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Breath of Darkness: Band 2
Breath of Darkness: Band 2
Breath of Darkness: Band 2
eBook420 Seiten6 Stunden

Breath of Darkness: Band 2

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Über dieses E-Book

Lebe deine schönen Momente aus. Denn aufgeben kannst du immer.

Nach der Trennung versucht Elli Edwin zu vergessen und ein neues Leben anzufangen. Doch kann man die erste Liebe vergessen, die schönen und farbenfrohen Erlebnisse einfach so löschen? Sie liebt ihn weiterhin und sieht dennoch die Hoffnungslosigkeit in der Situation, die außer Kontrolle gerät. Elli will nicht aus ihrem schönen Märchen erwachen und wenigstens in ihren Erinnerungen leben, und Edwin weiterhin lieben. Doch was wäre, wenn die Psyche ihre eigenen Regeln hat? Wie kann man sich von einer Sehnsucht und Herzschmerz befreien, die nicht zulassen, die bunte Welt um sich herum zu bemerken?

SpracheDeutsch
HerausgeberElaria
Erscheinungsdatum9. Apr. 2019
ISBN9783964651044
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    Buchvorschau

    Breath of Darkness - Christine Eder

    .

    .

    © Christine Eder 2023

    2019 Erstausgabe:

    Die Farben des Lebens – Ein Hauch von Finsternis

    Alle Rechte liegen bei der Autorin.

    Coverdesign: © Licht Design – Kristina Licht

    Korrektorat/Lektorat: Dr. Andreas Fischer

    Handlung und alle handelnden Personen dieses Buches sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder bereits verstorbenen Personen wäre rein zufällig.

    Kein Teil dieses Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung der Autorin reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

    .

    »Wenn Liebe zur Besessenheit wird,

    gleitet der Verstand in den Abgrund

    und die Liebe verwandelt sich

    in ein Duell zwischen

    Herz und Vernunft.»

    Christine Eder

    Es war einmal

    … ein braves Mädchen und sie lebte ein schönes Leben. Sie hatte allen vertraut, allen geglaubt, sah in ihnen nur Gutes und hatte sie geliebt. An jeden gab sie einen Hauch ihrer Freude, Güte, ihres Glückes und ihrer Liebe ab, immer ein Stückchen mehr von sich selbst. Doch eines Tages war dieses Mädchen aufgebraucht!

    Ja, es war einmal … So fingen bekanntlich schöne Märchen an. Dass diese sich auch mal zum Bösen wenden könnten oder irgendwann endeten, lernte ich natürlich bereits in meinen ersten Kinderbüchern, deren Helden ich liebte. Man fühlte, litt, hoffte mit ihnen und verliebte sich in sie. Sie blieben im Gedächtnis haften, sie lebten im Herzen weiter. Zu akzeptieren, dass alles endete, war unmöglich, man wollte sie nicht loslassen oder aufgeben.

    Jedes Leben glich einem Buch, einem ungelesenen und unerforschten Buch. Nie wusste man, was einen dort erwartete, und man las gespannt ein Kapitel nach dem anderen, um die Wahrheit und den Sinn der Story zu erfahren. Weil wir an die Geschichte glauben wollten und geblendet von dem wunderschönen Cover waren, vergaßen wir dabei, dass der Sinn irgendwo zwischen den Zeilen verborgen lag … Aber wir warteten doch so sehnsüchtig auf ein Happy End. Man konnte allerdings tausende von Büchern auslesen und würde trotzdem nicht das ganze Leben verstehen. Die Beziehungen sind ebenfalls wie Romane, an denen man sehr lange schreiben muss und nur Sekunden bräuchte, um sie wieder zu vernichten.

    Niemals hätte ich gedacht, dass ich selbst in einem Märchen stecken würde, aus dem ich mich auch selbst herausgeworfen hatte. Was blieb, waren Gefühle, die man nicht in Worte fassen, und Worte, die man nicht mehr aussprechen konnte. Und natürlich die Erinnerungen. – Die waren die reinste Hölle. Man konnte sie zwar leicht in seinem Herzen verbergen, aber da tat es auch am meisten weh.

    Alles blieb in mir drin verborgen. Ich hatte alles in mir eingesperrt: meine Empfindungen, meine Sehnsucht, Gewissensbisse, Schuldgefühle, Schmerz, Liebe. Es war schwer, zu akzeptieren, dass nichts mehr so sein würde, wie ich es mir vorgestellt hatte. Es war schwer jemanden zu verlassen, wenn das Herz es gar nicht wollte und Tag für Tag auf ein Wunder hoffte. Wenn man mit jemandem zusammen sein wollte, aber sich zusammenreißen musste, weil daraus nichts mehr werden würde. Grausam, denjenigen zu lieben, wenn man sich nicht entlieben konnte, aber auch nicht wollte.

