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13 SHADOWS, Band 56: DIE SCHWARZE WITWE: Horror aus dem Apex-Verlag!
13 SHADOWS, Band 56: DIE SCHWARZE WITWE: Horror aus dem Apex-Verlag!
13 SHADOWS, Band 56: DIE SCHWARZE WITWE: Horror aus dem Apex-Verlag!
eBook339 Seiten4 Stunden

13 SHADOWS, Band 56: DIE SCHWARZE WITWE: Horror aus dem Apex-Verlag!

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Über dieses E-Book

Sie war fast nackt. Glitzernde Pailletten bedeckten die Papillen ihrer Brüste. Die Schamhaare waren rasiert. Eine dünne Schnur umspannte die Taille. Von ihr zog sich ein schmales schwarzes Band über die Vulva und verschwand zwischen den Hinterbacken.

Auf dem Kopf saß eine enge Kappe mit wippenden Federn.

Sie wartete neben dem Bett.

Larimer musste gleich aus dem Bad kommen. In wenigen Minuten würde er tot sein.

 

DIE SCHWARZE WITWE, herausgegeben von Christian Dörge, enthält 19 Horror-Erzählungen u.a. von Dominique Arly, Diethard van Heese und Clifford Ball.

DIE SCHWARZE WITWE erscheint in der Horror-Reihe 13 SHADOWS aus dem Apex-Verlag, die ganz in der Tradition legendärer Heftroman-Reihen wie GESPENSTERKRIMI und VAMPIR-HORROR-ROMAN steht.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum4. Feb. 2022
ISBN9783755406969
13 SHADOWS, Band 56: DIE SCHWARZE WITWE: Horror aus dem Apex-Verlag!

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    Buchvorschau

    13 SHADOWS, Band 56 - Christian Dörge

    Das Buch

    Sie war fast nackt. Glitzernde Pailletten bedeckten die Papillen ihrer Brüste. Die Schamhaare waren rasiert. Eine dünne Schnur umspannte die Taille. Von ihr zog sich ein schmales schwarzes Band über die Vulva und verschwand zwischen den Hinterbacken.

    Auf dem Kopf saß eine enge Kappe mit wippenden Federn.

    Sie wartete neben dem Bett.

    Larimer musste gleich aus dem Bad kommen. In wenigen Minuten würde er tot sein.

    DIE SCHWARZE WITWE, herausgegeben von Christian Dörge, enthält 19 Horror-Erzählungen u.a. von Dominique Arly, Diethard van Heese und Clifford Ball.

    DIE SCHWARZE WITWE erscheint in der Horror-Reihe 13 SHADOWS aus dem Apex-Verlag, die ganz in der Tradition legendärer Heftroman-Reihen wie GESPENSTERKRIMI und VAMPIR-HORROR-ROMAN steht.

    Connie Sellers: DIE SCHWARZE WITWE

    Sie war fast nackt. Glitzernde Pailletten bedeckten die Papillen ihrer Brüste. Die Schamhaare waren rasiert. Eine dünne Schnur umspannte die Taille. Von ihr zog sich ein schmales schwarzes Band über die Vulva und verschwand zwischen den Hinterbacken.

    Auf dem Kopf saß eine enge Kappe mit wippenden Federn.

    Sie wartete neben dem Bett.

    Larimer musste gleich aus dem Bad kommen. In wenigen Minuten würde er tot sein.

    Madeion hob die Mundwinkel im Vorgefühl ihres Triumphes. Es konnte nichts fehlgehen. Das Kleid – oder was sie so zu nennen wagte – würde Larimer erregen. Er würde glauben, dass sie mit ihm ins Bett gehen wollte. Seit Wochen wartete er darauf. Die Aussicht würde ihn verrückt und unvorsichtig machen.

    Madeion hob das Kissen auf dem Bett noch einmal an. Da lag die dünne Drahtschlinge mit den hölzernen Handgriffen. Eine Garotte. Madeion hatte mit ihr trainiert. Ein einziger Augenblick würde genügen.

    Sie bedeckte das todbringende Ding wieder mit dem Kissen. Larimer durfte sie nicht zu Gesicht bekommen.

