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Kunst im Vatikan
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eBook813 Seiten6 Stunden

Kunst im Vatikan

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Über dieses E-Book

Die beeindruckende Fülle der Kunstschätze im Vatikan, zieht Touristen, Kunsthistoriker, Historiker und Archäologen gleichsam in ihren Bann. Seit mehr als zweitausend Jahren befindet sich hier das Zentrum der katholischen Kirche.

Die Bedeutung des Vatikans zu verstehen heißt eine klare Vorstellung von den Gründen zu haben, die den Katholizismus dazu führten, dieses Zentrum der geistigen Macht mit der Vielfalt menschlichen Wissens, einschließlich der Kunstformen, auszuschmücken. Architektur und Kunstschätze des Vatikans stehen so in einem höheren gedanklichen Zusammenhang.

In dieser ausführlichen und überreich bebilderten Dokumentation an Architektur, Malerei und Plastik, die der Vatikan besitzt, gelingt es den international anerkannten Autoren die schwindelerregende Wirkung und tiefgreifende Atmosphäre dieser Kunstschätze einzufangen, in der zugleich eine Geschichte der Europäischen Kunst lebendig wird.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum30. Dez. 2020
ISBN9783945120613
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    Buchvorschau

    Kunst im Vatikan - SERGES Medien

    IMPRESSUM

    © Digitale Neuausgabe 2021, by Serges Medien, Solingen

    © Originalausgabe by Koniglijke Smeets Offset, Weert, NL und Media Serges BV., Weert NL

    © Für Werke von bildenden Künstlern, angeschlossen bei der CISAC-Organisation ist die Verwertung der Urheberrechte geregelt mit Beeldrecht Amsterdam, Niederlande

    Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Werkes darf in irgendeiner Form und ohne Genehmigung des Verlages kopiert, verwendet oder veröffentlicht werden.

    Die Verwendung des Inhalts oder Teilen davon auf digitalen Plattformen oder in sozialen Medien ist ausdrücklich untersagt.

    Realisierung der Digitalausgabe:

    Zeilenwert GmbH., 07407 Rudolstadt und Ingenieurbüro Müller, 76228 Karlsruhe"

    Coverabbildung:

    CARAVAGGIO, Der ungläubige Thomas, um 1601-02

    Öl auf Leinwand, 109,6 x 146,0 cm

    Neues Palais, Potsdam

    INHALT

    Cover

    Titel

    Impressum

    Einführung von Giovanni Fallani

    St. Peter und seine Geschichte von Cecilia Pericoli

    Die vatikanischen Bauten und Paläste von D. Redig de Campos

    BILDTEIL St. Peter und die vatikanischen Paläste

    Die Borgiagemächer von Maria Donati Barcellona

    Die Stanzen und die Loggia Raffaels von Maria Donati Barcellona

    BILDTEIL Borgiagemächer und Stanzen Raffaels

    Die Stufetta des Kardinals Bibbiena und die Loggetta Raffaels von D. Redig de Campos

    BILDTEIL Stufetta des Kardinals Bibbiena und Loggetta Raffaels

    Die Vatikanische Bibliothek von Nello Vian

    BILDTEIL Vatikanische Bibliothek

    Die Geheimarchive des Vatikans von Germano Gualdo

    BILDTEIL Geheimarchive

    Die Sixtinische Kapelle von D. Redig de Campos

    BILDTEIL Sixtinische Kapelle

    Vatikanische Säle und Kapellen:

    Sala Regia

    Sala Ducale

    Die Kapelle von Pietro da Cortona

    Die Galleria delle Carte Geografiche

    Die Galleria degli Arazzi

    Der Torre dei Venti

    Die Sala della Contessa Matilde von Maria Donati Barcellona

    Die Kapelle Nikolaus' V.

    Die Cappella Paolina von D. Redig de Campos

    BILDTEIL Säle und Kapellen

    Die Sammlung antiker Skulpturen von Georg Daltrop

    BILDTEIL Sammlung antiker Skulpturen

    Das etruskische Museum von Francesco Roncalli

    BILDTEIL Etruskisches Museum

    Die Vatikanische Gemäldesammlung von Maria Donati Barcellona

    BILDTEIL Vatikanische Gemäldesammlung

    Das Gregorianisch-Ägyptische Museum von Gianfranco Nolli

    Das Museo Pio-Cristiano von Enrico losi

    BILDTEIL Ägyptisches und Christliches Museum

    Erläuterungen zu den Abbildungen

    TABLET-ART DIGITAL EDITION

    EINFÜHRUNG

    Nicht nur im Vatikan, aber dort vor allem, möchte man nicht nur schauen, sondern auch verstehen, was man sieht. Archäologen, Historiker, Schriftsteller und Künstler haben die Geschichte der einzelnen Bauwerke erzählt. Doch etwas viel Wichtigeres, das sich wissenschaftlicher Untersuchung entzieht, bleibt noch zu charakterisieren: Der Vatikan ist durch eine allgegenwärtige, lebendige Geschichte die Stadt der Seele, und jeder Besucher, der nicht fähig ist, die Züge dieses geheimen Gesichts, des wirklichen Lebens des Vatikans zu erkennen, wird sich seine Macht niemals ausreichend erklären können.

