Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Alexia
Alexia
Alexia
eBook714 Seiten10 Stunden

Alexia

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Alexia sucht ihren Vater. Nur einige Briefe von ihm, weisen ihr den Weg. Sie fährt hin und wird dort schnöde von dem Mann, der ihr Vater ist, abgewiesen. Da dessen Mutter den Weinberg und das Haus verkaufen muss, erwirbt es Alexia mit dem Geld ihrer Oma. Es ist nicht nur der Hass auf diese Familie, sondern auch, ihr Traummann, der sie nach Südfrankreich zieht.
Der Start misslingt völlig, trotzdem gibt sie nicht auf. Sie greift hart durch, um sich so Anerkennung und Respekt zu verschaffen. Sie glaubt sich am Ziel ihrer Träume, als sie ein Kind erwartet und er sie heiratet. Nur die Ehe geht nicht lange gut, zu unterschiedlich sind die Charaktere. Nun gerät alles in eine völlig falsche Richtung und sie verfängt sich selbst in ihrem Netz aus Lügenmärchen und Heimtücke.
Ruhm und Reichtum sind ein unsicherer Besitz.

SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum3. März 2022
ISBN9781005921675
Alexia
Autor

Angelika Friedemann

Die Autorin: Wenn die Menschen nur über das sprächen, was sie begreifen, dann würde es sehr still auf der Welt sein. Albert Einstein Ich versuche, die Aufmerksamkeit der Leser zu fesseln, sie zu unterhalten und zu erfreuen, möglicherweise zu erregen oder tief zu bewegen.

Mehr von Angelika Friedemann lesen

Ähnliche Autoren

Ähnlich wie Alexia

Ähnliche E-Books

Romanzen für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Alexia

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Alexia - Angelika Friedemann

    Alexia

    Angelika Friedemann

    Alexia

    Published by Kevin Friedemann at Smashwords.

    Copyright 2022

    Smashwords Edition, License Notes

    This ebook is licensed for your personal enjoyment only. This ebook may not be re-sold or given away to other people. If you would like to share this book with another person, please purchase an additional copy for each recipient. If you’re reading this book and did not purchase it, or it was not purchased for your use only, then please return to Smashwords.com and purchase your own copy. Thank you for respecting the hard work of this author, Angelika Friedemann.

    Chapter Prolog

    Die Frau lag in dem weißen Bett, blickte aus dem Fenster und sah zu, wie die Sonne immer blasser wurde und sich die Dämmerung in das Zimmer schlich, obwohl es erst später Nachmittag war. Morgen würde sie in eine andere Klinik verlegt werden, da man sie mit Reha-Maßnahmen malträtieren wollte.

    Der Raum wurde von dem letzten gedämpft leuchtenden Sonnenstrahl erhellt. Der würde jedoch gleich verschwinden und dann kamen die Dämonen hervor, um sie zu quälen. Die bösartigen Gestalten bevölkerten den Raum, um sie zu töten, dass zu vollenden, was bis zum heutigen Tag nicht geglückt war. Hastig, bereits in Schweiß gebadete und mit rasendem Puls knipste sie Licht an, bevor sie das Fernsehgerät anschaltete. Solange Lichter brannten und Stimmen den Raum erfüllten, klammerte sie sich an die Vernunft. Sie versuchte, die Schmerzen zu ignorieren, genauso wie die Erinnerungen. Nur kurz überlegte sie, ob sie eine Schlaftablette einnehmen sollte. Gleich verwarf sie den Gedanken. Sie wagte nicht, zu schlafen, solange es dunkel war. Sie wusste, die Albträume würden sofort kommen, um sie weiter zu quälen. Während sie schlief, war sie den Ungeheuern hilflos ausgeliefert, die sie umklammerten und nicht mehr losließen. Mehrmals hatte man sie beinahe umgebracht, deswegen lag sie seit zwei Wochen in diesem Krankenzimmer. Sie konnte das Gefühl nicht loswerden, dass man es erneut versuchen würde, sobald sie schlief, obwohl ihr jeder versicherte, dass das nichts passieren würde. Doch in der Dunkelheit der Nacht war sie dessen nicht sicher, und sie wollte keinem Menschen die Möglichkeit geben, das Werk zu vollenden. Die Schwärze der Nacht hatte die Gestalt einer Mörderin und deren Absichten.

    Sie lauschte dem Sprecher im Fernseher, ohne zu hören, was er sagte. Ihre Gedanken wanderten zurück, zu jenem Tag, als sich ihr Leben, langsam, ohne ihr Zutun, schleichend, doch unaufhörlich, änderte. Dabei hatte damals eigentlich alles absolut harmlos begonnen, ohne auf Veränderungen oder sogar die Katastrophe hinzudeuten.

    Chapter ***

    Alexia musterte die junge Frau, die etwas zögerlich ihr Büro betrat und sah ihr an, wie ungewohnt das alles für sie war. Warum, wusste sie nicht zu erklären, aber sie fand sie gleich auf den ersten Blick unsympathisch.

    „Guten Tag, Frau Helme. Setzen wir uns doch drüben hin. Sie ging auf die Frau zu und reichte ihr die Hand, danach zu der Sitzecke, die mit wuchtigen, grauen Sessel ausgestattet war. „Möchten Sie einen Kaffee?

    „Ja, gern, Frau Michaelis."

    Alexia öffnete die Tür und sagte Lydia kurz Bescheid, dann setzte sie sich ebenfalls. Sie bemerkte, wie sie die Frau verschüchtert ansah und gleichzeitig, wie sie ihre Hände immer wieder ineinander verschlungen hielt, diese öffnete und neu verkrampfte.

    „Erzählen Sie mir, was Sie auf dem Herzen haben. Wird schon nicht so schlimm sein. Ich bin ja dazu da, Ihnen zu helfen", redete sie beruhigend auf diese ein.

    Die Tür öffnete sich und Lydia stellte zwei Tassen Kaffee und zwei Gläser Mineralwasser ab, bevor sie den Raum verließ.

    „Wahrscheinlich halten Sie mich für eine Lügnerin, aber meine Mutter hätte mich nie angelogen."

    „Fangen Sie am Anfang an. Warum sollten Sie zu mir kommen, um mir eine Geschichte aufzutischen, die nicht stimmt?" Alexia lächelte ihrer Mandantin aufmunternd an.

    „Meine Mutter ist vor drei Monaten gestorben. Sie hatte Krebs, wissen Sie. Als man es feststellte, war es zu spät für eine Operation. Er war zu weit fortgeschritten."

    Alexia sah, wie die schüchterne Frau mit den Tränen kämpfte, sagte jedoch nichts.

    „Ein paar Tage vor ihrem Tod hat sie mir alles erzählt, von meinem Vater und was damals war. Wissen Sie, ich wusste nie, wer er ist. Meine Mutter hat immer, wenn ich sie fragte, Ausflüchte gemacht und irgendwann habe ich nicht mehr gefragt. Melanie Helmer ergriff die Tasse und trank einige Schlucke. „Sie hat mir gesagt, wer mein Vater ist. Vor zwei Wochen habe ich ihn gesehen. Ich hatte vorher etliche Male probiert, ihn zu erreichen, aber da hat man mich immer abgewiesen. Ich traf ihn zufällig und sprach ihn an. Ich sagte ihm, wer ich bin und fragte, ob das alles stimmte. Er hat mich angemeckert, ich solle verschwinden und ihn nicht belästigen. Seine Begleiter haben mich beiseitegeschoben.

    Man sah ihr an, wie traurig, aber auch empört sie über die Behandlung noch heute war. Ihre grauen Augen zeigten jetzt so etwas wie Kampflust.

    „Dabei wollte ich doch nur wissen, ob er mein Vater ist. Ich möchte kein Geld von ihm oder sonst etwas. Nur wissen, ob er mein Vater ist. Es ist doch wichtig, zu wissen, wer seine Eltern sind."

    Alexia hatte schweigend zugehört und trank einige Schlucke Mineralwasser.

    „Sicher und jedes Kind hat in Deutschland ein Recht darauf zu erfahren, wer seine Eltern sind. Das ist gesetzlich verankert."

    „Warum kann der Mann mir nicht die Wahrheit sagen? Ich wohne bei meinen Großeltern, mache eine Ausbildung als Floristin. Ich möchte sonst nichts von ihm, nur die Wahrheit wissen."

    „So ist das allerdings nicht. Wenn sich herausstellt, dass Sie das leibliche Kind von ihm sind, treten automatisch andere Maßnahmen in Kraft. Zum Beispiel, alles, was Unterhalt und Erbschaften betrifft. Wenn ..."

