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Alec Harris:: Die Geschichte  eines großen  Materialisationsmediums
Alec Harris:: Die Geschichte  eines großen  Materialisationsmediums
Alec Harris:: Die Geschichte  eines großen  Materialisationsmediums
eBook372 Seiten5 Stunden

Alec Harris:: Die Geschichte eines großen Materialisationsmediums

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Über dieses E-Book

Buchvorstellung Erstmals liegt hier in deutscher Sprache ungekürzt die Geschichte eines Mannes vor, der zu einem der großartigsten Materialisationsmedien seiner Zeit wurde, nachdem er in seinen Jugendjahren alles Paranormale skeptisch beäugt hatte: Alec Harris. Zunächst erschien im Original eine geraffte Fassung unter dem Titel „They Walked Among U
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum24. Juli 2015
ISBN9781908421210
Alec Harris:: Die Geschichte  eines großen  Materialisationsmediums

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    Buchvorschau

    Alec Harris: - Louie Harris

    1 ~ Ich treffe Alec Harris

    Kindheitserinnerungen Mein Treffen mit Alec Harris

    Eines frühen Morgens im Sommer 1909 erwachte ich mit einem seltsamen Gefühl der Erregung – es war fast eine selige Heiterkeit –, als ich an zurückliegenden Abend dachte, an den Besuch im Palace Theatre von Porth in South Wales mit meinem Vater. Komischerweise war es nicht so sehr die Darbietung auf der Bühne, die mich entzückt hatte, obschon ich jede Minute davon genossen hatte, sondern es war das Begleitorchester, das mein kindliches Herz mit solcher Freude füllte. Die Aufregung darüber hielt noch an, als ich am folgenden Morgen erwachte. Ich sah noch Tommy Morris vor mir, den Dirigenten, wie er seine Musiker meisterhaft führte und seinen Körper im Takt bewegte, wobei er seine Violine mit dem Kinn liebkoste, während seine empfindsamen Finger dem kostbaren Instrument eine hübsche Melodie nach der anderen entlockten. Das schlug tief in mir eine Saite an. Ich wusste, dass ich, wenn ich groß wäre, eine Geigerin sein wollte. Auch ich würde die Saiten süße Musik singen lassen. Auch ich könnte ein ähnliches Orchester leiten. Die Entscheidung kam überraschend. Ich war erst neun Jahre alt und hatte noch nie auf irgendeinem Instrument je eine Note gespielt. Dennoch wusste ich, dass es das sein würde, was ich eines Tages täte.

    Zu jener Zeit konnte ich unmöglich wissen, was mein Schicksal für mich bereithalten würde. Es war schon vorgezeichnet, dass mein Weg denjenigen von Alexander Frederick Harris aus Cardiff in Südwales kreuzen würde. Auch wenn er damals absolut nichts von seinen außergewöhnlichen paranormalen Kräften ahnte, war er dazu bestimmt, schien es, eines der herausragendsten Materialisationsmedien seiner Zeit zu werden.

    Dies ist unsere Geschichte, Alecs und meine, die von unserem Kennenlernen handelt, von unserer Heirat und unserem beidseitigen Einsatz, seine recht verblüffenden spirituellen Gaben zu entwickeln, um sie der Welt überreichen zu können. Alecs Hingabe an die Arbeit des Geistes und sein selbstloses Wirken für die Kranken und die Trauernden sind wohlbekannt. Eine fast zahllose Menge von Spiritualisten und Nicht-Spiritualisten flutete in unser Heim, um zuzusehen und sich zu ergötzen, denn wenn Alec in Trance war, konnten die Zwei Welten, die offenbar so weit entfernt voneinander und einander unzugänglich waren, sich treffen, und sie taten es. Die Manifestationen aus der Geistigen Welt waren ebenso solide und real wie physische Körper.