    Larimer war ein vorsichtiger Mann. Vielleicht lag es daran, dass sein Haus fern jeder Siedlung am Ende der Welt stand. Vielleicht lag es auch daran, dass er als Forscher mit bissigen und giftigen Spinnen und Käfern umging. Vielleicht war er aber auch nur vorsichtig, weil er so viel Bargeld im Hause hatte.

    So viel Bargeld! Madeion durfte nicht daran denken. Tausende und Tausende Bucks lagen im Safe, für Madeion unerreichbar. Sie hatte einmal geglaubt, dass dieses Geld weite Reisen, Luxushotels, Pelze, Juwelen bedeuten würde. Aber sie hatte nach der Hochzeit nur eine Reise gemacht: hierher in dieses einsame Haus am Rand der Sümpfe.

    Und das Geld war nicht für Madeion bestimmt, sondern für vielbeinige Insekten und haarige Spinnen, die unheimliches Geld kosteten, weil sie schwer zu fangen waren. Madeions Mann hatte das Haus am Rand der Sümpfe mit diesen ekelhaften Biestern angefüllt. Er hütete sie eifersüchtig wie das Geld im Safe.

    Aber nicht mehr lange. Ahnungslos stand er unter der Dusche und ließ das Wasser auf sich herniederprasseln. Madeion kannte das Programm, das sich mehrmals am Tage wiederholte: duschen, Zähne bürsten, Hände waschen, Nägel säubern. Der vorsichtige kleine Mann hatte eine panische Angst vor Dreck und Infektionen.

    Madeion lächelte. All seine Angst würde in wenigen Augenblicken vorbei sein. Er mochte so vorsichtig sein, wie er wollte, bald würde er sie sehen – in ihrem Kostüm, und dann würde er an nichts anderes mehr denken können als an sie. Die Lust würde seinen Verstand wegblasen, und das würde der Anfang seines Endes sein.

    Sie lauschte zum Badezimmer hinüber. Die Dusche war abgestellt. Jetzt war Nummer zwei des Programms an der Reihe: Zähneputzen und Gurgeln. Das geschah wie immer langsam und rhythmisch.

    Der Rhythmus erinnerte Madeion an die Musik, zu der sie mit diesem Kostüm im Scheinwerferlicht gestanden hatte. »Madeion, die Spinnenfrau!« Vor dem Hintergrund eines silbernen Spinnennetzes tanzte sie langsam und sexy... Aber das war schon lange her.

    Wie so viele kleine Mädchen hatte sie sich zu Anfang auf ihren jungen, gut gewachsenen Körper verlassen und beim Ausziehen ein bisschen herumgehopst. Aber damit kassierte man höchstens eine Flasche Champagner, vielleicht mal ein gutes Essen und ein paar Scheinehen. Madeion wollte mehr.

    Sie hatte in Chicago eine Stripperin gesehen, die arbeitete mit Schlangen. Aber dazu brauchte man Kapital. In New Orleans trat eine andere mit Tauben auf. Damit lockte man aber höchstens einmal einen senilen Bock. Tollen Erfolg hatte in New York ein dicker Pummel, der sich wie ein Gorilla mit Fell behängen hatte, zu dem er nur Büstenhalter und Hüftgürtel trug.

    Madeion war auf die Spinne gekommen. Kostüm und Dekoration hatten alles Geld verschlungen. Einem schwulen Fixer hatte sie etwas Stoff besorgt; dafür hatte er ihr ein paar Tanzschritte beigebracht.

    Die Nummer hatte ihr tolle Komplimente eingebracht. Aber länger als sechs Wochen hatten sie nicht in der Bourbonstreet vorgehalten. Dann musste sie froh sein, eine kurze Tournee durch Kuba erwischen zu können. Und in Panama war sie dann in einer zweitklassigen Bude hängengeblieben.

    Madeion dachte schon ans Saufen, da tauchte eines Nachts Larimer Decker auf. Er saß an einem Nebentisch und starrte sie an wie die anderen Männer auch. Sein Anzug sah nach nichts aus, er hatte keine Brillanten im Schlips oder in den Manschettenknöpfen. Er saß nur da und starrte.

