Eine Ärztin hebt ab: Dr. Norden 120 – Arztroman
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Über dieses E-Book
Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist.
»Man muss dieses Gefühl der Freiheit erleben, um es verstehen zu können.« Von Kollegen umringt stand der Arzt Dr. Markus Wiefahrn in einem der Aufenthaltsräume für Ärzte und reichte Fotos herum. »Eigentlich fühlte ich mich ja immer frei. Aber als ich das erste Mal geflogen bin, erkannte ich, dass sich dieses Gefühl noch um einiges verstärken lässt«, geriet er unversehens ins Schwärmen. »Es gibt dafür wirklich keine Worte. Wenn man frei in der Luft schwebt und die Welt kleiner und kleiner wird, vergisst man einfach alle Sorgen und Probleme …« Versonnen hielt er inne und betrachtete ein Foto, das einen Gleitschirmflieger vor atemberaubender Bergkulisse zeigte. »Bist du das?«, erkundigte sich seine Kollegin Melanie Lohse fasziniert und deutete auf das Foto in ihrer Hand. »Ja! Das hat einer meiner Freunde kurz vor dem Abflug gemacht«, bestätigte Markus. Auch Dr. Daniel Norden stand in der Runde der Ärzte, die andächtig seiner begeisterten Erzählung lauschten. Aufgrund einer schweren Erkrankung der Chefin Jenny Behnisch hatte Daniel eine Weile die medizinische Leitung der Klinik innegehabt und unterstützte sie auch in den ersten Wochen ihrer Rückkehr mit Rat und Tat. Wie die anderen Kollegen auch betrachtete er die Bilder staunend, aber mit einer ebenso großen Portion Skepsis. »Ist das nicht wahnsinnig gefährlich?«, kommentierte er das Foto, das Melanie immer noch in Händen hielt.
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Buchvorschau
Eine Ärztin hebt ab - Patricia Vandenberg
Dr. Norden
– 120 –
Eine Ärztin hebt ab
Unveröffentlichter Roman
Patricia Vandenberg
»Man muss dieses Gefühl der Freiheit erleben, um es verstehen zu können.« Von Kollegen umringt stand der Arzt Dr. Markus Wiefahrn in einem der Aufenthaltsräume für Ärzte und reichte Fotos herum. »Eigentlich fühlte ich mich ja immer frei. Aber als ich das erste Mal geflogen bin, erkannte ich, dass sich dieses Gefühl noch um einiges verstärken lässt«, geriet er unversehens ins Schwärmen. »Es gibt dafür wirklich keine Worte. Wenn man frei in der Luft schwebt und die Welt kleiner und kleiner wird, vergisst man einfach alle Sorgen und Probleme …« Versonnen hielt er inne und betrachtete ein Foto, das einen Gleitschirmflieger vor atemberaubender Bergkulisse zeigte.
»Bist du das?«, erkundigte sich seine Kollegin Melanie Lohse fasziniert und deutete auf das Foto in ihrer Hand.
»Ja! Das hat einer meiner Freunde kurz vor dem Abflug gemacht«, bestätigte Markus.
Auch Dr. Daniel Norden stand in der Runde der Ärzte, die andächtig seiner begeisterten Erzählung lauschten. Aufgrund einer schweren Erkrankung der Chefin Jenny Behnisch hatte Daniel eine Weile die medizinische Leitung der Klinik innegehabt und unterstützte sie auch in den ersten Wochen ihrer Rückkehr mit Rat und Tat.
Wie die anderen Kollegen auch betrachtete er die Bilder staunend, aber mit einer ebenso großen Portion Skepsis.
»Ist das nicht wahnsinnig gefährlich?«, kommentierte er das Foto, das Melanie immer noch in Händen hielt. Es zeigte Markus kurz vor dem Absprung in einen tiefen Abgrund und erinnerte Daniel an die Geschichte von Philippe Pozzo di Borgo, der mit seinem Gleitschirm abgestürzt und seither von den Halswirbeln abwärts gelähmt war. »Ich glaube, ich würde mich das nicht trauen.«
»Ich würde das sofort ausprobieren«, entgegnete Melanie ohne Zögern. Wie zum Beweis leuchtete die Begeisterung aus ihren grünbraunen Augen.
Markus Wiefahrn schickte ihr einen überraschten Blick.
»Daniel hat schon recht. Jedes Jahr haben ungefähr 250 deutsche Piloten im In- und Ausland meldepflichtige Unfälle. Ein Dutzend davon kommt nicht mit dem Leben davon«, erklärte er ernst. Auf keinen Fall wollte er die junge Kollegin zum Leichtsinn verführen.
Doch Melanie war nicht zu bremsen.
»Das ist nichts im Vergleich zu den Unfällen, die beim Autofahren passieren«, winkte sie ungerührt ab. »Mal abgesehen davon, dass Leben immer lebensgefährlich ist.« Wieder wanderte ihr Blick auf das Foto in ihrer Hand. »Seit ich ein Kind bin, träume ich vom Fliegen. Vielleicht ist das ein Wink des Schicksals, dass ich es endlich versuchen sollte.« Versonnen spielte sie mit der Spitze ihres blonden, geflochtenen Zopfs, der ihr über die Schulter hing. »Wer weiß, was ich schon alles verpasst habe!«
»Was sagt denn Ihr Mann dazu?« Wenn Daniel nur daran dachte, dass seine Frau Fee ein solches Wagnis einginge, wurde ihm angst und bang. »Wäre er damit einverstanden, dass Sie einem so gefährlichen Hobby nachgehen?«
Einen Moment lang sah Melanie ihren Kollegen überrascht an. Dann brach sie in heiteres Gelächter aus.