    An jenem Morgen nach meinem Theaterbesuch dachte ich jedoch nur an die Musik – und an die Violine. Ich zog mich gedankenverloren an und begab mich in den Garten an der Vorderseite unseres Hauses.

    Unser Haus war eines von vielen ähnlichen Bauten. Es hatte zwei Stockwerke und war klein. Vorn und hinten befand sich je ein kleiner Garten, und alle Häuser drängten sich in einer freundlichen Siedlung in der High Street von Cymmer zusammen, eines kleinen Dorfes in der Nähe von Porth in Südwales. Wir betrachteten uns als Landbewohner, da Cymmer am Fuß eines Berges im Rhondda-Tal hingekauert lag. Im Frühling breiteten die Narzissen einen goldenen Teppich über die Wiesen und die umliegenden Weiden aus. Die geschäftige, hektische Stadt Cardiff lag nur eine Stunde entfernt, nahe genug also, um leicht erreichbar zu sein, aber auch weit genug entfernt, um das gemütiche Leben in Cymmer nicht zu stören, das vom Fortschritt kaum beeinträchtigt wurde.

    Zu jener frühen Stunde wischten sich die Leute des Dorfes noch den Schlaf aus den Augen. Ich schlenderte langsam den Weg im Garten entlang und kickte die kleinen Kiesel weg, denn ich war noch in meinen musikalischen Träumen befangen. Da sah ich vor meinen Füßen zwei dicke Stecken, getrocknete Zweige eines nahegelegenen Busches. Als ich sie anstarrte, verwandelte sie meine kindliche Vorstellung in eine göttliche Violine und ihren Bogen. Erfreut nahm ich sie auf, legte einen unter mein Kinn und sägte glücklich mit dem anderen darüber, mir eine Melodie zusummend, indem ich den Dirigenten des vorherigen Abends imitierte.

    Mein Tagtraum endete, als mich meine Mutter fröhlich von der Tür rief: „Louie! Dann lauter: „Louie, komm, Kind. Dein Frühstück wird kalt und dein Vater wartet. Was um Himmels willen machst du mit diesen Stöcken? Pass auf dein Kleid auf, mein Liebling.

    „Das sind keine Stöcke, Mam, berichtigte ich sie. „Das ist meine Geige. „Geige? Meine Güte, was du für eine Phantasie hast! Aber sie lächelte mit Verständnis, da ihr walisisches Herz sich der Bedeutung von Musik und Liedern für ihr Volk bewusst war. „Nun, lass deine Geige da, während du frühstückst, Liebling. Komm, los, beeile dich.

    „Ja, Mam", sagte ich gehorsam und dankbar, dass sie sich nicht über mein Spielzeug lustig gemacht hatte. Sie tätschelte mich liebevoll, als ich mit ihr ging, und wir schritten hinein in die Küche, wo das Frühstück auf uns wartete. Aber ich hatte keinen großen Appetit; mein Geist war noch weit weg.

    Die Tür ging auf, und die großgewachsene Gestalt meines Vaters Tom Bradley erschien. Er begrüßte mich auf Walisisch und wechselte dann ins Englische: „Warum bist du so still, mein Mädchen? Als ich nicht antwortete, sagte er: „Das kenne ich gar nicht an dir. Er drehte sich zu meiner Mutter um und fragte: „Geht’s dem Kind nicht gut?"

    Mutter lächelte, und ihre Augen blitzten. „Keine Sorge, sagte sie. „Sie träumt nur mal wieder vor sich hin. Sie hat eine Geige draußen im Garten und ist eine wunderbare Musikerin, hast du das nicht gewusst? neckte sie ihn.

    „Eine Geige im Garten? Was soll das heißen, Mutter?"

    Ich hielt es nicht länger aus. Jetzt oder nie, dachte ich mir, und aus mir platzte die Frage heraus: „Darf ich Geige lernen, Daddy? Oh, darf ich? Bitte!"