    Im Badezimmer stürzte gurgelnd und schmatzend das Wasser in den Abfluss. Dann Stille. Jetzt bearbeitete er seine kleinen Hände und die kurzgeschnittenen Fingernägel.

    Madeion hätte sich in Panama nie an den Tisch des kleinen unscheinbaren Yankees gesetzt, wenn nicht ein Kellner den Besitzer der Bruchbude gefragt hätte, was ein Entomologe oder weiß-der-Teufel-was sein könnte. Dabei zeigt er auf den kleinen Mann am Nebentisch.

    Der Budicker verbesserte den Kellner. Madeion hörte zum ersten Mal das Wort Entomologe. »Das ist so ʻn Insektenheini. Hat klotzig viel Geld und bezahlt den Boys jede Summe, wenn sie ihm aus dem Urwald Spinnen und so ʻn Zeug anbringen.«

    Madeion hatte davon nur klotzig viel Geld verstanden. Wenn Perez, der Boss, so was sagte, dann stimmte das auch.

    Sie betrachtete den Mann etwas genauer und gewann mehr und mehr die Überzeugung, dass aus diesem Schüchterling die Bucks herauszuziehen sein mussten, die sie für eine Heimfahrt nach New York brauchte.

    Sie glitt an seinen Tisch heran und setzte sich neben ihn. Sie war darauf gefasst, dass er eine Hand auf ihr Knie legen würde; vielleicht könnte er sogar versuchen, an ihrem Schenkel hochzukrabbeln. Aber Madeion wurde überrascht.

    Er fasste sie nicht einmal an. Es schien ihm ganz egal zu sein, ob sie ihm ihr Bett anbot oder nicht. Er sah sie nur scheinbar gedankenlos an und bezahlte ihre Drinks.

    Madeion wurde nervös. Sie trank vielleicht ein wenig zu hastig den kalten Tee mit dem hochprozentigen Rum runter. Bald lachte sie beschwipst.

    Da ließ er die Katze aus dem Sack. Er wollte eine private Show in seinem Hotelzimmer. Sie sollte ihr Kostüm mitbringen. Für Musik konnte er sorgen; er besaß einen Plattenspieler.

    Er legte fünfzig Dollar auf den Tisch und versprach weitere fünfzig Dollar, wenn die Show vorbei war. Da wusste Madeion, dass er nicht alle Tassen im Schrank hatte. Sie sagte ja.

    Madeion ging zum Fenster und sah hinaus. Das Haus wurde von einem hohen Zaun umgeben. An den Ecken ragten hohe Stangen, die Antennen und krauses Drahtzeug trugen, was Einbrecher abschrecken sollte. Madeion verstand nichts davon.

    Natürlich hatte der Tanz im Hotelzimmer damals zunächst so geendet, wie sie das erwartet hatte: er hatte sie aufs Bett gezogen. Aber dann kam es anders.

    Sie brauchte sich nicht auszuziehen. Er spielte an ihrem Kostüm herum, streichelte und drückte sie und stöhnte dabei. Immer wieder versicherte er, dass sie die erste sei. Dabei lief er rot an und lächelte irr.

    Und dafür zahlte er hundert Mäuse.

    Am nächsten Abend kam er wieder in ihr Lokal, sah sich den Tanz an und ging mit ihr ins Hotel. Und wieder alberne Fummelei und hundert Piepen.

    Madeion rechnete sich aus, wie oft sich das wiederholen musste, bis das Geld für die Überfahrt zusammengekommen war. Dabei kriegte sie es mit der Angst, er könnte plötzlich genug haben und sie sitzen lassen.

    Das durfte nicht geschehen. Madeion musste sich etwas einfallen lassen.

    Am dritten Abend machte sie einen Versuch. Sie hatte sich eine besonders zweischläfrige Schallplatte besorgt und führte ihm im Hotelzimmer ein so heißes Balzprogramm vor, das einen Säulenheiligen weich gemacht hätte. Mister Decker wurde wild und griff nach ihr. Da schaltete sie aber ab und zeigte sich völlig abgeneigt. Das führte zum Ziel.

