Frohe Weihnacht
Von Helmut Zöpfl
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Buchvorschau
Frohe Weihnacht - Helmut Zöpfl
Verfasser
Gedanken für das Weihnachtsfest
Und der Stern hat geleuchtet
Und der Stern hat geleuchtet
so hell überm Stall,
dass sein nächtlicher Glanz
war zu sehn überall.
Damit nicht verglimmt
des Weihnachtssterns Schein,
lasst mehr Licht auch uns bringen
ins Dunkel hinein!
Advent
Der Advent ist die Zeit der Erwartung.
Warten: Woran danken wir, wenn wir heute dieses Wort hören? An eine Bushaltestelle vielleicht, an einen Bahnhof, einen Flugplatz. Wir warten, bis der Bus kommt, bis jemand mit dem Zug kommt. Oder wir warten auf das Wochenende, auf den Urlaub, vielleicht aber auch auf einen Lottogewinn oder sogar auf das große Glück.
Langes Warten macht uns manchmal nervös. Ich glaube, dass wir heute ein wenig verlernt haben, dieses Warten aushalten zu können. Immer mehr versucht der Mensch, die Zeit des Wartens abzukürzen. Indem wir der Zeit immer weniger Zeit lassen, suchten wir Zeit zu gewinnen, alles so schnell wie möglich in die Gegenwart hereinzuholen. Ein Höhepunkt muss den anderen jagen. Die Feste, die früher weitgehend durch die Jahreszeiten bestimmt waren, werden nun auch immer mehr von uns installiert.
Unsere Ungeduld verhindert, dass etwas noch seine Zeit hat. Verlieren wir damit aber nicht auch manche Höhepunkte? Ein wenig sollten wir uns zurückerinnern an unsere Kindheit, an das Warten auf etwas, auf jemanden und an die Vorfreude, die ja bekanntlich mit zu den schönsten Freuden zählt. Dazu gehört, dass wir uns wieder ein wenig loslassen können, dass wir uns auf etwas oder jemanden einlassen und uns erfüllen lassen – vielleicht auch erleuchten lassen in der Vorfreude auf jemanden, auf den wir uns verlassen können.
Christentum in unserer Zeit
Jetzt, da das Christfest wieder naht, sollte man vielleicht auch einmal darüber nachdenken, wie weit die Entchristlichung in unserem Land schon fortgeschritten ist. Michael Schramm hat in seinem Buch Das Gottesunternehmen Fakten und Zahlen veröffentlicht, die allmählich auch dem größten christlichen Optimisten zu denken geben sollten. Besonders beunruhigend finde ich dabei die Tatsache, dass auch Kirchenmitglieder, ja sogar die Besucher von Gottesdiensten, zum Teil recht merkwürdige esoterische Vorstellungen vertreten. Lebhaftes Interesse für Astrologie und Okkultismus, Reinkarnationsglaube, der Glaube an Wahrsagung und an Glücksbringer ist auch innerhalb der praktizierenden Christenschar keine Seltenheit. Ich weiß nicht, wie lange man sich noch in die Tasche lügen oder mit Trostsprüchen wie diesen beruhigen kann: »Es hat immer Aufwärts und Abwärts gegeben«, »Auf jedes Tief folgt wieder ein Hoch«, oder wie diese Allgemeinplätze auch immer lauten. Ich möchte hier eine Hauptquelle unserer Entchristlichung ansprechen und vielleicht ein paar Denkanstöße geben, was Mission auch bedeuten könnte.
Im Christentum bestand und besteht – ähnlich wie in den meisten anderen Religionen – die Missionsarbeit zunächst einmal darin, Wörter und Begriffe mit den neuen Glaubensinhalten zu füllen. So trat ganz am Anfang an die Stelle der vielen Götter der eine Gott. Begriffe wie das Kreuz, der Heilige Geist, die Heiligen, das Opfer oder die Tugenden bekamen einen christlichen Inhalt. Aber auch Zeitwörter wie glauben, lieben, beten erfuhren durch die neue Religion einen Bedeutungswandel.
Ganz sicher gab es immer schon Begriffe, die irgendwann einem Bedeutungsschwund unterlagen. Man denke nur an das Wort »Weib«, das heute fast als Schimpfwort gelten kann. Ebenso kam es zu allen Epochen vor, dass man religiöse Begriffe säkularisiert oder plötzlich mit neuen Glaubensinhalten gefüllt hat. Aber erst in unserer Zeit der Information, der Werbung, des Pluralismus müssen wir die Erfahrung machen, dass Begriffe unserer christlich-abendländischen Denkkultur nicht nur entleert, sondern geradezu kontaminiert werden. Vielleicht steht manchmal gar keine böse, unchristliche Absicht dahinter; es geht eher wie in der Werbung darum, mit dem Begriff etwas zu »verkaufen«: Wer den Verbraucher dazu bringt, dass er bei dem Wort »Tempo« automatisch an ein Taschentuch denkt, dessen Investitionen in die Werbung haben sich ausgezahlt.