    Vater strich in Gedanken über seinen schwarzen Schnurrbart und meinte: „Du müsstest hart arbeiten, kleine Louie: Wir haben kein Geld für Flausen übrig, weißt du."

    „Oh, das werde ich. Ich verspreche, dass ich das werde", sagte ich, und meine Augen hingen an den seinen.

    Nach einem Moment des Nachdenkens nickte er, und auf seinem Gesicht machte sich das warme, liebevolle Lächeln breit, das wir an ihm kannten. „Gut, in diesem Fall, sagte er und legte seine Hand zärtlich auf meinen Kopf, „finden wir dir also besser einen Lehrer. Und es sollte schon ein guter sein. Und eine Geige natürlich!

    Ich umarmte ihn stürmisch und rief aus: „O Daddy! Daddy! Ich liebe dich so. Dann, ernster: „Danke. Ich werde hart arbeiten – sehr, sehr hart.

    Vier Wochen später stand ich in der Wohnung meines angebeteten Dirigenten Tommy Morris und klammerte mich an die kleine Geige, die mein Vater günstig für mich erworben hatte. Nun, da ich mein Ziel erreicht hatte, hatte ich feuchte Hände und kalte Füße. Aber Mr Morris zeigte sich sympathisch und verständnisvoll, und bald begannen wir mit unseren wöchentlichen Lektionen. Bald stellte sich heraus, dass ich Talent hatte, und er schien beeindruckt. Unsere Zusammenarbeit war jedoch nicht von langer Dauer. Schon nach 12 Monaten musste er den Distrikt verlassen, und es war Schluss mit meinen Stunden. Ich war verzweifelt. Mr Morris riet meinem Vater, meine Ausbildung nicht schleifen zu lassen und stellte mich als begabt hin; ich hätte das Zeug zu einer guten Violinistin. Vater überredete einen Freund, der Musiklehrer war, sich meiner anzunehmen. Aber auch diese Verbindung war kurzlebig. Da ich ein zartes Kind war und das Klima von Cymmer bei Porth meiner Gesundheit nicht guttat, wurde ich nach Seaforth in der Nähe von Liverpool geschickt, wo ich sechs Monate bei einer Tante leben sollte. Natürlich musste ein anderer Lehrer für mich gefunden werden. Nach längerer Suche wurde beschlossen, dass ich Schülerin von Professor Cunningham sein und bei ihm leben sollte. Das erwies sich als eine äußerst glückliche Lösung. Die Cunninghams waren ein großartiges Paar, das mich freundlich aufnahm, und bald gehörte ich sozusagen zur Familie und wurde von den sechs Kindern akzeptiert.

    Es folgten sechs glückliche Jahre bei den Cunninghams, nach deren Ende ich eine voll ausgebildete Geigerin war. Ich war nun fünfzehneinhalb Jahre alt, und mein Traum war wahr geworden.

    Das war im Jahr 1916. Britannien stand mitten im Krieg. Unsere Familie wurde auseinandergerissen, als der jüngere meiner Brüder, Ted, an die Front nach Frankreich geschickt wurde, während der ältere, Tom, in einem Kohlebergwerk arbeiten musste. Ganz unerwartet machte uns dann unser Vater Sorge. Er wurde ernstlich krank, und es war leider eine unheilbare Krankheit. Bald musste er seine Arbeit aufgeben, womit wir keine Einkünfte mehr hatten. Ich konnte mich nicht mehr auf Dads finanzielle Unterstützung verlassen und erkannte, dass ich selber für meinen Unterhalt würde sorgen müssen. Doch die Frage war: wie?

    Louie Bradley – die junge Geigerin

    Professor Cunningham hatte darauf eine Antwort. Er war dabei, für das Prince’s Theatre in Bootle in Liverpool ein Orchester zu gründen. Wegen des Krieges dienten die meisten Musiker an der Front, und es gab einen akuten Mangel an Orchestermusikern. Er schaffte es, eine kleine Gruppe von sieben Musikern zusammenzubekommen, und zu meiner großen Freude gab er mir die Aufgabe der Dirígentin und der ersten Geigerin. Da ich so jung war, hatte ich das Gefühl, dass er mein Können überschätzte.

