatte eine Mitfahrgelegenheit, doch der Kerl wurde anzüglich und setzte mich schließlich auf die Straße. Wenn Sie nicht gekommen wären, hätte ich hier vielleicht übernachten müssen", erklärte Karen.

    Davids Gesichtsausdruck wurde ernst und er meinte:

    „Das ist unverantwortlich, der nächste Ort ist Sedona und der ist noch gut zwanzig Meilen entfernt. Das hätten Sie zu Fuß nie geschafft."

    „Oh mein Gott, ich war mir gar nicht bewusst, in was für einer Klemme ich gesteckt habe."

    „Ja, es scheint so, als wäre ich wirklich ihr Retter."

    David lächelte ihr zu. Karen stellte fest, dass er ihr überaus sympathisch war. Seine dunklen Augen musterten sie. Plötzlich fiel ihr ein, dass sie einfach grauenhaft aussehen musste. Ihr pinkfarbenes Kostüm war ganz verschwitzt und zerknittert. Ihre Frisur war sicher auch dahin. Sie klappte die Sonnenblende herunter und sah in den kleinen Spiegel. Tatsächlich hingen ihre braunen Locken nur noch schlaff herab, von Sprungkraft konnte da keine Rede mehr sein. Auch ihr Make-up hatte sich verabschiedet. Ihr Gesicht war staubbedeckt.

    „Oh Gott, ich sehe furchtbar aus", entfuhr es ihr.

    David lachte.

    „Dafür, dass Sie einen Wüstenspaziergang gemacht haben, sehen Sie wirklich gut aus, glauben Sie mir. Wo soll es denn überhaupt hingehen?"

    „Egal, einfach in die nächste Stadt. Ich suche einen Job", erklärte Karen.

    „Ach so, dann würde ich sagen, Sie versuchen ihr Glück gleich in Sedona. Das ist die größte Stadt hier in der Gegend."

    „Ja, das hört sich gut an. Wo fahren Sie hin?"

    „Ich bin auf dem Weg nach Hause. Ich habe ein paar Tage frei und will meine Familie besuchen. Wir haben eine Ranch im Oak Creek Canyon, das liegt etwa fünfzig Meilen hinter der Stadt. Aber zuerst besuche ich noch einen Freund in Sedona, bei dem werde ich übernachten. Bis zur Ranch schaffe ich es heute sowieso nicht mehr."

    „Eine richtige Ranch mit Pferden und Rindern, so wie im Wilden Westen?", fragte Karen.

    David musste schmunzeln. Karen gefielen seine Grübchen.

    „Ja, eine richtige Ranch und nebenbei gesagt, wir sind hier im Wilden Westen."

    „Oh, daran habe ich gar nicht gedacht. Ich war noch nie hier in dieser Gegend."

    „Wo kommen Sie denn her?", fragte David.

    „Aus New York", antwortete sie, doch dann überlegte sie, dass sie nicht zu viel verraten durfte. Schließlich musste sie damit rechnen, dass ihr Vater sie irgendwann suchen würde. Sie durfte keine Spuren hinterlassen.

    „Und was hat Sie hierher verschlagen?"

    „Ich habe meinen Job verloren und nun suche ich einen neuen."

    Das war nicht mal gelogen.

    „Und den suchen Sie am anderen Ende der Vereinigten Staaten? Respekt, das nenne ich mutig."

    „Nun, ich wollte mich halt verändern", versuchte Karen zu erklären.

    „Na, wenn das keine Veränderung ist, dann weiß ich auch nicht."

    David schmunzelte erneut und Karen hatte das Gefühl, dass er sie nicht ganz ernst nahm.

    „Was machen Sie denn beruflich?", versuchte sie, abzulenken.

    „Ich habe gerade mein Studium beendet und fange in ein paar Tagen als Volontär in einer großen Anwaltskanzlei in Phoenix an. Also falls Sie mal Probleme mit dem Gesetz bekommen, ich gebe Ihnen gerne meine Karte."

    „Ja prima, einen Anwalt kann man immer mal gebrauchen. Ihre Eltern sind sicher mächtig stolz auf Sie", erwiderte Karen.

    „Mein Dad ist vor fünf Jahren verstorben, seitdem leitet mein großer Bruder die Ranch. Meine Schwester und meine Mum unterstützen ihn dabei. Für mich ist dieses Rancherleben nichts, ich wollte hinaus in die Welt und Kariere machen", erklärte David ernst.