    „Aber ich möchte kein Geld von ihm, darauf kann ich gern verzichten. Er hat meine Mutter nie gesagt, dass er bereits verheiratet war, hat sie sitzen lassen, da nehme ich doch nichts von so einem Mann. Meine Mutter hat diesem Mann nie gesagt, dass ich unterwegs war. Auch sie wollte danach nie etwas von ihm."

    „Das ist nun einmal Gesetz. Das ist jedoch ein anderes Problem. Man kann ihn dazu zwingen, eine Vaterschaft anzuerkennen, ob er will oder nicht. Der Beweis für die Vaterschaft, wird durch ein Abstammungsgutachten geführt. Hierbei handelt es sich um ein wissenschaftliches Verfahren, mit dem die Verwandtschaft zwischen Vater und Kind festgestellt werden soll. Dazu werden bei den beteiligten Personen Blutproben entnommen und eine Genanalyse durchgeführt."

    „Wenn er nicht mag?"

    „Er muss, ob er will oder nicht, wie ich sagte. Ein Beschluss vom Familiengericht reicht dazu aus, aber oftmals genügt die Androhung, dass man vor Gericht damit gehen will, und die meisten Männer sind dazu bereit. Viele stehen dann freiwillig zu dem Fehltritt, wie das gern bezeichnet wird. Ich habe das schon zigmal bei Mandanten erlebt. Ich bin auf dem Gebiet besonders erfolgreich, da das unter anderem seit Jahren mein Spezialgebiet ist."

    Alexia sah etwas erstaunt, wie eine Veränderung in der Frau vor sich ging. Die Verkrampfung der Hände hatte sich gelöst, sie straffte ihren Rücken und blickte sie selbstbewusst, ein wenig trotzig an.

    „Dann machen Sie das bitte für mich. Meine Großeltern sagten, dass sie die Kosten bezahlen werden, weil ich ja noch in der Ausbildung bin, sonst kein Geld habe. Meine Mutter hat als Übersetzerin gearbeitet, aber kein Vermögen verdient. Es hat immer für uns beide gereicht. Sie sollen mir gleich eine Rechnung mitgeben, damit das alles korrekt ist, sagte mein Großvater."

    Alexia lachte die junge Frau an. „Alles der Reihe nach. Erst einmal die Arbeit, später die Rechnung. Wenn das alles richtig ist, muss die sowieso Ihr Vater zahlen."

    „Nein, dass bezahlen meine Großeltern. Wir wollen nichts von ihm."

    „Gut, fangen wir an."

    Alexia stand auf und setzte sich hinter ihren Schreibtisch.

    „Jetzt benötige ich Ihre persönlichen Angaben. Ihren vollständigen Namen, Geburtsdatum, Adresse. Das Gleiche von Ihrer Mutter. Haben Sie zufällig Ihre Geburtsurkunde mit?"

    Da das nicht der Fall war, schrieb Alexia alles auf.

    „Jetzt kommen wir zu dem mutmaßlichen Erzeuger, dem Vater."

    Erstaunt sah sie, wie die Frau den Kopf senkte und wieder anfing, ihre Hände zu verschränken.

    „Matthias ..., Matthias ... Matthias Maaßen."

    Für einen Moment herrschte Stille. Alexia blickte mehr als erstaunt auf und atmete tief durch.

    „Sie meinen - deeen Matthias Maaßen, den Industriellen?"

    „Einen Matthias Maaßen. Ob er das ist, weiß ich nicht. Deswegen sprach ich ihn ja mal an, fragte, aber er servierte mich schnöde ab. Er meinte, ich wäre viel zu alt, könnte niemals von ihm stammen."

    Wieder herrschte eine Weile Stille in dem Büro, was nur von dem Regen unterbrochen wurde, der gegen die Scheiben prasselte.

    „Oh! Ich glaube, ich verstehe das Problem. Sein Leugnen wird ihm nicht helfen."

    In ihrem Inneren breitete sich ein prickelndes Gefühl aus, während die Gedanken durch ihren Kopf schossen. Das war nicht irgendein alltäglicher Fall, hier ging es um viel mehr.

    „Ja. Meine Mutter sagte mir den Namen und sie hatte mich nie angelogen. Warum sollte sie das kurz vor ihrem Tod machen?"

    „Ich glaube Ihnen das. Wissen Sie, wo sich Ihre Eltern getroffen haben, und wie lange dauerte die Beziehung zwischen den beiden?"

    Abermals schrieb sie einige Notizen, aber in Gedanken war sie bei dem Namen Matthias Maaßen.

    Nachdem sich Melanie Helmer verabschiedet hatte, saß sie auf dem Stuhl und schaute zum Fenster hinaus in den Regen, diesen trübsinnigen, erbarmungslosen, peitschenden Regen. Sie hasste dieses triste Wetter, besonders jetzt, zum Beginn des Frühlings. Der Winter war lang gewesen, mit seinen grauen, schmutzigen, mit wolkenbedeckten Tagen und sie wartete sehnlich auf Sonne und etwas Wärme.

    Das war wirklich ein dicker Brocken, den sie da angenommen hatte. Sie ließ sich das Gespräch durch den Kopf gehen, wieder und wieder, dabei sah sie die junge Frau vor sich. Stimmte diese Geschichte oder wollte da nur jemand Kapital aus dem Mann herausholen?

    Dieser Fall würde wochenlang für Schlagzeilen sorgen, wenn davon etwas bekannt würde und sie konnte da leicht ins Kreuzfeuer geraten.

    Nein, sagte sie sich, diese Melanie hatte nicht gelogen. Ich weiß, da sie mir das erzählte, was sie von ihrer Mutter gehört hatte. Im Geist versuchte sie, ein Bild von dem mutmaßlichen Erzeuger ins Gedächtnis zu rufen, aber so richtig gelang ihr das nicht, obwohl er eigentlich häufig in der Medienwelt präsent war. Da ging es um Millionen und sie war diejenige, die Melanie dazu verhelfen würde. Eventuell fiel dadurch auch für sie einiges ab. Auf jeden Fall der Ruhm. Ich sollte eventuell einen Provisionsertrag aufsetzen, damit ich etwas von dem Erbe abkriege. Schließlich verhelfe ich der Braut zu einem riesigen Vermögen. Sie würde schlagartig in aller Munde sein. Die reichen Leute würden sich um sie reißen, weil sie eine hervorragende Rechtsanwältin war. Wäre es nicht besser, den Maaßen vorher zu kontaktieren? Was, wenn sie ihm half, dass alles zu verschleiern, er eben nicht Millionen an diese Frau zahlen musste?

    Lydia, Birgit und Silvia, die Schreibkräfte riefen „Tschüüüsss" und sie verließ ebenfalls die Kanzlei, noch in Gedanken versunken. Jetzt dachte sie allerdings nicht mehr an ihre neue Mandantin, sondern über sich selbst nach. Auch sie wusste nicht, wer ihr Vater war. Auch ihr war die Mutter immer einer Antwort ausgewichen. Ist es eigentlich wirklich wichtig, dass zu erfahren? War es für mich jemals wichtig? Früher schon, aber jetzt? Was, wenn ihr Vater ebenfalls ein reicher Kerl war? Ihr stand eventuell ein Millionenerbe zu.

    Kurz vor der Wohnung drehte sie um und fuhr mit der U-Bahn zu ihrer Oma.

    Diese sah erstaunt ihre Enkelin an, bevor ein Lächeln ihr ganzes Gesicht erhellte.

    „Alexia, das ist aber eine liebe Überraschung. Komm herein. Ich habe gerade Tee gekocht, magst du einen?"

    Alexia gab ihrer Oma einen Kuss und den Blumenstrauß, den sie noch schnell gekauft hatte. Dann saßen sie beide in der kleinen Küche, Tee trinkend.

    „Sag mal, Oma, weißt du eigentlich, wer mein Vater ist?", platzte sie ziemlich schnell heraus.

    Mathilde Michaelis sah ihr Enkeltochter verdutzt an, wobei sie, wie meistens, ihre Augenbrauen hochzog.

    „Nein! Brigitte hat nie etwas über ihn erzählt. Aber wie kommst du darauf, Kind?"

    „Ach, ich habe eine neue Mandantin, die wissen will, wer ihr Vater ist."

    „Da hat sie recht. Jeder Mensch sollte wissen, wer seine Vorfahren waren."

    Jetzt war es an Alexia, welche ihre Oma erstaunt, anguckte.

