Mondrian – Schule von Den Haag und De Stijl
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Buchvorschau
Mondrian – Schule von Den Haag und De Stijl - SERGES Medien
Um 1870 erfuhr die niederländische Malerei durch eine in Den Haag lebende und arbeitende Gruppe von Malern einen kräftigen und erneuernden Impuls. Die Bewegung, die den Namen „Schule von Den Haag erhielt, sorgte vor allem im Bereich der Landschaftsmalerei für Neuerungen und wies Bezüge sowohl zur französischen Schule von Barbizon als auch zu den Impressionisten auf. Typisch für den Stil der „Haager Schule
sind die leichte Pinselführung und die grauen Farbtöne. Die wichtigsten Maler dieser Schule, zu denen die drei Maris-Brüder, Mesdag, Mauve und Josef Israëls zählen, werden in diesem Buch behandelt.
Das Wer von Piet Mondrian, einem der herausragendsten Vertreter der abstrakten Malerei, wurde in den Anfängen durch die Künstler der Schule von Den Haag nachhaltig beeinflusst. Etwa 1910 bekam Mondrian jedoch Kontakt zu den Kubisten und entwickelte einen immer abstrakteren Malstil. 1017 schloss er sich der De Stijl-Bewegung an. In dieser Periode entwickelte er seinen eigenen Stil: vollkommen abstrakte Arbeiten, die ausschließlich auf vertikal und horizontal verlaufenden Linien und dem Einsatz von Primärfarben sowie den Unfarben Schwarz, Weiß, Grau beruhen.
Leben und Werk Mondrians und seine Beziehung zum konstruktivistischen De Stijl werden in diesem reich illustrierten Buch ausführlich dargestellt.
In gleicher Ausstattung sind bisher erschienen:
Rembrandt
Toulouse-Lautrec
Van Gogh
Impressionismus
Die Malerei des 20. Jahrhunderts
MONDRIAN
Schule von Den Haag und De Stijl
Dolf Hulst
MONDRIAN
Schule von Den Haag und De Stijl
Dolf Hulst
Digitalisierte Neuausgabe 2020
Hrsg. Heinz Hermann Serges
© Originalausgabe by Royal Smeets Offset B.V., Weert, Niederlande
© by Media Serges B.V., Weert, Niederlande
© by Serges Medien, 42659 Solingen
Alle Rechte vorbehalten.
Für Werke von Bildenden Künstlern, angeschlossen bei einer CISAC-Organisation
(oder vergleichbaren Organisationen) sind die Urheberrechte geregelt mit Beeldrecht
Amsterdam, Niederlande
© 1996 c/o Beeldrecht
Realisierung der Digitalausgabe: Zeilenwert GmbH., 07407 Rudolstadt und Ingenieurbüro Müller, 76228 Karlsruhe
Inhalt
Cover
Titel
Impressum
Von der Stadt an den Strand
Die Schule von Den Haag
Die Genremaler
Als Spezialität: Kircheninterieurs
Der Wolken-Maler
„Der größte Maler seiner Zeit"
„Abkehr" von der Natur
Der „ursprüglichste" der Maris-Brüder
Ein Geschäftsmann wird zum Maler
„Kopf zu klein, Beine zu lang"
Souvenir de Mauve
Nie mehr nach Holland
Veränderungen
Vorläufer des französischen Impressionismus
Amsterdamer Schule
Amsterdam überrundet Den Haag
„Ein unvergesslich schöner Traum"
Toorop und seine Gruppe
Typische Krankheitsbilder
Verwelkte Blumen
Das Parfüm Kubismus
„Kompositionen" statt Gemälde
Laren
Die Abkehr vom Kubismus
Pläne gewinnen Gestalt
Gründung von De Stijl
Rückkehr nach Paris
Aux Hommes Futurs
Bruch mit De Stijl
„Hier kann man nicht unglücklich sein"
Das Café Aubette als Wendepunkt
„Außerdem habe ich die Blätter weiß getüncht"
Cercle et Carré
Das Ende des Bauhaus
Sonniges Frankreich im grauen Mietzimmer
New York Boogie-Woogie
Harmonische Gesellschaft
„Kultur ist nichts anderes als Maß zu halten"
Keine Nachfolger, nur Nachahmer
Immer weiter
Biographien
Register
Der Autor
Piet Mondrian
Mühle bei Saasveld, um 1907
Öl auf Leinwand, 63 x 75 cm
Den Haag, Haags Gemeentemuseum
Von der Stadt an den Strand
Auf der Pariser Weltausstellung des Jahres 1855 zeigte der niederländische Maler Josef Israels (1824-1891) das Gemälde Der Prinz von Oranien verweigert sich dem Befehl der Königin von Spanien. Zwei Jahre später stellte er die Bilder Kinder des Meeres und Abend am Strand aus. Beide Werke vermitteln einen bleibenden Eindruck vom einfachen Leben in einem holländischen Fischerdorf. Diese Bilder bewirkten einen regelrechten Bruch mit der vorherrschenden Maltradition, wurden doch gerade zu dieser Zeit Historien- und Ereignisbilder in großer Zahl angefertigt. Die Maler hatten bisher auch nichts anderes gelernt. Auf der Akademie wurden sie vornehmlich im Zeichnen klassischer Skulpturen und Architektur unterrichtet. Wer auf eine andere Weise malen wollte, wurde an einen in Holland oder im Ausland arbeitenden Künstler verwiesen.
