Über dieses E-Book
Romane aus dem Hochadel, die die Herzen der Leserinnen höherschlagen lassen. Wer möchte nicht wissen, welche geheimen Wünsche die Adelswelt bewegen? Die Leserschaft ist fasziniert und genießt "diese" Wirklichkeit.
"Fürstenkrone" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken.
Vom Fenster ihres Vaterhauses aus sah Gabriele das Meer, das wie ein lebendiges Bild in einem Rahmen eingespannt zu sein schien, und das Mädchen wurde nicht müde, die wechselnden Farben dieses Bildes zu betrachten. Auch jetzt stand sie müßig am Fenster und sah durch das verblühte Weinlaub, das sich um das kleine Haus des Kapitäns Daniel Lauritz rankte, auf das Meer hinaus. Der schrille Schrei einer Schiffssirene zerriß die Stille, und das Mädchen fuhr zusammen. Sie hatte keine Zeit, untätig hier zu stehen. Am nächsten Tag wollte ihr Vater von langer Fahrt nach Hause kommen, und sie mußte noch sehr viel tun, um alles für seinen festlichen Empfang vorzubereiten. Eilig nahm sie das Staubtuch wieder auf und begann, die Vitrine zu polieren, in der der Kapitän Daniel Lauritz wahre Prachtstücke von selbstgebastelten Segelschiffen verwahrte. Sie betrachtete das schönste Exemplar, das die getreue Nachbildung des Schulschiffes war, auf dem Kapitän Daniel Lauritz Seekadett gewesen war. Dann griff Gabriele nach dem Bild des Vaters. Es zeigte einen grauhaarigen Mann mit kühnem Profil und furchtlosen Augen. Eigentlich ist es merkwürdig, dachte Gabriele, während sie den silbernen Rahmen des Fotos blankrieb, daß ich Papa überhaupt nicht ähnlich sehe. Er war früher einmal blond, und ich bin dunkelhaarig. Er hat blaue Augen, aber die meinen sind schwarz. Überhaupt finde ich nicht die kleinste Kleinigkeit, in der wir uns äußerlich gleichen. Wahrscheinlich bin ich ganz nach meiner Mutter geartet. Die Tatsache, daß sie ihre Mutter nie gekannt hatte, war Gabrieles großes Herzeleid. Insgeheim träumte sie stets davon, wie schön es sein müsse, eine Mutter zu haben, und sie beneidete jeden glühend, der noch eine Mutter besaß. Sie hatte nur Tante Berti, die Schwester ihres Vaters, die das Hauswesen versorgte. Freundinnen hatte Gabriele nicht. Sie war schon als Kind zu verschlossen und zurückhaltend gewesen, um Freundschaften zu schließen, und nun stand sie mit ihren zweiundzwanzig Jahren ziemlich allein. Ich darf trotzdem nicht undankbar sein, schalt sie sich, während sie mit dem Staubtuch dem großen Globus zu Leibe rückte.
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Rezensionen für Küsse in der Nacht
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Buchvorschau
Küsse in der Nacht - Viola Larsen
Fürstenkrone
– 141 –
Küsse in der Nacht
Ergreife dein Glück und halte es fest, Gabriele!
Viola Larsen
Vom Fenster ihres Vaterhauses aus sah Gabriele das Meer, das wie ein lebendiges Bild in einem Rahmen eingespannt zu sein schien, und das Mädchen wurde nicht müde, die wechselnden Farben dieses Bildes zu betrachten.
Auch jetzt stand sie müßig am Fenster und sah durch das verblühte Weinlaub, das sich um das kleine Haus des Kapitäns Daniel Lauritz rankte, auf das Meer hinaus.
Der schrille Schrei einer Schiffssirene zerriß die Stille, und das Mädchen fuhr zusammen. Sie hatte keine Zeit, untätig hier zu stehen. Am nächsten Tag wollte ihr Vater von langer Fahrt nach Hause kommen, und sie mußte noch sehr viel tun, um alles für seinen festlichen Empfang vorzubereiten.