    „Das haben wir deiner Mutter stets gesagt. Als deine Mutter damals aus dem Urlaub zurückkam und uns Wochen später sagte, dass sie schwanger sei, haben wir ihr geraten, teile es dem Mann mit. Wir dachten zunächst, es könnte Thomas sein. Von ihm hatte sie sich ja kurz vor dem Urlaub getrennt, war nur deswegen weggefahren. Sie schrieb ihm. Ich weiß jedoch nicht, ob er geantwortet hat. Als du dann auf der Welt warst, haben wir sie öfter gedrängt, seinen Namen wenigstens auf der Geburtsurkunde anzugeben. Sie wollte nie etwas davon hören. Mir hat sie nie gesagt, wie er heißt oder was er macht. Sie sprach eigentlich nie über ihn, obwohl ihr das vielleicht gutgetan hätte. Sie war schrecklich verliebt in den Mann, deswegen kam nie ein anderer Mann für sie infrage. Was wir stets bedauerten."

    „Wer war Thomas?"

    „Ein junger Kfz-Mechaniker. Ein netter Mann, der damals gerade seine Ausbildung beendet hatte."

    „Kfz-Mechaniker?, fragte Alexia entsetzt. „Ach, ist ja egal. Ich habe dreißig Jahre ohne ihn gelebt, ohne zu wissen, wer es ist und das ist gegangen. Es war nur eine fixe Idee von mir.

    „Und sonst, mein Kind. Macht dir die Arbeit Spaß?"

    „Ich habe ja erst angefangen und im Augenblick ist alles neu, aber ich denke ja. Ich habe meinen ersten großen eigenen Fall und hoffe, dass ich alles richtig mache."

    „Das machst du schon, mein Kind. Hör auf dein Herz und deinen Instinkt, dann klappt das schon."

    „Oma, du bist lieb. Ich weiß, dass ich sehr gut bin, und habe gewiss keine Angst."

    „Was macht dein Jens?" Diese Frage stellte sie aus purer Höflichkeit.

    „Wie immer! Er belehrt mich in allen Dingen, weiß alles besser", lachte sie. Sie wusste genau, dass ihre Oma Jens nicht mochte und sie der Freund eigentlich nicht interessierte.

    Plötzlich sprang sie auf. „Verflixt, wir waren heute Abend verabredet, das habe ich total vergessen. Oma, ich muss los. Ich besuche dich nächste Woche und da habe ich mehr Zeit."

    „Ist gut, mein Kind. Ich habe mich gefreut, dass du da warst."

    „Oma, hast du zwei, drei Hunderter für mich? Ich brauchte so viel neuen Kram."

    „Ich kann dir nur 50 Mark geben. Es gibt erst nächste Woche Rente."

    Sie nahm das Geld, gab ihr schnell einen Kuss und hastete nach Hause.

    Jens empfing sie, wie erwartet - ungehalten. „Wo kommst du her? Wir müssen in einer viertel Stunde im Grande sein und du kommst erst jetzt. Du weißt genau, wie wichtig das für mich ist."

    „Ist ja gut, reg dich ab. Ich ziehe mich schnell um und dann können wir los."

    Sie rannte ins Schlafzimmer und kam wenige Minuten später umgezogen heraus. Jens blickte sie aufmerksam, prüfend von oben bis unten an.

    „Gut, dann können wir ja."

    „Wir sind pünktlich. Warum also regst du dich auf?" Sie grinste, worauf er nur den Kopf schüttelte.

    Im Auto kam erneut die Frage, wo sie gewesen sei, und sie erzählte ihm von dem Besuch bei ihrer Oma, worauf er leicht das Gesicht verzog.

    „Weißt du was, du bist ein richtig alter Brummbär. Sei doch nicht immer so verbiestert. Einfach lockerer werden."

    „Du könntest dafür etwas mehr vorher nachdenken und nicht ständig alles spontan erledigen. Als wenn dieser Besuch heute nun notwendig gewesen wäre. Was war eigentlich mit deiner ersten Mandantin?"

    Auch das erzählte sie kurz, während er den Wagen direkt vor dem Restaurant 15 Minuten zu spät einparkte.

    „Sie möchte bloß Geld. Lass die Finger davon. Ein armes Luder, welche ein bisschen Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen beabsichtigt. Ich hoffe, du hast sie nach Hause geschickt?"

    „Habe und werde ich nicht. Ich vertrete sie, weil ich ihr glaube."

    Aufgebracht hielt er sie am Arm fest. „Das meinst du wohl nicht im Ernst?"

    „Lass mich los. Du tust mir weh! Doch, genauso meine ich es, meckerte sie. „Ich werde dich da bestimmt nicht fragen. Verstanden?

    „Alexia, überlege sachlich, das ist an den Haaren herbei gezogen. Er war ein Teenie, als sie gezeugt wurde."

    „Und wenn es stimmt?"

    „Nie! Lass uns später darüber reden."

    Er öffnete ihr die Tür und ließ sie eintreten. Alexia war noch aufgebracht, begrüßte aber freundlich die Bekannten von Jens. Der entschuldigte sich bei seinen Mandanten langatmig. Sie sah das Ehepaar und wusste, dass ihr ein langweiliger Abend bevorstand. Wirklich, so kam es auch, da man über Dinge sprach, die sie nicht interessierten. Die Politiker machten generell, was sie wollten, egal wer da herrschte. Ob es nun der Wirtschaft gut ging, war ihr egal, genauso wie irgendwelche Weltgeschehnisse.

    Sie atmete auf, als man sich endlich verabschiedete und sie heimfuhren.

    Sie duschte schnell und legte sich ins Bett. Der Abend hatte sie ziemlich genervt.

    Jens kam aus dem Bad, legte sich neben sie. „Magst du schon schlafen?" Er schob seine Hand unter ihre Bettdecke und streichelte über ihren Körper.

    „Ich bin müde, lass mich. Warum muss ich immer zu so einem langweiligen Essen mitgehen? Es ist öde, genauso wie die Leute. Wie du dich mit solchen Langweilern überhaupt abgeben kannst? Essen dauerte Stunden, der Wein war sauer, ungenießbar, satt bin ich kaum geworden und diese blöde Tussi laberte auch nur Mist."

    „Warum? Weil sie nicht über Mode reden wollte? Die Dame hat Verstand und redet nicht nur Müll daher, über Mode, irgendwelche Sternchen oder wie man diese Leute nennt. Den Mist interessiert niemand mit Denkvermögen."

    „Wie du meinst. Gute Nacht."

    „Ach komm, meine Kleine. Morgen können wir ausschlafen."

    „Ich habe aber keine Lust, also lass mich in Ruhe."

    „Du hast in letzter Zeit nie Lust, wie ich merke." Er drehte sich beleidigt um und Alexia grinste zufrieden unter der Decke.

    Chapter ***

    Da Samstag war, blieb sie länger liegen und freute sich auf ihren freien Tag. Jens hatte Brötchen geholt und den Tisch gedeckt, als sie aufstand.

    „Langsam ausgeschlafen?"

    „Ja. Wieso stört dich das? Ich habe heute schließlich frei."

    „Alexia, du weißt, dass wir einkaufen wollen. Du benötigst neue Sachen."

    „Ja und? Die Geschäfte haben noch Stunden auf. Sei doch nicht immer so. Sieh es ein bisschen lockerer."

    Sie setzte sich an den Tisch, aß gemütlich ihre Brötchen, trank Kaffee, bevor sie sich anzog.

    Dann fuhren sie los, da sie ein Kleid kaufen wollte. Der Frühling ließ zwar auf sich warten, aber das würde nicht mehr lange so bleiben, hoffte sie zumindest und heute streckte er schon zaghaft seine Arme aus. Die Sonne schien vom hellblauen Himmel, an dem nur wenige Wolken zu sehen waren. Gleich spürte man die Wärme, welche sich ausbreitete.

    Im ersten Geschäft fand sie nichts Passendes. Als sie in einem Schaufenster hautenge Jeans mit einem weit ausgeschnittenen Pulli erblicke, dazu trug die Puppe hohe dunkelblaue Wildlederstiefel. Es sah irgendwie frivol aus. Alexia war sofort begeistert und steuerte den Laden an.

    „Was möchtest du da?"

    „Jeans!"

    „Alexia, bitte. Du willst doch wohl nicht in so etwas ins Büro gehen?"

    „Habe ich das gesagt?", meckerte sie und ging hinein. Wenig später drehte sie sich vor dem Spiegel und war begeistert. Sie stöberte weiter in den Sachen herum, fand weitere Pullover, mehrere Shirts, einen Minirock und schließlich sogar einige Kleider, welche ihr gefielen mit den passenden hochhackigen Schuhen. Sie kaufte die Sachen und trat beglückt aus dem Laden.

    Jens sah sie aufgebracht an, als er die vier Tüten bemerkte. „Hast du dich ausgetobt und können wir vernünftig einkaufen gehen? Schade um mein Geld!"