Einer der Orte, an die es die Schüler der traditionstreuen Kunst-Akademie zog, war Oosterbeek in der Provinz Gelderland. Die Gewässer und Wälder in der unmittelbaren Umgebung Oosterbeeks waren ein beliebtes Sujet – was dem Ort auch rasch den Ruf eintrug, das „holländische Barbizon zu sein, benannt nach jener Künstlerkolonie in Frankreich, in der die Pleinair- und Landschaftsmalerei bereits seit langer Zeit gepflegt wurde. Als Ausweichort war Oosterbeek dafür natürlich wie geschaffen, jedoch blieb Barbizon in der Nähe von Paris für Künstler aus ganz Europa geradezu ein „Muss
. Sie kamen dorthin, um den „starren" Sichtweisen zu entfliehen, die die Kunst in ihrem jeweiligen Heimatland bestimmten.
Die Weltausstellung des Jahres 1855 präsentierte die Kunst der Barbizon-Maler zum ersten Mal einem größeren Publikum. Der Ort Barbizon selbst wurde vor allem in den Jahren nach 1855 für Maler zur „Pilgerstätte schlechthin. Der Ruf des Ortes war so bedeutend, dass der niederländische Kunsthandel mit „Barbizon-Gemälden
einträgliche Geschäfte machen konnte. Es waren aber nicht nur die Franzosen und ihre Nachahmer, die auf dem niederländischen Markt erfolgreich waren. Dort herrschte gleichzeitig eine lebhafte Nachfrage nach holländischer Malerei aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Aus ganz Europa und auch aus Übersee zog es Menschen in die Niederlande. Sie wollten dort sehen, wie Rembrandt van Rijn, Johannes Vermeer, Jan Steen und Frans Hals ihre Farben auf die Leinwand gesetzt hatten. So verweilte beispielsweise auch Caspar Scheuren, der als Professor an der Düsseldorfer Akademie tätig war, 1885 für einige Tage in Holland, um sich dort nach eigenen Worten „an den alten Meistern zu erfrischen und zu stärken". Einige Jahre danach äußerte sich Scheurens Landsmann, der Maler Max Liebermann (1847-1935), begeistert über die herausragenden Leistungen dieser Künstler. Vor Rembrandts Nachtwache stehend, soll er sogar gesagt haben: „Wenn man einen Frans Hals sieht, bekommt man Lust zu malen, wenn man aber einen Rembrandt sieht, möchte man sofort damit aufhören."
Jean-Baptiste Corot
Die Brücke von Narni, 1826
Papier auf Leinwand, 34 x 48 cm
Paris, Musée du Louvre
Théodore Rousseau
Das Weidengehölz, 1856
Öl auf Leinwand, 24 x 32 cm
Genf, Musée d' Art et d' Histoire
Was die modernen holländischen Maler dieser Zeit anbelangt, so zogen sie nicht nur nach Oosterbeek und Paris, sondern waren auch in Deutschland regelmäßig anzutreffen. So war beispielsweise die Düsseldorfer Malerschule als eine ausgezeichnete Lehreinrichtung bekannt. Zwar lag der Schwerpunkt der Malerei dort auf historischen Darstellungen, aber auch reine Landschaftsmaler waren herzlich willkommen.
Die Schule von Den Haag
Durch französische und deutsche Vorbilder angeregt, versammelte sich um das Jahr 1870 in Den Haag eine Gruppe junger niederländischer Künstler. Sowohl in der Stadt als auch in der Umgebung fanden sich genügend Motive: Die Dünenlandschaft zwischen der Stadt und Scheveningen, das Dorf Scheveningen selbst, Katwijk und die ländliche Umgebung von Wassenaar sowie Voorburg boten ein reiches Reportoire an Möglichkeiten. Die Maler nutzten ihr Wissen über ihre Kollegen aus dem 17. Jahrhundert und hatten zudem auch französische und deutsche Einflüsse aufgenommen. Diese Richtung ging in die Kunstgeschichte als „Schule von Den Haag ein. Sie wurde als ultraradikal bezeichnet, und es wurde von ihr behauptet, „in der Malerei einen wahren Bildersturm
ausgelöst zu haben.