Eilig nahm sie das Staubtuch wieder auf und begann, die Vitrine zu polieren, in der der Kapitän Daniel Lauritz wahre Prachtstücke von selbstgebastelten Segelschiffen verwahrte. Sie betrachtete das schönste Exemplar, das die getreue Nachbildung des Schulschiffes war, auf dem Kapitän Daniel Lauritz Seekadett gewesen war. Dann griff Gabriele nach dem Bild des Vaters. Es zeigte einen grauhaarigen Mann mit kühnem Profil und furchtlosen Augen.
Eigentlich ist es merkwürdig, dachte Gabriele, während sie den silbernen Rahmen des Fotos blankrieb, daß ich Papa überhaupt nicht ähnlich sehe. Er war früher einmal blond, und ich bin dunkelhaarig. Er hat blaue Augen, aber die meinen sind schwarz. Überhaupt finde ich nicht die kleinste Kleinigkeit, in der wir uns äußerlich gleichen. Wahrscheinlich bin ich ganz nach meiner Mutter geartet.
Die Tatsache, daß sie ihre Mutter nie gekannt hatte, war Gabrieles großes Herzeleid. Insgeheim träumte sie stets davon, wie schön es sein müsse, eine Mutter zu haben, und sie beneidete jeden glühend, der noch eine Mutter besaß. Sie hatte nur Tante Berti, die Schwester ihres Vaters, die das Hauswesen versorgte. Freundinnen hatte Gabriele nicht. Sie war schon als Kind zu verschlossen und zurückhaltend gewesen, um Freundschaften zu schließen, und nun stand sie mit ihren zweiundzwanzig Jahren ziemlich allein.
Ich darf trotzdem nicht undankbar sein, schalt sie sich, während sie mit dem Staubtuch dem großen Globus zu Leibe rückte. Ich habe den wundervollsten Vater der ganzen Welt – und Volker habe ich auch! Eine feine Röte stieg bei diesem Gedanken in Gabrieles Wangen.
Volker war ihr einziger Kindheitsgespiele gewesen, und sie hatten ihre Kinderfreundschaft in die Zeit des Erwachsenseins hinübergerettet. Volker wollte einmal Seemann werden wie Kapitän Lauritz, und Gabriele fürchtete sich im stillen schon vor der Zeit, da Volker auf eine Seekadettenschule gehen würde. Der Gedanke, dann nur noch Tante Berti um sich zu haben, war dem Mädchen fast unerträglich.
Sie war mit ihrem Staubtuch jetzt bei dem geschnitzten Kalender angelangt, dessen Abreißblätter ein Seeungetüm zwischen seinen Zähnen hielt. Der Kapitän hatte diesen Kalender während jenes langen Winters geschnitzt, als er sich von einer Lungenentzündung nicht hatte erholen können und auf ärztlichen Befehl Landurlaub nehmen mußte. Während sie sich bemühte, die Zähne des Ungeheuers zu polieren, fiel ihr wieder ein, daß Volker in den vergangenen zwei Wochen eigentlich recht wenig, oder, um es genauer zu sagen, überhaupt keine Zeit für sie gehabt hatte.
Eine heimliche, bohrende Unruhe befiel sie. Sonst traf sie sich mit Volker jeden zweiten Abend draußen im Hafen. Viel Zeit hatten sie nie füreinander, denn Tante Berti war sehr streng, und Gabriele mußte immer pünktlich zu Hause sein. Aber schon die kurze Spanne des Zusammenseins mit Volker bedeutete für Gabriele viel.
Und nun hatten sie sich schon zwei Wochen lang nicht mehr gesehen. Sie hatten nicht einmal Gelegenheit gehabt, Volker zu sagen, daß ihr Vater von langer Fahrt nach Hause zurückkam.