    Jedoch war es genau die Gelegenheit, nach der ich mich gesehnt hatte, und so begann ich freudig meinen ersten bezahlten Job. Ich spielte jeden Abend und schlug mich zum ersten Mal mit einer neuen Art der Notenschreibung herum – mit Ragtime und der Synkopierung. Bislang hatte ich nur die klassische Musik gekannt. Ich wurde in der ganzen Gegend als die „Kindgeigerin" bekannt, und wir waren alle sehr erleichtert über den Erfolg unserer Unternehmung.

    Meine Freude darüber und der Spielgenuss mit dem neuen Orchester wurden jedoch spürbar gedämpft, als ein Schicksalsschlag meine Familie ereilte. Unser geliebter Vater erlag endlich der tückischen Krankheit, an der er gelitten hatte. Im September 1917 ging er gnädig in die Geistige Welt ein. Es war ein herber Schlag für uns alle. Durch ihn war unser Heim ein fröhlicher Ort gewesen, voller Musikanten und Sänger. Ich werde mich immer an die zauberhaften musikalischen Abende erinnern, die er für uns veranstaltete. Doch sein Tod und zudem eine Botschaft, die er mir durch meine Mutter schickte, ließen mich über das Leben nach dem Tod nachdenken. Die Erfüllung seiner Prophezeiung bewies ohne einen Zweifel, dass er nach seinem physischen Tod weiterlebte. Es war das erste Glied in der Kette paranormaler Ereignisse, die andeutete, dass diese Welt und jene des Geistes einander durchdringen. Die eine ist so real wie die andere.

    Niemand aus unserer Familie hatte je Psi-Erfahrungen gehabt, außer meinem Vater, der oft gesagt hatte, er höre Stimmen. Da wir damals nicht sehr vertraut mit der Materie waren, sprachen wir über körperlose Stimmen mit leichter Heiterkeit und hielten sie wohl für Einbildung. Aber Vaters Bewusstsein von einem Jenseits war stärker, als wir dachten.

    Am Morgen seines letzten Tages, als er geschwächt und ohne sich rühren zu können auf seinem Sterbebett lag, flüsterte er meiner Mutter zu: „Ich muss dich jetzt verlassen. Schade, dass ich vor meinem Weggehen Ted, meinen Jungen und meine kleine Louie nicht sehen kann." Seine Stimme war so leise, dass Mutter ihr Ohr an seinen Mund halten musste, um ihn verstehen zu können. Ted tat noch in Frankreich Dienst. Dann kam die Botschaft für mich. Sie war kaum hörbar.

    „Sag … sag der kleinen Lou, dass … dass ich der erste sein werde, der sich bei ihr von der Anderen Seite meldet." Mutter nickte, zum Sprechen war sie zu gerührt.

    Vater blieb einige Zeit still, mit geschlossenen Augen. Dann setzte er sich völlig unerwartet aus eigener Kraft auf, hatte die Augen geöffnet, und sein Gesicht strahlte. Er streckte die Arme aus und rief fröhlich aus: „George! Austin!" Das waren die Namen seiner verstorbenen Brüder. Ein schönes Lächeln verwandelte sein dünn gewordenes Gesicht. Mit einem tiefen Seufzer der Erleichterung sank er auf sein Kissen zurück und gab friedlich seinen Geist auf. Vater hielt sein Wort und adressierte mich bei einer Sitzung ein paar Jahre später.

