Flucht ab 11
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Über dieses E-Book
Am 21.01.1945 beginnt die Flucht aus Ostpreußen für unsere Protagonistin, 2 Monate vor ihrem 11. Geburtstag.
Dass diese "Reise" mit Unterbrechungen 14 Monate dauern würde, hätte sie nicht erwartet und ob sie es überleben würde, war fast jeden Tag erneut die Frage.
Sie wollten die Wilhelm Gustloff erreichen, um mit ihr nach Hamburg zu fahren.
Doch am 30.01.1945, dem 50. Geburtstag des Namensgebers, auf genau der Fahrt, die unsere Protagonisten nicht mehr erreichten, weil sie bereits durch Soldaten auf dem Rückzug vor Beschuss durch die Rote Armee gewarnt wurden, wurde die Wilhelm Gustloff von einem sowjetischen U-Boot versenkt.
Unter den Opfern waren auch nahe Verwandte, die sie für diese Fahrt in Gotenhafen, treffen wollten.
Blieb nur noch der Weg über das zugefrorene Haff.
Wie geht es einem Kind, das über das zugefrorene Haff laufen muss, während es Pferdewagen mit Mensch und Tier im Eis versinken sieht?
Was hält ein Mensch aus und was machen die Erinnerungen?
Was ist es?
Was bewegt einen Menschen trotz all dieser Erfahrungen die Zuversicht zu entwickeln eine Familie zu gründen, sich und das Leben nicht aufzugeben?
Edeltraut Gellert
1934 in Theerwisch, Kreis Ortelsburg, in Ostpreußen geboren, hätte ihr Leben normal verlaufen können. Doch es war Krieg, der Zweite Weltkrieg, wie wir heute in Geschichtsbüchern lesen können. Die Deutschen Truppen wurden zurück gedrängt und für die Zivilbevölkerung Ostpreußens war es besser die Flucht nach Westen an zu treten. So wird ein bis dahin weitestgehend normal verlaufendes Leben, im Alter von gerade einmal 11 Jahren derart auf den Kopf gestellt, dass der Schatten des Geschehens auch nach Jahrzehnten immer noch präsent ist.
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Buchvorschau
Flucht ab 11 - Edeltraut Gellert
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Vorkriegsprolog
Aufgewachsen in Theerwisch
Flucht ab 11 (Die schlimmste Nachricht)
Flucht ab 11 (Das Frische Haff)
Flucht ab 11 (Keine Kühe hüten)
Flucht ab 11 Zwischenspiel
Flucht ab 11 (weiter nach Westen)
Die Ankunft
Das Pflichtjahr
Zwei Jahre bei Bauer Aßhoff
Das Leben geht weiter
Bei Stamen und Werner in Werl
Eine neue Familie
Epilog
Vorwort
Schon früh im jugendlichen Alter, direkt nach der Flucht, begann unsere Mutter ihre teils schmerzlichen Erinnerungen auf zu schreiben. Dabei lag ihr besonders am Herzen, ihren Nachkommen vor Augen zu führen, dass dieser Zweig der Geschichte, nämlich Krieg, in dem sie aufwachsen musste, sich nicht wiederholen darf.
Denn da Viele aus diesen Kriegswirren sprachlos zurück geblieben sind, fehlen generationsübergreifende Informationen, jenseits der Geschichtsbücher, und das nicht schriftlich fest gehaltene Erleben direkt Betroffener gerät in Vergessenheit.
Vorkriegsprolog
Ostpreußen war ein Teil Deutschlands, der vom Hauptteil des Landes nur durch den sogenannten Korridor durch Polen, auf dem Luftweg oder über die Ostsee erreichbar war. Die Menschen, die in Ostpreußen lebten, waren Deutsche, vielleicht vergleichbar mit den Bewohnern von Westberlin vor dem Fall der Mauer, die in einer Exklave mitten in einem anderen Land lebten.
Als Dorfbewohner, der keinen Handel mit entfernteren Orten pflegte, bekam man von dieser räumlichen Isolation nicht viel mit.
So war es auch mit den Kindern, die als Kinder ihrer Zeit mit genau den selben Dingen befasst waren, wie alle anderen.
