Frau ohne Erinnerung: Die neue Praxis Dr. Norden 22 – Arztserie
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»Denkst du, dass ich hier erst einmal sicher bin?«, fragte Lioba ihre Freundin Beate. »Davon gehe ich aus. Ich denke nicht, dass Franz dich bei mir suchen wird.« »Du bist mir wirklich nicht böse, dass ich ohne Voranmeldung, ohne Anruf, ohne irgendeine Nachricht hier in München aufgetaucht bin?«, wollte Lioba von der jungen Malerin wissen. »Nein, ich bin dir nicht böse. Du und Fiona, ihr seid mir jederzeit willkommen.« »Aber warum hast du mich eigentlich nicht angerufen? Ich hätte dich nicht an Franz verraten.« »Ich weiß, aber ich war in Panik, plötzlich waren da all diese Gedanken in meinem Kopf, dass er mich vielleicht beobachten lässt oder mein Handy abhört«, gestand Lioba ihrer Freundin. »Du liebe Güte, du bist ja wirklich ganz schön durch den Wind«, stellte Beate mitfühlend fest und streichelte der Freundin liebevoll über den Rücken. »Andererseits wirst du dich früher oder später mit ihm auseinandersetzen müssen, um irgendwie zu einer Lösung zu kommen«, sagte Beate, die neben Lioba am Fenster stand und über die Felder hinter ihrem Haus hinweg den Sonnenuntergang am Horizont beobachtete. Sie trug eine rote Latzhose und ein weißes T-Shirt, an dem einige Spuren von eingezogener Farbe zu erkennen waren. »Ich werde nicht zulassen, dass er Tatsachen schafft.« »Weil das bedeuten würde, dass er gewonnen hat?« »Natürlich hätte er dann gewonnen.
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Buchvorschau
Frau ohne Erinnerung - Carmen von Lindenau
Die neue Praxis Dr. Norden
– 22 –
Frau ohne Erinnerung
Ein besonders schwieriger Fall für den jungen Daniel Norden
Carmen von Lindenau
»Denkst du, dass ich hier erst einmal sicher bin?«, fragte Lioba ihre Freundin Beate.
»Davon gehe ich aus. Ich denke nicht, dass Franz dich bei mir suchen wird.«
»Du bist mir wirklich nicht böse, dass ich ohne Voranmeldung, ohne Anruf, ohne irgendeine Nachricht hier in München aufgetaucht bin?«, wollte Lioba von der jungen Malerin wissen.
»Nein, ich bin dir nicht böse. Du und Fiona, ihr seid mir jederzeit willkommen.«
»Aber warum hast du mich eigentlich nicht angerufen? Ich hätte dich nicht an Franz verraten.«
»Ich weiß, aber ich war in Panik, plötzlich waren da all diese Gedanken in meinem Kopf, dass er mich vielleicht beobachten lässt oder mein Handy abhört«, gestand Lioba ihrer Freundin.
»Du liebe Güte, du bist ja wirklich ganz schön durch den Wind«, stellte Beate mitfühlend fest und streichelte der Freundin liebevoll über den Rücken. »Andererseits wirst du dich früher oder später mit ihm auseinandersetzen müssen, um irgendwie zu einer Lösung zu kommen«, sagte Beate, die neben Lioba am Fenster stand und über die Felder hinter ihrem Haus hinweg den Sonnenuntergang am Horizont beobachtete. Sie trug eine rote Latzhose und ein weißes T-Shirt, an dem einige Spuren von eingezogener Farbe zu erkennen waren.
»Ich werde nicht zulassen, dass er Tatsachen schafft.«
»Weil das bedeuten würde, dass er gewonnen hat?«
»Natürlich hätte er dann gewonnen. Franz ist ein hervorragender Anwalt mit vielen Verbindungen. Glaubst du wirklich, ich hätte auch nur die Spur einer Chance, meine Tochter wiederzubekommen, wenn sie erst einmal bei ihm ist?«
»Über das alleinige Sorgerecht für eure Tochter entscheidet nicht er«, erklärte Beate.
»Wie gesagt, er hat gute Verbindungen. Aber das allein ist es nicht. Er ist Anwalt, seine Frau ist Ärztin, sie leben in absolut gesicherten Verhältnissen. Ich bin nur eine kleine Anwaltsgehilfin«, entgegnete Lioba und umfasste die Tasse mit dem Lavendelblütentee, die Beate ihr reichte, mit beiden Händen.
»Du bist Fionas Mutter«, sagte Beate und sah die große schlanke Frau mit dem dunklen kinnlangen Haar, die im Moment so voller Zweifel war, aufmunternd an.
»Laut Franz, bin ich aber nicht in der Lage, ein Kind allein großzuziehen. Er behauptet, ich sei sprunghaft, unzuverlässig und könnte dem Kind kein sicheres Zuhause bieten.«
»Als du ihm sagtest, dass du ein Kind von ihm erwartest, war er ganz anderer Meinung. Da meinte er, du könntest das Kind sehr gut allein erziehen.«
»Da wusste er auch noch nicht, dass seine Frau keine eigenen Kinder bekommen kann.«
»Und du wusstest nicht, dass es ihm mit seiner angeblichen Trennung von seiner Frau tatsächlich nicht sehr ernst war.«
»Inzwischen hat sich wohl einiges verändert«, seufzte Lioba.
