Nachrichten von vier Leben: Novelle
Von Madita Végh
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Über dieses E-Book
Vor neunzehn Jahren? – Nein, einhundertfünfundachtzig Jahre war es her.
Ein Foto mit einem unverwechselbaren Edelstein belegt ihre Geschichte.
Sie trafen sich, berührten einander, lebten miteinander.
Gingen auseinander, das müssen alle Menschen, alle Paare einmal tun.
Aber sie trafen sich wieder, in einem anderen Leben, lebten ein neues Leben … sprachen auf neue Weise miteinander. Die Kinder, die Freunde. Das tägliche Tun.
Dann die langen Abschiede und nur noch er und sie.
Der Sterbende und die Lebende.
Sein Leben löste sich auf. Schnell. UN-AB-ÄN-DER-LICH!
RATLOS hieß die Farbe der Nacht.
Am Morgen aber piepsten die Vögel, zarte Boten des wieder erwachten Lebens.
Er starb mit einem Lächeln, in der Gewißheit – einander wiederzusehen …
Gespräche eines Sterbenden mit seiner Gefährtin.
Einige Rätsel lösen sich, auch das letzte?
Madita Végh
Madita Végh, Studium der Musik, Philosophie, Anglistik, Pädagogik. Mitglied der Hamburger Autorenvereinigung.
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Buchvorschau
Nachrichten von vier Leben - Madita Végh
Lies leise, leise,
als mache sich ein sanfter Regen
am Fenster zu schaffen.
Inhalt
DAS FREMDE STERBEN?
ROSEN UND LÖWENZAHN
DIE RÄNDER DER WÖRTER
DIE GEFIEDERTEN
DAS MÄRCHEN
DAS GELBE VERGISSMEINNICHT
DIE AUSSENWELT
DIE APOTHEKE
DAS CAFÉ
DIE BLUMEN
DAS GEHEIMNIS
DIE VERGANGENHEIT
EIN LEBENDES GEWEBE HERSTELLEN
Sie erwachte und sah ihn lächeln. Er schlief noch.
Sie betrachtete ihn, stützte sich auf, wollte ihn malen, den Pinsel tief in die Farben ihrer Seelen tauchen und Punkt für Punkt auf die Leinwand tupfen. Wie bunt! Wie hüpfig! Tupf-tupf – lange schaute sie.
Dann aber wurde sie von etwas gepackt, was sie nicht wissen wollte. Es trieb sie ins andere Zimmer, preßte ihr die Hände auf den Mund und ließ sie leise, ihn nicht zu wecken, vor sich hin weinen.
Am vergangenen Abend hatte er eine Flasche Champagner geöffnet und ihr mitgeteilt, er sei inoperabel krank, man wisse nicht – er sprach mit ruhiger Stimme –, wie lang er noch leben könne.
Jetzt würden sie Champagner trinken, viel Champagner, und reisen, solang es noch gehe! Und er wies mit großzügiger Armbewegung in den Raum, als läge dort die ganze Welt zu ihren Füßen.
Sie hatte stumm genickt.
SEIN LEBEN!
Sie sah durch ihre Tränen in den Morgen, der aufdringlich vor dem Fenster stand, breitbeinig und grob, grau waren die Bäume, schwarz die Wolken und der Himmel?
Er antwortete auf ihren flehenden Blick mit dunkler Stimme:
»UN-AB-ÄN-DER-LICH!«
»Das ist ja wie im Alten Testament«, flüsterte sie, sank auf eine Stuhlkante und kniff die Augen zu. Als sie sie wieder öffnete, stockte ihr der Atem:
Fremde Möbel rutschten umher, die Bilder bewegten sich an den Wänden. Wo war sie?!
Diesen Ort durfte es nicht geben! Nein!
Und doch?
Entsetzt sprang sie auf, trocknete sich das Gesicht mit dem Saum ihres Nachthemdes und floh auf Zehenspitzen zu ihm.
Er schlief.
Behutsam legte sie sich neben ihn, suchte unter dem Kopf kissen nach einem Taschentuch.
»Du hast Schnupfen, mein Liebes«, murmelte er und nahm sie in die Arme. »Du hast dich erkältet. Bleib liegen, ich bring den Tee.«
Er sagte es, als wäre er der Gesunde.
Sie reisten nicht.
Sein Leben löste sich auf. Schnell.
Die langen Abschiede.
Die Kinder, die Freunde.
Dann nur noch er und sie
und das fremde Sterben.
DAS FREMDE STERBEN?
Eine helle Stille breitete sich in den Räumen aus, sie war sanft und freundlich, und durch die Stille floß die Zeit, und durch die Zeit floß das tägliche Tun, mühelos war es und berührte das Unendliche.
Als er noch vom Bett auf das Sofa wechseln konnte, bat er sie zu sich und legte seinen Kopf auf ihren Schoß, seinen Körper ausgelängt, die Füße schon in jener anderen Welt. Eine Gänsehaut überlief sie.
Er lächelte ihr zu,