    Aber auch davor hörte ich oft, wie seine Stimme meinen Namen rief. Als ich den Cunninghams davon erzählte, runzelten sie missbilligend die Stirn und gaben mir den Rat, ich solle mich nicht von meiner Phantasie davontragen lassen. Obwohl ich weiterhin meinen Vater mich rufen hörte, erzählte ich es darum niemandem mehr. Aber ich machte mir viele Gedanken darüber.

    Nach dem Tod meines Vaters gab meine Mutter das Haus im Rhondda-Tal auf und zog zu mir in das Haus in Waterloo, einem Vorort von Liverpool. Meine Erfahrung mit Orchestern wuchs, da ich als Geigerin ein Engagement nach dem anderen bekam, wobei ich auch in den Winter Gardens von Waterloo spielte. Allerdings sehnte sich meine Mutter 1919 wieder nach dem Rhondda-Tal, dessen Wunderlichkeiten sie vermisste, und sie wollte dorthin zurückkehren. Ich beschloss, meine Arbeit aufzugeben und sie zu begleiten. Nun, da mein Vater nicht mehr am Leben war, spürte ich meine Verantwortlichkeit ihr gegenüber und konnte sie einfach nicht alleine ziehen lassen.

    Nachdem wir wieder in heimischen Gefilden angelangt waren, bewarb ich mich um die Stelle der Ersten Geigerin im Hippodrom in Tonypandy und wurde genommen. Wieder einmal waren wir finanziell gerettet. Dieses Engagement hatte weitreichende Konsequenzen für mich und könnte als Wendepunkt meines Lebens bezeichnet werden. Im Hippodrom freundete ich mich mit der Pianistin Peggy Gunter an, die später Mrs Phillips werden sollte und als solche die Tante des Mannes, den zu heiraten ich bestimmt war, Alexander Harris.

    Peggy und ich waren sehr enge Freundinnen. Wir verbrachten herrliche Abende mit Musik zusammen, wenn wir nicht im Hippodrom und später im Empire spielten. Das Empire mussten wir jedoch beide verlassen, als ein Streit zwischen der Musikergewerkschaft und dem Theatermanagement ausbrach. Die Gewerkschaft rief alle zu einem Streik auf, und Peggy und ich fanden uns ohne Anstellung wieder.

    Nachdem wir eine Weile verärgert herumgesessen hatten, hatte Peggy plötzlich eine Lösung. „Hey, Lou! Wie wäre es, wenn wir uns am Vorspielen in Ilfracombe beteiligten, für einen Job im Sommer? fragte sie. „Wenn wir den Job nicht bekommen, wäre es doch schön, für einen Tag dort zu sein, oder? Der Einfall gefiel mir. „Wie wäre es nächstes Wochenende?" fragte ich.

    „Alles klar. Wir machen die Tagesexkursion mit dem Schiff. Das wird lustig! Peggy war in ausgelassener Stimmung. „Und obendrein könnten wir den Job bekommen.

    Also bestiegen zwei aufgeregte junge Damen am folgenden Samstag das frühe Boot von Cardiff nach Ilfracombe. Wir spielten vor und waren auch erfolgreich, aber wir lehnten das Angebot ab, weil die Bezahlung so armselig war. In dem Gefühl, nichts verloren, sondern einen schönen Tag gewonnen zu haben, schieden wir also und nahmen das Boot zurück nach Cardiff. Und dort nahm das Schicksal die Sache in die Hand und seinen Lauf.

    Eine dichte schwarze Wolke senkte sich auf unser Schiff. Sie breitete sich weiter aus und wurde zu einem Nebel, der die Sicht auf Null reduzierte. Darum kamen wir erst drei Stunden später in Cardiff an. Zu unserem Verdruss verpassten wir den Anschlusszug und konnten nicht heimfahren. Ich schlug Peggy vor, bei einer Freundin zu übernachten, Lily Bristow. Ich wusste, dass sie uns gerne aus unserem Dilemma helfen würde. Mutter würde sich keine großen Sorgen machen, da wir uns dahingehend verständigt hatten, dass ich, sollte ich in irgendwelche Schwierigkeiten kommen, mich an Lily wenden sollte. Und eine Stunde später klopften zwei müde, niedergeschlagene Mädchen an ihrer Tür und klagten ihr Leid. Lil gab sich verständnisvoll und bot uns gern ein Obdach für die Nacht an. Als Peggy ins Bett ging und das Licht ausdrehte, seufzte sie: „Es ist doch ein toller Tag gewesen, nicht war? Schade, dass er so enden musste."

