U.S. Marshal Bill Logan, Band 68: Partner des Todes
Von Pete Hackett
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U.S. Marshal Bill Logan, Band 68 - Pete Hackett
Todes
Band 68
Partner des Todes
Die Bande hatte sich getrennt. Nach dem Banküberfall in Plainview war jeder der fünf Banditen in eine andere Richtung geritten. John Overmill, der die Beute in einer Satteltasche mit sich trug, hatte sich weit abseits der Poststraße nach Norden gewandt. Er ritt durch felsiges Gebiet. Es ging auf den Abend zu. Nur noch die Bergspitzen glänzten im Sonnenlicht. Hell klangen die Hufschläge auf dem steinigen Boden. Geröll- und Sandhänge schwangen sich zu beiden Seiten des Banditen in die Höhe.
Er saß ab. Die Satteltaschen mit dem Geld hingen lose über den Widerrist des Pferdes. John Overmill hängte sie sich über die Schulter, nahm sein Gewehr und verschwand zwischen den Felsen. Er warf die Satteltaschen in einen Felsriss und deckte sie mit Geröll zu.
Dann wandte er sich nach Tulia. Dort wollte er die Nacht verbringen. Ahnungslos, dass ihn in der Stadt das Schicksal ereilen sollte, ritt er nach Osten …
Overmill passierte die ersten Häuser des Ortes. Er hatte die Sonne im Rücken. Die Straße war staubig. Passanten bewegten sich zu beiden Seiten der Fahrbahn auf den Gehsteigen. Irgendwo bellte ein Hund. Am Haltebalken vor dem Saloon standen vier Pferde.
Der Bandit erkundigte sich bei einem Passanten nach dem Mietstall, erhielt den Weg beschrieben und ritt hin. Im Hof saß er ab. Der Staub des Felsgebietes klebte an ihm und an seinem Pferd.
Der Stallmann kam ihm entgegen. »Verdammte Hitze, wie?«, murmelte er. »Lähmt einen geradezu.«
Overmill nickte. »Ich werde mir jetzt den Staub aus der Kehle spülen.« Er grinste. »Gibt es in diesem Ort eine Telegraphenstation oder einen Sheriff?«
»Nein«, erwiderte der Stallbursche. »Einen Telegraphen bekommen wir erst mit der Eisenbahn, deren Trasse derzeit noch oben in Dalhart endet. Einen Sheriff brauchen wir nicht. Unsere Stadt ist ruhig. Müssen Sie das Gesetz fürchten?«
»Nein.« Overmill lachte. »Aber ich sehe sicher nicht aus wie ein Mann, zu dem man auf den ersten Blick Vertrauen fassen kann. War viele Tage unterwegs und habe kein richtiges Bett gesehen, geschweige denn eine Badewanne oder ein Rasiermesser.«
»Ja«, murmelte der Stallmann, »Sie sehen aus wie ein Mann, der viele Tage im Sattel verbrachte.«
Overmill nahm sein Gewehr und verließ den Stall. Er mietete sich im Hotel ein Zimmer, dann begab er sich in den Barber Shop, um ein Bad zu nehmen, sich die Haare schneiden und die tagealten Bartstoppeln abrasieren zu lassen. Es wurde schon finster. Die Schatten waren verblasst.
Overmill saß in der Badewanne. Von der Decke hing eine Lampe, die Licht spendete. Das warme Wasser löste die vom langen Ritt verspannte Muskulatur und weichte den feinen Staub auf, der sich in den Poren festgesetzt hatte.
Im Laden bimmelte die Türglocke. Schwere Schritte erklangen und waren durch die geschlossene Tür des Baderaumes zu hören. Overmill vernahm raue Stimmen. Er lauschte. In ihm schlugen die Alarmglocken an. Sollte es dem Aufgebot aus Plainview gelungen sein, seiner Spur hierher zu folgen?
Er griff nach dem Revolver, der zusammen mit dem Revolvergurt in greifbarer Nähe über einer Stuhllehne hing. Da erklangen wieder die schweren Schritte. Die Tür wurde geöffnet. Zwei Männer betraten den Baderaum. Sie hielten die Sechsschüsser in den Händen. Einer der beiden sagte grimmig: »Leg die Kanone zur Seite, Bandit, oder wir schießen dich in Stücke.«
Die beiden Mündungen glotzten Overmill an wie die leeren Augen in einem Totenschädel. In seinem Gesicht arbeitete es. Seine Augen flackerten. Auch er hielt den beiden verstaubten Burschen den Sechsschüsser entgegen. Es war ein stummes Duell. Overmill sagte sich, dass er nur einen der beiden erwischen würde. Der andere würde ihn erschießen.
»In Ordnung«, knurrte Overmill und legte den Revolver auf den Stuhl. »Ihr habt mich eingeholt. Haltet nur eure Finger still. Ich gebe mich geschlagen.«
»Steig aus dem Zuber, trockne dich ab und zieh dich an!«, gebot einer der beiden Männer aus Plainview grimmig. »Und dann bringen wir dich elenden Banditen nach Amarillo und übergeben dich dort dem Gesetz. Wo ist das Geld, das ihr geraubt habt?«
»Das hat einer meiner Freunde«, log Overmill, erhob sich und stieg aus dem Zuber …
*
Das Distrikt Gericht verurteilte vier Monate später Overmill zu fünf Jahren Zwangsarbeit im Straflager bei Fort Davis. Seine Kumpane hatte Overmill nicht verraten, auch nicht den Ort, an dem sie sich nach dem Bankraub treffen wollten. Das war natürlich straferschwerend für ihn, aber er blieb stur. Zwei Marshals überführten ihn in das Straflager. Ein Mann war dort lebend begraben. Da gab es nur Hitze, Staub und totes Gestein. Die Gefangenen mussten Felsbrocken zu Schotter zertrümmern, der für den Ausbau der Straßen verwendet wurde.
