Pfad des Schicksals: Tränen der Vergangenheit IV
Von Brienne Brahm
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Zeitgleich breitet sich das Gift des Bösen ungehindert aus und die von Schrecken geplagte Vergangenheit, droht sich zu wiederholen. Werden Iray und seine Gefährten die Reise in die rauen Berglanden unbeschadet überstehen?
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Buchvorschau
Pfad des Schicksals - Brienne Brahm
Die bisherige Reise ...
Als Iray überlegt, was es mit dem Raben, den er sah, auf sich hat, verschwimmt die Realität vor seinen Augen und er bricht bewusstlos zusammen. Bei seinem Erwachen wird ihm bewusst, dass seine Träume mehr und mehr Bedeutung erhalten und er vertraut sich Saphina und Tertius an.
Auf der Insel angekommen, werden er und Saphina herzlich von den Seeländern empfangen, während diese versuchen, den Verlust ihrer Fischgründe zu verhindern. Iray freundet sich mit dem Findelkind Kindra an, während sein Vertrauen in Saphina durch die Geheimhaltung ihrer magischen Gabe tieferschüttert ist.
Der Waldländer Hoso wird von den Kreaturen der Moore angegriffen, und wird zu seinem Schutz von den Waldgeistern aufgenommen. Nur Hihevitra ist es möglich, ihn freizubitten. Welchen Preis sie dafür zahlen muss, bleibt ungewiss. Lediglich die Farbe ihrer Haare hat sich bisher von einem satten Schwarz in ein Schlohweiß geändert.
Iray schlug das Herz bis zum Hals und sein Kopf dröhnte. Sie hatte Geheimnisse vor ihm. Was hatte sie noch verschwiegen? Warum hatte er nicht weiter nachgefragt, als sie ihn auf dem Schiff gefragt hatte, ob er ihr vertrauen würde? War er tatsächlich so naiv gewesen?
Er kochte vor Wut und seine Gedanken drehten sich wie wild. Der Waldländer rieb sich die Schläfen und schloss für einen Moment die Augen. Ausatmend öffnete er sie wieder und begab sich geradewegs zur Tür.
Iray trat aus der Hütte und ging ohne weitere Worte an der Menschentraube vorbei, welche ihn besorgt anschaute. Er wollte jetzt nicht reden. Seine Schritte wurden schneller und er verfiel in einen Lauf. Nach kurzer Zeit schmerzten ihm bereits die Seiten und sein Atem verließ stoßweise seine Lungen.
Ein Schmerz, den er nicht zuzuordnen vermochte, quälte ihn. Tränen drückten sich aus seinen Lidern, welche er unwirsch und voller Wut mit dem Handrücken fortwischte. Er atmete tief durch und bemühte sich, ruhiger zu werden. Seine Lungen brannten. Die Wut wich der Traurigkeit und er schluckte ein Schluchzen hinunter. Langsam ließ das Stechen in seinen Flanken nach und er richtete sich gerade auf.
Iray sah sich um. Er stand mitten im riesenhaften Wald der Insel. Die wundersam aussehenden Pflanzen, die alle viel zu groß auf ihn wirkten, hatten jetzt etwas Erdrückendes. Zuvor hatte er sie noch voller Bewunderung bestaunt, doch jetzt wirkten sie beinahe bedrohlich auf ihn. Iray blickte zurück und stellte fest, dass er den Pfad verlassen hatte.
Zu Hause wurde den Kindern beigebracht, dass es nicht klug war, den Pfad zu verlassen. Jederzeit war es möglich, dass einem die Kreaturen der Moore auflauerten. Dies war ihm persönlich zwar niemals passiert. In der Vergangenheit war es jedoch bereits zur grausamen Realität geworden. Ob es hier auch Gefahren gab, vor denen man die Kinder der Seeländer schützen musste?
Laute von Tieren, die ihm unbekannt waren, durchdrangen die Kulisse reinster Natur und rissen ihn aus seinen Gedanken. Er dachte an Saphina, die er in der Hütte hatte stehenlassen. An den flehenden, um Verzeihung bittenden Ausdruck in ihren Augen, der ihn nur noch wütender gemacht hatte. Er war hart zu ihr gewesen, härter, als er es hätte sein wollen, doch er konnte nicht anders.
Zu sehr hatte ihn das Gehörte geschmerzt. Hatte er denn ihr Vertrauen nicht verdient? War sie es ihm nicht schuldig, ehrlich zu ihm zu sein? Oder lag ihr vielleicht doch nicht so viel an ihm, wie er es sich erhoffte? Aber was genau hatte er denn eigentlich gehofft? Kopfschüttelnd setzte er sich auf einen umgestürzten Baum.
Er wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. Sicher war es auch nicht richtig, an den anderen ohne ein Wort der Erklärung vorbeizurauschen. Doch war es ihm in diesem Moment nicht möglich, sich zu äußern. Er würde sich für sein Verhalten bei ihnen entschuldigen müssen, so viel war klar. Iray seufzte erneut und blickte nachdenklich auf seine Schuhe.
Das wäre der einfache Part an der ganzen Sache, wie er jedoch mit Saphina umgehen sollte, wusste er beim besten Willen nicht. Vielleicht würde er sich bei Tertius einen Rat holen, immerhin schien er Erfahrung im Umgang mit Frauen zu haben. Jedenfalls mehr als er.