    Sie hielt ihm die Taschen hin, die er tragen sollte, „Ich habe alles, was ich wollte. Wir können nach Hause."

    Er ignorierte die Geste. „Ich denke, du wolltest ein Kleid für das Büro?"

    „Habe ich ebenfalls."

    „In dem Laden?"

    „Du bist ein arroganter, überheblicher Snob. Ich will sofort heim. Außerdem sind deine paar Kröten eh alle."

    „Paar Kröten? Du hast 3.200 Mark ausgegeben? Spinnst du? Das war das Haushalts-Benzingeld für den Monat."

    „Alle. Musst du am Montag was abheben", erklärte sie schnippisch.

    Schweigend fuhren sie zurück und Alexia verstaute die neuen Sachen. Sie sah sich in ihrem Kleiderschrank um und Wut überkam sie. Alles Sachen, die ihr nicht gefielen, bis auf wenige Ausnahmen. Sachen, die er ausgesucht hatte. Entschlossen packte sie ein paar, in ihren Augen, besonders hässliche Teile zusammen und schaffte sie wenig später in den Müll hinunter, wenn es sich auch um teure Modellkleider handelte.

    Danach telefonierte sie mit ihrer Freundin Jennifer. Als diese sie fragte, ob sie am Abend nicht gemeinsam weggehen wollten, stimmte Alexia begeistert zu. Irgendwie musste sie raus, dass spießige Leben einmal abschütteln und vergessen.

    Sie ging baden, zog ihre neuen Sachen an und schminkte sich. Die langen blonden Haare bürstete sie, bis diese glänzten. Fertig angezogen ging sie in Jens Zimmer, wo er, wie meistens, über Akten gebeugt saß. Er blickte kurz auf und sie bemerkte, wie sich sein Gesicht verdüsterte, und grinste vor sich hin.

    „Wie siehst du denn aus?"

    „Gut, denke ich. Ich bin mit Jenny verabredet. Es wird spät. Du brauchst nicht warten. Tschüss."

    Sie gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange und ging schnell hinaus, ehe er etwas sagen konnte. Beschwingt fuhr sie zu ihrer Freundin, die sie anerkennend ansah.

    „Mensch, du siehst ja heute toll aus. Was hat denn dein Jens dazu gesagt?"

    „Er kam nicht zu Wort. Also, wo wollen wir hin?"

    Sie fuhren in ihre alte Diskothek, wo man sie kannte, und Alexia fühlte sich so wohl, wie schon seit Langem nicht mehr. Sie tanzte, flirtete ein wenig und war nur eine junge Frau, die den Abend genoss.

    Erst am frühen Morgen kam sie daheim an. Sie wurde entsprechend von Jens empfangen, den sie stehenließ. Sie wollte sich ihre gute Laune nicht verderben lassen, worauf er sie am Arm festhielt.

    „Kannst du mir sagen, wo du bis morgens um fünf Uhr warst?, brüllte er. Heftig machte sie sich los und funkelte ihn gereizt an. „Mich amüsieren, tanzen, reden, trinken.

    „Spinnst du? Mit meinem Geld? Was ist mit dir los? Dann noch in diesem Aufzug."

    „Den anderen hat es gefallen und mir auch. Du bist ein alter Spießbürger. Ein vertrockneter Typ und stink langweilig. Ich will schlafen."

    Sie ging ins Bad und legte sich wenig später ins Bett. „Bevor du ankommst, nein, ich will nicht mit dir schlafen. Selbst das ist langweilig und eintönig. Übrigens, warum schläfst du um diese Uhrzeit nicht? Das passt doch nicht zu dir und deinem, ach so geregelten Tagesablauf." Sie hatte sich richtig in Rage geredet und fühlte sich wohl dabei.

    Er packte sie am Arm und drehte sie zu sich herum. Erschrocken sah sie seine grauen Augen wütend funkeln und drückte sich tiefer unter ihre Bettdecke.

    „Mit wem warst du im Bett? Läuft deswegen seit Wochen nichts mehr zwischen uns? Hat er kein Geld, du Flittchen?"

    „Du tust mir weh, empört befreite sie sich. „Du spinnst wirklich, mit keinen. Das sagt mir mein Gefühl, überdies war es am Anfang bei uns anders.

    „Alexia, lüg nicht."

    „Das ist mir zu blöd. Gute Nacht!"

    Sie drehte sich weg und war wenig später eingeschlafen, während Jens grübelnd neben ihr lag.

    Chapter ***

    Alexia stand erst gegen Mittag auf, zog nur einen Frotteebademantel über, um sich wenig später vor dem Fernseher einen Joghurt schmecken zu lassen.

    Jens schien zu arbeiten und sie war froh darüber. Momentan nervte er sie nur und sie überlegte, wie so oft in letzter Zeit, ob sie sich nicht trennen sollten. Sie waren zu verschieden und sie hatte keine Lust auf so ein Leben. Nur da war das Geld, welches sie bei ihm hatte. Allein musste sie alles selber bezahlen und ihre Oma hatte auch kaum was. Die ging selber gern weg, war mit Freunden zusammen und das kostete. Da blieb für sie nie viel von der Rente übrig, außer wenn sie gleich am Anfang des Monats Geld holte.

    „Ach, die gnädige Frau ist aufgestanden."

    „Wie du siehst. Darf ich dich daran erinnern, dass heute Sonntag ist und ich ausschlafen kann", meckerte sie ihn bissig an.

    „Wenn du Karriere machen willst, musst du dich daran gewöhnen, auch an freien Tagen etwas zu arbeiten. Du bist nicht mehr jung, für eine Anfängerin sogar alt, da muss man irgendwann loslegen, sonst bist du bald arbeitslos."

    „Vielleicht will ich keine Karriere machen, sondern lieber jetzt mein Leben genießen. Eins will ich bestimmt nicht werden, so ein verbiesterter Typ wie du, um mich ständig mit irgendwelchen langweiligen Menschen zu unterhalten. Gestern habe ich seit Wochen das erste Mal richtigen Spaß gehabt."

    Er kam auf sie zu und fasste sie an den Armen. „Spaß haben mit dem Geld, welches man bei anderen stiehlt. Alexia, was ist in letzter Zeit mit dir los? Du nörgelst permanent, kaufst dir irgendwelche unmöglichen Klamotten und mit mir schlafen willst du auch nicht mehr?"

    „Du nervst mich. Alles weißt du besser, redest ständig in alles hinein, was ich mache, was ich trage. Ich bin erwachsen und weiß, was ich will, aber das kapierst du anscheinend nicht."

    „Ich gebe dir lediglich Tipps und Ratschläge, um dir zu helfen. Ich kenne mich länger aus, weiß, wie das in der Kanzlei gehandhabt wird und auf was man großen Wert legt. Zum Zweiten bezahle ich deine Sachen, dein Leben, kann daher ein Wort mitreden. Soll ich dich wegen des Diebstahls gestern anzeigen, du eingebildete Person?"

    „Aber das will ich nicht. Ich will meine Fehler allein machen, meine Erfahrungen allein sammeln und mir selber ein Bild von allem verschaffen. Ich will mir meine Sachen allein aussuchen, und zwar Sachen, die chic sind, kurze Röcke und enge Jeans. Ich bin doch keine sechzig. Da läuft meine Oma modischer herum, als das, was du mir aussuchst. Jens, ich bin erst Ende zwanzig. Was erwartest du von mir? Warum kannst du mich nicht verstehen?"

    Verzweiflung kroch in ihr hoch, da er nie Verständnis für sie hatte.

    „Du bist 31. Sieh mal, du kannst in der Kanzlei nicht in einem Minirock herumlaufen oder vor Gericht, oder wenn wir mit Mandanten Essen gehen. Wiederholt haben sich Mandanten in der Kanzlei beschwert, weil du zu freizügige Kleidung trugst, eben niemand deine Unterwäsche sehen möchte. Er sprach wie ein Vater zu ihr, der einem kleinen Kind etwas erklärte. „Nun sieh mal, die Sache mit diesem jungen Mädchen am Freitag. Wenn du das machst, kannst du deine Karriere vergessen. Dessen Anwälte werden dich in der Luft zerreißen. Alles nur, wegen einer Frau, die an das große Geld will. Ich versuche, dir zu helfen.

    Sein überheblicher Tonfall reizte sie und Zorn kroch in ihr empor.

    „Ich werde sie vertreten und wenn es mich meine Karriere kostet. Ich glaube ihr. Du willst alles besser wissen und bist überhaupt nicht bereit, mich zu verstehen oder auf Kompromisse einzugehen. Wie kann man mit vierzig nur wie ein alter Greis herumlaufen. Selbst wenn du zu Hause bist, siehst du aus, als wenn du jeden Moment zu einem großen Empfang müsstest. Früher bist du gut angezogen herumgelaufen, da hatten wir Spaß zusammen, aber das ist seit zwei Monaten alles vorbei und du wirst immer schlimmer. Nun fahre ich zu meiner Oma."