Seit zwei Monaten war Overmill nun schon hier. Die Gefangenen waren den Launen der Wärter ausgesetzt. Diese Burschen in den blauen Uniformen waren unduldsam und schnell mit der Peitsche bei der Hand. Gefangene, die nicht stark genug waren, den harten Bedingungen im Straflager zu trotzen, gingen kläglich zugrunde. Es gab kein Erbarmen …
Unbarmherzig brannte die Sonne vom Himmel. Mit Wucht zertrümmerte John Overmill einen Felsbrocken zu faustgroßem Geröll. Sein Oberkörper war nackt. Staub verklebte seine Poren. Das schweißnasse, dunkle Haar fiel ihm strähnig in die Stirn. Die Luft um ihn herum schien zu kochen. Hinter Overmills Rücken war die Felswand. Frische Sprengstellen zeigten an, dass der riesige Berg von Schutt und Geröll auf der Sohle des Steinbruchs vor wenigen Stunden noch fester Bestandteil der Felswand gewesen war.
Klirren und berstendes Knirschen erfüllte den Steinbruch. Mit Gewehren und Peitschen in den Fäusten beaufsichtigten die Wärter die Gefangenen.
Alec Carter schaufelte Schotter auf einen Transportwagen mit hoher Bordwand. Zwei Maultiere standen mit hängenden Köpfen und einem stumpfen Ausdruck in den Augen im Geschirr. Ein Stück entfernt lehnte Earl Gibson, der diese Gruppe beaufsichtigte, im Schatten der Felswand. Gibson rauchte. Das Gewehr hing am Riemen an seiner rechten Schulter. An seinem Gürtel hing eine Wasserflasche. Über die linke Schulter hatte er sich die zusammengerollte Peitsche gehängt. Sie war sein liebstes Handwerkszeug.
Gibson war bekannt für seine brutale Härte. Für ihn waren die Gefangenen Menschen dritter Klasse, sie hatten keine Rechte, und nach einiger Zeit unter seinem Kommando verloren sie auch ihr Selbstbewusstsein und ihren Stolz. Gibson hatte noch jeden zerbrochen.
Der Aufseher hakte die Wasserflasche von seinem Gürtel, schraubte sie auf und trank einen Schluck. Sein höhnischer Blick traf über die Flasche hinweg John Overmill. Der Aufseher schloss die Flasche wieder und hängte sie zurück an seinen Gürtel. Sehnsüchtig schielte John Overmill nach der Wasserflasche.
Gibson entging dieser Blick nicht. Ein hämisches Grinsen zog seinen Mund in die Breite, und in seine Augen trat ein tückisches Glitzern. »Was ist denn, Overmill?«, fragte er laut, warf den Zigarettenstummel zu Boden und trat ihn aus. »Du willst doch nicht schon aufhören. Vorwärts, vorwärts, schwing deinen Hammer, oder muss ich Walters informieren, damit er sich was einfallen lässt für dich? Wir haben einige Methoden, renitente Gefangene handzahm und gefügig zu machen.«
Alec Carter schaufelte wie besessen. Die Anstrengung verzerrte sein Gesicht. Schweiß tropfte von seinem Kinn. Sein Atem ging keuchend. Es war, als wollte er Gibson von Overmill ablenken.
Aber Gibson hatte nur Augen für Overmill. Er nahm das Gewehr von der Schulter und richtete es auf den Bankräuber. »An die Arbeit, Overmill!«, knirschte der Aufseher. »Oder ich mache dir Beine.«
»Man wird doch mal Atem schöpfen dürfen«, rief Overmill. »Maßgeblich ist doch, dass wir unser Soll erfüllen.«
In diesem Moment taumelte Carter gegen den Wagen. Im nächsten Augenblick brach er auf die Knie nieder. Ein Krampf überlief sein bleiches Gesicht, über das Bäche von Schweiß rannen. Die Lippen hatten sich bläulich verfärbt. Er hatte die Schaufel fallen lassen und die Hände vor der Brust verkrampft. »Ich – ich kann nicht mehr«, röchelte er. »Dieser Schmerz …«
Gibson trat einige Schritte näher. Seine Brauen hatten sich düster zusammengeschoben. »Zieh hier bloß keine Nummer ab, Carter«, grollte sein Bass. »Ich warne dich. Mit irgendwelchen faulen Tricks kommst du bei mir nicht durch.«
»Kein Trick«, röchelte Carter. Seine Augen glänzten wie im Fieber.
Gibson ging um Carter herum. Schließlich hielt er an, berührte Carter mit dem Gewehrlauf und knurrte: »Hoch mit dir. Keine Müdigkeit vortäuschen. Dein Soll ist noch lange nicht erfüllt. Und ich werde an eurer Leistung gemessen. Also steh auf und mach weiter. Schlapp machen kommt nicht in Frage.«
Carter ließ die Hände sinken. »Schon gut, Gibson. Es ist wieder vorbei. Für einen Moment dachte ich wirklich, es geht dahin. Es – es war nur