Eine Diva vor dem Ende?: Kurfürstenklinik 75 – Arztroman
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Die "Kurfürstenklinik" ist eine Arztromanserie, die das gewisse Etwas hat und medizinisch in jeder Hinsicht seriös recherchiert ist.
Nina Kayser-Darius ist eine besonders erfolgreiche Schriftstellerin für das Genre Arztroman, das in der Klinik angesiedelt ist. 100 populäre Titel über die Kurfürstenklinik sprechen für sich.
»Ich habe gelesen, daß Sie im Augenblick richtig prominente Gäste haben, Frau Wagner«, sagte Dr. Adrian Winter. Er trank an seinem freien Samstag Morgen in der Bar des eleganten Hotels King's Palace in Berlin-Charlottenburg einen erstklassigen Kaffee – in Gesellschaft von Stefanie Wagner, der Assistentin des Hoteldirektors.
»Was heißt hier: Im Augenblick?« erkundigte sich Stefanie mit gespielter Empörung und strich sich mit einer raschen Bewegung die blonden Locken aus dem Gesicht. »Wir haben fast immer einige Prominente zu Gast, Herr Winter, nicht nur im Augenblick.«
»Natürlich«, erwiderte er lächelnd, »wie konnte ich das nur vergessen? Schließlich arbeiten Sie ja im ersten Haus am Platze.«
Sie lächelte auch. Adrian und sie kannten einander schon recht lange – allerdings sahen sie sich zu ihrem größten Leidwesen nicht besonders häufig. Zwar war sie sicher, daß der attraktive Arzt, der die Notaufnahme der nahe gelegenen Kurfürsten-Klinik leitete, sie sehr gern hatte, doch leider sagte er ihr das nie. Und er machte auch sonst keinerlei Annäherungsversuche. Warum das so war, wußte sie nicht. Sie hätte ihn gern gefragt, aber das erschien ihr denn doch zu kühn. Was hätte sie schon sagen können? »Gefalle ich Ihnen nicht – oder sind Sie immer so schüchtern?« Nein, das war nicht ihr Stil. Und gewollt witzig war in diesem Fall auch nicht das Richtige. Sie konnte einfach nur weiterhin hoffen, daß er seine Schüchternheit – falls diese überhaupt für seine Zurückhaltung verantwortlich war – eines Tages überwand.
»Eben!« erwiderte sie jetzt auf seine Bemerkung hin. »Und darauf bin auch ich sehr stolz, Herr
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Notarzt Dr. Winter
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Buchvorschau
Eine Diva vor dem Ende? - Nina Kayser-Darius
Kurfürstenklinik
– 75–
Eine Diva vor dem Ende?
Ihre schlimmsten Ahnungen scheinen sich zu bestätigen
Nina Kayser-Darius
»Ich habe gelesen, daß Sie im Augenblick richtig prominente Gäste haben, Frau Wagner«, sagte Dr. Adrian Winter. Er trank an seinem freien Samstag Morgen in der Bar des eleganten Hotels King’s Palace in Berlin-Charlottenburg einen erstklassigen Kaffee – in Gesellschaft von Stefanie Wagner, der Assistentin des Hoteldirektors.
»Was heißt hier: Im Augenblick?« erkundigte sich Stefanie mit gespielter Empörung und strich sich mit einer raschen Bewegung die blonden Locken aus dem Gesicht. »Wir haben fast immer einige Prominente zu Gast, Herr Winter, nicht nur im Augenblick.«
»Natürlich«, erwiderte er lächelnd, »wie konnte ich das nur vergessen? Schließlich arbeiten Sie ja im ersten Haus am Platze.«
Sie lächelte auch. Adrian und sie kannten einander schon recht lange – allerdings sahen sie sich zu ihrem größten Leidwesen nicht besonders häufig. Zwar war sie sicher, daß der attraktive Arzt, der die Notaufnahme der nahe gelegenen Kurfürsten-Klinik leitete, sie sehr gern hatte, doch leider sagte er ihr das nie. Und er machte auch sonst keinerlei Annäherungsversuche. Warum das so war, wußte sie nicht. Sie hätte ihn gern gefragt, aber das erschien ihr denn doch zu kühn. Was hätte sie schon sagen können? »Gefalle ich Ihnen nicht – oder sind Sie immer so schüchtern?« Nein, das war nicht ihr Stil. Und gewollt witzig war in diesem Fall auch nicht das Richtige. Sie konnte einfach nur weiterhin hoffen, daß er seine Schüchternheit – falls diese überhaupt für seine Zurückhaltung verantwortlich war – eines Tages überwand.
»Eben!« erwiderte sie jetzt auf seine Bemerkung hin. »Und darauf bin auch ich sehr stolz, Herr Winter!« Er hatte sie einmal gebeten, den ›Doktor‹ wegzulassen, wenn sie sich unterhielten, und das tat sie nun auch. Es klang weniger offiziell, wenn auch noch immer nicht so privat, wie sie es gern gehabt hätte…
Adrian nickte. Er wußte längst, daß Stefanie Wagner zwar eigentlich ›nur‹ die Assistentin des Direktors war, in Wirklichkeit von den Angestellten des Hauses jedoch als heimliche Chefin angesehen wurde, da sie mindestens für zwei arbeitete und immer ansprechbar war, wenn es irgendwo ein Problem gab. Das konnte man von Direktor Wingensiefen wohl nicht behaupten, der sich zwar immer gern in der Öffentlichkeit feiern ließ, aber unangenehme und mühsame Arbeiten lieber seinen Angestellten überließ.