„Vorzugsweise wird versucht, Stimmungen wiederzugeben, wobei der Farbton über der Farbe rangiert. Mit ihnen beginnt die Regentschaft des Grau, so äußerte sich der Kritiker van Santen Kolff in der Zeitschrift „De Banier
zur Haager Schule. „Hier erleben wir Realismus der wahren, höchst gesunden Art. Meiner tief empfundenen Meinung nach werden alle unsere Landschafts- und Seestücke-Maler früher oder später diesen Weg beschreiten müssen, wenn sie im Geiste unserer Zeit Bleibendes schaffen wollen. Andere Kritiker waren weniger begeistert. Die Haager Schule sah sich dem Vorwurf ausgesetzt, alles durch eine graue Brille zu betrachten und die Leinwände mit einem Trauerflor zu überziehen. Der deutsche Autor Richard Muther war anderer Auffassung. 1884 beschrieb er in seiner „Geschichte der Malerei im neunzehnten Jahrhundert
, dass in den Niederlanden „nirgendwo sattes Licht sei, in der feuchten Luft aber dennoch überall Farben leuchten würden".
Die Maler der Haager Schule fühlten sich durch die Barbizon-Maler zwar inspiriert, letztere hatten jedoch ihre Kunst wiederum von den niederländischen Meistern des Goldenen Jahrhunderts, wie Jacob van Ruisdael und Meindert Hobbema, abgeschaut. Dabei handelte es sich um Künstler, die auch in England sehr geschätzt wurden. Die dortigen Epigonen waren unter anderem John Constable, William Gainsborough und William Turner, die ihrerseits wiederum Barbizon-Malern wie Jean-Baptiste Camille Corot, Théodore Rousseau und Jean Francois Millet als Vorbilder gedient hatten. Durch die wechselseitige Beeinflussung lässt sich nur schwer rekonstruieren, ab wann der Einfluss durch die Schule von Den Haag zu wirken begann. Sicher ist, dass sie ihren Höhepunkt um das Jahr 1870 erreichte. Generell gilt Josef Israels als wichtigster und bedeutendster Vertreter dieser Gruppe.
John Constable
Mühle und Schleuse von Dedham, 1819/20
Öl auf Leinwand, 51 x 77 cm
London, Victoria and Albert Museum
Josef Israels
Selbstporträt 1908
Öl auf Leinwand, 70 x 97 cm
Amsterdam, Stedelijk Museum
DER GENREMALER
Josef Israels, der aus einem stark jüdisch geprägten Umfeld stammte, erhielt bereits als Elfjähriger an der Akademie Minerva in seiner Geburtsstadt Groningen Zeichen- und Malunterricht. Sieben Jahre später zog er nach Amsterdam, um dort im Atelier des Porträt- und Figurenmalers Jan Adam Kruseman (1804-1862) zu arbeiten und an der Königlichen Akademie weiter zu studieren, an der auch Kruseman lehrte. Nachdem Israels ein Gemälde des in Paris lebenden und arbeitenden niederländischen Malers Ary Scheffer (1795-1858) gesehen hatte, beschloss er im Jahre 1845 nach Paris zu übersiedeln. Dort arbeitete er im Schüler-Atelier von F. E. Picot, besuchte Abendkurse an der Ecole des Beaux Arts und kopierte im Louvre unter anderen die Gemälde von Rembrandt und Velásquez. Sein romantisches Werk Mutter und Kind schickte er in die Niederlande, um es dort auszustellen. 1847 kehrte er in sein Heimatland zurück und ließ sich in Amsterdam nieder. Hier malte er Genrebilder und Porträts, mit denen er zwar sehr zufrieden war, auf die das Publikum aber keineswegs gut ansprach. Sein ehemaliger Lehrer J. A. Kruseman warnte ihn daher, er solle keine hässlichen Menschen darstellen, weil dies gegen den guten Geschmack verstoße. Im Jahre 1850 machte sich Israels mit dem ebenfalls romantischen Gemälde Ophelia, das auch unter dem Titel Träumerei bekannt ist, einen Namen. Dargestellt ist eine junge Frau, an einem Bach unter einem dunklen Blätterdach liegend. Die fünfhundert Gulden, die er für das Gemälde erhielt, investierte er in eine Reise nach Düsseldorf, dem damaligen Zentrum der deutschen Romantik.
Josef Isaëls
Auf dem Heimweg, 1890/95
Öl auf Leinwand, 45 x 58 cm
Amsterdam, Stedelijk Museum
Ein weiterer Besuch in Paris brachte ihn mit der Barbizon-Schule in Kontakt. Eine tiefgreifende Veränderung seines Schaffens wurde durch das Anraten seines Bruders, eines Arztes, sich für einige Wochen in die