    Schmerz und Tränen versteckte ich hinter einer lächelnden Maske und spielte mein glückliches Leben wie eine Schauspielerin. Ich malte alles mit bunten Farben an, doch diese lösten sich in der Wirklichkeit wieder auf, als würde man ein Lösungsmittel darübersprühen, sobald ich alleine war. Die Bitterkeit wuchs, die Kälte legte sich um mein Herz und meine Seele verfinsterte sich. Auch wenn ich von Menschen umgeben war, fühlte ich mich einsam. Sobald ich mich ihnen etwas öffnete, ihnen meine Stärke zeigte, schlugen sie genau dahin, wo es wehtat.

    Ich war lange genug naiv gewesen, vielleicht zu stolz, hatte immer an das Gute geglaubt, sogar für das Böse eine Rechtfertigung gesucht. Ich glaubte und wartete. Die Zeit würde Wunden heilen – vorausgesetzt, man würde den Sturz in den dunklen Abgrund überleben. Irgendwann begann sich alles zu verändern und ich verstand, dass man besser ein Miststück sein sollte als ein braves und liebliches Mädchen. Ich begann mich zu verändern. Es änderten sich meine Ansichten zu irgendwelchen Dingen, Gesprächen und schließlich auch zu den Menschen, denen ich vertraute. Ich entfernte mich sogar von denen, die ich in meinem Leben für unentbehrlich hielt. Es schien mir, dass jeder gegen mich war, die ganze Welt gegen mich war, und mich niemand verstand. Mir fehlten Wärme, Nähe und Geborgenheit. Ich wollte so sehr, dass mich jemand ohne Neid oder Hinterhältigkeit in den Arm nahm, ohne belehrende Worte, ohne mir etwas einzureden oder Druck auszuüben … Nur umarmen … einfach so.

    Genau in solchen Momenten würde man am wenigsten erwarten, dass jemand in dein Leben kommt und Licht in deine Dunkelheit bringt. Vielleicht war es nicht verkehrt monatelang im Dunkeln zu tappen, so lernte ich wenigstens, nicht nur in anderen zu erkennen, wer sie wirklich waren, sondern konnte auch mich selbst finden. Diese Jahre zeigten mir und lehrten mich, was eine Stärke tatsächlich bedeutete und was einem im Leben wichtig war. Nichts lief so wie in irgendeinem wunderschönen Roman, der mit einem Happy End schloss. Alles war vergänglich; Liebe, Freundschaften, das Leben selbst … und alles hinterließ dadurch üble Überreste, mit denen man lernen sollte umzugehen, sie zu akzeptieren und weiterzuleben.

    Nach der Trennung

    … bleibt immer ein Gefühl der Leere zurück. In mir drin war es nicht nur leer, sondern kalt und finster. Es kam mir vor, als hätte jemand mein ganzes Leben aus mir herausgedroschen. Was blieb, war ein widerlicher Schmerz, der in meiner Brust pochte. Ohne Edwin schien mir meine Welt wie eingestürzt. Ich lebte nicht, ich existierte nur noch. Seine Liebe hatte sich zu stark in mein Herz eingebrannt, blühte dort weiter in schönen Farben. Die Realität sah aber ganz anders aus, elendig, farblos und grässlich.

    Mai 2001

    Mein Atem war zittrig. Seine Hände streichelten zart meine Oberschenkel und wanderten höher unter das Kleid. Vor Lust drückte ich meinen Rücken an seine Brust und legte meinen Kopf auf seine Schulter ab.

    »Du machst mich wahnsinnig, Elli«, hauchte er und sein heißer Atem kitzelte mir meinen Hals, bevor er ihn küsste. Tief sog ich die Luft ein und versuchte, vor Verlangen nach ihm nicht durchzudrehen. In meiner Lunge kam kaum Luft an, als er mich um die Brust umarmte. »Liebst du mich?« Seine Worte klangen bereits wie ein Echo, während ich noch versuchte, ein- oder auszuatmen, etwas zu erwidern, aber keine Luft bekam. Tränen sickerten hervor.

    Langsam öffnete ich meine schweren Augenlider und mein Traum verschwamm im sonnendurchfluteten Zimmer. Schwer atmete ich durch und schluckte. Die Bitterkeit hüllte mich sofort ein und ein Kloß steckte in meinem Hals.

    Seit Langem hatte ich wieder so einen klaren Traum. Es war aber kein hellseherischer, was die leichte Verschwommenheit verdeutlichte, so als würde man gegen das Licht schauen. Inzwischen fiel es mir leicht das zu unterscheiden. Es war die starke Sehnsucht nach Edwin, die diesen Traum heraufbeschwört hatte, da war ich mir ziemlich sicher.

    Mein Blick wanderte auf meine Hand, die auf dem Kissen neben meinem Gesicht lag. Ich hob sie leicht an und betrachtete den Ring, der mir noch von Edwin geblieben war. Sehnsüchtig, weil er ihn mal angefasst, mal in seinen Fingern gehalten hatte, strich ich mit meinem Daumen darüber. Edwins Blick, wie er mich damals beim Juwelier angesehen und mir den Ring dann zu meinem Geburtstag geschenkt hatte, tauchte in meinem Kopf auf. Wie viel Glanz hatte Edwin dabei in seinen Augen gehabt, mehr als in diesem Diamanten. Wie viel Freude hatte er, ihn mir zu schenken … und ich empfand dieses Schmuckstück als Last, das mich leiden ließ. Nun kam es mir so leicht vor, so vertraut, weil es eben das Einzige war, was mir von Edwin blieb.