    Karen beobachtete ihn von der Seite. Er schien ein zielstrebiger junger Mann zu sein, der wusste, was er wollte. Außerdem war er wirklich gut aussehend, vielleicht sollte sie sich mal mit ihm verabreden. Doch im Moment gab es Wichtigeres zu tun. Zum Beispiel eine Unterkunft und einen Job zu finden. Karen wurde immer aufgeregter, je näher sie Sedona kamen. Als die Stadt endlich am Horizont auftauchte, war sie froh, wieder in der Zivilisation zu sein. David setzte sie im Stadtzentrum ab und wünschte ihr viel Glück bei der Jobsuche.

    „Und falls Sie mal Hilfe brauchen, jeder hier in der Stadt kennt die Milton-Ranch, fragen Sie sich einfach durch."

    „Danke, auch fürs Mitnehmen. Ich komme schon klar, aber trotzdem danke."

    Karen tat es ein wenig leid, sich von dem einzigen Menschen zu verabschieden, den sie hier kannte, aber sie musste nun allein klarkommen, das wollte sie schließlich ihrem Vater beweisen. Nachdem Davids Wagen verschwunden war, schaute sie sich erst einmal um. Sedona schien ein nettes Städtchen zu sein, umrahmt von einer imposanten Bergkette wirkte es klein und gemütlich. Karen wanderte ein wenig durch die Straßen und ließ alles auf sich wirken. Bedingt durch den Tourismus gab es viele Andenkenläden, in denen es Kristalle, indianische Anhänger und Armbänder zu kaufen gab. Karen fand eine Halskette, die ihr ausgesprochen gut gefiel, doch dann erinnerte sie sich wieder an ihre missliche Lage. Sie hatte nur noch ein paar Dollar in der Tasche. Außerdem hatte sie ihr Spiegelbild in einem Schaufenster entdeckt und war überhaupt nicht begeistert, wie sie im Moment aussah. So konnte sie sich nicht vorstellen, das war klar. Also suchte sie ein Bistro auf, bestellte sich einen Kaffee und begab sich in die Damentoilette. Nachdem sie sich den Staub aus dem Gesicht gewaschen hatte und ihre Locken mit einer Lockenbürste in Form gebracht hatte, fühlte sie sich schon viel besser. Nun noch ein ordentliches Make-up und sie wäre wieder ein Mensch. Das Licht in dem kleinen Raum war schlecht, doch das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Dann suchte sie ihre hohen Pumps aus der Tasche. Doch als sie hineinschlüpfte, verzog sie schmerzhaft ihr Gesicht. Ohne Pflaster ging da gar nichts, also musste sie ihre Füße ordentlich verpflastern. Als sie wieder aus der Toilette herauskam, taten ihre Füße zwar immer noch weh, doch der Blick des Kellners zeigte ihr, dass sie wieder annehmbar aussehen musste. Er machte ihr schöne Augen und kam öfter an ihrem Tisch vorbei als nötig. Schließlich ergriff sie die Gelegenheit, ihn auszufragen. Sie erklärte ihm, dass sie einen Job suchte, und er wusste sogar jemanden, der eine Servicekraft brauchte. Servicekraft? Sehe ich aus wie eine Kellnerin, dachte sie zunächst, doch dann fiel ihr ein, dass sie erst mal keine große Auswahl hatte. Sie brauchte dringend Geld und als Kellnerin konnte man das wohl am schnellsten verdienen. Erwartungsvoll machte sie sich auf den Weg zu der genannten Adresse, doch als sie ankam, war sie enttäuscht. Es handelte sich um einen Schnellimbiss und machte keinen sehr sauberen Eindruck. Karen wollte schon umdrehen, als sie bemerkte, dass die Sonne bereits unterging. Der Kellner vom Bistro hatte ihr erzählt, dass mit dem Job auch ein Zimmer zu vergeben war, da dort oft Aushilfskräfte von außerhalb tätig waren. Sie brauchte ein Dach über dem Kopf, sonst musste sie die Nacht auf der Straße verbringen. Ihr Geld würde nicht für ein Hotelzimmer reichen, so viel war sicher. Also Augen zu und durch, sagte sie sich selber und betrat das Lokal. Das Ambiente war genauso, wie Karen es befürchtet hatte. Die Einrichtung war sicher noch aus den 70ern. Die Hochglanztische glänzten schon lange nicht mehr. Außerdem waren sie verschmiert, auch der Boden klebte. Hinter der Theke stand ein kleiner dicklicher Mann mit Halbglatze. Seine ehemals weiße Schürze hatte schon länger keine Waschmaschine gesehen. Sein Blick war ebenso schmierig wie seine Kleidung. Nachdem Karen dem Bedürfnis, sofort umzudrehen, widerstanden hatte, überwand sie sich dazu, ihn nach dem Job zu fragen.