    „Ja, gähnte ich, „und das mit dem Job tut mir auch leid; ich wäre wirklich gern den Sommer über nach Ilfracombe gegangen.

    Der nächste Tag war Sonntag. Er wird für mich immer ein besonderer Tag sein, denn es war der Tag, an dem ich Alec Harris zum ersten Mal sah.

    Peggy wachte früh auf. Ich war überrascht zu sehen, dass sie schon um 6.30 Uhr voll angezogen war. „Lou, mir ist gerade eingefallen, sagte sie, „dass ich nicht heimfahren kann, ohne die Schwester meines Mannes, meinen Schwager und die Kinder gesehen zu haben.

    „Oh, sagte ich noch verschlafen. „Wo wohnen sie?

    „Sie wohnen in der Malefant Street. Du hast sicher gehört, dass ich öfter von Fred und Edith Harris gesprochen habe, stimmt’s? Sie ist die Schwester meines Mannes. Möchtest du mitkommen? Es würde mir gefallen, wenn du sie kennenlernen würdest."

    „Aber die Malefant Street ist ganz schön weit weg, sagte ich. „Vergiss nicht, dass Sonntag ist. Da fährt nichts.

    „Egal, sagte Peggy. „Wir können auch zu Fuß gehen. Sie ließ sich nicht umstimmen. „Na los, Lou! Du wirst sie bestimmt mögen. Fred Harris ist der Abschuss! Er ist ein ziemlich bekannter Komiker, musst du wissen, spielt Pantomime, im Varieté und in so was! Da lachst du Tränen. Sie lachte tatsächlich, als sie an ihn dachte. „Er ist zu Hause genauso lustig wie auf der Bühne.

    „Was ist denn so lustig an ihm?" fragte ich.

    „Ach, alles was er sagt, ist lustig. So ist es immer bei den Harris’, ein fröhlicher Ort. Und du wirst die ganze Familie mögen. Da ist es keine Sekunde langweilig."

    Ich schob meine Beine über die Bettkante und richtete mich auf. „Wann willst du gehen?" fragte ich.

    „Genau jetzt", sagte Peggy.

    „Jetzt? stöhnte ich. „Aber es ist erst halb sieben. Du kannst um diese Zeit am Morgen doch keine Leute besuchen.

    „Ach, die Harris sind nicht irgendwelche Leute, sie sind die Familie, rief Peggy aus. „Jedenfalls müssen wir gehen, und du musst dich noch anziehen, also werden wir nicht vor acht dort sein können.

    „In Ordnung, gab ich nach. „Wir müssen nur noch Lily sagen, dass wir gehen.

    Ich kleidete mich rasch an, und wir gingen in die Richtung der Malefant-Straße. Nach einem Fußweg, der mir Jahre zu dauern schien, wobei der Geigenkasten bei jedem Schritt schwerer zu werden schien, blieb Peggy plötzlich stehen und sagte: „Ah! Da sind wir. Hier ist es, Malefant Street 123. Dann mit einer Grimasse: „Hm. Nicht viel Zeichen von Leben, was meinst du?

    Wir standen vor einer Front von länglichen Terrassen, die zu Häusern gehörten, und nichts schien Nummer 123 von den anderen zu unterscheiden. Es war ein sauberes, zweistöckiges Haus, die Erkerfenster blitzten vor Sauberkeit und waren mit Stores drapiert. Davor befand sich ein kleiner, gut gepflegter Garten, und ich wusste, dass sich ein weiterer dahinter befinden würde, das war immer so. Wir gingen durch das Tor, den Weg entlang und klopften an die Tür. Keine Antwort.