    Müde richtete ich mich vom Bett zum Sitzen auf. Vielleicht sollte ich heute nicht zur Schule gehen? Ein Tag würde doch nichts ausmachen. Eine Entschuldigung konnte ich mir mit meinen achtzehn Jahren ja selbst schreiben: Ich, Elli Schwartz, konnte am 21. Mai 2001 nicht in die Schule kommen, weil ich meine Liebe umgebracht habe und nun im Sterben liege.

    Ich warf mein Gesicht in meine Hände. Oh mein Gott, meine Nerven. Halt bloß die drei Tage durch, baute ich mich selbst auf. Danach würde das wegen Christi Himmelfahrt verlängerte Wochenende kommen und ich wieder meine Ruhe in der Abgeschiedenheit meines Zimmers genießen können. Momentan hatte ich zu nichts Lust und wollte niemanden sehen.

    Der Schultag verging zäh und war ebenso merkwürdig wie die letzten. Ich fühlte mich wie in einem Nebel. Die Pausen verbrachte ich alleine und vor mich hinstarrend, ohne mit jemandem zu sprechen. Ständig tauchte Edwins Gesicht vor meinen Augen auf und in meinem Kopf reihten sich die schönen Erinnerungen mit ihm auf. Wie sehr ich auch versuchte, sie von mir abzuschütteln, es funktionierte nicht. Noch nicht, dafür war es einfach noch zu früh, zu frisch waren die Wunden. Die Gespräche und den Trubel meiner Klassenkameraden bekam ich kaum mit, außer dem von Lorenz, Kathrin und Ricardo hinter mir.

    »Vielleicht sollten wir sie lieber in Ruhe lassen, wer weiß, was passiert ist«, hörte ich Kathrin leise sagen.

    Vermutlich sah ich so erbärmlich und bemitleidenswert aus. Das hasste ich eigentlich, aber es war momentan so schwer zu vermeiden. Kaum merklich reckte ich meine Schulter hoch, während ich noch immer auf der Schulbank vor der Klasse saß.

    »Ja, eben, wenn etwas passiert ist, müssen wir das wissen. Womöglich kann sie jetzt nicht mehr teilnehmen. Was machen wir dann?«, erwiderte Lorenz.

    Natürlich konnte ich sie nicht im Stich lassen. Innerlich igelte ich mich aber ein, denn ich würde am liebsten gar nicht mehr aus meinem Zimmer herauskommen, am liebsten hätte ich mich in irgendeine Ecke verkrochen und mich noch kleiner gemacht, als ich es eh war.

    »Ich frage sie«, sagte Ricardo. Schon ein paar Sekunden später saß er neben mir, blieb aber stumm.

    Ich schaute zu ihm auf und drückte ein Lächeln heraus. »Ich habe es nicht vergessen. Natürlich werde ich spielen.«

    »Ist alles okay bei dir?«, fragte er, und ich nickte. »Nur, wenn du ausfällst, finden wir keinen Ersatz mehr, Elli … Kathrin und Niko können sowieso nicht wirklich gut Volleyball spielen und alle anderen in der Klasse erst recht nicht.«

    Schmunzelnd nickte ich. »Ich werde kommen.«

    Es würde in zwei Tagen ein Volleyballturnier zwischen den Berufsschulen stattfinden und wir konnten gerade so unser Team zusammenstellen, weil in unserer Klasse nur wenige gut spielen konnten. Ricardo, Lorenz und ich waren sehr erfahren darin, Kathrin und Nico auch nicht schlecht.

    Als unser merkwürdiger Arbeitslehre-Lehrer kam, den alle so hassten, schleppten wir uns zur letzten Stunde in die Klasse. Ich konnte mich überhaupt nicht mehr auf den Unterricht konzentrieren, meine Gedanken geisterten in der Vergangenheit herum und waren gar nicht anwesend. Irgendwann bemerkte ich den bohrenden Blick meines Lehrers auf mir und schaute zu ihm hoch. Mist, hat er mich gerade etwas gefragt?

    Während er mich widerlich angrinste, sprach er dann entweder weiter oder fing gerade an: »Dann kamen die roten Oktobermännchen und haben uns hier die Arbeitsstellen weggenommen.«

    Mir fiel die Kinnlade nach unten und ich schielte ihn an, konnte aber in meinem Zustand nicht wirklich schnell erfassen, ob es wieder seine üblichen Anspielungen waren. Es war nicht das erste Mal, dass er solche Äußerungen in Richtung der deutsch-russischen Schüler gemacht hatte.