»Ich bin ein freier Mensch und kann tun und lassen, was ich will«, erklärte sie immer noch lachend. »Gregor würde niemals von mir erwarten, dass ich ihn um Erlaubnis frage.«
»Davon war ja nicht die Rede«, gab Daniel ein wenig pikiert zurück.
Offenbar kam es mehr und mehr aus der Mode, den Partner in solch schwerwiegenden Entscheidungen mit einzubeziehen. Individualismus, vielleicht sogar eine gute Portion Egoismus hatten inzwischen häufig Vorrang vor Verantwortung und Kompromissbereitschaft. »Mir ging es um die Kommunikation. Wenn Sie ihm von Ihrem Vorhaben erzählen und er etwas dagegen hätte …?«
Doch auch diese Frage wischte Melanie mit einer lässigen Handbewegung beiseite und gab Markus das Foto zurück.
»Wahrscheinlich würde ich ihm erst hinterher davon erzählen. Er soll sich ja nicht unnötig Sorgen machen.« Sie zuckte mit den Schultern und wollte noch etwas hinzufügen, als ein durchdringender Piepton dem Müßiggang ein jähes Ende bereitete.
»Schade«, erklärte Melanie mit einem Blick auf ihren Piepser. »Ich hätte dir gern noch ein paar Fragen gestellt«, sagte sie zu Markus gewandt. »Aber das muss leider bis später warten.«
»Kein Problem«, versicherte der Chirurg augenzwinkernd und steckte die Bilder zurück in die Fototasche. »Ich lauf ja nicht davon.«
»Hoffentlich!«, tat sie ihre Hoffnung kund und sah einen ihrer Kollegen, einen jungen Assistenzarzt, auffordernd an. »Kannst du vielleicht mitkommen, Jan? Eine Patientin hat postoperale Beschwerden. Vielleicht könntest du dir das mal ansehen.«
»Selbstverständlich!« Sofort begannen die Wangen des jungen Mannes zu glühen, und eifrig machte er sich an der Seite von Dr. Lohse auf den Weg.
Das war das Signal für die kleine Versammlung, sich aufzulösen, und Daniel Norden nutzte die Gelegenheit, dass Jenny ihn an diesem Tag nicht mehr brauchte, um sich auf den Weg in die Praxis zu machen.
Es fiel Gregor Lohse schwer, seinen Ärger vor dem Personal des Gasthofs in Zaum zu halten. Wieder einmal hatte seine Frau Melanie ihn versetzt und war nicht zu einem wichtigen Termin erschienen. Mit vorgeschützter Liebenswürdigkeit und tausend Entschuldigungen verabschiedete er sich von dem Paar, das er eine knappe halbe Stunde lang durch die Räumlichkeiten des ansehnlichen Gebäudes und über das dazugehörige Grundstück geführt hatte.
»Schade, dass Ihre Frau nicht kommen konnte«, erklärte Annegret Bergauer bevor sie in den Wagen einstieg. Sie schickte dem altehrwürdigen Gemäuer einen letzten sehnsüchtigen Blick. »Ich hatte gehofft, gleich Nägel mit Köpfen machen zu können.«
»Tut mir wirklich leid«, antwortete Gregor noch einmal zähneknirschend. »Sie wissen ja, dass meine Frau Ärztin ist. Bestimmt ist ihr eine wichtige Operation dazwischen gekommen.«
»Selbstverständlich hat ein Menschenleben absoluten Vorrang.« Der zweite Besucher, Franz Grün, schüttelte Gregors Hand. »Aber Sie verstehen bestimmt auch, dass wir langsam aber sicher zu einer Entscheidung kommen müssen. Wir haben noch ein anderes, sehr interessantes Objekt im Auge …« Der Rest des Satzes blieb unausgesprochen, doch Gregor verstand diese sanfte Drohung auch so.
»Selbstverständlich«, beeilte er sich zu versichern. »Ich melde mich bei Ihnen, sobald ich heute mit meiner Frau gesprochen habe.«
Er tauschte noch zwei, drei Höflichkeitsfloskeln, ehe er der schwarzen Limousine nachsah, die über den knirschenden Kies fuhr und am Waldrand um eine Kurve verschwand.
»Und? Haben sie Interesse?« Unbemerkt war Katharina hinter ihren Chef getreten. Sie war der gute Geist des Gasthauses, die Empfangsdame, Rezeptionistin, Kellnerin und Gesellschafterin in einer Person verkörperte.
Seufzend drehte sich Gregor zu ihr um.
»Zumindest haben sie bei der Besichtigung so geklungen«, sagte er bekümmert und steckte die Hände in die Hosentaschen. Seite an Seite mit Kathi wanderte er zurück zum Gasthaus. »Aber wenn sich Melanie weiterhin weigert, den Tatsachen ins Auge zu sehen, sind wir pleite, bevor jemand Gelegenheit hatte, den Teilhabervertrag zu unterschreiben. Das Haus muss dringend renoviert werden. Aber in diesem Zustand bekommen wir noch nicht einmal genug Gäste, um wenigstens die laufenden Kosten zu decken.« Am liebsten hätte er sich die Haare