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Die Geschichte(n) der Anna W.: 92 Episoden aus einem Leben
Die Geschichte(n) der Anna W.: 92 Episoden aus einem Leben
Die Geschichte(n) der Anna W.: 92 Episoden aus einem Leben
eBook212 Seiten1 Stunde

Die Geschichte(n) der Anna W.: 92 Episoden aus einem Leben

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Über dieses E-Book

Anna W. wurde 1923 in die Zwischenkriegszeit im Raum Wien geboren. 92 sehr persönliche Episoden erzählen von Freud und Leid, von raffiniertem Durchwursteln und von der Angst vor der russischen Besatzung, von Armut und von zunehmendem Wohlstand in der Nachkriegszeit. Gemeinsam mit einigen objektiven Einschüben entsteht nicht nur das Bild einer fleißigen und tapferen Frau, sondern mehr noch das einer ganzen Epoche.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum7. Feb. 2024
ISBN9783758346217
Die Geschichte(n) der Anna W.: 92 Episoden aus einem Leben
Autor

Ingrid Hoffmann

Ingrid Hoffmann hat als Tochter Berichte ihrer Mutter und anderer Familienmitglieder gesammelt, aufbereitet und um eigene Erfahrungen ergänzt. Dieses Buch ist ein letztes Dankeschön an ihre längst verstorbene Mutter.

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    Buchvorschau

    Die Geschichte(n) der Anna W. - Ingrid Hoffmann

    Das Leben nehmen wie es ist.

    Und trotzdem lächeln.

    (Wolfgang N. Kraus)

    Inhaltsverzeichnis

    Auf ein Wort

    Prolog

    1923 Das Beste, das mir passieren konnte

    1927 Lola

    1929 Spinat & Co

    1929 Vater muss Kohlen tragen

    1930 Ein neuer Brunnen

    1930 An der Donau

    1930 Ferien bei der Anna-Tant’

    1930 Die Türmerstube

    1931 Die feine Torte

    1931 Sauer verdientes Taschengeld

    1932 Verletzung meiner linken Hand

    1932 Nachspiel

    1932 Das neue Kleid von Resi

    1933 Ein „Kühlschrank" und elektrisches Licht

    1933 Klein-Anna wäscht für Mutter

    1933 Friedhofsbesuch in Enzersfeld

    1933 Schuhe und Handschuhe

    1933 Mein Arm muss weg

    1933 Resi geht ins Ausland

    1934 Schokolade

    1935 Falsche Töne

    1935 Vater nimmt Kostkinder

    1936 Mutter kündigt

    1937 Luis heiratet

    1938 Lehrjahre

    1938 Hoher Besuch

    1939 Vater wird Geschäftsmann

    1940 Polenbesuche

    1946 Bruder Franz

    1941 Gefallen

    1942 Pakete mit unbestimmter Adresse

    1943 Der Kuckuck ruft

    1943 Zigaretten für Zwangsarbeiter

    1945 März: Die Russen kommen

    1945 Soldatenleben

    1945 Der gestohlene Hase

    1945 Vater will Mutter beschützen

    1945 Flucht

    1945 Mit wunden Füßen

    1945 Schützengräben

    1945 Kartoffel schälen

    1945 8. Mai: Krieg aus!

    1945 Erste Nachkriegstage

    1945 Nähmaschinen stehlen

    1946 Wieder ein Hans

    1947 Jänner: Alle Hände voll zu tun

    1947 Frühjahr: Elfer-Jause

    1947 Das Pfingst-Turnier

    1947 Wo können wir wohnen?

    1949 Presswurst und Zwetschkenknödel

    1950 Keuchhusten

    1952 Ingrid hat Hunger

    1954 Schwarzarbeit

    1954 Anzeige

    1955 Besuch bei Franz

    1956 Ernst in Wien

    1957 Aus Alt mach Neu

    1957 Das E-Werk-Bad

    1957 Urlaub mit Freunden

    1958 Die Puppenfamilie

    1958 Hämmern, Sägen und Kleben

    1958 Die Jolly-Tant

    1959 Waschtag mit Kindern

    1960 Dänenbesuch

    1960 Die Herrenschneiderei

    1961 Die alte Heimat

    1962 Die Frau Efferl

    1963 Schiunfall ohne Schi

    1963 Nass bis auf die Haut

    1964 Besuch in Chemnitz

    1964 Mama, mir schmeckt’s nicht

    1965 Der Obauer Hansl

    1965 Lungenriss

    1966 Hilfe für Flüchtlinge

    1970 Gute Freunde

    1973 Wenn Kinder flügge werden

    1974 Mein erstes Enkelkind

    1974 Ich hab kein Geld

    1975 Mutter wartet auf mich

    1978 Mein Mann ist krank

    1978 Allein gelassen

    1998 Ingrid erinnert sich

    1979 Auf Kur mit Gisi

    1982 Meine Tochter baut ein Haus

    1984 Arbeitsteilung

    1995 Auf einem Kamel geritten

    2000 Ich bin Urgroßmutter

    2000 Mai: Ich bin ein Pflegefall

    2013 Mischa

    2013 Ich, Birgit, gehöre jetzt zur Familie

    2013 Ich lebe

    2013 Zum runden Geburtstag

    Epilog

    Die Familie

    Auf ein Wort

    Diese Geschichten schrieb ich für meine Mutter auf, teils aus meinen eigenen Erinnerungen, teils aus Mutters Erzählungen oder auch aus Mitschnitten von Interviews, die mein Sohn Werner akribisch führte, wofür ich ihm sehr danke.