    Die Hochzeit war schnell vorübergegangen. Aus der Spinnenfrau war Mrs. Larimer Decker, die Frau des wohlhabenden Entomologen geworden. Statt einer Hochzeitsreise waren sie hier an den Rand der Sümpfe gefahren. Larimer wollte seiner Frau seinen Reichtum, das Haus voller Spinnen und Käfer zeigen.

    Madeion hatte bald herausgefunden, dass ihr Mann keinen Cent an seine Frau verschwenden würde. Daraus hatte sie ihre Konsequenz gezogen: sie hatte sich nie wieder im Spinnenkostüm gezeigt, und getanzt hatte sie vor ihm schon gar nicht.

    Mit Genugtuung stellte Madeion fest, dass der kleine Spinnendompteur sehr darunter litt. Damals, in der ersten Nacht im Hotelzimmer von Panama, hatte er gejubelt: »Du bist die erste!« Heute wusste sie, dass der kleine Eierkopf impotent war. Er musste Madeions Körper im Spinnenkostüm sehen und betasten dürfen, um sich wenigstens bescheiden seines männlichen Geschlechtes erfreuen zu dürfen.

    Madeion sah auf die Badezimmertür. Gleich musste Larimer eintreten. Er ahnte noch nicht, dass die wochenlange Abstinenz plötzlich zu Ende sein sollte.

    Der Türknopf drehte sich. Larimer trat ein, klein und sauber.

    Als er sie sah, blieb er mit offenem Mund stehen.

    Madeion drückte den Schalter des Plattenspielers herunter. Ein Crescendo schwoll aus dem Nichts auf. Madeion begann langsam zu tanzen, zu locken.

    Er starrte sie an. Seine Wangen röteten sich. Er hob die Hände und setzte einen Fuß vor. Madeion hatte leichtes Spiel. Alles war bereit.

    Nur gelegentlich kam ein Lieferwagen zu dem einsamen Haus mit Lebensmitteln und Bedarf für das Labor. Wenn man Larimers Leiche finden würde, wäre Madeion weit weg. Es gab viele Orte in Südamerika, wo niemand fragte, woher eine schöne junge Frau ihr Geld hatte, wenn es nur genug Geld war.

    Wie hypnotisiert griff Larimer nach Madeions Brüsten. Madeion wich langsam zurück bis zum Bett.

    Dann ließ sie sich fallen. Ihr Kopf lag auf dem Kissen. In diesem Augenblick ging die Musik zu einem harten Beat über, als wäre es so einstudiert worden. Larimer beugte sich über Madeion, die ihre Arme nach ihm ausstreckte. Ihr Mund öffnete sich und schimmerte feucht.

    Larimer drückte sich an sie heran. Seine Hände wanderten über den nackten Körper.

    Madeion hob die Arme und griff gelassen unter das Kopfkissen. Plötzlich zog sie die Drahtschlinge hervor und warf sie mit einer einzigen Bewegung um Larimers Hals.

    Er richtete sich auf. Sie zog kraftvoll zu. Der dünne Draht schnitt sich tief in die Halshaut ein. Seine Augen traten heraus. Aus dem Mundwinkel sickerte Blut.

    Ein paar Augenblicke lang versuchte er zu kämpfen. Er bäumte sich auf. Die Hände griffen verzweifelt nach dem Ding, das ihm die Luft abschnitt.

    Aber bald lief ein Schauder über seinen Rücken. Die Beine reckten sich. Ungläubig starrten seine Augen die Frau an, als er starb.

    Madeion löste sich von ihm und stieß den Körper an, sodass er aus dem Bett heraus auf den Boden rollte.

    Sie stand auf und ging zum Kleiderschrank. Sie holte ein Reisekostüm heraus. Die Koffer warteten bereits unten im Wagen. Morgen würde sie in einer großen Stadt sein, wo sie den Wagen in einer Garage zum Überholen abgeben würde. Er würde nie abgeholt werden.

    Sie riss den Flitter vom Leib und legte das Reisekostüm an, nahm Handtasche und Hutschachtel auf und verließ das Schlafzimmer.

