Aron
Von Andreas Dietrich
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Andreas Dietrich
Andreas Dieterich ist Sport- und Erziehungswissenschaftler (M.A.). Er ist Akademischer Angestellter am Institut für Sportwissenschaft der Universität Tübingen mit den Arbeitsbereichen Sozial- und Gesundheitswissenschaften sowie Hochschulsport.
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Buchvorschau
Aron - Andreas Dietrich
Aron
Aron ist ein Schüler der Sekundarstufe II. Als er erfährt, dass ein Mitschüler Tagebuch schreibt, entschließt Aron sich, ebenfalls Tagebuch zu schreiben.
Was Aron erlebt, welche Gefühle er hat, an wen oder was er denkt: Sein Tagebuch, das eher ein Wochenbuch ist, erfährt es.
A.D.
Aron
A.D.
Erste Auflage 2017
978-3-7450-3093-8
Copyright: © 2017 A.D.
Andreas Dietrich
Rietzer Straße 12
14476 Schmerzke
www.ad-schreibt.net
kontakt@ad-schreibt.net
Druck: epubli ein Service der neopubli GmbH, Berlin
Liebes Tagebuch
Liebes Tagebuch, 12. Februar
ich weiß, dass du mich noch nicht kennst. Heute ist ja das erste Mal, dass ich dir schreibe. Jetzt wirst Du sicherlich fragen, warum jetzt erst. Ganz einfach. Vorher wusste ich noch nichts von dir. Bisher kannte ich dich nicht. Keiner meiner Klassenkameraden schrieb an dich. Doch seit dieser Woche kenne ich dich. Seit dieser Woche weiß ich, dass Du existierst. Wie es dazu kam? Das will ich dir berichten.
Meine Eltern sind mit mir erst vor zwei Wochen umgezogen. Meine Mutter hat einen neuen Job bekommen. Der bringt Geld, hat meine Mutter gesagt. Das einzige Geld. Mein Vater war ja arbeitslos. Seitdem er vor drei Jahren einen Unfall hatte, war nichts mehr wie es war. Dabei hatte er nicht einmal Schuld! Damals war er noch Kraftfahrer. War die ganze Woche unterwegs. Fuhr vom Westen in den Osten, vom Osten in den Süden, vom Süden in den Norden, vom Norden in den Westen. So kam er überall herum. An diesem besagten Tag fuhr er, wie so oft, auf der Autobahn. Er fuhr gerade an einer Auffahrt vorbei, als neben ihm ein Motorrad auftauchte. Es blieb nicht auf den Beschleunigungsstreifen. Nein, es fuhr in den LKW hinein. Besser gesagt in den Anhänger. Dort verhakte sich das Motorrad unter dem Anhänger und am Ende wurde das Motorrad samt Mensch überrollt. Den Zusammenstoß selbst merkte mein Vater nicht, das Überrollen schon. Er sah in den Rückspiegel und sah einen Teil des Motorrades. Sofort ging er in die Eisen, denn er erkannte, dass es ein Motorrad war. Als er ausstieg, sah er das Unglück einige Meter hinten dem LKW. Er rannte zurück, während er das Warndreieck aufstellte. Erst ließ er den Motorradfahrer links liegen, um die nachfolgenden Autos zu warnen. Er stellte das Warndreieck auf und lief zum Motorradfahrer zurück. Währenddessen rief er den Notarzt. Multitaskingfähig war mein Vater damals auf jeden Fall.
Seit diesem Tag hatte mein Vater Albträume. Er träumte jedes Mal von dem Unfall. Vor seinen Augen sah er, wie sich das Motorrad verkeilte und der Motorradfahrer überrollt wurde. Er sah es ganz genau. Dabei konnte er es damals gar nicht sehen, wie es passierte. Doch mein Vater träumte davon. Anfangs war es nicht ganz so schlimm. Er konnte weiterhin seinen Beruf ausüben. Mit der Zeit wurde es aber schlimmer. Am Ende war mein Vater nicht mehr arbeitsfähig und verlor seinen Job. Seitdem waren wir auf meine Mutter angewiesen. Sie verdiente zwar nicht sehr gut, aber es reichte für uns. Vor zwei Monaten bekam sie eine neue Stelle angeboten. Das Gehalt sollte auf fast das Doppelte steigen. Sie nahm es an. Und so kamen wir hierher. Das hieß für mich auch die Schule zu wechseln. Meinen alten Klassenkameraden Lebewohl sagen, und meinen neue Mitschülern Hallo. Ja und einer davon schrieb ein Tagebuch. Er erzählte, dass er jeden Tag etwas hineinschreiben würde. Manchmal mehr, manchmal weniger. Ich wurde neugierig. Ich wusste, dass ich verdammt schüchtern war. Könnte ich mir so nicht alles aufschreiben, was ich erlebte? Meine Gefühle, meine Gedanken. Könnte es nicht neue Ideen bringen? Neue Ideen für Comics? Ich hatte ja einige Comics schon gezeichnet. Mehr Ideen wären doch nicht schlecht, oder? Meinst Du nicht auch Tagebuch?