    Seit fast zweitausend Jahren befindet sich hier das Zentrum der katholischen Kirche; in jedem Land, überall auf der Welt streben die Christen nach einer Verbindung mit dem Nachfolger des heiligen Petrus. Diese Bedeutung des Vatikans zu verstehen heißt eine klare Vorstellung von den Gründen zu haben, die den Katholizismus dazu führten, dieses Zentrum der geistigen Macht mit der Vielfalt menschlichen Wissens, einschließlich der Kunstformen, auszuschmücken. Architektur und Kunstschätze des Vatikans stehen so in einem höheren gedanklichen Zusammenhang. Gewiss ist jeder, der zum ersten Mal als Wallfahrer an die Tore dieser allumfassenden Stadt des Geistes kommt, in erster Linie damit beschäftigt, die zahllosen, auf Schritt und Tritt auf ihn einstürmenden Eindrücke zu ordnen. Einen Hof zu überqueren, eine Kapelle zu betreten, eine Treppe hinaufzusteigen, eine Loggia zu besuchen bedeutet körperlich in die Geschichte vergangener und jüngster Epochen einzudringen, selbst wenn das Auge nur auf die vielen lateinischen Inschriften an den Wänden oder das päpstliche Wappen über den Türen fällt.

    Die Phantasie jeden Besuchers wird versuchen sich vorzustellen, wie dieses Gebiet einmal ausgesehen haben muss: Im klassischen Zeitalter Roms befanden sich in der Umgebung der Stadt die kaiserlichen Gärten; sie konnten sich der Arena Neros, der Naumachia (dem Gelände für Schiffskämpfe), des Hadrian-Mausoleums und des großen ägyptischen Obelisken aus rotem Granit rühmen. Der weder fruchtbare noch besonders schöne ager vaticanus wurde zwischen den Jahren 64 und 67 der christlichen Zeitrechnung zu einem geheiligten Ort der Christenheit. Denn hier wurde das Kreuz aufgerichtet, an das auf eigenen Wunsch der Apostel Petrus, erster Bischof von Rom und Papst, mit dem Kopf nach unten geschlagen wurde. Der verehrte Leichnam wurde in der Nähe der Via Triumphalis, nicht weit von der Stätte seines Martyriums, begraben. Später wurde hier die Basilika Kaiser Konstantins gebaut, ein großes Heiligtum mit mehreren Seitenschiffen. Die Basilika blieb trotz Beschädigung und Verwüstung während der Invasionen der Goten, der Vandalen und Sarazenen stehen. Um das Jahr 1000 kamen die Pilger in Scharen, um die Grabstätte des Apostelfürsten zu verehren; häufig erklommen sie die 35 Stufen der Treppe, die zu dem säulenbestandenen Hof führte, auf den Knien. In der „Paradies" genannten Säulenhalle hatten mehr als dreißig Päpste ihre letzte Ruhestätte gefunden. O Roma nobilis sangen die Pilger angesichts der Stadt, und sie huldigten dem christlichen Glauben in der Basilika, in der Kaiser und Könige vor dem Grabmal des Fischers aus Galiläa vom Papst geweiht und gekrönt wurden.

    Nikolaus V. und nach ihm Julius II., der den Gedanken mit Entschiedenheit verfolgte, wollten die alte Basilika, deren Fundamente nicht mehr sicher waren, abreißen lassen. Donato Bramante entwarf, unter Berücksichtigung römischer Vorbilder, die kühne neue Konstruktion in Form eines griechischen Kreuzes, mit Apsiden, Rotunden, Kuppeln und Türmen, überragt von einer gigantischen, auf riesigen Pfeilern ruhenden Kuppel. „In St. Peter habe ich begreifen lernen, wie die Kunst sowohl als die Natur alle Maßvergleiche aufheben kann", schrieb Goethe.

    Was also ist der Vatikan? „Der Vatikan besteht nicht nur aus dem, was man anschauen kann, hat Papst Paul VI. geschrieben. „Er ist die Verwirklichung eines Gedankens, eines Entwurfs, eines Planes, der die Menschheit vereinen möchte und doch für den Menschen das Geheimnis immanenter Jugend, dauernder Unmittelbarkeit enthält. Statt von der Vergänglichkeit ist hier die Rede von Dauer über die Jahrhunderte hinweg; und statt räumlicher Begrenzung ist hier die ganze Welt angesprochen. Was die Lückenhaftigkeit unsres Wissens betrifft, so spricht man hier von Unfehlbarkeit. Im Gegensatz zur wiederholten Fehlerhaftigkeit menschlicher Verordnungen steht hier eine unauslöschliche Regel, welche die unerschöpfliche Hoffnung der Welt bedeutet, schon bestehend und doch immer verwirklicht und vervollkommnet. Hier ist die Kirche. Kirche, ecclesia, umfassende, sichtbare Vereinigung des Geistes, maßgebend und frei, sowohl für die einzelne Seele wie für ganze Völker.

    Es gibt für jeden, der nach Rom kommt, eine Kirche, die eine Verbindung zu seinem Heimatland herstellt, in der ein Landsmann die katholischen Riten in seiner Muttersprache zelebriert.