    „Willst du der Dame das restliche Geld stehlen? Alexia, ich habe die Bankkarten für dich gesperrt, lasse mich nicht mehr von dir ausnehmen. Such dir ein Dach über den Kopf, einen neuen Lover, der dich aushält. Nur die Männer wollen auch eine Gegenleistung dafür, nicht nur dir das Geld in den gierigen Rachen werfen. Man bezahlt solche Weiber wie dich für Sex, nicht weil sie meckern", ließ er sie stehen.

    Entsetzt blickte sie auf die geschlossene Tür. Sie wollte hinterher, aber er hatte abgeschlossen.

    Da ihre Oma nicht da war, schlenderte sie in der Innenstadt herum, bummelte durch die Fußgängerzone, sah die Schaufenster an. In eines der Straßencafés setzte sie sich und genoss die Wärme, die Sonne und die Ruhe. Sie hatte keine Lust nach Hause zu gehen, nur um sich weiter mit Jens zu streiten. Wieder dachte sie über ihre kaputte und langweilige Beziehung nach. Irgendwie musste eine Entscheidung her und dass so schnell wie möglich. Wenn nur das blöde Geld nicht wäre. Sie brauchte Jens noch eine Weile, bis sie mehr verdiente oder einen Nachfolger fand. Sie musste sich daher entgegenkommender zeigen, ihn mit viel Sex besänftigen. Sie seufzte.

    „Mensch, Alexia. Dich habe ich ja ewig nicht gesehen."

    Sie blickte auf und fiel fröhlich Bernd um den Hals.

    „Ich freue mich, dich zu sehen. Hast du Zeit? Setz dich."

    Bernd zog einen Stuhl heran. „Erzähle, was machst du so? Du siehst übrigens gut aus."

    „Danke, wie immer. In letzter Zeit viel zu tun und heute habe ich mir eine Auszeit gegönnt. Muss ja hin und wieder sein."

    „Dein Jens?"

    Alexia winkte ab. „Ich denke, dass Kapitel geht zu Ende. Wir haben nur noch Streit und er nervt mich."

    „Immer der gleiche Besserwisser?", lachte Bernd sie verschmitzt an.

    „Das wird von Tag zu Tag schlimmer. Nun will er mir in meine Fälle reinreden."

    „Ich habe dir stets gesagt, er passt nicht zu dir. Zu bieder, zu ernst. Bei ihm habe ich ständig das Gefühl gehabt, er ist schon Erwachsen auf die Welt gekommen. Bloß keinen Spaß haben."

    „Wechseln wir das Thema. Erzähle, was machst du?"

    „Immer das gleiche. Wir haben einen neuen großen Auftrag von einer Schokoladenfirma bekommen und alle wuseln hektisch herum."

    „Und privat? Bist du noch mit Jörg zusammen?"

    „Aber sicher! Beständig wie eh und je. Er ist für ein paar Tage in Süddeutschland, in den Bergen. Sie drehen dort Außenaufnahmen für die Schokolade. Auch mal schön, allein zu sein. Ich genieße das richtig und man freut sich auf das Wiedersehen."

    „Ja, seufzte sie, „so richtig allein sein, will ich auch mal wieder. Weißt du, ich gehe oft zu Oma, nur, damit ich nicht nach Hause muss.

    „Mensch, Alexia, trenne dich von dem Langweiler. Du hast etwas Besseres verdient. Hast du Jenny mal getroffen?"

    „Wir waren gestern Abend in der Disco. Hat richtig Spaß gemacht."

    „Aber nicht mit ihm?"

    Sie lachte so laut, dass sich einige Leute nach ihr umdrehten.

    „Kannst du dir Jens in einer Diskothek vorstellen? Im Anzug mit Schlips? Wieder lachte sie, diesmal allerdings etwas Verhaltener. „Du hättest sehen müssen, was er für ein Gesicht gezogen hat, als er meine Klamotten gesehen hat.

    „Vergiss ihn einfach. Wenn du nicht zu deiner Oma ziehen willst, kannst du vorübergehend bei uns wohnen."

    „Das ist lieb, aber wahrscheinlich am Anfang bei Oma, bis ich etwas Passendes finde."

    „Wie geht es ihr denn? Agil wie eh und je?"

    „Oma ändert sich nie. Manchmal denke ich, sie wird nie älter. Besuch sie doch mal, da freut sie sich bestimmt. Jenny war neulich bei ihr und ist beschwipst mit dem Taxi nach Hause gefahren. Sieben Stunden haben die beiden geklönt."

    Sie sahen sich an und wieder mussten sie lachen. So saßen sie bis zum Abend, plaudernd und lachend.

    Froh gemuht, mit guter Laune und beschwingt betrat sie die Wohnung, wo sie Jens mit mürrischem Gesicht empfing. „Darf ich fragen, wo du herkommst?"

    „Fragen kannst du, nur darfst du nicht auf eine Antwort hoffen. Ich bin kein Kind, welches Rede und Antwort stehen muss", gab sie gleich patzig zurück.

    „Ach nein, kein Kind? Du bist schlimmer wie ein Kind, da du dich nicht einmal allein ernähren kannst. Dafür benötigst du fortwährend gut betuchte Männer, die dich Flittchen finanzieren. Warum bist du gleich so streitsüchtig?"

    „Weil du mich nervst. Du behandelst mich wie ein unmündiges Kind. Darf ich dich daran erinnern, dass ich Ende zwanzig bin und erwachsen."

    „31. Dann benimm dich so und vor allen Dingen, zieh dich so an und nicht wie ein billiges ..."

    „Halt deine Klappe, keifte sie aggressiv. „Überlege dir lieber, was du sagst, du alter Spießer.

    Er blickte kalt, lächelte jedoch leicht. „Gut, du verlässt in drei Tagen meine Wohnung, du billiges Flittchen. Hat der Barkeeper vom Cez Nous kein Geld, keine Wohnung? Wenigstens konntest du ihn schnell in einer Abstellkammer befriedigen. Also nichts wie weg mit dir, bevor ich mir eine Geschlechtskrankheit zuziehe, die Wohnung wegen einer Dirn desinfizieren lassen muss. Bist du nicht weg, werfe ich deine Sachen raus. Ist ja nicht viel, da alles ich kaufte. Leider nimmst du jetzt Mathilda wieder aus."

    „Du Blödmann spinnst total!"

    Sie ging in die Küche, holte eine Schachtel Pralinen, eine Flasche Saft und betrat wenig später das Schlafzimmer. Hier nahm sie sein Bettzeug und warf ihm alles vor die Füße, schlug die Tür mit lautem Knall zu und schloss ab. Zufrieden grinsend zog sie sich aus und lag wenig später in der Badewanne, Musik hörend. Der würde sich schon abreagieren. Beweisen konnte der Dussel ihr generell nichts.

    Sie hörte ihn klopfen, schimpfen und irgendwann war Ruhe. Gemütlich mit einem Buch, hin und wieder eine Praline naschend, lag sie im Bett und fühlte sich rundherum wohl.

    Chapter ***

    Jens übersah sie am nächsten Morgen beim Frühstück, was Alexia nur achselzuckend hinnahm. Nachdem sie fertig war, fuhr sie mit der U-Bahn in die Kanzlei, da er ohne sie gefahren war.

    Alexia saß über einem neuen Fall in ihrem Büro, als Lydia aufgeregt hereingestürzt kam, ohne anzuklopfen. Alexia sah irritiert auf. „Was gibt es? Klopfe gefälligst an, verflixt", tobte sie, legte schnell die Akte über das Modemagazin.

    „Doktor Matthias Maaßen ist hier und möchte dich sprechen."

    „Wer?"

    „Du hast richtig gehört."

    Alexia spürte, wie sich ihr Puls beschleunigte. „Lass ihn eintreten und bringe uns Kaffee. Ist er allein?"

    „Ja, ohne Bodyguards oder sonst wen."

    „Also, gut, höre ich mir an, was er will und lasse mich überraschen."

    Sie blieb hinter ihrem Schreibtisch sitzen, als er das Zimmer betrat. Er sah in Natur noch besser aus, als im Fernsehen, schwirrte es ihr durch den Sinn, als sie den Mann betrachtete. Erst jetzt erhob sie sich und ging zu der Sitzecke.

    „Herr Maaßen, ich bin Alexia Michaelis. Nehmen Sie Platz. Auch er betrachtete sie, wie ihr auffiel. Er wartete, bis sie saß und nahm dann Platz. „Möchten Sie etwa trinken, vielleicht einen Kaffee?