    Auf einmal zuckte ich vor Schreck zusammen, weil etwas laut und klappernd umfiel. Der Lehrer und ich bemerkten den wilden Blick von Lorenz, der so wütend vom Stuhl aufgesprungen war, dass dieser nach hinten umkippte.

    »Ich werde es nicht mehr dulden, dass Sie hier so dermaßen die Schüler beleidigen«, warf Lorenz scharf ein, während er bereits seine Sachen in den Rucksack stopfte. Ricardo neben ihm fing ebenfalls an die Sachen zu packen. Die Jungs verließen zusammen die Klasse, während ich es ihnen dann verärgert gleichtat. Der Lehrer stand nur bedröppelt da, aber mit seinem blöden Grinsen im Gesicht.

    Ich hielt noch die Tür für meine Mitschülerin Lina auf. Wir sahen die Jungs nach draußen gehen und folgten ihnen. Lorenz blieb auf dem Schulhof stehen, gestikulierte aufgeregt mit den Händen, während Ricardo zustimmend nickte. Wir gingen nach draußen. Die Jungs rauchten und beschimpften derbe und laut den Lehrer. Uns folgten noch drei deutsche Schüler und Schülerinnen, unter ihnen war auch Kathrin.

    »So ein Schwein!«, fauchte Lorenz und stieß den blauen Dunst aus.

    Tief durchatmend blieb ich bei ihnen stehen und wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Ähm, danke für die Unterstützung?!

    »Mann, und was ist, wenn wir jetzt von der Schule fliegen, so kurz vor dem Abschluss?«, sorgte sich Kathrin.

    »Warum bist du dann mit rausgegangen?«, schnaubte Ricardo genervt und pustete den Rauch in ihre Richtung.

    »Niemand wird von der Schule fliegen!«, entgegnete Lorenz erbost. »Wenn er sich beschwert, dann beschweren wir uns. Was glaubst du, wer dann wohl das Fliegen lernt?!«

    »Ja, schon gut! Schrei mich doch nicht an!«, gab Kathrin laut zurück, und er seufzte.

    »Du hättest es aber trotzdem nicht machen müssen«, wandte ich mich an Lorenz.

    »Hey Elli, ich bin auch Brasilianer und er diskriminiert hier nicht nur dich damit, sondern alle Schüler, die keine deutschen Wurzeln haben!«

    »Du zählst aber nicht zu den ›roten Oktobermännchen‹!«, erwiderte ich schmunzelnd.

    Fassungslos schüttelte er den Kopf. »Dass dich das so kaltlässt, Elli, verstehe ich nicht.«

    »Na, was soll ich denn machen?« Ich zuckte mit der Schulter. »Ich habe mich irgendwie schon damit abgefunden«, brummte ich dann ernst.

    Zuhause angekommen, warf ich meine Schultasche auf den Boden. Dabei betrachtete ich das Bild auf dem Schreibtisch, das ich gestern gemalt hatte. Ohne meine Augen davon abzuwenden, plumpste ich in den Stuhl und versuchte zu verstehen, warum ich es überhaupt gemalt hatte. Irgendwie gefiel es mir nicht und irgendwas hatte es. Es zeigte einen Apfelbaum, der auf einer Seite der Zeichnung mit rosa Blüten übersät war, und diese fielen wie in jenem Traum, in dem ich das erste Mal Edwin gesehen hatte, auf die saftig grüne Wiese herab. Die andere Seite war jedoch kahl. Graue, spitze Äste ragten in den finsteren Himmel. So fühlte sich die Liebe an; auf der einen Seite wunderschön, unbeschwert, lebendig und farbenfroh; auf der anderen sah sie düster und kalt aus, wenn man ihretwegen erkrankt war.

    Meine Brust drückte und brannte. Die Sehnsucht nach Edwin war so groß, dass ich das Gefühl hatte, es würde mich gleich auseinanderreißen. Es war kaum auszuhalten. Rasch wischte ich mir über die Wangen, als ich merkte, wie meine Tränen flossen, aber auch, weil ich die Schritte meiner Mutter im Flur hörte. Ich rollte gerade das Bild zusammen, da stand sie schon in meinem Zimmer und begrüßte mich.

    »Was hast du heute eigentlich vor?«, fragte sie.

    »Nichts«, murmelte ich und nahm das Etui aus der Ecke zwischen meinem Schrank und der Wand, in dem ich meine gerollten Bilder aufbewahrte.

    »Kommt Edwin heute?« Ihre Stimme klang schon so dümmlich, wie ihr Gesichtsausdruck aussah.

    Stirnrunzelnd schaute ich sie an. »Sag mal, hörst du mir gar nicht zu?! Wir haben uns getrennt!« Meine Stimme klang gereizt, denn es ärgerte mich.

    Sie atmete so schwer durch, als ob sie das nicht bereits zum zehnten Mal, sondern noch nie gehört hätte. »Willst du ihn vielleicht anrufen? Wir können morgen alle zusammen grillen. Ihr könnt miteinander reden.«

    Mir stand der Mund offen, weil sie alles, was ich bezüglich Edwin sagte, völlig ignorierte. »Mum! Ich habe ihn verlassen! Er wird nicht mehr kommen.«

    »Das denkst du. Aber vielleicht will er –«

    »Nein!«, schnitt ich ihr das Wort laut ab.