    Franzosen versammeln sich in der Kirche S. Luigi dei Francesi, auf dem Platz gleichen Namens in Campo Marzio, bekannt vor allem wegen der drei Gemälde vom Leben des heiligen Matthäus von Caravaggio, oder in der Kirche S. Claudio und S. Andrea dei Borgognoni an der Piazza S. Claudio al Tritone. Nordamerikaner versammeln sich in der Via XX Settembre in der Kirche S. Susanna, deren schöne Fassade von Carlo Maderna stammt, die Deutschen in der aus dem 16. Jahrhundert stammenden Kirche S. Maria dell' Anima in der Via della Pace, in der sich das Denkmal Hadrians VI. nach einem Entwurf von Peruzzi befindet. Engländer gehen in die Kirche S. Silvestro in Capite (Piazza S. Silvestro) und in die Kirche S. Tommaso di Canterbury (Via di Monserrato 45). Argentinier versammeln sich in der Kirche S. Maria Addolorata (Piazza Buenos Aires), Belgier in S. Giuliano dei Belgi (Via del Sudario 40), Kanadier in der modernen Kirche SS.mo Sacramento e dei Martiri Canadesi (Via G. B. de Rossi), Iren in der alten Kirche S. Clemente (Via di S. Giovanni in Laterano), in der sich ein berühmtes Mosaik der römischen Schule aus dem 13. Jahrhundert vom Sieg des Kreuzes befindet, oder in S. Patrizio a Villa Lodovisi (Via Boncompagni), oder in S. Isidoro a Capo le Case (Via degli Artisti). Jugoslawen versammeln sich in der Kirche S. Girolamo degli Schiavoni (Via Ripetta); Mexikaner in N. S. di Guadalupe e S. Filippo (Via Aurelia 675), Polen in S. Stanislao (Via delle Botteghe Oscure), Portugiesen in S. Antonio in Campo Marzio (Via dei Portoghesi), Spanier in der Kirche S. Maria di Monserrato (Via Giulia) und in SS. Quaranta Martiri e di S. Pasquale di Baylon (Via S. Francesco a Ripa), Schweden in S. Brigida (Piazza Farnese). Rumänen zelebrieren ihre Gottesdienste in der Kirche S. Salvatore (Piazza delle Coppelle) in rumänisch-byzantinischem Ritus, Russen in S. Antonio all'Esquilino (Via Carlo Alberto) in russisch-orthodoxem Ritus, Griechen in griechisch-orthodoxem Ritus in der Kirche S. Atanasio al Babuino (Via dei Greci). Erwähnt werden soll außerdem, dass in der Kirche S. Nicola da Tolentino agli Orti Sallustiani (Via S. Nicola da Tolentino) der armenische und in der Kapelle des Äthiopischen Kollegs im Vatikan der äthiopische Ritus zelebriert wird. Die Kirche S. Maria in Cosmedin (Piazza Bocca delta Verira) ist jetzt melchitisch; S. Maria in Campo Marzio (Piazza Campo Marzio) antiochenisch-syrisch, und in der libanesischen Nationalkirche S. Giovanni Marone (Via Aurora) wird der maronitisch-syrische Ritus zelebriert.

    Vor allem aus dieser Verbindung der Pilger und Touristen mit ihrer eigenen Kirche, mit dem Vatikan und der Stadt Rom entstehen in Reiseberichten, Memoiren und Tagebüchern die bewegendsten Zeugnisse, spontan, da von niemand diktiert, ausführliche Unterhaltungen mit Freunden und nahestehenden Menschen. Von den Vorgängen in geistiger Hinsicht in dieser Stadt finden wir häufig erst später einen Nachklang in diesen Aufzeichnungen, von denen sich viele noch in Privatarchiven befinden. Leider gibt es kein Buch über Rom, das neben historischen Bauwerken Privatbriefe und Literaturauszüge aufführt und es so ermöglicht, eine Übereinstimmung von Gedanken und Empfindungen auf den Gebieten der Kunst und des Wortes nachzuweisen. Wie können wir die Empfindungen Dantes als Pilger wiedererwecken, der den alten Papstpalast betrachtet und dann bewegt schreibt, während seine Gedanken in der Vergangenheit verweilen, dass der Lateran „sich über Vergängliches erhebt"? Viele Aufzeichnungen sind zufällig und flüchtig, doch die Pilger des Mittelalters hinterließen uns, oft in Versform, lateinische Distichen und Hymnen, welche den Umfang ihres Glaubens voll zum Ausdruck bringen. So schrieb Petrarca am 21. Dezember 1336 aus Avignon an den Bischof von Lompez, Giacomo Colonna, von seinem Wunsch, die Stadt zu sehen, dieses Abbild des Himmels auf Erden, auf den geheiligten Gebeinen der Märtyrer erbaut und mit dem kostbaren Blut der Zeugen der Wahrheit besprengt! Am 18. April 1341 ging Petrarca, von Senator Arso dell' Anguillara gekrönter Poeta laureatus, mit seinem Gefolge in die Peterskirche, um seine Krone dort an den Altar zu hängen.

    Im 15. und 16. Jahrhundert gewann das christliche Rom in der Kunst große Bedeutung durch Künstler wie Michelangelo, Raffael und Bramante, die Werke voll tiefem religiösem Empfinden schufen. Die Antike wurde wiederentdeckt und belebt durch Künstler, die der Vergangenheit nacheiferten und „klassisch" wurden, nicht bewusst oder durch Nachahmung, sondern ganz von selbst, durch eine Ausdruckskraft, vergleichbar nur mit der griechischer und römischer Vorbilder. Die Vorstellung, welche die Künstler der Renaissance vom christlichen Rom hatten, ist ein Aspekt der Geschichte der Stadt, den man kennen muss, um ihre Allgemeingültigkeit und Faszination zu erkennen. Die katholische Gegenreformation in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts führte zu einer inneren Erneuerung, nicht in Institution oder Dogma, aber in Bezug auf den Menschen und die Disziplin, und entsprach so einem vom Evangelium geforderten Leben entsprechend dem der großen Heiligen. In der Sixtinischen Kapelle hatte Michelangelo, in den Stanzen des Vatikan Raffael die äußeren Zeichen eines Menschheitsbegriffes und einer apologetischen Vorstellung des christlichen Glaubens geschaffen. Im 17. Jahrhundert setzten Borromini, Caravaggio und Bernini das Werk der Renaissance mit Formen fort, die ihrer Zeit entsprachen, und formulierten einen Siegesgedanken neu, der sich aus der Tradition entwickelte und in der Architektur des Barock und vielen anderen genialen Schöpfungen deutlich zu erkennen ist.