    „Nein, danke!"

    „Was kann ich für Sie tun, Herr Maaßen?", kam sie gleich zur Sache. Sie betrachte ihn. Er war groß, strahlte eine gewisse Autorität aus und man sah ihm an, dass er gewohnt war, Menschen zu dirigieren. Sein Maßanzug saß perfekt und das helle Grau passte zu seinem leicht gebräunten Gesicht. Wahrscheinlich war er irgendwo Skifahren gewesen. Sie seufzte verstohlen. Ob er eine Geliebte hatte?

    „Es geht um die junge Dame, wie Sie sich denken können."

    Er unterbrach sich, da Lydia mit dem Tablett hereinkam. Er schüttelte leicht den Kopf und erst, als diese das Zimmer verlassen hatte, sprach er weiter.

    „Sie sind an die Presse gegangen, verkauften denen eine Story, die absolut falsch ist. Die 500 Euro werden Sie zurückzahlen müssen, da ich gegen eine Veröffentlichung Einspruch erhob. In dem Falle mehr als verständlich. Zum einen und das ist wirklich wichtig für mich, das keine weiteren Lügen in die Welt gesetzt werden."

    „Selbstverständlich, da das im Sinne meiner Mandantin ist."

    „Dann richten Sie sich danach und gehen nicht damit hausieren. Ich erklärte mich bereit, einen Vaterschaftstest zu absolvieren, habe bereits heute Morgen den Termin wahrgenommen, damit dieser Schwachsinn schnellstens aus der Welt ist."

    Verflixt, sie wollte das doch mit einigen Bildern für die Presse managen. „Frau Helmer ist fest davon überzeugt, da ihre Mutter es ihr erst, wenige Tage, bevor sie gestorben ist, gesagt hat. Warum sollte eine Frau lügen, die stirbt?"

    Er lächelte leicht und zwei kleine Grübchen traten hervor. Ein interessanter Mann, sinnierte sie, kein Wunder, dass er immer andere Frauen hat, neben seiner Ehefrau. Er strahlte etwas Maskulines aus, irgendwie etwas, was bestimmt viele Frauen anzog und dazu kam, das er Charme hatte. Er war gewiss geliftet, so wie er aussah. Ihn als Mann zu haben, war sicherlich ein Traum. Wie er wohl so war? Bestimmt nicht so knickerig wie Jens. Sie schlug elegant die Beine übereinander, lächelte ein wenig.

    „Ich möchte der jungen Dame nicht unterstellen, dass sie vorsätzlich lügt. Ich möchte das Ganze nur nicht Morgen und in den nächsten Wochen als Schlagzeile lesen, weil sich, wer auch immer, zu profilieren beabsichtigt. Ich habe jetzt Privatermittler beauftragt, damit dieser Unsinn schleunigst aus der Welt ist. "

    „Das, Herr Maaßen, hört sich ja alles gut an, nur solche Schnüffler werden Sie nicht benötigen, da ich das alles manage. Ich würde vorschlagen, Sie warten das Ergebnis ab. Die Gewissheit sollte bei allen da sein. Ich werde diesbezüglich mit Frau Helmer sprechen. Aber, ich denke, dass es da keine Probleme geben wird. Sie hat einen vernünftigen Eindruck gemacht. Sie strebt das Ganze nicht wegen Ihres Vermögens an, wie sie sagte und ich glaube ihr das, sondern, weil sie nur wissen will, ob das stimmt und wer ihr Erzeuger ist."

    „Albern! Ich hoffe, Sie haben recht. Ich möchte Sie bitten, Frau Michaelis, künftige Post an meine Privatadresse zu senden. Sollte man eigentlich wissen, da dieses nichts mit meinen Unternehmen zu tun hat."

    „Das werde ich selbstverständlich veranlassen. Da hat wohl meine Angestellte einen Fehler gemacht."

    „Ihre Angestellte?, fragte er spöttisch. „Lesen Sie Briefe nicht durch, bevor Sie diese unterzeichnen? Er erhob sich und Alexia stand ebenfalls auf.

    „Das wurde wegen der Ehefrau so gehandhabt, damit Sie wegen dieser Affäre keinen Ärger kriegen."

    „Hätte es eine Affäre gegeben, hätte ich die mit einer 12 Jahre älteren Dame gehabt. Albern! Da ich meine Frau erst zehn Jahre später kennenlernte, wäre das wohl kein Problem gewesen. Ihre Gedankengänge sind konfus. Ich würde nie meine Gattin betrügen, deswegen habe ich geheiratet. Kennen Sie nicht, ich weiß. Nur zu Ihrer Information, meine Frau liest auch im Büro sämtliche Posteingänge." Kühl verabschiedete er sich.

    Alexia hätte jubeln können, vor Glück. Das schien ja alles besser zu klappen, als sie es vor Wochen befürchtet hatte. Dieser Mann besaß nicht nur Charme, sondern zeigte Stil und wie er sie voller Verlangen angesehen hat.

    Durch diesen Vorfall fühlte sie sich bestärkt, die Suche nach ihrem eigenen Vater voranzutreiben. Sie kramte in ihrer Handtasche und suchte den Zettel, den sie bereits vor Wochen von ihrer Oma gekriegt hatte. Wenig später sprach sie mit der ehemaligen Freundin ihrer Mutter, aber die konnte ihr nichts weiter über den Mann, der ihr Vater war, sagen, da Brigitte, ihre Mutter, nie von ihm erzählt hätte. Sie wusste nur, dass er anscheinend Franzose war und sie ihn im Urlaub kennengelernt hatte. Etwas enttäuscht legte sie auf.

    Jens sah sie nicht und sie fluchte. Wo war der Kerl dauernd? Sie war vollkommen pleite.

    Chapter ***

    Alexia blickte erstaunt auf, als ihr Chef in ihr Zimmer kam. Schnell erhob sie sich und lächelte. „Guten Tag, Doktor Heinzmann. Das ist ja eine nette Überraschung."

    „Frau Michaelis, ich muss mit Ihnen reden, behalten Sie Platz. Bedauerlich dass Sie keine Arbeit haben, Zeitung lesen müssen." Er zog einen Stuhl an den Schreibtisch und setzte sich. An seinem ernsten Gesicht erkannte sie, dass etwas passiert sein musste.

    „Sie haben ja den Fall Helmer angenommen und mit Glück sind Sie ihn gleich losgeworden, da Sie sich wohl in der Person des angeblichen Vaters irrten. Doktor Matthias Maaßen als Erzeuger auszusuchen, war ein dusseliger Schachzug von Ihnen, zeugt jedoch von Ihrem Unvermögen. Doktor Maaßen wäre bei der Zeugung 15 Jahre alt gewesen. Der Mandantin das zu verkaufen – infam. Sie hat mir das heute Morgen bereits telefonisch mitgeteilt, auch das sie die Kanzlei gewechselt hat, da Sie anscheinend unfähig wären, ihr nur Ärger bereiteten. Daher ist das Thema generell erledigt, der Fall abgeschlossen. Ich möchte dazu einiges sagen. Wir sind eine renommierte Kanzlei, vertreten Mandanten aus den oberen Kreisen und leben von ihnen, auch Sie werden davon fürs Modezeitschriftenlesen bezahlt. In diesen Kreisen kennt man sich und dann kommen natürlich solche Dinge zur Sprache. Das schädigt unser Image, unseren Ruf. In Zukunft lehnen Sie solche Fälle ab, oder sprechen zumindest mit mir darüber, bevor sie eine Entscheidung treffen. Wenn ich damals hier gewesen wäre, hätten ich sofort einen Riegel vorgeschoben."

    „Darf ich etwas dazu sagen?, fragte sie ihn nicht gerade freundlich. „Ein junges Mädchen hat ein Recht darauf, zu erfahren, wer ihr Vater ist. Da ist es egal, ob das ein kleiner Angestellter oder ein Multimillionär ist. Ich entscheide, wenn ich vertrete, selbst wenn ich auf die Nase falle. Hat man Frau Helmer unter Druck gesetzt?

    „Nein, das hat sich bei einem Gespräch ergeben, da es verschiedene Matthias Maasen gibt. War Ihnen natürlich unbekannt. Der Herr wird nur mit einem s geschrieben. Sie haben der jungen Dame den Industriellen einreden wollen, deren Einwände ignoriert. Ich habe die Aufnahme sichergestellt, gehört. Beginnen Sie daher nicht, Geschichten zu erfinden. Ihre andere Anmerkung, Frau Michaelis, ist ein großer Irrtum. Das letzte Wort habe immer noch ich und wenn ich Ihnen sage, dass ich solche Fälle nicht wünsche, dass wir uns mit solchen Mandanten nicht abgeben, dann werden Sie sich danach richten. Sie sind bei mir zur Probezeit angestellt, nicht mehr. Haben wir uns verstanden?"