    »Na!«, hörte ich meinen Vater hinter mir und wandte mich um. »Warum schreist du deine Mutter an?« Als Antwort presste ich nur schuldbewusst meine Lippen zusammen. Ich bräuchte ihm auch nichts zu sagen, da würde ich alles nur noch schlimmer machen. Für meine Eltern war ich nun mal noch ein Kind. »Ich möchte diese Respektlosigkeit nicht mehr zu hören bekommen! Wenn du schlechte Laune hast, dann lass es woanders ab, aber nicht hier. Wir sind nicht deine Freunde!«

    Innerlich schrie ich bereits vor Wut, dass er nicht mal annähernd wusste, was sie davor gesagt hatte, sich aber ihr gegenüber loyal verhielt – egal ob sie recht hatte oder nicht.

    »Wir fahren gleich zu den Großeltern und du kommst mit uns«, entschied Mutter für mich und wandte sich ab, um zu gehen. Mein Vater folgte ihr.

    Mein Hals schwoll an. Ich hätte am liebsten die Tür hinter ihnen zugeknallt und starrte diese so verbissen an, als würde ich sie allein durch meinen Blick schließen können.

    Bei meinen Großeltern saß ich während des Abendessens still und schmollend am Tisch. Ich war mal in meiner Vergangenheit gefangen, mal in meinen Phantasien oder versuchte, meinen inneren Konflikt zu schlichten, damit er nicht nach außen sickerte. Je länger ich es unterdrückte, desto mehr regte es mich auf. Ich bräuchte eine Ablenkung, doch Stifte hatte ich bei den Großeltern nicht, um mich mit Malen beruhigen zu können. Also half ich dann meiner Oma beim Abräumen des Geschirrs, während meine Eltern eine wilde Diskussion mit Opa führten. Ich würde immer wieder darauf wetten, dass sie meinen Opa nicht umstimmen würden. Er war stur, was meine Mutter von ihm geerbt – und vermutlich auch an mich weitervererbt hatte –, und sie war immer außer sich, dass er nicht nachgab oder von seiner Meinung abkam, auch wenn er bereits merkte, dass er gar nicht recht hatte. Es war immer amüsant, es mit anzuhören und zu beobachten. Doch diesmal nicht. Es wühlte mich nur noch mehr auf, weswegen ich auch bei der Oma in der Küche blieb und das Geschirr abzuwaschen begann. Hauptsache, ich tat etwas, das lenkte mich ab, vielleicht ließ es mich auch ein bisschen herunterkommen.

    »Dir geht’s nicht gut, Engelchen«, stellte meine Oma fest. Mit Sicherheit wusste sie von meiner Mutter bereits über alles Bescheid, und was mit mir los war, aber ich blieb stumm und stellte einen sauberen Teller auf die Ablage ab, bevor ich den nächsten einschäumte. Meine Oma nahm ihn und trocknete ab. »Sag es mir, ich sehe es doch. Wo tut es dir weh?«

    »Da, wo es keiner sehen kann«, antwortete ich leise.

    »Das dachte ich mir … Dann hast du ein gutes Herz, Liebes, wenn es dir wehtut.«

    Ich stockte. So gesehen hatte ich eher ein Herz aus Eis oder gar keins, denn sonst hätte ich Edwin nicht verletzt. »Nein, Oma, ich glaube, ich habe eine Dummheit gemacht, und das spricht nicht gerade für ein gutes Herz.«

    »Na, wenn du solche Schuldgefühle hast, dann war diese Dummheit das Richtige.« Erstaunt blickte ich sie an. Vielleicht wollte sie mich nur aufbauen, damit ich nicht in mir selbst verzweifelte. Doch ich wusste ja besser, was mit mir und Edwin geschehen war. »So erkennt man seine Fehler, lernt, sich diese einzugestehen und mit ihnen zu leben. Und eine Dummheit zu begehen ist manchmal auch nicht verkehrt, um nicht dein ganzes Leben lang irgendeine Last mit dir herumzutragen.« Still wandte ich mich wieder dem Abwasch zu.

    Edwin sah ich nicht als Last an, sein Misstrauen wurde allerdings zur Last. Seine Liebe hätte ich hingegen ewig einatmen können … aber nur die Liebe, wie sie am Anfang war. Zum Schluss schaffte ich es, weder sie ein- noch auszuatmen, so viel bürdete er an mir auf, dass ich beinahe zu ersticken drohte.

    Am nächsten Tag, nach der Schule ging ich mit Violetta nach Hause, die heute ihren Tag in der Ausbildung hatte. Sie hatte mich regelrecht ausgequetscht, was mit mir los sei. Also blieb mir auch nichts anderes übrig, als es endlich auch ihr zu erzählen. Dass ich Edwin aber immer noch liebte, dass mein Herz ihm noch ganz und gar gehörte, ließ ich aus und würde das auch niemandem offenbaren. Mich würde doch eh keiner verstehen. Ich verstand mich ja selbst nicht.