Als sie vor drei Jahren in Franz’ Anwaltskanzlei in Flensburg eine Stelle als Anwaltsgehilfin annahm, konnte sie nicht ahnen, wie sehr diese Entscheidung ihr Leben verändern würde.
Franz hatte ihr von Anfang an gefallen, aber sie zwang sich, ihren Gefühlen nicht nachzugeben. Eine Liebesbeziehung mit ihrem verheirateten Chef würde sie sich nicht erlauben. Doch er schien ihre Gefühle zu erwidern und gab nicht auf. Schließlich ließ sie sich von ihm zum Essen einladen, danach nahmen die Dinge ihren Lauf.
Er versicherte ihr, dass er sich schon bald von seiner Frau trennen würde, dass sie bereits beide ihre eigenen Wege gingen. Als sie überraschend schwanger wurde, erklärte ihr Franz, dass sie ihn mit dem Kind wohl an sich ketten wolle, daraus aber nichts werden konnte, da er sich inzwischen wieder mit seiner Frau versöhnt hätte.
»Finanziell hat er dich aber unterstützt, richtig?«, fragte Beate und riss Lioba aus ihren Gedanken.
»Ja, das hat er getan, und das ist für ihn jetzt ein großes Plus. Er behauptet, er wäre gern ein Vater für Fiona gewesen, aber ich hätte das nicht zugelassen.«
»Was eine Lüge ist.«
»Ja, das ist eine Lüge. Nachdem ich damals meinen Job in seiner Kanzlei gekündigt hatte, weil ich nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten konnte und wollte, hat er sich nie wieder bei mir gemeldet. Unser einziger Kontakt waren in dieser Zeit seine monatlichen Überweisungen für Fiona.«
»Und jetzt will er dir Fiona wegnehmen, weil er und seine Frau Kinder wollen und keine eigenen bekommen können. Falls ihnen das mit einem Kind in ein paar Jahren dann zu viel wird, werden sie vermutlich nicht lange zögern, um sie wieder abzugeben.«
»Soweit wird es nicht kommen. Ich werde mir mein Kind nicht wegnehmen lassen«, erklärte Lioba erneut und kämpfte mit den Tränen.
»Du und Fiona, ihr könnt bei mir bleiben, solange ihr wollt«, versicherte ihr Beate.
»Dafür bin ich dir sehr dankbar«, sagte Lioba. Als sie vor zwei Tagen dieses Schreiben erreichte, dass Franz das alleinige Sorgerecht für Fiona beantragt hatte und sie bis zur endgültigen Klärung des Sorgerechtes bei ihrem Vater und seiner Frau wohnen sollte, war sie in Panik geraten. Das war einfach zu viel für sie gewesen.
Das Haus am Ortsrand von München, in dem ihre Freundin Beate wohnte, erschien ihr weit genug entfernt, um Franz erst einmal aus dem Weg zu gehen. Beate hatte das ehemalige Bauernhaus von ihren Großeltern geerbt und war vor drei Jahren von Flensburg nach München gezogen. Sie hatte das Haus renoviert und ihren Bedürfnissen angepasst. Die Fassade des Hauses hatte einen zartrosa Anstrich bekommen, die Fensterläden waren gelb gestrichen. Im Erdgeschoss hatte Beate ihr Atelier eingerichtet, im ersten Stock ihre Wohnung. Ein großes helles Wohnzimmer mit einer integrierten modernen Küche, ein Schlafzimmer, ein Gästezimmer und ein großes Bad. Grünpflanzen, die in jedem Zimmer standen, sorgten für ein angenehmes Raumklima.
Lioba hatte Beate schon einige Male besucht und fühlte sich bei ihr immer ausgesprochen wohl. Auch Franz war schon einmal mit ihr hier gewesen, aber das war ganz am Anfang ihrer Beziehung, als sie noch glaubte, dass er es ernst mit ihr meinte.
Für Fiona war Beates Zuhause ein Paradies. Sie konnte in dem großen Garten herumtoben, im nahgelegenen Wald oder am Ufer der Isar mit ihrer Mama spazieren gehen. Zu Hause in ihrer kleinen Wohnung in Flensburg fühlten sie sich beide immer ein wenig eingesperrt, was die Nähe des Meeres allerdings wieder ausglich. Auch im Winter waren sie deshalb fast jeden Tag draußen und warfen zumindest einen Blick auf das große Wasser.
»Es ist doch in Ordnung für dich, wenn ich dich für ein paar Tage allein lasse?«, fragte Beate.
»Aber ja, die Vernissage in Kopenhagen ist wichtig für dich. Ich werde ganz bestimmt nicht versuchen, dich davon abzuhalten«, versicherte Lioba ihrer Freundin. »Ich habe nicht vor, dein Leben durcheinanderzubringen. Dass Fiona und ich hier sein dürfen, ist im Moment alles, was wir brauchen.«
»Vielleicht solltest du daran denken, zu bleiben. Du könntest dich hier nach einer Stelle in einer Anwaltskanzlei umsehen«, schlug Beate ihr vor.
»Ich werde es mir durch den Kopf gehen lassen.«
»Es wäre gut