    „Ich habe Sie verstanden und reden Sie nicht in diesem Ton mit mir. Ich kündige hiermit mündlich, schriftlich folgt. Ich werde bestimmt nicht so wie Sie. Arme Leute zugunsten der Reichen versuchen, über den Löffel zu barbieren. Es ist widerlich. Sie denken doch nur an Geld und nicht mehr daran, was Recht bedeutet. Ich werde ..."

    „Es reicht! Das werde ich mir von Ihnen, einer Person, die vier Jahre mehr für ein Studium benötigte, einer lausigen Anwältin, einer Lügnerin und Betrügerin, nicht unterstellen lassen. Verlassen Sie bitte innerhalb einer Stunde meine Räumlichkeiten. Sie besaßen nicht einmal so viel Anstand, den Herrn mit seinem Titel anzusprechen, obwohl das heute jedes Kind weiß. Wie Sie herumlaufen, mit einem Rock, der Doktor Maaßen Ihre blaue Unterwäsche zeigte, sollten Sie eher woanders arbeiten. Da haben Sie ebenfalls Erfahrung, da Sie in gewissen Lokalitäten bereits als für jeden Herrn zu haben, verschrien sind. Dumm, wenn Sie ausgerechnet Männer schnell befriedigen, die wissen, wo Sie arbeiten. Leider peinlich für die Kanzlei. Das gerade Sie wie der Teufel hinter Geld her sind, allgemein bekannt. Das wird sogar unter Datenmissbrauch gestohlen. Ich hätte es wissen müssen, was Sie sind, als Sie meiner Sekretärin den Freund ausspannten, auch wenn Sie den Herrn dafür unter Alkohol setzen mussten." Er stand auf und nickte ihr kalt zu.

    „Mit dem größten Vergnügen", rief sie ihm laut nach.

    Erst als die Tür ins Schloss fiel, kam ihr langsam die ganze Tragweite ins Bewusstsein. Mist, fluchte sie vor sich hin. Sie ging zu Lydia und erzählte ihr von dem Vorfall aus ihrer Sichtweite. Sie war total perplex und schaute sie leicht irritiert an.

    „Ach komm, Lydia, wer weiß, für was es gut ist. Nun kannst du dir Jens wieder schnappen. Vielleicht nimmt er dich ja zurück. Deswegen geht die Welt nicht unter. Zur Not gehe ich eben in den Maaßen-Konzern. Er hat mir ja gleich ein sehr lukratives Angebot unterbreitet."

    Vor der Wohnungstür erlebte sie die nächste Überraschung. Sie kam nicht mehr in die Wohnung. Einige Plastiktüten und ihre Reisetaschen standen vor der Tür. Jens teilte ihr telefonisch mit, er finanziere keine Prostituierte und sie wäre ja nicht freiwillig gegangen. So habe er ihre paar Sachen packen lassen. Er wolle sein Geld zurück. Alles Bitten half nichts. Er blieb stur. „Du spinnst, siehst keinen Cent, Blödmann."

    Mit einem Taxi fuhr sie zu ihrer Oma und erst jetzt löste sich die Anspannung.

    „Ach, Oma! Heute fängt mein Leben neu an. Ich bin froh, dass ich diesen Schritt gemacht habe. Er war lange fällig." Sie erzählte ihre Version, was genau geschehen war.

    „Alexia, du weißt ja, dass du dein Zimmer für eine Weile hast. Also, kein Problem. Arbeit wirst du ja vermutlich schnell finden. Du musst dich gleich beim Arbeitsamt arbeitslos melden und dir eine Wohnung suchen."

    „Ja, ja. Eins weiß ich, dass diese Trennungen das Richtige waren. Mit Jens gab es seit Monaten nur Streit und in der Kanzlei hätte ich nie anfangen dürfen."

    „Wenn das so ist, dann wurde es wirklich Zeit. Du bist jung, du wirst noch einen passenden Mann finden. Wichtig sind Arbeit und Wohnung. Nun gibt es Kaffee und Kuchen. Ich gehe heute Abend mit Elfriede ins Kino."

    „Ich räume alles ein. Danke, Oma!"

    Sie sortierte ihre Sachen in ihr altes Zimmer und setzte sich ins Wohnzimmer, um ein wenig Fernsehen zu gucken, das Klingeln des Telefons ignorierend. Sie wusste, wer da anrief. Lass ich ihn zappeln, dachte sie. Dass er viele von den Kleidungsstücken einbehalten hatte, zeigte ihr, dass er sie bald zurückholen würde.

    Sie nahm das Bild ihrer Mutter, was auf dem Sideboard stand, in die Hand. „Ach Mama, manchmal fehlst du mir. Wenn du noch da wärst, würde ich heute bei dir mitarbeiten und alles wäre anders. Ich vermisse dich und ich habe dich immer noch lieb."

    Tränen traten ihr in die Augen, während sie die blonde Frau mit den grünen Augen ansah, die sie lächelnd, mit kleinen Lachfältchen um die Augen, anblickte. Sie stellte das Bild zurück. Ihre Gedanken waren jedoch nicht bei dem Fernsehprogramm, sondern einmal bei dem unbekannten Vater. Was, wenn der Millionär war? Ihre Mutter hätte sich gewiss nie mit einem armen Schlucker eingelassen.

    Chapter ***

    Alexia genoss die nächsten Wochen. Sie schlief morgens aus, frühstückte mit ihrer Oma in Ruhe und traf sich abends mit Freunden.

    Sie fühlte sich rundherum wohl. Endlich konnte sie das anziehen, was ihr gefiel, konnte lachen und mit ihrer Oma scherzen, abends feiern gehen. Ihr kam es wirklich so vor, als wenn sie ein neues Leben beginnen würde, und das gefiel ihr.

    Am Samstagmorgen kam Jens vorbei.

    „Ich verlange mein Geld. Sofort! Alexia, ich zeige dich sonst an. Mich nimmst du nicht aus, wie Felix, Rainer, Gero, Martin und wie sie alle hießen."

    „Es hat keinen Sinn, mit dir zu reden. Ich habe keinen Neuen, also lass deine Eifersuchtsanfälle. Ich habe im Moment die Nase von Männern voll, tat sie so, als wenn sie das nicht gehört hätte. „Du hast meine Sachen einbehalten, dafür will ich 10.000 Euro haben.

    „Meine Sachen. Ich habe sie bezahlt und an Arme weitergereicht, die es wert sind, keine Betrüger sind. Wäre mir generell egal, du Flittchen. Suche dir den nächsten Doofen, den du ausnehmen kannst, aber nun muss Oma alles bezahlen. Das du dich nicht schämst? Habe ich bis Mittwoch nicht mein Geld, zeige ich dich an." Wütend warf er ihr einen kalten Blick zu und sie hörte die Tür knallen. Er war weg, ohne sich von Mathilde Michaelis verabschiedet zu haben.

    „Puuhh, den bin ich los", ging sie ins Wohnzimmer.

    „Was heißt das? Du hast Geld von ihm genommen?"

    Alexia sah die ältere Frau grinsend an. „Das war der Schlussakt. Vorhang fällt. Applaus!"

    „Lenk nicht ab. Also, was ist mit dem Geld?"

    „Nichts weiter. Ich brauchte einiges neu, da er ja immer meckerte. Den Ring, die anderen Schmuckstücke hat er mir geschenkt. Ist doch seine Sache", erwiderte sie schnippisch.

    „Alexia, hast du so wenig Stolz, dass du deine Freunde bestiehlst? Schäm dich."

    „Oma, das verstehst du nicht. Das ist kein Stehlen. Der Mann muss bezahlen, die Frau verwöhnen."

    „Es ist Diebstahl und würdelos. Hast du deswegen immer alte Männer gehabt, weil du da mehr Geld abgreifen konntest?"

    „Aber, Oma – nein", empörte sie sich.

    Da es am Nachmittag wie aus Kübeln regnete, saßen sie im Wohnzimmer vor dem Fernsehgerät.

    „Oma, hast du eine Idee, wie man meinen Vater finden könnte?"

    „Noch auf der Suche?"

    „Ich weiß nicht, der Gedanke schwirrt mir dauernd im Kopf herum. Dabei weiß ich nicht, ob ich ihn wirklich sehen will, obwohl, ein bisschen neugierig wäre ich schon."

    „Ich habe noch Ansichtskarten von damals. Vielleicht kann man über das Hotel etwas herausbekommen, aber nach so vielen Jahren, habe ich da wenig Hoffnung."