    „Ja, ich bräuchte da jemanden im Service. Wann kannst du denn anfangen, Schätzchen?", fragte er und zeigte dabei seine gelben Zähne.

    Karen unterdrückte einen Würgereiz und zwang sich zu einem Lächeln. Zuerst würde ich gerne etwas schlafen, überlegte sie. Aber wenn das Zimmer genauso aussieht wie der Imbiss, dann vielleicht doch lieber auf der Straße.

    „Morgen, wenn Ihnen das recht ist. Ich hatte eine lange Reise und würde gerne erst einmal ausruhen. Man sagte mir, Sie hätten auch ein Zimmer für Ihre Angestellten?", antwortete sie so freundlich wie möglich.

    Der Besitzer rieb sich das Kinn. Er musterte sie dabei von oben bis unten. Ist das hier eine Misswahl oder braucht er eine Kellnerin?, fragte sich Karen. Sie war wirklich sehr müde. Sie sehnte sich eigentlich nur noch nach einer Dusche und einem sauberen Bett.

    „O. k., Arbeitsbeginn morgen früh um neun. Dann komm mal mit."

    Er schlurfte durch eine Tür hinter ihm und Karen folgte ihm. Sie gingen durch die Küche, wo eine blasse junge Frau gerade Gemüse putzte. Karen nickte ihr im Vorbeigehen zu. Dann gelangten sie in einen Hausflur. Im zweiten Stock blieb er vor einer dunklen Holztür stehen und öffnete sie.

    „Das ist das Zimmer, das Bad ist auf dem Flur. Den Müll musst du selbst entsorgen und frische Bettwäsche kostet extra."

    Wirklich sehr einladend, dachte Karen und sah sich im Zimmer um. Es war zwar nicht das Hilton, doch sie war überrascht, dass es sauber war. Auch die Bettwäsche schien frisch aufgezogen zu sein. Die Sehnsucht nach Schlaf übermannte sie und so stimmte sie den Bedingungen zu. Nachdem ihr neuer Chef gegangen war, suchte sie das Bad. Es war leider nicht so sauber wie das Zimmer, doch heute würde sie noch einmal darüber hinwegsehen. Sie duschte ausgiebig und kroch bald darauf in das Bett. Das ist wirklich ein anstrengender Tag gewesen und morgen beginnt mein neues Leben, dachte sie, bevor sie in einen tiefen Schlaf fiel.

    Es dauerte einige Zeit, bis Karen das laute Hämmern identifizieren konnte. Da schlug jemand vor ihre Zimmertür und diese Person schien ganz schön hartnäckig zu sein.

    „Verdammt, wenn du nicht in zehn Minuten unten bist, bist du gleich wieder entlassen, haben wir uns verstanden!"

    Das war ihr neuer Chef! Plötzlich fiel es ihr wieder ein. Ein Blick auf die Uhr erklärte, warum er so wütend war, es war halb zehn. Verschlafen, am ersten Arbeitstag! Das war ihr noch nie passiert.

    „Ich komme sofort", rief sie und sprang aus dem Bett.

    „Deine Uniform liegt hier und beeile dich gefälligst", hörte sie durch die Tür.

    Uniform? Karen wartete, bis die Schritte verhallt waren. Vorsichtig öffnete sie die Tür. Sie nahm die Kleidung und breitete sie auf dem Bett aus. Na ja, viel war das nicht. Ein blauer Minirock, eine kurze weiße Bluse und eine winzig kleine rote Schürze mit dem Logo des Imbisses. Da kann ich ja gleich im Bikini hinuntergehen, überlegte sie, während sie ihre „Uniform" anprobierte. Sie passte, ihre langen Beine wurden außerordentlich betont. Auch ihre schlanke Figur kam gut zur Geltung, kurz gesagt, sie sah wirklich sexy aus, nur dass sie so etwas nie zur Arbeit tragen würde. Überhaupt nie, sie war eher der konservative Typ. Doch sie wollte ihren neuen Arbeitgeber nicht noch mehr verärgern und so eilte sie wenige Minuten später die Treppe hinunter. Das blasse

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