Es war so vieles falsch
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Juergen von Rehberg
Der Autor ist Jahrgang 1944, wohnt in Österreich, und lebt seine große Passion - das Schreiben. Inzwischen sind schon über 50 Publikationen (Liebes/Abenteuerromane und Kriminalromane) erschienen. Darunter auch einige Biografien, wovon "Mein Neckar-Elz" (Biografie über seine Kinder- und Jugendjahre auf dem Dorf) eine ungeahnte Resonanz hervorgerufen hat und vom Verlag als Bestseller geführt wird. Der Autor bezeichnet seine Romane als "literarische Snacks" (unter 200 Seiten) und lässt sie unlektoriert, damit sein ursprünglicher Sprachduktus erhalten bleibt. https://www.juergen-von-rehberg.at
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Buchvorschau
Es war so vieles falsch - Juergen von Rehberg
Iris
Kapitel 1 – Erste Liebe
Ich, der ich vom Anbeginn meiner Pubertät von meiner Sexualität in Geiselhaft genommen worden war, hatte beschlossen mich dieser schwierigen Thematik zu stellen.
Ausgestattet mit einem völlig ungenügenden Rüstzeug, näherte ich mich behutsam dem anderen Geschlecht.
Mein Wissen stammte von älteren Mitschülern des Gymnasiums und von der Fachzeitschrift „BRAVO"; denn über andere Quellen verfügte ich leider nicht.
Mein Vater, der mir seine kostbaren Gene hinterlassen hatte, bevor er von meiner Mutter wegen anhaltender Untreue hinausgeworfen wurde, konnte mir deren sinnvolle Nutzung leider nicht mehr vermitteln.
Und meine Mutter war nicht der adäquate Ansprechpartner.
Also was tun mit den Hormonen, welche ohn Unterlass und ohne jede Gnade meinen jungen Körper geißelten?
„Learning by doing" hieß somit die Parole, und auf diese Weise begann meine sexuelle Karriere, die von Anbeginn an zum Scheitern verurteilt war.
Leider wurde daraus eher ein „Learning by mistakes, wobei das eigentliche „Learning
erst viel zu spät begann.
Für mich waren Liebe und Sexualität zwei unzertrennbare Zwillinge. Sexualität, rein als Instrument zur Befriedigung tierischer Instinkte, das war ein allzu monströser Gedanke, den ich heftig von mir stieß.
Ich hatte mich der romantischen Vorstellung von Familie – Vater, Mutter, Kinder – verschrieben, und von dieser Vorstellung sollte ich mich später nur wenige Male entfernen, weil ich kurzfristig durch die Einflüsse des Bösen irregeleitet worden war.
„Die erste Liebe" ist ein Miraculum, das seinen eigenen Gesetzmäßigkeiten unterliegt. Das traf ohne Zweifel auch bei Hannelore zu.
*****
„Kamera klar?"
„Kamera läuft!"
„Ton klar?"
„Ton ist klar!"
„Klappe!"
„Erste Liebe – Take 1!"
„Und bitte!"
Ich habe Hannelore anlässlich einer Hochzeit kennengelernt. Meine Tante, um deren Hochzeit es ging, stellte mir Hannelore als meine „Brautjungfer vor und verlieh mir im selben Moment den Titel „Brautführer
.
Obwohl ich es nicht wirklich verstand, ließ ich mich auf diese Sache ein und führte Hannelore brav an meiner Hand. Es schien ihr recht gut zu gefallen, denn sie ließ meine Hand den restlichen Tag nicht mehr los.
Als sich unsere Wege am nächsten Tag wieder trennten, beschlossen wir in brieflichem Kontakt zu bleiben. Unsere beiden Wohnorte lagen etwa 70 Kilometer voneinander entfernt, sodass ein täglicher Kontakt nicht möglich war. Und außerdem gingen wir ja noch beide in die Schule.