    „Ich kann es ja Mal versuchen. Eventuell habe ich Glück."

    Mathilde stand auf und kam wenig später mit einem Stapel Ansichtskarten zurück. „Da müssten sie bei sein."

    Alexia nahm diese entgegen, blätterte kurz durch und las die Karten, Tränen traten ihr in die Augen, als sie die Worte ihrer Mutter las. Auf manchen standen einige Worte von ihr selbst. Erinnerungen schossen in ihr hoch, als sie die farbenfrohen Bilder erblickte.

    Endlich fand sie drei Karten von dem damaligen Urlaub. Auf der ersten Karte stand das sie gut angekommen und wie toll dort alles sei. Auf den beiden anderen Karten schwärmte sie vom Meer, der Wärme und von einem Mann. „Ich habe den interessantesten und schönsten Mann kennengelernt, den es auf der Welt gibt und mich Hals über Kopf verliebt. Ihm geht es genauso, hat sie geschrieben. Das war alles. Keinen Namen, nichts weiter. Aber den Hotelnamen habe ich. Oma, ich werde mir die Adresse und Telefonnummer raussuchen. Fragen kostet ja nichts."

    Sie schaltete ihren Laptop ein und gab den Namen des Hotels ein, wartete, nichts. Es wurde nicht gefunden. Dann versuchte sie es über den Ort. Eine Menge Hotels, aber keines welches den Namen trug. Schließlich probierte sie es über eine Telefonsuche, aber auch da - Fehlanzeige.

    „Mist", fluche sie vor sich hin.

    „Keinen Erfolg?"

    „Weder noch. Vielleicht gibt es das Hotel nicht mehr oder es trägt einen anderen Namen. Ich rufe bei der Auskunft an." Nichts!

    „Na gut. Es soll nicht sein. Pech gehabt." Alexia zuckte mit der Schulter und gab ihrer Oma die Karten zurück.

    „Er soll eben nicht gefunden werden. Da muss ich mit leben, aber es ging ja all die Jahre ohne ihn. Haken wir das Thema als erledigt ab", schloss sie resignierend.

    „Ich wüsste im Augenblick nicht, wo man noch forschen sollte. Du musst doch davon mehr Ahnung haben."

    „Bei meinen Fällen war wenigstens der Name oder der Ort vorhanden. Oder einen Fall hatte ich, da wurde ein Privatdetektiv eingesetzt, aber da gab es wenigstens einige Anhaltspunkte. Was soll ich so einem Mann sagen? Meine Mutter war drei Wochen in Urlaub und nun suchen sie meinen Vater? Er muss damals im gleichen Hotel abgestiegen sein."

    „Ja, aber vielleicht findet der Leute die damals dort gearbeitet haben, oder die damaligen Besitzer oder so was."

    „Oma, wer erinnerte sich in einer Touristenhochburg noch an eine Frau und einen Mann, die dort vor Jahrzehnten Urlaub gemacht haben?"

    „Deine Mutter war schön und sie ist aufgefallen."

    „Ich glaube, das Geld spare ich mir. Vergessen wir das Ganze einfach. Es war nur ein verrückter Einfall."

    „Es ist irgendwie schade, nur irgendwann fällt mir noch etwas ein. Ich werde darüber nachdenken."

    Als Mathilde abends weg war, durchsuchte sie deren Schränke, das Schlafzimmer. Sie war vollkommen pleite, brauchte dringend Geld. Sie würde ein oder zwei Schmuckstücke der alten Frau verkaufen. Merkte die doch nicht.

    Was sie dann entdeckte, ließ sie erst sprachlos sein, bevor sie lautstark in der Wohnung herumtobte, wütete.

    Chapter ***

    „Alexia, im Keller stehen noch einige Kartons von deiner Mutter. Wenn du Zeit hast, kannst du diese ja einmal durchsehen. Gehe heute aber endlich zum Arbeitsamt, da ich nicht deine immensen Kosten bezahlen kann oder will. Ich erhalte nur eine kleine Rente und muss dich seit fünf Monaten durchfüttern."

    „Ja, ja! Das bisschen Geld hast du doch", erklärte sie patzig.

    „Ich werde nicht deine Faulheit weiter unterstützen. Gehe endlich arbeiten."

    Die beiden Frauen saßen am Frühstückstisch. Mathilde hatte Brötchen geholt, den Tisch gedeckt. Alexia nahm ein weiteres Brötchen und schmierte dick Käse darauf.

    „Mir spukt im Kopf herum, dass ich nicht weiß, wer mein Vater eigentlich ist. Vielleicht finde ich ja im Keller einen Hinweis. Es müsste doch irgendetwas geben. Als sie merkte, dass sie schwanger war, hat sie ihm sicher geschrieben?"

    „Ja, das hat sie uns damals gesagt. Sie standen wohl in Briefkontakt. Er war ihre große Liebe, hat sie uns erzählt."

    „Hast du nie einen Brief, ein Foto oder so etwas gesehen?"

    „Nicht das ich wüsste. Deine Mutter hat damals in der Studentenbude gewohnt und nicht bei uns. Wenn es da Post gab, ist die nicht hierhergekommen."

    „Ich werde mir die Kisten herauf holen, und vielleicht habe ich ja Glück."

    „Tu das, aber sei nicht enttäuscht, wenn das nichts bringt. Was willst du dann eigentlich machen? Angenommen du findest etwas, was dann?"

    „Keine Ahnung. Ich würde ihn nur gern sehen. Wie er aussieht, was er macht. Ich will ihn nicht sprechen oder so, nur so."

    Mathilde sah ihre Enkeltochter prüfend an. „Ja, du hast recht. Jeder sollte eigentlich wissen, wer seine Eltern sind. Ich denke, dass es dir Brigitte irgendwann erzählt hätte, aber ..."

    „Ist gut, Oma. Mir fehlt sie auch manchmal."

    Sie tätschelte die Hand ihrer Oma, obwohl sie eigentlich lieber gemeckert hätte, dass die alte Frau sie seit Jahren betrogen, beklaut und belogen hatte.

    Alexia schleppte den schweren Karton aus dem Keller hoch. Im Wohnzimmer stellte sie den laut atmend ab, setzte sich auf den Boden und öffnete den Deckel. Es war ihr schon irgendwie komisch zumute, die Sachen von ihrer Mutter zu sehen und zu lesen. Ein leichter Schmerz begleitet sie dabei, als sie Papiere herausnahm. Es kam ihr so vor, als wenn sie einen Vertrauensbruch begehen würde. Trotzdem machte sie weiter. Zeugnisse kamen zum Vorschein, andere Papiere, Fotos, Bücher – unwichtiger Kram. Aber keinen Hinweis auf ihren Vater. Also kam die Kiste zurück in den Keller, außer den Büchern, die sie behielt. Dann holte sie den nächsten Karton. Einige Staturen, Geschenke und Souvenirs aus irgendwelchen Urlaubsländern. Warum sammelte Oma diesen ganzen Plunder von Opa und Mama? Irgendwann hatte sie die Arbeit mit dem Mist, schimpfte sie dabei.

    Weiter ging es und später schaffte sie diesen Karton zurück, ohne etwas gefunden zu haben. Es ist aussichtslos, dachte sie. Nirgends der kleinste Hinweis. Es stand zwar noch einige Kisten im Keller, aber das brachte alles nichts. Etwas frustriert ging sie hoch.

    „Nichts gefunden?"

    „Nein, obwohl Kisten noch unten stehen, aber ich denke, das ist auch ein Fiasko. Du kannst mir die ja mal irgendwann hochholen."

    „Schaue nach, vielleicht ist genau dort ein Hinweis drinnen. Du suchst jetzt, hörst auf und Jahre später stößt du dann auf das, was du heute suchst."

    „Mache ich morgen. Heute habe ich keine Lust mehr. Die Dinger sind schwer und du hilfst ja nicht. Wollen wir nachher nicht ein bisschen Bummeln gehen. Wir haben das monatelang nicht mehr gemacht."

    „Da das Wetter gut ist, können wir zur Alster fahren und vorher durch die City schlendern."

    So fuhren sie mit der U-Bahn in die Innenstadt und sahen sich die Schaufenster an, gingen hier und da in ein Geschäft, sahen sich näher um. Alexia kaufte ein paar beige Stiefel mit ganz hohen Absätzen, ein Strickkleid, ungeheuer kurz, sowie eine Hose. Kleidungsstücke, bei denen Jens ein Schlaganfall gekriegt hätte, dachte sie. Endlich etwas Modernes und Schickes, nicht so einen altertümlichen, biederen Kram.

    Danach saßen

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1