    „Wie ich gedacht hatte. Sie schlafen noch", sagte Peggy.

    Sie versuchte, die Tür zu öffnen, doch sie war verriegelt. Dann klopfte sie, und wir warteten. Ich blieb nervös im Hintergrund.

    Dann hörten wir Schritte. Die Tür wurde von einem hübschen Mädchen geöffnet, das nicht älter als sechzehn sein konnte. Sie trug noch ihr Nachtgewand. Ihr hellbraunes Haar verzierte mit Locken ihr Gesicht, das nicht die Überraschung darüber verbergen konnte, dass sie so früh an einem Sonntagmorgen vor Besucherinnen stand. Ihre Augen leuchteten auf, als sie Peggy erkannte.

    „Oh, du bist es, Tante Peggy! lächelte sie. „Ich fürchte, wir sind alle noch im Bett, aber komm doch bitte rein. Ich gehe und rufe sie. Peggy küsste sie und wandte sich dann an mich. „Das ist Connie Harris, eines der sieben Kinder, von denen ich dir erzählt habe. Als sie mich dann vorgestellt hatte, folgte sie Connie nach drinnen und rief mir über die Schulter zu: „Komm nur, Lou. Fühl dich wie zu Hause. Connie entschuldigte sich und ging die Treppe hoch. Peggy schloss die Tür hinter mir, und ich folgte ihr in das Wohnzimmer der Harris-Familie. Plötzlich schien sie einen Einfall zu haben. Sie sagte mit zusammengekniffenen Augen, die vor Bosheit zwinkerten. „Wir wecken sie alle auf und machen ihnen eine Überraschung."

    „Wie?" flüsterte ich aus Angst, sie könnten mich hören.

    „Ich zeig’s dir", sagte Peggy. Sie ging in die Ecke des Raums und öffnete das Piano, setzte sich hin und begann, einen zackigen Marsch zu spielen, und sie tat es mit großer Kraft und lachte dabei über ihren Spaß. Sie gab mir einen Wink, den ich verstand. Ich packte meine Geige aus und begleitete sie zum Steinerweichen.

    Es hatte den erwünschten Effekt. Bald gab es laute Geräusche oberhalb, als seien Leute aus ihren Betten gefallen. Stimmen erhoben sich und riefen einander zu: „Was ist da los? Wer ist da unten? Wer macht so einen Lärm zu dieser Stunde?"

    Dann erklang der effektvolle Bariton von Alecs Vater Fred Harris. „Sind in diesem Haus allesamt verrückt geworden? fragte er. „Es ist erst acht Uhr. Und es ist Sonntag!

    Der Kopf eines jungen Mädchens lugte über das Geländer, und es rief: „Das ist doch nur Tante Peggy, sie sitzt am Klavier! Und ein kleines Mädchen ist bei ihr, und es spielt Geige!" Anscheinend wirkte ich so, wie ein kleines Mädchen, da ich ziemlich klein war und man mich nie auf einundzwanzig Jahre schätzte.

    Innerhalb von Minuten strömten sie alle nach unten und in das Wohnzimmer: erst Vater Fred, dann Mutter Edith, dichtauf gefolgt von den Kindern in unterschiedlichen Variationen der Bekleidung, und allen war Erstaunen auf die Gesichter gemalt. Der letzte, der das Zimmer betrat und noch eine Hose über seine gestreiften Pyjama-Hosen zog, war ein kräftiger, gut gebauter junger Mann von vierundzwanzig Jahren, vielleicht 1,72 Meter groß. Er war äußerst gutaussehend: Sein Haar, noch vom Schlaf zerzaust, hatte die Farbe von poliertem Gold, seine Augen schimmerten dunkelblau, so unglaublich blau! Er blieb abrupt stehen, als er mich sah.