In den Sommerferien konnte ich dann endlich meine Angebetete besuchen. Ich wohnte bei der Tante und ihrem Gatten, und ich holte Hannelore täglich ab, um mit ihr in das nahegelegene Freibad zu gehen.
Nach dem Kurzurlaub und erfolgter Rückkehr in mein Zuhause, nahm der Briefwechsel zwischen Hannelore und mir beachtlich zu.
Wenn ich aus der Schule kam, ich war inzwischen Gymnasiast, war die erste Frage, ob vielleicht ein Brieflein für mich gekommen wäre.
Und so die Antwort positiv ausgefallen war, riss ich im Zustand eines gefühlsmäßigen Ausnahmezustands das Kuvert auf, um gierig Buchstabe um Buchstaben zu verschlingen.
Jedes Kuvert, das von Hannelore zur Post gebracht worden war, war von zartrosa Farbe, seidengefüttert und herrlich duftend.
Und in dem Kuvert lag ein einmal gefaltetes Blatt Papier, ebenfalls in zartrosa gehalten und von erlesener Qualität.
Die Lettern, welche das Papier zierten, waren von zarter Hand mit Tinte und Feder schwungvoll geführt und schön anzusehen, und ihr Aussehen glich mehr einem Druck, denn einer Handschrift.
So vergingen Monat um Monat, angereichert durch viele Briefe mit schönen Worten, welche eine tiefe Sehnsucht nach einem Wiedersehen erwachsen ließen, die sich nichts mehr wünschte, als eine baldige Erfüllung zu erfahren.
Doch dann geschah etwas Schreckliches.
Wieder einmal kam ein Brieflein mit der Post, das wohl denselben Absender wie all die vielen Briefe davor trug, jedoch ansonsten keine weiteren Gemeinsamkeiten aufzuweisen vermochte.
Absender und Empfänger waren mit Bleistift wüst auf das Kuvert gekritzelt, und der Brief trug ebendieselbe Handschrift.
Und dann der Inhalt. Er begann mit liebevoll gemeintem Geschreibe, gespickt mit Fehlern der Rechtschreibung und der Orthografie, und er endete mit einer massiven Drohung:
„Vielleicht geht es uns auch einmal so wie Tante Julia und Onkel Hermann…"
Gemeint waren meine Tante und ihr Gatte, mein Lieber Onkel, anlässlich deren Hochzeit die Romanze zwischen Hannelore und mir begonnen hatte.
Und gemeint war wohl auch eine potenzielle Vermählung von Hannelore und mir, wenn auch nur auf lange Sicht gesehen, denn wir waren gerade einmal 15 Jahre alt.
Der Schock saß tief.
Die Zerstörung einer Illusion, die offenkundige Lüge (alle Briefe davor konnten definitiv nicht von Hannelore geschrieben worden sein), die mangelhafte Bildung (Fehler über Fehler) und die Androhung einer Vermählung, und das, obwohl wir noch nicht einmal verlobt waren.
Die logische Konsequenz lag nahe. Sofortiger Abbruch dieser unseligen Beziehung und keinerlei Kontakt mehr. Kein Treffen, keine Briefe; absolutes Beenden ohne jedweden Kommentar. Und so geschah es dann auch. Ich habe Hannelore nie wieder gesehen…
„CUT!!!"
Die innere Stimme von Regisseur Paul Lindner hatte es förmlich hinausgebrüllt.
„Das geht ja überhaupt nicht. Bis zu dem verhängnisvollen Brief können wir die Aufnahme verwenden; aber ab da müssen wir neu drehen.
„Kamera klar?"
„Kamera läuft!"
„Ton klar?"
„Ton ist klar!"
„Klappe!"
„Erste Liebe – Take 2!"
„Und bitte!"
*****
Wieder einmal kam ein Brieflein mit der Post, das wohl denselben Absender wie all die vielen Briefe davor trug, jedoch ansonsten keine weitere Gemeinsamkeiten aufzuweisen