    Goethe bewunderte 1786 in Rom die Basilika, und über das „Jüngste Gericht in der Sixtinischen Kapelle schrieb er, dass er nur sehen und anstaunen könne. „Die innere Sicherheit und Männlichkeit des Meisters, seine Großheit geht über allen Ausdruck. Chateaubriand schrieb 1829 gefühlvolle Seiten über Rom: „Ich komme von der Sixtinischen Kapelle, wo ich an der Passionsliturgie teilgenommen habe und das Miserere hörte … Der Tag neigte sich; die Schatten breiteten sich langsam über die Fresken der Kapelle aus, und man sah nur noch einige große Striche von Michelangelos Pinsel. Die nacheinander ausgelöschten Kerzen verströmten mit ihrem erstickten Licht einen lockeren weißen Rauch, ein … Abbild des Lebens … Die Kardinäle waren auf den Knien, der neue Papst vor demselben Altar niedergestreckt, vor dem ich noch vor einigen Tagen seinen Vorgänger gesehen habe; das wunderbare Gebet von Reue und Erbarmen erhob sich in Intervallen in Stille und Nacht … das große Mysterium eines Gottes, der gestorben ist, um die Vergehen der Menschen zu tilgen. Rom ist ein wundervoller Ort, um alles zu vergessen, alles zu verachten und zu sterben."

    Shelley, der große Dichter, sagte über den Petersplatz: „Er ist gewaltig, in ganz Europa gibt es nichts Vergleichbares. Für Studierende unserer Tage wäre es vorteilhaft, die Aufzeichnungen von Veuillot und Chesterton noch einmal zu lesen, sich an Herman Melville, den Autor von „Moby Dick, zu erinnern, der in seinem „Journal up the Straits nach einem Besuch der Museen, Loggien und der Sixtinischen Kapelle schrieb: „Ich blieb, bis geschlossen wurde. Dann saß ich erschöpft neben dem Obelisken, um mich von der schwindelerregenden Wirkung meines ersten Vatikanbesuches zu erholen. Den Eindrücken der Reisenden und Künstler sollte man die der Dichter hinzufügen, von denen als Abschluss und zur Erläuterung der Bedeutung der Stadt der Hymnus auf Rom von Giovanni Pascoli hervorgehoben werden soll. Der Dichter versuchte, die charakteristischen Merkmale der Heiligen Stadt zu erklären, er schuf das Gleichnis von dem Boot mit Flüchtlingen, die ihre Heimat suchen, der immer wiederkehrende Mythos des Äneas. Er ließ das Schiff in der Nähe des Lido Anker werfen, da dort die Vision Gestalt angenommen hatte: ein Schäfer, eine Taube, ein Kreuz und ein Anker. Hier hielt das Schiff und ging vor Anker. Denn hier hatten die Suchenden auf dem Boden Roms die Synthese der Wahrheit, die Verbindung zwischen Menschlichem und Göttlichem, zwischen Zeit und Ewigkeit gefunden.

    Eine irdische und zugleich eine himmlische Wirklichkeit, das Mysterium der geistigen Kirche Christi, Licht der Völker, und der sichtbaren Kirche, ist in St. Peter und dem Vatikan zu spüren. Es ist nicht möglich, in einem einzigen Buch ein solch schwieriges und der Verehrung würdiges Thema zu erschöpfen. So will dieser Band auch nur ein Wegweiser sein, ein Bindeglied zwischen Künstlern, Schriftstellern und jenen Menschen, die, wenn auch nur vom künstlerischen Standpunkt aus, diese kulturellen und geschichtlichen Zeugnisse kennenlernen möchten.

    GIOVANNI FALLANI

    ST. PETER UND SEINE GESCHICHTE

    DER GRÜNDUNGSBAU ALT-ST.-PETER

    Die Basilika wurde ursprünglich von Kaiser Konstantin nach seinem Sieg über Maxentius an der Milvischen Brücke (312) und dem Edikt von Mailand (313) gebaut, dem heiligen Petrus zu Ehren und mit dem erklärten Ziel, darin den Schrein aufzustellen, der den Gläubigen die Grabstätte des Apostels anzeigen sollte. Die Kirche behielt ihre ursprüngliche architektonische Form bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts, als der Westteil abgerissen wurde.

    Der Priester Tiberio Alfarano, Pfründner von St. Peter, beschrieb die Kirche in „De Basilicae Vaticanae antiquissima et nova structura" bis in die kleinsten Einzelheiten und zeichnete auch einen Grundriss. Neuere Untersuchungen und Forschungen haben gezeigt, dass dieses Werk eine der besten Informationsquellen über die alte Peterskirche darstellt.

    Der Glockenturm mit einem goldenen Globus und einem Bronzehahn auf der Spitze entstand erst im 8. Jahrhundert (die Zeichnung von Jacopo Grimaldi zeigt ihn mit in der Gotik vorgenommenen Abänderungen); er wurde zum Muster für eine ganze Reihe von Glockentürmen.

    Vor der Basilika lag ein Atrium (mit dem berühmten, Giotto zugeschriebenen Mosaik der „Navicella) mit einer Säulenhalle, in deren Mitte sich ein Bad für die Waschungen der Gläubigen befand. Ende des 4. Jahrhunderts baute Papst Darnasus I. einen Brunnen, in dem er alle Quellen der Vatikanischen Hügel zusammenfasste, die durch ihren unkontrollierten Lauf an vielen in der Säulenhalle befindlichen Gräbern von Päpsten und berühmten Persönlichkeiten ernsthaften Schaden angerichtet hatten. Das Werk dieses Papstes wurde in einer von ihm selbst entworfenen und in den Grotten erhaltenen Inschrift festgehalten. Der Darnasusbrunnen, umgeben von Porphyrsäulen, auf denen eine Kuppel aus Bronze ruhte, wurde Ende des 5. und Anfang des 6. Jahrhunderts von Papst Symmachus verschönert. Er stellte jenen Pinienzapfen (pigna) aus Bronze auf, der sich heute im Belvederehof befindet, und verzierte ihn mit Delphinen und Pfauen. Mit dem Wasser dieses Brunnens füllte Papst Damasus auch das Taufbecken des Vatikanischen Baptisteriums, das sich damals in der Mitte des Querschiffes befand, wo auch der „Stuhl Petri stehen sollte.