    »Waaas?«, rief sie zu laut auf.

    »Oh Maaann, Vi! Mein Schädel brummt«, flehte ich verkrampft.

    »Du hast ihn verlassen? Er wollte doch für dich ein Haus bauen!«

    »Nicht für mich!«, entgegnete ich. »Er wollte ein Haus … einfach so für … Ach, lass mich doch!«

    Sie zog eine Schnute, so nach dem Motto: also doch. »Du liebst ihn doch«, schnurrte sie und traf damit voll ins Schwarze, total in mein Herz, das schmerzte.

    Verärgert – auch immer noch darüber, dass sie selber einen gewissen Teil dazu beigetragen hatte, weil sie ihre Klappe bezüglich der Klassenfahrt nicht hatte halten können – sah ich sie streng an. Doch als sie mich mit ihrem unschuldigen Blick bedachte, gab ich nach. Ich liebte sie ja auch, meine beste Freundin.

    »Vi, ich fühle mich ohne hin schon abgefuckt genug. Lass mal das Thema!«

    »Okay … Hm, kommst du heute noch zu mir?«

    »Mal sehen. Ich denke schon.« Ich versuchte sie anzuschmunzeln. »Du wolltest mir doch unbedingt deinen Führerschein zeigen.«

    Sie strahlte bis über beide Ohren. »Eben! Und dann müssen wir unbedingt noch etwas zusammen unternehmen! Es ist ja Ewigkeiten her. Aber nicht dieses Wochenende, da kann ich nicht. Was hast du vor?«

    »Nichts«, brummte ich schon wieder bedrückt.

    Was hatte ich sonst an den Wochenenden der vergangenen drei Jahre gemacht? Ich flippte aus, um Edwin zu sehen, genoss seine göttliche Stimme, schmolz in seinem Schoko dahin, ließ mich von seinen Küssen vernebeln, wärmte mich an seinem kuscheligen Körper auf … Und dann zerschlug ich alles in kleine Stückchen. Jetzt wurde ich langsam vor Kummer und Herzschmerz verrückt. Er wohl auch … sitzt und versteht die Welt nicht mehr. Nein, nicht die Welt – Elli! Man musste nicht dumm sein, um zu begreifen, dass er nicht verstand, warum ich ihn so plötzlich verlassen hatte. Aber lieber würde er mich jetzt dafür hassen, als wenn er mich lieben und an meiner Liebe zweifeln würde.

    Ich versuchte, alles wieder zu verdrängen, denn in meinem Herzen kniff es wieder. »Und was findet bei dir an diesem Wochenende statt?«, fragte ich Violetta, um mich abzulenken.

    Sie wippte mit den Augenbrauen. »Zu mir kommt ein junger Mann! Ich habe ihn noch nicht gesehen, aber Elli, seine Stimme … Wir haben schon mehrmals miteinander telefoniert«, schnatterte sie verträumt und mir kam es vor, als hätte ich Stöpsel in den Ohren. Edwins Stimme rauschte in meinem Kopf, wie liebevoll er seine Gefühle mir gegenüber offenbart hatte, und die Szenen, wie wir uns liebten, liefen vor meinen Augen ab.

    Zuhause angekommen, versuchte ich mich zusammenzureißen, um nicht zu weinen. Mit Müh und Not erledigte ich die Schulaufgaben, bevor ich zu Violetta gehen wollte. Ich zog mich in meine Sportsachen um, damit ich anschließend noch im Wald joggen gehen konnte. Ich musste mich endlich abreagieren, vielleicht würde mein seelischer Druck dadurch nachlassen.

    Violetta empfing mich und ich plumpste auf ihr Sofa.

    »Hey, so ein herrliches Wetter, komm auf den Balkon raus«, meinte sie, während sie durch die Wohnung flatterte, und holte eine Flasche aus der Küche. »Ich habe uns Sekt gekauft.« Sie ging zum Balkon.

    Ich folgte ihr und setzte mich draußen auf einen Stuhl. »Du weißt doch, dass ich nicht trinke.«

    Ich hasste Sekt wie die Pest, eigentlich fast alles Alkoholische, aber besonders das, was prickelte. Um ehrlich zu sein, hatte ich wegen meiner Abneigung schon mal den Gedanken gehabt, ob ich nach meinem Vater kam und es auch nicht vertrug, da es mich ebenfalls entweder außer Gefechte setzen oder ich vor höllischen Kopfschmerzen umkommen würde.

    »Nur ein bisschen, für mich … Warte, ich hole uns die Gläser.« Und da flatterte sie wieder unbeschwert davon.

    Mann, irgendwie kotzt mich das alles hier an. Derzeit reizte mich einfach so vieles. Bei nichts empfand ich Spaß. Ich wollte laufen und dann so schnell wieder nach Hause, um mich von dieser heilen Welt zu verschließen.