Daher ist es wichtig, dass die kleine Edeltraut bereits direkt nach ihrer Schulzeit ihr Leben vor den Ereignissen des Krieges aufschrieb, um sie hier für den Leser sichtbar zu machen.
Aus heutiger Sicht war es schon sehr anders, das Leben in einem Dorf, fern ab der Metropolen und ebenso weit weg von dem Leben, das man sich als Städter so vorstellt.
Aufgewachsen in Theerwisch
Wir wohnten in Theerwisch, Kreis Ortelsburg, in Ostpreußen.
Ab einem Alter von 3 – 4 Jahren kann ich mich noch an alles Erdenkliche, Bedenkliche und auch Komische erinnern, was zuhause und in unserem Ort vor sich ging.
Wir lebten in einem Dorf, sieben Minuten von der evangelischen Kirche entfernt, also dem Mittelpunkt des Dorfes, in dem ansonsten nur wenige Häuser standen.
An unserer Straße und allen anderen auslaufenden Dorfstraßen standen die einzelnen Häuser in großen Abständen. Diese Häuser nannte man Ausbauten, weil sie sich nicht im Dorfzentrum befanden.
Meine Großeltern mütterlicher- und väterlicherseits lebten auch in unserem Dorf in sogenannten Ausbauten.
Wie fast alle Dorfbewohner waren meine Großeltern und Eltern Bauern.
Meine Eltern hatten sich schon vor ihrer Hochzeit das kleine Anwesen gekauft und sind direkt nach der Heirat eingezogen.
1934, als meine Mutter 24 war, kam ich zur Welt.
„Da ging das Theater los."
Die Geburt war schwer und die späteren Nächte ständig unterbrochen. So hat man mir später erzählt.
Als Landwirte mussten meine Eltern morgens früh aufstehen, um die Kühe zu melken.
Mich hat man dann mit in den Stall genommen und auf ein Strohbund gelegt, um die Übersicht zu behalten.
Ich wurde die ersten neun Monate gestillt.
Später war ich ein guter Esser.
Als kleines Mädchen war ich schon so eitel, dass ich beim Anziehen, wie es meine Mutter wollte, oft große Schwierigkeiten machte.
Ich wollte immer schick sein.
Eine kleine Episode an einem Sonntagmorgen im Frühling:
Meine Mutter zog mir ein neues apfelgrünes Trikotkleidchen mit kurzen Ärmeln und weißem Krägelchen an, wo vorne drei weiße Kugelknöpfe angebracht waren. Natürlich zog sie mir, wie gewohnt, ein Babyjäckchen mit langen Ärmeln darunter und das kurzärmelige Kleidchen darüber. So wollte ich es aber nicht. Es ärgerte mich schon immer, dass diese Babyjäckchenärmel darunter hervor guckten.
Ich heulte und heulte und wollte dieses Jäckchen wieder aus haben, aber meine Mutter blieb hartnäckig und schickte mich nach draußen.
Brüllend und tobend lief ich in den Garten. Die Sonne schien und die Blumen blühten.
Ich riss einigen Blumen die Blüten ab und begann dann, die Kugelknöpfe des Kleides so lange in eine Richtung zu drehen, bis sie abgedreht waren.
Nun aber bekam ich Angst und traute mich nicht wieder ins Haus, bis ich zum Mittagessen gerufen wurde.
Oh Schreck, meine Mutter sah sofort mein Werk, und ich bekam eine gewaltige Abreibung, wie sie die Schläge immer nannte.
Der Sonntag war versaut und ich kam direkt ins Bett.
Ich erinnere mich auch ans Einkaufen. Meine Mutter wollte backen, und ich musste ihr für 10 Pfennig Hefe zum Backen besorgen.
Beim ersten Mal, als ich los ging mit dem Groschen in der Hand, habe ich beim Laufen immerzu gesagt, „für zehn Pfennig Hefe, für zehn Pfennig Hefe...", um es nicht zu vergessen.
Später wollte ich immer, wenn ich ins Dorf gehen musste, vorher eine saubere Schürze umbinden. Es war nämlich üblich, eine Schürze über der Kleidung zu tragen, um das Kleid oder den Rock zu schonen, denn es gab nur einmal in der Woche neue Unterwäsche und Oberbekleidung.
Wenn man auf dem Hof wegen