Das Geräusch einer aufschwingenden Tür ließ Kindra herumfahren. Iray stapfte schnellen Schrittes auf sie zu und würdigte sie keines Blickes. Seine Wangen waren gerötet und tiefe Furchen der Wut lagen auf seiner Stirn. Er ging wortlos an ihnen vorbei und verschwand im facettenreichen Grün des Urwaldes. Tertius schlug sich an die Stirn.
„Oh, das sieht böse aus", entfuhr es ihm.
„Und es ist alles meine Schuld", erwiderte Kindra traurig, mit gesenktem Kopf.
„Nein, dich trifft keine Schuld, Kindra. Es ist, wie Saphina es bereits sagte, sie hätte aufrichtiger ihm gegenüber sein müssen. Geh ihm nach, seine Wut wird verrauchen und bis dahin sorge dafür, dass er sich auf der Insel nicht verläuft", trug Tertius ihr auf und tätschelte aufmunternd ihren Arm.
Kindra nickte und beeilte sich, hinter dem Waldländer nicht zu weit zurückzubleiben. Es dauerte nicht lange, bis sie die Spuren, die er hinterlassen hatte, fand und sie ihren Lauf verlangsamte. Sie wollte ihn nicht erschrecken oder gar in ihn hinein rennen. Er war sicher außer sich vor Wut und sie überlegte, wie sie ihn am besten ansprechen sollte.
Noch als sie darüber nachdachte, sah sie Iray mit hängenden Schultern auf einem toten Baum sitzen. Sie räusperte sich und trat an ihn heran. Wütend drehte er sich zu ihr herum, doch als er erkannte, wer ihm gefolgt war, erhellte sich seine Miene und er entspannte sich wieder.
„Es tut mir leid, Iray. Ich wollte nicht, dass ihr euch meinetwegen streitet", entschuldigte sich Kindra, die Hände wringend.
„Die Schuld liegt nicht bei dir. Nicht du hast mir etwas verheimlicht", erwiderte er immer noch missgelaunt.
Kindras Blick war traurig. „Aber ich sollte unbedingt lernen, meine Geschwätzigkeit unter Kontrolle zu bringen." Sie machte eine kurze Pause und setzte sich zu ihm, bevor sie weitersprach.
„Nun, ich denke, ihr werdet darüber reden müssen", schlug sie vor.
„Ja, du hast recht, aber jetzt fühle ich mich noch nicht in der Lage dazu."
„Ich verstehe, dann lass uns die Zeit bis zum Festmahl doch sinnvoll nutzen und ich zeige dir die Insel. Und bei der Gelegenheit werde ich dir mein Geheimnis verraten", sagte sie mit einem Augenzwinkern.
„Nicht das du mir eines Tages auch böse bist, da ich es dir verschwiegen habe.
„Kindra, ich wäre dir nicht böse, wir haben uns gerade erst kennengelernt."
„Ich weiß, jedoch denke ich, es ist besser, es nicht auf die lange Bank zu schieben."
Bei diesen Worten musste Iray schmunzeln.
„Kindra, bitte erkläre mir, woher du wusstest, das Saphina magische Fähigkeiten hat", bat Iray.
Die Seeländerin schürzte die Lippen und dachte kurz darüber nach, wie sie es beschreiben konnte, was sie fühlte, wenn Magie sie umgab. Sie strich sich ihr Haar hinter die Ohren und sah Iray in die Augen.
„Also es ist so, wann immer ein Mensch eine Gabe besitzt, kann ich es irgendwie fühlen. Auch wenn ich am Anfang oft nicht zuordnen kann, welcher Art sie ist, weiß ich sofort, ob es magisch ist. Du kannst es dir am besten vorstellen, wenn du es mit Gerüchen vergleichst, denke ich. Jede Gabe hat ihre eigene Nuance, nur das ich sie nicht rieche, sondern fühle. Und eine magische Gabe erkenne ich deshalb sofort, da sie mir durch meinen Vater vertraut ist."
Iray brauchte einen Moment, um das Gehörte zu verarbeiten. Er lächelte und stupste sie mit der Schulter an: „Na, das nenne ich doch mal praktisch."
Sie kicherte mädchenhaft und neckte ihn zurück.
„Komm, ich zeig dir was", forderte sie ihn zum Mitkommen auf.
Moreal blickte zu Saphina hinüber, die in Gedanken versunken eine rote, sternenförmige Blüte zwischen ihren Fingern hin und her drehte. Sie konnte den Kummer der Wüstenländerin förmlich spüren.
„Er wird dir vergeben", sagte sie sanft und legte die halbfertige Blumengirlande aus den Händen.
Saphina sah sie traurig an und rang um Worte.
„Ich bin mir nicht sicher, ob er mir vergeben kann", antwortete sie heiser.
Die Seeländerin lächelte sie verständnisvoll an und nahm Saphinas Rechte in beide Hände und drückte diese sanft.
„Aber natürlich wird er das, Liebes."
„Was macht dich da so sicher?", entgegnete Saphina schniefend.
„Sagen wir es mal so, ich kenne die Männer. Und sie können manchmal sehr impulsiv sein. Doch wenn die erste Wut vorüber ist, werden sie wieder friedlich. Und mir schien es, als stündet ihr euch nahe."
Saphinas Wangen erröteten schlagartig und ihr