    Ich hörte mitten in einem Akkord zu spielen auf, behielt den Bogen in der Hand und die Violine unter mein Kinn geklemmt, und mein Mund stand offen wie der eines Goldfischs. Ich war unfähig, mich zu bewegen. Ich fühlte, dass eine Hand nach meinem Herzen gegriffen hatte, und die Finger drückten so fest, dass ich kaum atmen konnte. Einen sehr langen Augenblick standen wir reglos und starrten einander an. Peggy brach den Bann, als sie fröhlich sagte: „Guten Morgen, Fred! Hallo, Edith! Bitte vergebt uns unseren kleinen Scherz. Wir wollten euch nur wecken und euch überraschen."

    „Das ist euch gelungen, kann man sagen! polterte Fred. „Dachte, das Dach kommt gleich herunter. Aber schön, dich zu sehen, Peg. Was bringt euch zu dieser unheiligen Stunde am Sonntagmorgen zu uns?

    „Wir waren gestern im Nebel gefangen, auf unserem Weg von Ilfracombe hierher, erklärte Peggy. „Unser Schiff hat sich drei Stunden verspätet, darum mussten wir die Nacht bei Freunden in der Stadt verbringen.

    „Was habt ihr in Ilfracombe gewollt?" fragte Fred.

    „Wir sind zum Vorspielen hingegangen, aber den Job haben wir abgelehnt. Aber ich konnte nicht heimfahren, ohne euch gesehen zu haben, und da sagte ich zu Louie … Oh! Lou, verzeih mir! stotterte sie, als ihr plötzlich einfiel, dass sie mich noch nicht vorgestellt hatte. Peggy holte dies dann vor jedem Mitglied der Familie nach und sagte schließlich: „Dieser charmante junge Mann, der an der Türschwelle wie angewurzelt schien, ist Alexander Harris. Wir nennen ihn Alec.

    Wir lächelten uns verkrampft an, und er schien sich plötzlich bewusst zu werden, dass er nur halb angekleidet war und es zu spät war, das zu ändern. Ich war mir bewusst, und zwar zum zweiten Mal in meinem Leben, dass sich tief in mir etwas rührte. Es war ein Gefühl, das ich nicht begreifen konnte, aber irgendwie wusste ich, dass es damit zu tun hatte, dass ich Alec getroffen hatte! Diese Begegnung sollte später unser Leben zu einer lebenslangen Partnerschaft schmieden, die voll Liebe war und gewidmet den Bewohnern der beiden Welt.

    2 ~ Unsere Heirat

    Ein Heiratsantrag Meine Zustimmung Die Geburt unseres Sohnes

    Alec Harris’ Lebenspfad und der meine kreuzten sich erst wieder zwei lange Jahre später. 1923 zogen Mutter und ich aus dem Rhondda-Tal nach Cardiff. Alec erzählte später, obwohl wir uns nicht getroffen hätten, habe er doch oft gegenüber vom Theater gestanden, auf der anderen Straßenseite, und er habe gesehen, wie ich jeden Abend von demselben Herrn nach Hause begleitet worden sei. Natürlich musste er annehmen, dass es da eine Beziehung gab und wir miteinander gingen, und deshalb machte er sich nicht bemerkbar. Der fragliche Herr war ein Musikerkollege, der denselben Weg hatte wie ich und mir deshalb angeboten hatte, mich jede Nacht zu dieser späten Stunde sicher nach Hause zu bringen. Es war eine ritterliche Handlung, mehr nicht, und ich bedauerte, dass sie Alec von mir fernhielt. Schließlich begegneten wir uns wieder in einer kalten Dezembernacht, als wir beide unsere jeweiligen Mütter nach einer Show nach Hause brachten. Wir vier nahmen dieselbe Trambahn, ohne es zu

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