Warte mal. Tagebuch, das klingt so unpersönlich. Sollte ich Dir nicht einen Namen geben? Mal überlegen. Welchen Namen könnte ich Dir geben? Mein Name nicht, aber. Warte, ich habs! Ich nutze meinen Namen und drehe ihn für dich um. Aus Aron wird also Nora. Hast Du etwas dagegen? Nein? Sehr schön. Wenn ich also von Nora spreche, spreche ich eigentlich zu Dir und keiner kennt diese Nora. Meine Eltern denken, dass Du eine Mitschülerin bist, meine Mitschüler, dass Du meine Freundin bist. Das erste wird irgendwann auffliegen. Irgendwann wird schon eine Elternversammlung sein, und mit der Zeit sollten meine Eltern mitbekommen, dass es keine Nora gibt. Der zweite Fall sollte schneller auffliegen. Glaube ich. Aber hey, ich bin kein Hellseher. Ich weiß nicht, was heute Nacht passiert, was morgen passiert. Ich weiß nur Eines. Übermorgen beginnt die zweite Woche in der neuen Schulwoche. Ob ich Dir übermorgen schreibe, wie der erste Tag in der neuen Woche war? Ich weiß es nicht. Ehrlich nicht. Ich glaube nicht, dass ich übermorgen dazu komme. Ich werde Dir wohl erst nächste Woche wieder schreiben. Täglich werde ich nicht daran denken. Aber eine Erinnerung werde ich mir einstellen. So werde ich jede Woche von meiner Woche erzählen. Ja, so werde ich es machen. Hast Du etwas dagegen? Ich hoffe nicht. Also abgemacht. Bis nächste Woche.
Franziska
Hallo Nora, 14. Februar
ja ich weiß, ich wollte erst am Wochenende Dir schreiben. Aber ich muss Dir was Wichtiges mitteilen. Was ganz Wichtiges! Was ganz ganz ganz Wichtiges! Ich habe meine Traumfrau gefunden! Ich habe nicht einmal nach Ihr gesucht! Sie ist einfach so aufgetaucht. Ehrlicherweise verstehe ich ja gar nicht, wie ich Sie letzte Woche übersehen konnte. Sie ist so traumhaft schön! Wie es nur in einem Traum sein kann, und doch! Es ist wahr! Es ist real! Sie ist real! Als ich Sie sah, sah ich Sie mit großen Augen und offenem Mund an. So was habe ich noch nie gesehen. So schön! Ihr Haar strahlte mehr als der Sonnenschein. Ihr Haar glänzte wie noch keines vorher. Ihr dunkles goldenes Haar war einmalig. Ein Engel könnte so etwas tragen. Glaube ich. Ich mein, ich hab ja noch nie einen Engel gesehen. Nur Franziska. Habe ich erwähnt, dass Sie Franziska heißt? Nein? Na ja, jetzt habe ich es. Sie heißt Franziska. Ein wirklich schöner Name. Ich hab heute, als ich zu Hause war, gleich mal nachgesehen, was der Name bedeutet. Die Bedeutung ist nicht so schön. Zu mindestens die eine. Aus Franken stammend war die andere Bedeutung. Sie war ja in Ordnung, aber die eine? Nein. Schließlich bedeutete dies, dass ich niemals mit Ihr zusammen kommen würde. Niemals, denn die zweite Bedeutung war die Freie. Das würde heißen, dass Sie immer frei wäre. Niemals gebunden. Niemals mit mir zusammen. Nein. Ich hoffe, dass sich diese Bedeutung nie erfüllt. Ich hoffe und doch weiß ich, die Hoffnung stirbt zuletzt. So eine schöne Frau, wie Sie zweifelsfrei ist, kann doch nicht für immer alleine sein. Das geht doch nicht! Niemals! Na ja, bleibt mir nur zu hoffen, dass die Bedeutung sich nicht erfüllt. Aber weg von der Bedeutung und zurück zu Ihr.
Ich sagte ja schon, dass Sie wunderschönes Haar hatte. Als Sie dann aber auf mich zu kam, ich Ihre wundervollen Augen wahrnahm. Sie waren nicht braun wie die Erde. Nicht blau wie der Himmel. Sie waren grün wie ein Smaragd. Ein Edelstein. Sie und natürlich der Smaragd. Ich kann echt nicht begreifen, wie ich Sie letzte Woche übersehen konnte. Ich habe Sie nicht in Mathe, nicht in Englisch gesehen. Nicht in Deutsch, nicht in Geschichte oder sonst einem Fach. Hätte ich Sie gesehen, hätte ich Dir bestimmt schon vorgestern von Ihr berichtet. Vielleicht sogar früher? Vielleicht hätte ich mit dem Tagebuchschreiben schon vorher angefangen? Ich mein, ich weiß es nicht. Aber ich würde davon ausgehen. Klar, ich hätte es vor einer Woche noch nicht machen können. Ich habe ja erst letzte Woche von einem Tagebuch erfahren. Und erst da die Idee gehabt, auch ein Tagebuch zu schreiben. Damit hatte ich ja vorgestern angefangen. Nun gut. Dass ich erst gestern mit dem Tagebuchschreiben angefangen habe, ist ja halb so schlimm.
Schlimmer ist es, dass ich verdammt schüchtern bin. Wie soll ich Franziska bloß sagen, dass ich Sie liebe? Einfach zu Ihr hingehen, Hallo ich liebe Dich sagen, wäre nicht der Knaller und würde ich mir auch nicht trauen. Ich muss mir etwas Anderes überlegen. Wenn Du Ideen hast, immer her damit. Ja, ich weiß, Du kannst nicht sprechen. Können Bücher sprechen? Nein. Höchstens Hörbücher, aber wirklich sprechen können sie ja gar nicht. Das können nur Menschen. Vielleicht auch einige Maschinen. Aber ob