Indem sie sich beeilte, die Wohnstube fertig zu haben, bis Tante Berti von ihren Einkäufen zurückkam, grübelte sie wieder darüber nach, warum Volker nun plötzlich keine Zeit mehr für sie hatte. Schon während ihres letzten Zusammenseins war er ihr merkwürdig vorgekommen. Er war so zerfahren gewesen und hatte ihr gar nicht richtig zugehört. Und einmal hatte er gesagt: »Die nächste Zeit werden wir uns kaum sehen können. Ich habe sehr viel zu tun, weißt du. Aber ich rufe dich wieder an, wenn ich Zeit habe.«
Sie war so erschrocken gewesen, daß sie gar keine weitere Frage gestellt hatte, und so hatten sie sich mit einem kurzen, stummen Händedruck getrennt.
Im Flur rasselte ein Schlüssel, dann wurde die Wohnungstür geöffnet.
»Wo steckst du denn, Gabriele?« rief Tante Berti ärgerlich. »So nimm mir doch den Regenschirm ab! Ich bin triefnaß und mit Paketen beladen wie ein Maulesel.«
Gabriele legte rasch das Staubtuch zur Seite und eilte hinaus. Tante Berti hielt ihr den Schirm hin.
»So beeile dich doch, es ist schrecklich, wie langsam du bist, Gabriele.«
»Entschuldige, Tante Berti.«
»Spare dir deine Entschuldigungen. Trage lieber den Schirm in die Küche und nimm mir die Pakete ab. Du siehst doch, daß ich sie kaum schleppen kann.«
Gabriele lief mit dem Schirm in die Küche und stellte ihn in den Spülstein. Dann eilte sie in den Flur zurück und nahm die Pakete entgegen, die Tante Berti ihr in die Hand drückte.
»Lege die Pakete auf die Kommode und hilf mir aus dieser gräßlichen Ölhaut.«
»Sofort, Tante Berti.« Gabriele legte die Pakete ab. Dann half sie ihrer Tante, die sich umständlich aus ihrer Regenhaut schälte.
Berti Lauritz warf Gabriele einen bösen Blick zu. Sie kniff die dünnen Lippen zusammen, verzog sie dann aber zu einem höhnischen Lächeln.
»Was meinst du übrigens, wen ich in der Stadt getroffen habe?« fragte sie.
»Ich weiß es nicht, Tante Berti.«
»Volker. Deshalb brauchst du aber nicht rot zu werden wie eine reife Tomate. Er lief mir in den Weg, als ich aus dem Goldschmiedegeschäft kam. Noch nicht einmal gegrüßt hat er. Ich habe dir ja schon immer gesagt, daß dieser Bursche keine Manieren hat.«
»Wenn Volker dich nicht gegrüßt hat, dann hat er dich bestimmt nicht gesehen, Tante Berti.«
»Und ob er mich gesehen hat!« Berti Lauritz schlürfte ihren heißen Kaffee. »Du hast wieder keinen Zucker hineingetan, Gabriele. Du weißt doch, daß ich Zucker in den Kaffee will.« Sie warf ärgerlich drei Stücke Würfelzucker hinein, rührte langsam in der Tasse und fuhr hämisch fort: »Er ist genauso rot geworden wie du eben, Gabriele.«
»Wer?«
»Volker natürlich. Von wem spreche ich sonst? Und ich kann dir auch ganz genau sagen, warum er rot geworden ist und mich nicht gegrüßt hat. Er war nämlich nicht allein.«
»Und?«
»Du wirst mich gleich besser verstehen, Gabriele. Er kam Arm in Arm mit einem sehr hübschen jungen Mädchen mir entgegen. Die beiden sahen genauso aus wie ein Liebespaar. Du kennst doch die blonde Frauke, die einzige Tochter und Erbin der Reederei Wilkins? Damit du es genau weißt: Volker wird sich nächste Woche mit ihr verloben.«
»Woher willst du das wissen?« fragte Gabriele tonlos.
»Ich bin eben informiert. Als die beiden in das Geschäft hineingingen, habe ich mir die Schaufensterauslagen betrachtet, das kann einem doch keiner verwehren, nicht wahr? Da habe ich dann gesehen, wie die beiden Ringe aussuchten. Als das Pärchen herauskam, bin ich wieder