Überlegen wir einmal: In den vergangenen Jahrzehnten wurden ursprünglich positiv besetzte Begriffe wie »Frömmigkeit« oder »Religion« immer mehr ins Abseits gerückt. Heute muss man fast schon Zivilcourage entwickeln, um entschuldigend zu sagen, dass man ein gläubiger Mensch ist.
Was tut Not? Ich meine, dass man zunächst einmal eine klare Bestandsaufnahme anregen sollte: Woran denken unsere Kinder und Jugendlichen überhaupt, wenn sie bestimmte Begriffe hören? Wie kommt es, dass sie – ich stelle hier einfach einmal diese Behauptung auf – mehr Pokémongestalten als christliche heilige Männer und Frauen benennen können? Wie kommt es, dass man mühelos von jedem Kind eine ganze Reihe von Werbesprüchlein, aber wohl viel seltener ein kurzes Gebet zu hören bekommt?
Vielleicht sollten wir deshalb auch eine oft blauäugige Bildungspolitik auf den Prüfstand stellen: Können wir wirklich erwarten, dass wir gebildete junge Leute en masse erhalten, wenn wir jeden Kindergarten ans Internet anschließen? Ist nicht vielmehr gerade im Internet Ideologien, Reklame, Sektierertum, ja auch irgendwelchen radikalen und perversen Gruppierungen, Tür und Tor geöffnet? Wir wissen genau, dass der Nationalsozialismus seine erschreckenden Erfolge nicht zuletzt deshalb feiern konnte, weil es ihm gelang, bestimmte Begriffe eben mit den Inhalten seiner Blut-und-Boden-Ideologie zu besetzen.
Selbstverständlich kann man sich Computer oder Internet nicht verschließen. Aber wir sollten unsere Kinder und Jugendlichen, bevor wir sie auf den freien Markt der Informationen schicken, zunächst einmal gesunde, in unserer Kultur geprägte Begriffe erwerben lassen – was natürlich keinesfalls heißen darf, dass wir damit Intoleranz gegenüber fremden Kulturen fördern. Aber wir könnten uns etwa exemplarisch einiger Grundbegriffe annehmen. Zum Beispiel der Elemente Wasser, Feuer, Luft und Erde. So könnten wir der Flut von kurz aufleuchtenden Bildern und Bildfolgen, wie unsere Kinder sie im Fernsehen und anderen modernen Medien erleben, wieder einprägsame »Bilder« in Form von Erzählungen, Geschichten, sinnlichen Erfahrungen entgegensetzen. Wir könnten »Begriffe« mit allen Sinnen, im wahrsten Sinne des Wortes, »begreifbar« machen. Und sie nicht gleich »vernetzen«, sondern erst einmal versuchen darzustellen, worauf diese Begriffe gründen, woran sie aufgehängt sind. Enkulturation, das Hineinwachsen des Kindes in eine Kultur und ihre Wertvorstellungen, ist ein wichtiger Bereich der Erziehung. Man hat den Eindruck, dass manche eher eine »Entkulturation« fördern, als dass sie die Kinder unser Kulturgut zunächst einfach einmal kennen lernen lassen würden, bevor sie dann in ein fruchtbares Gespräch mit anderen Kulturen treten. Unsere vielleicht wichtigste pädagogische Aufgabe könnten wir so auf den Punkt bringen: »Lasst euch die Begriffe nicht austreiben!«
Versuchen wir auch, alte Begriffe mit durchaus modernen Glaubensinhalten zu füllen. Erinnern wir uns der wirklich schönen Botschaft des Evangeliums, der Frohbotschaft! Und setzen wir sie gewissen modernen Begriffen entgegen, die möglicherweise nur einer Manipulation dienen! Erzählen, singen, gestalten wir mit unseren Begriffen gegen diese Begriffsflut an! Hinterfragen wir bestimmte Begriffe einmal kritisch – auch die eigenen! Versuchen wir festzustellen, welche Interessen dahinter stehen, welche Weltanschauungen sich darin niederschlagen!
Fördern wir die Kreativität unseres Kindes, Begriffe zu etwas Besonderem, durchaus auch persönlich Gefärbtem werden zu lassen!