    Violetta kam mit den Gläsern zurück, stellte sie am kleinen Tisch ab, während ihr Handy schon in ihrer Hand klingelte. Sie klemmte den Hörer mit der Schulter ans Ohr und antwortete: »Hey, na … Ja, ich habe angerufen … Genau, ich habe die Waschmaschine gekauft und sie muss abgeholt werden. Kannst du mir dabei helfen?« Sie schaute mich gelegentlich an und drehte langsam den Draht an der Sektflasche. »Morgen … Ja, kannst du? Das ist ja super!«, hörte ich sie sagen, während ich meinen Kopf auf die Stuhllehne ablegte und gen Himmel schaute.

    Mich riss der Knall aus den Gedanken, als plötzlich der Korken aus der Flasche herausschoss. Vor Schreck kreischten wir beide laut auf. Violetta hielt die Flasche von sich, aus der eine Sektfontäne quoll und auf den Balkonboden plätscherte. Ich sprang hoch auf den Stuhl und Violetta rein in die Wohnung und hielt die strömende Flasche von sich weg, aus der Tür heraus.

    Mein Lachen drang nach außen, als ich sah, wie der ganze Boden mit schaumigem Sekt überschwemmt wurde. Violetta schaute kichernd die Flasche an, als diese endlich aufhörte zu sprudeln.

    »Tja, ist jetzt nur ganz kleines bisschen übrig geblieben … Ja, wir wollten auf meinen Führerschein anstoßen …«

    Lachend überreichte sie mir die Flasche, die ich auf den Tisch stellte, während sie, immer noch in das Handy quatschend, zurück ins Zimmer lief. Sekunden später kam sie wieder und reichte mir die Küchenrolle. Ich riss meterweise ab und warf die Tücher auf den Boden. So viel war doch gar nicht in der Flasche drin gewesen, wie jetzt auf dem Balkon schwamm.

    Immer noch über die Situation kichernd, schaute ich zu Violetta hinüber, als ich bemerkte, dass sie mich still beobachtete. Sie hatte einen anderen Gesichtsausdruck und sagte dann ins Handy: »Ja, das war Elli.« Das klang irgendwie merkwürdig. Ich wurde ernst, ehe sie im Zimmer verschwand. Habe ich was falsch gemacht?

    Als endlich alles aufgesaugt war, begann ich den Boden aufzuwischen.

    Violetta kam ohne Handy zurück. »Mann, das stinkt ja hier wie in einer Brauerei.« Lächelnd nahm sie die Flasche hoch und guckte hinein.

    Ich lachte. »Hast du ihn etwa nicht kaltgestellt?«

    »Nein … na ja, bin selbst schuld.«

    Wir wuschen den Balkon fertig ab und setzten uns hin. Sie verteilte die letzten Tropfen des Sekts auf zwei Gläser und wir stießen an. Ich befeuchtete nur meine Lippen und füllte ihr Glas mit meinen Resten halbvoll auf. Ich erinnerte mich an ihren Gesichtsausdruck von vorhin und fragte sie vorsichtig: »Wer war das am Telefon?«

    Sie drehte sich nicht um, schaute vor sich hin nach draußen. »Nick«, antwortete sie trocken.

    »Aha.« Mehr wusste ich nicht zu sagen oder zu fragen, oder vielleicht wollte ich das auch nicht. Also blieb ich auch stumm. Nach ein paar Sekunden fing sie dann an.

    »Ich habe ihn um Hilfe gebeten, meine Waschmaschine, die ich mir gekauft habe, vom Laden abzuholen.« Ihr Blick war durchdringend, als ob sie entschied, ob sie weiterreden sollte, und sie tat es dann. »Er hat dein Lachen erkannt, Elli. Und hat nach dir gefragt.« Ich erstarrte. Sekunden später schluckte ich, weil ich nervös wurde, denn sie hatte es schon einmal erwähnt, dass er wohl immer noch Gefühle für mich hatte.

    »Und was hast du geantwortet?«

    »Er fragte mich, wie es dir geht, ich sagte: gut. Dann wollte er wissen, ob du immer noch mit dem Typen von damals zusammen bist …« Sie verstummte.

    »Du hast ihm aber nichts von der Trennung erzählt?!«

    »Äh … nein.«

    Ich schielte sie skeptisch an. Sie konnte eine Lüge schlecht verbergen. »Ich will nicht, dass er sich jetzt denkt, er hätte bei mir freie Fahrt.«

    Schuldbewusst sah sie mich an und biss sich auf ihre Lippe. Das ließ mich sofort auf hundertachtzig kommen.

    »Maaann! Vi! Wer zieht dich immer an der Zunge!«, äußerte ich mich mit einem russischen Spruch. Erbost sprang ich auf und lief ins Wohnzimmer.

    Sie tappte hinter mir her. »Elli, sorry, aber was ist daran so schlimm?«

    In dem Moment wusste ich nicht, ob es wirklich schlimm war. Aber ich konnte mich nicht mehr zurückhalten und schoss aus der Wohnung.