    Der O-Ton ist eine Erinnerung für die Familie und gleichzeitig ein wichtiges Zeitdokument, wie Familien sowohl vor und während des Krieges, als auch in der Nachkriegszeit lebten.

    Diese Geschichten der Anna W. erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit und auch nicht auf exakte Wiedergabe ihres gesamten Lebens, sondern sollen vielmehr in chronologisch geordneten Episoden einen weiten Bogen über ihr Leben bis in die Gegenwart spannen.

    Auch erhebe ich nicht den Anspruch auf ein literarisch wertvolles Werk, obgleich ich mich um einen niveauvollen Sprachgebrauch bemühte. Ich versuche in diesen Texten verschiedene Personen erzählen zu lassen, damit deren persönliche Blickwinkel das Leben meiner Mutter aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten können.

    Im Laufe meines Lebens hat sich mein Bild von meiner Mutter stark gewandelt: Durch die intensive Arbeit an diesem Buch bin ich ihr so nah gekommen, wie ich es als Kind war.

    Ein herzliches Dankeschön gilt meinem Freund Wolfgang Kraus, ohne dessen Hilfe dieses Buch wohl nicht zustande gekommen wäre.

    Ingrid Hoffmann

    Jänner 2024

    Prolog

    Nun bin ich neunzig Jahre alt, habe zwei Kinder, zwei Enkel und zwei Urenkel, ich habe viel gesehen, gehört, gefühlt, geschmeckt. Es war nur ein Atemzug. In ihm liegen meine ganzen Lebensjahre, eingebettet in Freud und Schmerz.

    Meine Kindheit habe ich in Armut verbracht, aber ich habe nie hungern müssen. Meine Jugend verlief voller Entbehrungen, aber trotzdem gab es heitere Momente.

    Wenn man jung ist, hadert man oft mit dem Schicksal, will erzwingen, was nicht geht, ist enttäuscht darüber, wünscht sich dies und das. Erst wenn man älter wird, wird man ruhiger, lernt zu unterscheiden, was wirklich wichtig ist im Leben. Ich habe viel Weisheit anhäufen können und habe gelernt wie es ist, zufrieden zu sein.

    Die Wünsche werden kleiner mit dem Alter. Man nimmt vieles nicht mehr so krumm. Nie habe ich aufgehört mir meine junge Seele zu bewahren, offen zu sein für neue Ideen. Und meine Träume habe ich mir erhalten.

    Mein Leben war nicht laut aber vielfältig. Mit ein bisschen gutem Willen ist mir doch Einiges gelungen, worauf ich stolz sein kann.

    Das Leben ist schön.

    Der Wienerwald-Bote schrieb im Jahr 1923:

    Der Roggen als Hauptbrotfrucht.

    Während in England und Frankreich zumeist Weizenbrot gegessen wird, halten wir mit Recht an unserem alten und nährstoffreichen Roggenbrot fest. Zudem gedeiht der Roggen auch auf leichten Sandböden, wo andere Getreidearten versagen. Roggen gedeiht nach Hülsenfrüchten und Klee am besten, kann aber auch nach Hafer und Gerste, selbst nach Roggen, wenn das Feld in gutem Zustand ist, angebaut werden. Zur Winterfrucht gibt man Kalidüngsalz, Superphosphat, Reformphosphat oder Thomasmehl und Kalkstickstoff, etwa 14 Tage vor der Saat. Den Kalkstickstoff kann man auch in zwei Gaben geben.

    Quelle: anno.onb.ac.at

    1923

    Das Beste, das mir passieren konnte

    Ich wollte dich gar nicht mehr haben, Anna.

    Noch ein Kind - das Vierte.

    Du warst uns einfach passiert.

    Meine Schwangerschaft verlief mit zunehmender Dauer schwieriger. Das Atmen fiel mir schwer. Die Ärzte meinten nur, ich solle durchhalten und mich schonen. Das können vielleicht reiche Leute, aber nicht unsereins. Ich nähte für andere Leute Neues aus alten Kleidern, flickte ihre Wäsche. Den ganzen Tag in gebeugter Haltung vor der Nähmaschine täte meiner Lunge nicht gut, sagte der Arzt. Ich müsse mir eine andere Arbeit suchen. Auch die Schwester im Spital meinte, ich solle durchhalten: „Mit der Geburt Ihres Kindes werden Ihre Beschwerden abnehmen. Sie werden wieder gesund." Das stimmte auch. Ein kleines Wunder.