Die Adventszeit fordert uns an ihrem dritten Sonntag, dem Sonntag »Gaudete«, auf, uns zu freuen. Zeigen wir wieder mehr Mut, die Frohbotschaft auch fröhlich zu verkünden!
Ein Weihnachtsbrief an die Tochter
Weil du ein gescheites Kind bist, liebe Kathi, stellst du viele Fragen. Ein paar davon können Mama, deine Schwester und dein Bruder, deine Großeltern und ich beantworten. Aber auf viele davon wissen wir, und auch deine Lehrerin, keine Antwort. Fragen von Kindern sind nämlich oft schwerer zu beantworten als die Fragen im Millionenquiz. Das Besondere an ihnen ist, dass sie oft etwas ganz Wesentliches wissen wollen, über den – wie die gescheiten Philosophen sagen – Grund und den Anfang. Viele Fragen beginnen mit »Warum«. Gerade dann ist eine Antwort besonders schwierig. Denn oft gibt es nicht nur einen, sondern viele Gründe. Oder es gibt einen ganz geheimnisvollen Grund. Aber die Erwachsenen meinen oft, es gäbe nur einen einzigen Grund. Viele von ihnen wollen auch keine Geheimnisse gelten lassen und meinen, dass man alles mit Zahlen angeben kann. Dann nennen sie irgendeine Zahl mit vielen Stellen hinter dem Komma. Damit sind Erwachsene meist zufrieden. Die Kinder aber nicht.
Du hast mich in der letzten Zeit immer wieder gefragt, ob es das Christkind gibt. Ich will dir heute etwas vorlesen, was die achtjährige Virginia O’Hanlon aus New York auch schon wissen wollte.
Vor mehr als hundert Jahren, am 20. September 1897, schrieb sie an die Zeitung The New York Sun. Die Sache war Chefredakteur Francis P. Church so wichtig, dass er dem kleinen Mädchen selbst antwortete. Der Briefwechsel war bei den Lesern so beliebt, dass er bis zur Einstellung der Zeitung im Jahr 1950 immer zu Weihnachten auf der Titelseite abgedruckt wurde. Damit war er der meistgedruckte Zeitungsartikel aller Zeiten.
Ich bin acht Jahre alt. Einige von meinen Freunden sagen, das Christkind gibt es nicht. Papa sagt, was in der »Sun« steht, ist immer wahr. Bitte, sagen Sie mir die Wahrheit: Gibt es das Christkind?
Virginia O’Hanlon, 115 West 95. Street
Virginia, deine kleinen Freunde haben Unrecht. Sie glauben nur, was sie sehen. Sie glauben, dass es nicht geben kann, was sie mit ihrem kleinen Geist nicht erfassen können. Aller Menschengeist ist klein, ob er nun einem Erwachsenen oder einem Kind gehört. Im Weltall verliert er sich wie ein winziges Insekt, wie eine Ameise. Solcher Verstand reicht nicht aus, die ganze Wahrheit zu erfassen und zu begreifen.
Ja, Virginia, das Christkind gibt es wirklich. So gewiss, wie es Liebe und Großherzigkeit und Treue gibt. Weil es all das gibt, kann unser Leben schön und heiter sein. Wie dunkel wäre die Welt, wenn es kein Christkind gäbe! Es gäbe dann auch keine Virginia, keinen Glauben, keine Poesie, gar nichts, was das Leben erst erträglich machen würde. Ein matter Rest an sichtbarem Schönen bliebe übrig. Aber das Licht der Kindheit, das die Welt erfüllt, müsste verlöschen. Es gibt ein Christkind.
Gewiss, du könntest deinen Papa bitten, er solle am Heiligen Abend Leute ausschicken, das Christkind zu fangen. Und keiner von ihnen bekäme es zu Gesicht. Doch was würde das beweisen? Es beweist gar nichts! Die wichtigsten Dinge bleiben meistens unsichtbar.
All die Wunder zu denken, geschweige sie zu sehen, das vermag nicht der Klügste auf der Welt. Eine Rassel kannst du aufbrechen und nachschauen, was drin ist und den Lärm erzeugt. Aber es gibt einen Schleier, den nicht einmal alle Gewalt auf der Welt zerreißen kann. Nur Glaube und Poesie und Liebe können ihn lüften. Dann wird die Schönheit und Herrlichkeit dahinter auf einmal zu erkennen sein. »Ist das denn auch wahr?«, kannst du fragen. Virginia, nichts auf der ganzen Welt ist beständiger. Das