    Die Fassade der Basilika war mit Mosaik verkleidet; ein zweites, von Leo dem Großen in Auftrag gegebenes Mosaik wurde von Gregor IX. (1227-1241) erneuert. Das Werk bestand aus zwei Teilen, oben der Erlöser, flankiert von den Aposteln, zu seinen Füßen auf der linken Seite kniend Gregor IX.

    An der an die Fassade angrenzenden Atriumseite befanden sich fünf Portale, von denen das mittlere das „silberne" genannt wurde, weil es mit Blattsilber verziert war.

    Der Innenraum der Kirche war durch vier Säulenreihen in fünf Schiffe unterteilt. Das Querhaus ragte über die Mauern des Langhauses hinaus, wodurch das Bauwerk die Form eines lateinischen Kreuzes erhielt. Der vor der Apsis befindliche Schrein über dem Petrusgrab, dessen Außenseiten mit Marmorverzierungen versehen waren, wurde von jedem, der die heilige Stätte betrat, sofort wahrgenommen. Er wurde durch einen Baldachin überfangen, der von vier spiralförmig gewundenen, mit kreuzförmig gemusterten Weinranken verzierten Säulen getragen wurde. Eine Hängelampe unter dem Baldachin hatte die Form einer Krone.

    Gregor der Große (590-604) hob den Boden der Apsis an und stellte oberhalb des Schreins einen Tisch auf, an dem er die Messe zelebrierte, außerdem errichtete er neben dem Altar einen von vier silbernen Säulen getragenen Tabernakel. Auch der halbkreisförmige Gang entlang der Innenseite der Apsis mit einem geraden Zugang zum Altar geht auf ihn zurück. Diese Tatsache sollte beachtet werden, denn hier handelt es sich um das erste Beispiel einer halbkreisförmigen Krypta und mit ziemlicher Sicherheit um das erste Beispiel eines erhöhten Chors. Das Mosaik der Apsis scheint eine feierliche „traditio legis dargestellt zu haben. Es wurde unter Innocenz III. (1198-1216) vollkommen neu gestaltet. Wie aus Grimaldis Zeichnung, die entstand, als die Basilika abgerissen wurde, und aus dem Gemälde in den Grotten zu ersehen ist, enthielt der obere Teil des Mosaiks den zwischen den heiligen Petrus und Paulus thronenden Christus, der untere Teil den Thron mit Kreuz und mystischem Lamm, an den Seiten Innocenz III. und eine die „Ecclesia Romana repräsentierende weibliche Figur. Die beiden Städte Bethlehem und Jerusalem, die das mystische Lamm hervorgebracht hatten, außerdem einige kleine Bäume und zwei Palmen mit dem Phönix zwischen den Zweigen vervollständigten das Bild.

    Ansicht von Alt-St.-Peter. Rekonstruktion.

    Das Mittelschiff war mit einem Freskenzyklus mit Szenen aus dem Alten und Neuen Testament ausgeschmückt, der als Muster für viele andere in Mittelitalien gelten kann. Zunächst Papst Formosus zugeschrieben, wurde der Zyklus, wie ein Brief Hadrians I. an Karl den Großen bestätigt, in Wirklichkeit von Leo dem Großen (440-461) in Auftrag gegeben.

    Zwischen den Fenstern befanden sich Prophetenfiguren, darunter in zwei Abschnitten auf der linken Seite Episoden aus dem Neuen und auf der rechten aus dem Alten Testament; dann kam ein Abschnitt mit Medaillons von Päpsten und im Narthex, der Vorhalle, zwölf Episoden aus dem Leben des heiligen Petrus.

    Auf Grimaldis Zeichnung der Eingangshalle sind deutlich einige der außergewöhnlichen Monumente der verehrten heiligen Stätte zu erkennen, so auch das 705 von Johannes VII. gebaute Oratorium, das er der Mutter Gottes widmete, wie aus der Inschrift auf der Rückseite unterhalb des Bildnisses von der „jungfräulichen Königin zu entnehmen ist. Neben und oberhalb der Marienfigur befanden sich Szenen aus dem Leben Jesu, an den Wänden Petrus beim Predigen in Antiochien, Jerusalem und Rom. Die Überreste der Mosaiken in der Kirche Santa Maria in Cosmedin (das vielleicht schönste und gewiss am wenigsten restaurierte Fragment), in Orte und in den Vatikanischen Grotten geben eine Vorstellung von der Dekoration des Oratoriums, vor dem der Altar mit dem „Schweißtuch der Veronika, eine im Mittelalter sehr verehrte Reliquie, stand. Hinter dem Ravegnanaportallag die spitz zulaufende „Kapelle" Bonifatius VIII. (1295-1303) mit seinem Grabmal; eine Statue dieses Papstes von Arnolfo di Cambio befindet sich jetzt in den Grotten. Nachdem die sehr verehrte Bronzestatue des heiligen Petrus (→ Bild 15) den verschiedensten Künstlern, wie z. B. Arnolfo di Cambio oder seinen Schülern, zugeschrieben worden war, neigen die Wissenschaftler aufgrund der Ausführungsmerkmale heute zu der Ansicht, dass sie im späteren Mittelalter entstanden ist.

    Rekonstruktion der Basilika Alt-St.-Peter, errichtet 326 unter Konstantin. - Querschnitt durch die fünfschiffige Basilika.