    »Elli!«, rief sie mir nach.

    »Ist gut!«, brachte ich laut heraus und lief einfach die Treppen runter, als ich sie noch hörte: »Sei mir bitte nicht böse.« Ich war es aber.

    Jeder versuchte irgendwie auf mich einzureden und mir seine Meinung aufzudrücken, auch wenn ich es nicht wollte. In mir wütete es und ich lief zum Wald. Genau der Wald, in dem ich immer joggte und den ich von meinem Fenster aus beobachten konnte.

    Dort angekommen zog ich die Luft tief ein und schloss dabei meine Augen, um alles auf mich einwirken zu lassen. Die Geräusche, die Gerüche nach Feuchtigkeit, Moss und Kiefern brachten die Erinnerungen an Edwin zurück, in denen ich mich so gerne aufhielt. Ich wollte nicht aufhören, an ihn zu denken, ich wollte ihn nicht loslassen. Die Zeit mit ihm war so wunderschön, dass ich sie einfach nicht aus meinem Gedächtnis löschen wollte. Ich hatte das Gefühl, wenn ich das täte, würde ich unsere gemeinsame Zeit hassen, doch das tat ich nicht. Ich liebte sie. Ich liebte ihn. Das sollte auch so bleiben – nur in meiner heilen Welt im Herzen, wo seine Liebe fest verankert war und verborgen lag.

    Zuhause verspürte ich starke Kopfschmerzen. Eine Migräne, die ich in den letzten Tagen häufiger hatte. Vermutlich von den vielen schlaflosen Nächten, während derer ich mich in mein Kissen ausgeheult hatte. Ich nahm mir eine Kopfschmerztablette und ging unter die Dusche.

    Nach dem Abtrocknen stellte ich mich auf die Waage. Toll… lieber nicht draufstellen. Manche Leute wollten die Waage nicht sehen, weil sie zu dick waren, und bei mir war es umgekehrt. Dreiundvierzig Kilo, bei einem Meter und achtundfünfzig. Immer noch, egal wie groß ich war, ich hatte nach wie vor Untergewicht.

    Ich zog mich gleich in mein Nachthemd um und legte mich hin, bevor meine Eltern von einem Besuch nach Hause kamen. Sie schauten nur in mein Zimmer und dachten sich wohl, dass ich schlief, als ich mich gleichmäßig atmend nur so stellte. Die halbe Nacht wälzte ich mich hin und her und versuchte einzuschlafen. Wie geht es wohl Edwin? Ob Edwin sich auch so quält? Was für eine blöde Frage! Echt blöde!

    In Sporthose und bauchfreiem Top kam ich in der Sporthalle an. Neugierig betrachte ich sofort die Gegenspieler. Mich begrüßten meine Mitschüler, die zum Anfeuern da waren, und die, die selbst spielten.

    »Hast du die gesehen?« Kathrin kam zu mir gelaufen.

    Ich legte meine Tasche auf der Bank ab. »Ja. Verdammt, gegen die sind wir geradezu kleinwüchsig«, sagte ich, während ich mich umschaute, und blieb mit meinem Blick an meinem Klassenkameraden hängen. »Außer dir natürlich, Nico.« Ich lächelte ihn an.

    Er blähte seine Brust auf. »Ja, bin halt ein ganzer Mann.«

    »Was bist du, eins achtzig?«, wollte ich wissen und er nickte stolz. Na ja, Lina war auch um die eins siebzig, all die anderen waren eher so wie ich: kleinwüchsig.

    »Macht nichts. Wir schaffen das!«, ermutigte uns Lorenz, weil wir ihn zu unserem Mannschaftskapitän gewählt hatten, und fuhr dann strenger fort. »Wir machen es so, wie wir es geplant haben.«

    »Mann, habe ich Schiss. Ich kann doch gar nicht aufschlagen«, jammerte Kathrin und Lorenz rollte genervt mit den Augen, weil wir das schon zum hundertsten Mal hörten.

    »Deswegen habe ich uns auch so aufgestellt, dass wir euch immer helfen können, wenn was schiefgeht«, erklärte er Kathrin. »Du stehst auf der Vorderposition vor Elli, und wenn du aufschlägst, dann ist auch Ricardo neben dir. Elli, du bist die Erste beim Aufschlag, also bist du auch Position eins, Nico ist sechs, Lina vier …«

    »Ich bin also auf Position drei?«, hakte Ricardo nach und Lorenz nickte.

    »Ja und ich fünf … Wenn wir rotieren, dann können wir euch immer helfen.« Mit »wir« meinte er mich, sich und Ricardo.

    Wir beobachteten noch eine kurze Weile die Spieler, bis wir dann an der Reihe waren. Die Gegner waren nervös, das konnte man sehen und wir nickten uns gegenseitig zu, so nach dem Motto: Die schaffen wir locker.

    Ich machte den Aufschlag und erwartete

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