Stefanie war meistens sogar froh darüber, denn so hatte sie mehr Freiheit. Einen Chef, der ihr dauernd sagte, was sie zu tun und zu lassen hatte, konnte sie nicht gebrauchen. Sie liebte ihre Arbeit und erledigte sie gern so, wie sie selbst es für richtig hielt.
Jetzt beugte sie sich ein wenig vor und raunte Adrian mit gedämpfter Stimme zu: »Einer von den Prominenten kommt übrigens gerade zur Tür herein! Es ist der Regisseur des Films – David Bruckner.«
In Berlin fanden gerade Dreharbeiten zu einem großen internationalen Spielfilm statt, in dem Charlotta Sibelius die Hauptrolle spielte. Das war eine richtige Sensation, denn sie hatte einige berühmte Schauspielerinnen aus Hollywood ausgestochen, die die Rolle auch gern gehabt hätten. Charlotta Sebelius galt als einer der wenigen deutschen Weltstars – und auch sie wohnte selbstverständlich im King’s Palace.
Man hatte ihr in der Presse respektvoll den Beinamen ›die Diva‹ gegeben, was nicht heißen sollte, daß sie launisch war – denn das war sie nicht. Aber wo immer sie auch erschien, nahm man nur noch sie wahr, so groß war ihre Ausstrahlung, auch wenn sie oft genug versuchte, sich unsichtbar zu machen. Es gelang ihr nie. Und deshalb war sie eben ›die Diva‹.
Der Regisseur David Bruckner, der nun die Bar betrat, war Amerikaner. Er hatte bereits zwei Filme mit Charlotta gedreht, die beide Welterfolge geworden waren. David Bruckner lobte die Wandlungsfähigkeit der deutschen Schauspielerin in jedem seiner zahlreichen Interviews. Er war ein großer, massiger Mann von zweiundsechzig Jahren mit einem völlig kahlen Schädel und einem gutmütigen Gesicht, in dem vor allem die vergnügt hinter dicken Brillengläsern funkelnden Augen auffielen.
»Ich habe schon Fotos von ihm gesehen«, sagte Adrian, ebenfalls leiser als zuvor. »Er macht einen ziemlich netten Eindruck – ich dachte immer, Prominente müßten sich ständig aufspielen. Aber er sieht aus wie ein normaler Mensch.«
»Das ist er auch«, erwiderte Stefanie voller Überzeugung. »Ganz reizend ist er. Und er spricht fließend deutsch. Ich glaube, er hatte eine deutsche Großmutter.«
Der Regisseur bemerkte Stefanie und winkte ihr unbefangen zu. Sie winkte zurück.
Im selben Augenblick wurde die Tür der Bar aufgestoßen, ein etwa achtjähriger Junge kam hereingestürzt und schrie aufgeregt: »Papa, Papa!« ohne freilich auf den Weg zu achten. So rannte er mit großem Schwung in einen der Kellner, der gerade ein voll beladenes Tablett von der Theke zu den Tischen balancierte und sich in unmittelbarer Nähe von David Bruckner befand. Er versuchte, das Unglück noch abzuwenden, doch es gelang ihm nicht: Das Tablett kippte und fiel. Der heiße Inhalt verschiedner Tassen und Kännchen ergoß sich auf Arme und Brust von David Bruckner, der daraufhin einen lauten Schrei ausstieß, während er zugleich versuchte, sich die nun kochendheiße Kleidung vom Leib zu reißen. Auch der Junge bekam von der heißen Flüssigkeit noch einige Spritzer ab.
Das Durcheinander, das nun entstand, war unbeschreiblich. Der Junge weinte vor Schmerz, vor allem aber wohl vor Schreck und Bestürzung über das, was er angerichtet hatte. Der Kellner schimpfte, einige Gäste schrien – nur Stefanie und Adrian behielten bei alledem die Nerven und auch die Übersicht. Blitzschnell hatten sie sich jeder zwei Flaschen Mineralwasser geschnappt. Adrian leerte seine über dem Jungen, Stefanie schüttete ihr Wasser über David Bruckner aus.
»Oh!« sagte der Regisseur und hörte sofort mit seinen Versuchen auf, sich mit allerlei Verrenkungen seiner heißen Jacke zu entledigen. »Danke, meine Liebe!«
Der Junge jammerte noch immer leise, aber er beruhigte sich allmählich, wenn er auch den Schrecken offensichtlich noch keineswegs überwunden hatte. Adrian sah sich seinen Arm an, auf den der Kaffee gespritzt war, aber der Kleine hatte Glück gehabt. Die Haut war ein wenig gerötet, das war alles. »Wie heißt du?« fragte Adrian.
»Paul. Wo ist mein Papa?«
»Ich weiß es nicht, Paul. Wir sollten ein wenig Salbe auf deinen Arm auftragen – danach tut es bestimmt nicht mehr weh.«
Der Junge nickte schweigend. Auch sonst trat nun auf einmal Stille ein. Alle sahen einander an. Und dann begann David Bruckner aus vollem Halse zu lachen. Er stand da, in der Mitte der eleganten Bar, in einem Chaos aus Scherben und überall verspritztem Kaffee, mit braungeflecktem Hemd und ebensolchem Sakko, er hatte mit Sicherheit Schmerzen von dem brühheißen Kaffee, der sich über ihn ergossen hatte – aber trotzdem lachte er.
Es dauerte nicht lange, bis die Umstehenden einstimmten. Es war ein Unglück gewesen, sicher – aber es war nichts Schlimmes passiert und das Bild, das sich nun bot, war einfach zu komisch.
Als