    Martin V. (1417-1431), immer bereit, zur Verschönerung Roms beizutragen, restaurierte die Säulenhalle der Basilika, die sich zu jener Zeit in sehr schlechtem Zustand befand. Eugen IV. (1431-1447) waren Kultur und die Kunst des Humanismus trotz der Ereignisse seines stürmischen Pontifikats und seiner strengen klösterlichen Ansichten nicht gleichgültig. Er restaurierte nicht nur die alte Peterskirche, sondern gab bei Antonio Averlino, genannt Filarete, die Bronzetüren (→ Bild 14) in Auftrag, die den Platz des alten „silbernen" Portals einnehmen sollten und an welchen der Künstler aus Florenz von 1433 bis 1445 arbeitete, in jenen für den Papst besonders bitteren Jahren, da er Rom zu verlassen gezwungen war. Die Türen sind in drei Abschnitte gegliedert, die bei den oberen rechteckig, der untere quadratisch. Sie stellen (in der Reihenfolge von oben nach unten) den thronenden Christus, die thronende Jungfrau, Paulus und Petrus mit dem zu seinen Füßen knienden Eugen IV. dar; darunter, den beiden Apostelfiguren entsprechend, ihr Martyrium. Die Abschnitte sind von verschnörkelten Bildstreifen eingefasst, die Tiere, Szenen aus der Mythologie und der römischen Geschichte und Medaillons von Kaisern und anderen bedeutenden Persönlichkeiten enthalten. Unterteilt werden sie von vier weiteren Bildstreifen, die Ereignisse des Pontifikats Eugens IV. festhalten: Johannes Palaiologos' Aufbruch nach Italien und sein Empfang beim Papst, das Konzil von Florenz und der Abzug der Griechen aus Venedig, die Krönung Kaiser Sigismunds und sein Ritt mit dem Papst, Abt Andreas von der Gemeinschaft St. Antonius in Ägypten beim Empfang der Urkunde über die Vereinigung der beiden Kirchen und die Ankunft des Abtes in Rom, der die Apostelgräber besuchen wollte. Am unteren Teil der Innenseite der rechten Tür porträtierte Filarete sich und seine Gehilfen mit Namen; zwei weitere Selbstporträts und eine Signatur befinden sich auf der Vorderseite. Dieses Werk, von Vasari kritisiert, hat vor allem in den kleinen Reliefs und den Verzierungen dennoch eine gewisse künstlerische Berechtigung. Die Vergoldung und Emaillearbeiten, von denen noch Überreste vorhanden sind, haben sicherlich zu einem eindrucksvollen Anblick beigetragen.

    Im Hinblick auf das Innere der Basilika zur Zeit Eugens IV. ist in der Miniatur in einem Exemplar der „Grandes Chroniques de France" (Paris, Bibliothèque Nationale) von Jean Fouquet (die Krönungsszene Karls des Großen) ein historisches Dokument von besonderer Bedeutung erhalten geblieben. Fouquet, von dem angenommen wird, dass er an den Bronzetüren von St. Peter mit Filarete zusammenarbeitete, war während der Herrschaft Eugens IV. in Rom und stand unter dem Einfluss von Fra Angelico, der zu jener Zeit im Vatikan arbeitete.

    Nikolaus V. (1447-1455) hatte als erster den Plan - der aber nicht ausgeführt wurde -, die alte Basilika zu ersetzen, und betraute aufgrund der Notizen und Untersuchungen von Leone Battista Alberti 1452 Bernardo Rosselino mit dem Projekt. Rosselino entwarf ein Gotteshaus, in dem sich noch fortbestehende gotische Elemente einträchtig mit jenen der Klassik verbanden. Der Grundriss war ein lateinisches Kreuz mit einer an der Vierung des Querschiffes unglücklich angebrachten Kuppel und zwei seitlichen Türmen.

    Pius II. (1458-1464) verlegte die Grabdenkmäler aus dem Hauptschiff in die Seitenschiffe, gab die Restaurierung der Treppen im Atrium in Auftrag und begann mit dem Bau der Benediktionsloggia, die von seinen Nachfolgern weitergeführt und unter Alexander VI. (1492-1503) vollendet wurde. Diese mit dem Papstpalast verbundene, aus drei Reihen zu je vier Bögen bestehende Loggia zeigt eine Zeichnung von Martin van Heemskerk (ca. 1533), auf der auch der Vorhof mit beträchtlichen Höhenunterschieden zu sehen ist. Rechts ist der Brunnen Innocenz' VII. zu erkennen, der später von Paul V. zerstört wurde.

    Von den Werken der Bildhauerkunst, die im 15. Jahrhundert die Basilika schmückten, sollten wegen ihrer künstlerischen Bedeutung die Grabmale Sixtus' IV. und Innocenz' VIII. von Antonio del Pollaiuolo erwähnt werden. Das erstere, vom Künstler signiert und mit 1493 datiert, trägt auf der Platte die liegende Papstfigur in Basrelief, umgeben von den theologischen und den Kardinaltugenden, am Sockel die verschiedenen Künste darstellende Figuren. Das Grabmal stand zunächst in der Chorkapelle der alten Basilika, wurde dann in der angrenzenden Rotonda Santa Andrea und schließlich, nach weiteren Wanderungen, in den Grotten aufgestellt. Das Grabmal Innocenz' VIII. ist das einzige Denkmal, das aus der alten in die neue Basilika übernommen wurde, und das erste, das einen Papst auf dem Thron sitzend zeigt. An den Seiten befinden sich in Nischen die vier Kardinaltugenden, darüber die theologischen Tugenden. Diese wunderbar gelösten und eleganten weiblichen Gestalten zeigen Pollaiuolos ungewöhnliches Talent für Modellierung und dramatischen Ausdruck.

    1499 vollendete Michelangelo die Pietà aus Marmor; den Auftrag dazu erhielt er durch Jacopo Galli, der versicherte, dass es das schönste Werk von ganz Rom werden würde, von Kardinal Jean de Villiers de la Grollaye. Diese Skulptur des jungen Michelangelo Buonarroti ist voll starken dramatischen Empfindens und zeigt sowohl Elemente der florentinischen Tradition des 15. Jahrhunderts als auch Anlehnung an die Schule von Ferrara und an Leonardo. Sie wurde in der an der Südseite der alten Basilika befindlichen Kapelle der heiligen Petronilla, der „Kapelle der französischen Könige", aufgestellt. Nach mehreren anderen Standorten fand sie 1749 ihren Platz in der ersten Kapelle auf der rechten Seite, wo sie auch heute noch steht (→ Bild 17).