    Luis ging morgens in die Schule, da warst du noch nicht da. Die Hebamme holte dich. Als Luis von der Schule kam, warst du schon auf der Welt. Er jedoch war nicht begeistert. Als Nachbarn ihm sagten, er habe ein Schwesterchen bekommen, sagte er nur: „Na, auch schon was."

    Dein älterer Bruder, Franz, blieb nach dem Krieg in Deutschland, deine ältere Schwester Therese ist mit ihrem eigenen Leben beschäftigt. Und Luis, unser Ältester, hat zwar dank Malis Hilfe seinen Jähzorn beruhigt, aber wenn ich von ihm etwas brauche, muss ich wohl ein schriftliches Bittgesuch einreichen. Er ist ja an sich willig, aber bis er wirklich etwas beginnt, muss man viel Geduld aufbringen.

    So bist nur noch du da für mich und deinen Vater. Du entschädigst uns für alles. Und dein Mann unterstützt dich großartig. Wie kämen wir zwei sonst über die Runden, wenn wir dich nicht hätten.

    Gar nicht haben wollte ich dich, Anna. Aber du bist die Einzige, die für uns da ist. Du kochst, wäschst und putzt für uns. Danach warten dann dein eigener Haushalt, deine Kinder und dein Mann auf dich.

    Ich hab dich gar nicht mehr haben wollen, du bist uns passiert.

    Doch du bist das Beste, das uns passieren konnte, Anna.

    1927

    Lola

    Wer war Lola?

    Ihren Kopf schmückten zwei dunkle Zöpfe, eine Haube, wie sie die Frau im 19. Jahrhundert trug: Die Ohren zugedeckt, das Gesicht mit Spitze umrahmt und mit zwei Bändern am Kinn verschnürt.

    Sie war so groß wie ich und trug einen Kittel aus dunkelrotem schwerem Stoff, eine weiße Leinenbluse mit Puffärmeln und Spitze besetzt. Ebenso mit Spitze benäht waren die Beine ihrer Unterhose und ihr Unterhemdchen.

    Die Füße wurden eingehüllt von fein gestrickten Kniestrümpfen und steckten in hübschen dunkelroten Stoffpatschen, die mit Bändern zugeschnürt und von je einer großen Quaste am Rist geziert wurden.

    Ihr leinenblasses ernstes Gesicht hatte rosa Wangen, die Lippen blutrot und die Augen waren wie Sterne, von schwarzen Brauen umrahmt. Die Nase ragte gut gepolstert hervor.

    Ihre Hände waren ebenso leinenblass, von zierlicher Gestalt, in vornehmer Haltung, die Finger beisammen, mit abstehenden Daumen. So saß sie da mit den Händen im Schoß, vor der Brust verschränkt, seitwärts herunterhängend oder einen Arm lässig ruhend auf dem Polster, an dem sie lehnte.

    Arme und Beine konnten jedoch oft schlenkern, wenn ich sie trug. Die Gliedmaßen waren aneinandergekettet.

    Wer war Lola?

    Sie war die Puppe meines Lebens, die einzige, die ich mein eigen nennen durfte, und die meine Mutter selbst genäht hatte. Auch meine Tochter spielte noch damit. Doch irgendwann konnte sie keiner mehr brauchen. In unserer schnelllebigen Wegwerfgesellschaft hatte sie keine Daseinsberechtigung. Außerdem waren andere vielleicht schöner als sie. Aber heute tut es uns leid, dass wir sie nicht mehr haben, denn sie wäre eine Zeitzeugin alter Handwerkskunst.

    1929

    Spinat & Co

    Anna war ein klein und zart geratenes Kind. Was allerdings nicht nur daher rührte, dass ihre Mutter während der Schwangerschaft große Probleme mit Atmung und Lunge gehabt hatte, sondern vor allem darin begründet war, dass Anna nicht alles schmeckte. Sie aß nicht alles, was auf den Tisch kam.

    Fleisch gab es wenig, denn das war teuer und musste zugekauft werden. Aber Gemüse und Obst wuchsen so reichhaltig in Vaters Schrebergarten, dass es daran keinen Mangel gab. Er betreute sogar zwei Schrebergärten, den seiner Schwiegermutter Juliane und den eigenen. Luis, der älteste Bruder liebte Mehlspeisen. Also kochte die Großmutter für ihren Lieblingsenkel, was er besonders mochte: Apfelstrudel, Scheiterhaufen, Grießschmarren, Obstknödel, Buchteln usw.

    Und damit auch Franz, Annas nur um zwei Jahre älterer Bruder, satt wurde, gab es vorher noch eine wirklich dicke Kartoffelsuppe und eine große Scheibe Brot dazu. Das schmeckte Anna auch. Aber Spinat, zum Beispiel, mochte sie gar nicht. Wenn also die Spinatzeit kam, hatte Anna nie Hunger. Doch Spinat sei gesund, versicherten ihr die Älteren, und müsse unbedingt verzehrt werden:

    „Du sollst doch zu Kräften kommen", sagten

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