    DER BAU DER NEUEN BASILIKA

    Julius II. (1503-1513) entschloss sich zur Ausführung des von Nikolaus V. ersonnenen Planes und beauftragte Bramante, dessen Entwurf er ausgewählt hatte, mit dem Bau der neuen Basilika. Bramante entwarf ein Bauwerk in Form eines griechischen Kreuzes mit einer von wuchtigen Pfeilern getragenen Kuppel, vier Galerien und vier Glockentürmen. Julius II., der sich mit dem Gedanken trug, sein Grabmal (für das Michelangelo bereits den Auftrag hatte) unter der Kuppel von Bramantes Basilika aufzustellen, legte am 18. April 1506 den Grundstein für einen der vier Pfeiler. Der Architekt hatte es mit der Arbeit so eilig, dass er den Westteil der alten Basilika ohne Rücksicht auf Mosaiken, Grabmale, Statuen und andere Kunstwerke abriss und aufgrund dieser Eile als „Meister der Ruinen bezeichnet wurde. Allerdings wies Julius II. ihn an, zum Schutz des Petrusgrabes ein provisorisches Steingebäude zu errichten, das „Heilige Haus genannt, das bis 1592 stehenblieb. Die Arbeit ging schnell voran, doch Bramante entwarf währenddessen (mit Peruzzis Hilfe) weitere Pläne, in denen die durch breite Chorumgänge verbundenen Arme des Kreuzes eine fast quadratische Form erhielten.

    Grundriss der Peterskirche nach dem Plan von Bramante (1506) - Grundriss nach dem Plan von Michelangelo (1547) - Heutiger Grundriss von St. Peter nach dem durch Maderna (1606/15) veränderten Plan Michelangelos.

    Pfeiler, Säulen, Nischen, Gewölbe und Kuppel hätten sich so zu einem Bild heller Weite und malerischer Lebendigkeit vereinigt. In einer wichtigen Skizze veranschaulichte er außerdem seine Vorstellungen von dem die Basilika umgebenden Platz, wobei sein angeborener Sinn für Größe zum Ausdruck kommt; er sollte quadratisch sein und wie die Kirche aus einer harmonischen Anordnung architektonischer Formen bestehen. Die Arbeiten wurden bis zu Bramantes Tod im Jahr 1514 fortgesetzt, und jene, die sein Werk weiterführten, berücksichtigten seine Konzeption.

    Im August 1514 nahmen Fra Giocondo, Giuliano da Sangallo (seine Mitarbeiter) und Raffael Bramantes Platz ein. Sangallo und Raffael wurden aus liturgischen Gründen mit dem Entwurf eines länglichen Bauwerks beauftragt. Als Fra Giocondo starb und Giuliano da Sangallo nach Florenz zurückkehrte, hatte Raffael als Mitarbeiter Raffaello Antonio da Sangallo d.]., der nach ihm zusammen mit Baldassare Peruzzi die Leitung übernahm. Wie aus seinen Zeichnungen zu ersehen ist, entwarf Sangallo mehrere Pläne, deren letzter im wesentlichen auf Bramantes Konzeption zurückgeht, vergrößert durch die Anfügung eines Langhauses, das mit einer breiten, von zwei Glockentürmen flankierten Fassade abschließt. In dem Holzmodell im Vatikanischen Museum ist die Vorstellung des Künstlers deutlich zu erkennen, die von Michelangelo heftig kritisiert wurde.

    Nach Sangallos Tod im Jahre 1546 fügte sich Michelangelo dem Willen Pauls III. (1534-1549), der darauf bestand, dass er den Bau von St. Peter leitete. Ohne sich um liturgische Erfordernisse zu kümmern, von denen die Ideen seiner Vorgänger bestimmt waren, wandte er sich wieder Bramantes Projekt zu, das er als „klar, einfach und strahlend bezeichnete, wobei er noch hinzufügte, dass, „wer sich von Bramante entfernt, sich von der Wahrheit entfernt. Tatsächlich übernahm er die Form des griechischen Kreuzes ohne Sangallos Zusätze, das im Grundriss ein Quadrat ergab, aus dem die Galerien vorsprangen. Von 1547 bis 1548 überwachte er persönlich die Herstellung eines Kuppelmodelles und arbeitete von 1558 bis 1561 an einem weiteren, größeren Modell. Das Holzmodell im Vatikanischen Museum zeigt deutlich seine gewaltige Konzeption einer sphärischen Doppelkuppel; aber auch die Änderungen von Giacomo della Porta und Domenico Fontana sind zu sehen, die die Wölbung der Kugel erhöhten. Michelangelo und Bramante hatten die Vorstellung von einem allumfassenden weiten Raum, der die Basilika fast isoliert wirken lassen sollte. Ein Fresko in der Vatikanischen Bibliothek, das Fassade, Vorraum und die umgebenden säulenbestandenen Teile zeigt, vermittelt einen Eindruck von Michelangelos Gesamtkonzeption, die den von der Kuppel beherrschten architektonischen Komplex noch verschönern sollte.

    Sixtus V. (1585-1590), vielleicht in einer Vorahnung von der Kürze seiner Herrschaft, während der er dennoch in der Lage war, der Stadt ein auch heute noch gültiges Gesamtkonzept zu geben, bestand darauf, Michelangelos Projekt so schnell wie möglich zu vollenden. Am 1. November 1589, als der Papst verkündete, dass er hoffe, bald seine erste Messe unter der Kuppel von St. Peter zu zelebrieren, wurde immer noch mit „unglaublicher Sorgfalt gearbeitet, und am 12. Mai 1590 erschien eine triumphierende Ankündigung: „Sixtus V. hat zu seinem immerwährenden Ruhm und zur Beschämung seiner Vorgänger das großartige Bauwerk, die Kuppel von St. Peter, vollendet. Genau eine Woche später wurde eine feierliche Messe gelesen und der letzte Stein der Kuppel angefügt. Am 9. August des gleichen Jahres wurde die Laterne auf der Kuppel angebracht, „mit 36 Säulen, an denen noch gearbeitet wird, innen wird sie mit Mosaik verkleidet, außen mit Blei und die Rippen mit vergoldetem Blattmetall". Dies war der glückliche Abschluss des gewaltigen Werkes des großen Papstes, der am 27. des gleichen Monats starb. Della Porta verdient Anerkennung für die Ausführung von Michelangelos Plan und die gekonnte Lösung der statischen und strukturellen Probleme von Bramantes genialem Projekt, ebenso Fontana, der das Werk vollendet hat.

    Im November 1593, unter Clemens VIII., wurden Kugel und Kreuz für die Kuppelspitze gegossen. Unter Sixtus V. hatte man das gewaltige Vorhaben gewagt, den Obelisken von der Stelle, wo sich heute die Sakristei befindet, auf den Platz zu transportieren (dieser Gedanke hatte schon Nikolaus V. und Paul III. beschäftigt). Dies war für Domenico Fontana ein Grund zu berechtigtem Stolz, und er schreibt auch selbst darüber in seinem bekannten Werk „Della Trasportazione de1l'Obelisco Vaticano", illustriert mit Stichen von Giovanni Guerra.

    Nach der gewaltigen Arbeit des Kuppelbaues wurde die Vervollständigung von Michelangelos Kirche im Laufe der Jahre immer dringender, denn die übriggebliebenen Teile der alten Basilika befanden sich in einem absoluten Verfallstadium. Clemens VIII. (1592-1605), unter dessen Herrschaft mit der Mosaikverkleidung der Kuppel begonnen wurde, ließ die Confessio von Maderna renovieren und die Clementinenkapelle reich dekorieren und benannte 1603 Carlo Maderna und Giovanni Fontana als Architekten von St. Peter. Paul V. (1605-1621) wollte diese schwierige Aufgabe, die mit dem Abbruch wieder aufgenommen wurde, bewältigen und kündigte 1607 einen Wettbewerb an, an dem sich außer Maderna und Fontana die bekanntesten Architekten jener Zeit beteiligten. Diesen Wettbewerb gewann Maderna, der entsprechend des Beschlusses des Kardinalskollegiums, das die kultischen Erfordernisse an erste Stelle setzte, trotz des Versuchs, entscheidende Änderungen an der Grundrissform des griechischen Kreuzes zu vermeiden, schließlich doch auf die Form des lateinischen Kreuzes übergehen musste, sowohl wegen seiner symbolischen Bedeutung als auch in Anpassung an den veränderten Zeitgeschmack. So wurde der harmonische Renaissanceentwurf für eine Kirche mit dem Altar in der Mitte, den Bramante wie Michelangelo anstrebten, verworfen.

    Maderna, der in Werken wie der Fassade von Santa Susanna Gelegenheit gehabt hatte, seine architektonische Begabung uneingeschränkt zum Ausdruck zu bringen, und eine gezügelte Originalität bewiesen hatte, war hier von Michelangelos Schöpfung abhängig, und obwohl er versuchte, dieser Konzeption gerecht zu werden, interpretierte er sie doch auf ganz andere Weise. Zunächst plante er eine Fassade ohne Glockentürme; auf Wunsch des Papstes ersann er dann eine mit zwei Türmen, wodurch sie zweifellos weniger weiträumig und leichter wirkte. Diese Idee wurde jedoch verworfen, weil die Fundamente nicht tragfähig genug waren. Später stellte sich Bernini mutig dieser Aufgabe, musste aber nach vielen Versuchen aufgeben. Madernas Travertinfassade mit ihren riesigen Ausmaßen ist von nüchterner Vornehmheit; seine Verlängerung der Basilika beeinflusste, vor allem was das Innere betrifft, die Entwicklung der Kirchenarchitektur des Barock positiv. 1614 waren die Arbeiten beendet.

    Wo Michelangelo eine Säulenhalle vorgesehen hatte, entstand ein großes Atrium, dessen Wände durch Pfeiler und ionische Säulen unterteilt sind; hier zeigte Maderna deutlichste Beweise seines Könnens, auch entwarf und beaufsichtigte er die besonders schönen Stuckarbeiten. Am Deckengewölbe sind Szenen aus der Apostelgeschichte dargestellt. Beim Hauptportal handelte es sich um die Tür Filaretes, die zum Anbringen am neuen Eingang der Basilika restauriert und durch Anfügen von Bildbändern oben und unten vergrößert wurde.

    Zwar ist im Innern der Kontrast zwischen Michelangelos Konstruktion und Madernas Umgestaltung sichtbar - und wurde vielleicht zu oft kritisiert -, aber auch das ernsthafte Bemühen ist erkennbar, diesen Kontrast durch den architektonischen Zusammenhang von Gewölbe und Kapellen zu mildern; außerdem entsteht ein Gefühl der Einheit auch durch den weiten Öffnungswinkel der Kuppel (→ Bild 13) und durch Berninis Baldachin, der durch seine Größe ein harmonisches Verbindungselement zwischen den beiden Kirchenteilen darstellt. Bernini schuf keinen herkömmlichen Tabernakel, sondern eine gigantische „Maschine" zur immerwährenden Krönung der Grabesstätte des heiligen Petrus. An der Form dieses Werkes im Verhältnis zu seinem Standort wurde, wie viele

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