    Ruhig atmend ging sie die sich lang windende Treppe hinunter. Unten stand der Käfig mit der scheußlichen Tarantel, die Larimers Lieblingsobjekt gewesen war. Madeion holte eine eiserne Stange und tötete das verhasste Biest.

    Armer, kleiner Larimer, Entomologe mit einer Vorliebe für Spinnen. Wenn er jetzt sehen könnte, wie seine Frau eines seiner Tierchen umgebracht hatte, wäre er wahrscheinlich wahnsinnig geworden.

    Die lieblichen Tierchen! Madelon würde es genießen, das Haus in Brand zu stecken und damit das ganze ekelhafte Ungeziefer zu verbrennen. Aber das Vergnügen durfte sie sich nicht gönnen. Der Brand hätte Neugierige angelockt. Madeion wollte Vorsprung gewinnen.

    Sie ging durch die Halle, vorbei an einer Unzahl von großen und kleinen, haarigen und nackten Spinnen vorbei, die in Glaskästen krabbelten. Jeder der Kästen trug ein sauber beschriftetes Etikett.

    Damit war das Haus angefüllt, in allen Räumen, auf allen Fluren, im Keller und auf dem Boden: Glaskästen mit krabbelndem Viehzeug und alle sauber etikettiert.

    In der Bibliothek schob sie ein Bild zurück, sodass die runde Safetür zum Vorschein kam. Eine Lampe flammte auf, eine Alarmglocke schlug an. Wenn schon! Der kleine Geizhals konnte nichts mehr hören und sehen. Er hatte sich verrechnet. Der Feind kam von innen.

    Er hatte Madeion Zusehen lassen, wenn er den Safe benutzte.

    Mit einem langen Stock hatte er Berge von Banknoten hineingeschoben, weil er sich die Hände nicht beschmutzen wollte.

    Nun, Madeion ekelte sich nicht vor schmutzigem Geld. Sie betätigte das Sicherheitsschloss. Es war eines der ersten Unternehmungen gewesen, als sie das Haus betreten hatte, dass sie sich in den Besitz der Safekombination gesetzt hatte. Es war nicht schwer gewesen, den weltfremden Eierkopf zu überlisten.

    Als sie den Safe öffnen wollte, bemerkte sie das Etikett, das auch hier auf einem Pappanhänger aufgeklebt am Schloss hing. In Larimers zierlicher Schrift stand darauf LATRODECTUS MACTANS.

    Schnell hatte Madeion die Kombination eingestellt, das Nickelrad gedreht und die Tür aufgezogen.

    Als erstes quoll ihr ein strenger Geruch entgegen. Aber das bemerkte sie nur flüchtig, da sie gleich fasziniert war von den aufgeschichteten Stößen von Banknoten, die den Safe fast ganz füllten.

    Mit beiden Händen griff sie hinein und zog zwei Bündel heraus. Dabei fühlte sie ein Kribbeln und Jucken. Sie sah auf die Hände und stieß einen Schrei aus.

    Eine große Zahl von kleinen

    Spinnen wimmelte auf ihren Händen. Sie spürte, wie die Tierchen in ihre Haut bissen. Der Schmerz durchzog rasend schnell die Arme bis zur Schulter. Mehr nahm sie nicht mehr wahr.

    Sie war schon nicht mehr bei Bewusstsein, als sie das Geld fallen ließ und die Tiere von den Händen abzustreifen versuchte. Sie sank zu Boden.

    Vom Nickelrad der Safetür löste sich der Pappanhänger mit dem sauber beschrifteten Etikett. Er fiel zu Boden und legte sich auf die Hüfte der toten Mrs. Larimer Decker.

    Auf der Vorderseite des Etiketts stand bekanntlich: LATRODECTUS MACTANS.

    Jetzt war die Rückseite zu lesen: Die Latrodectus-Spinnen gehören zu den giftigsten Arten. Am bekanntesten sind Latrodectus lugubris und Latrodectus mactans. Sie werden x cm lang, sind schwarz, auf der Unterseite rot. Sie kommen vorwiegend in Amerika vor. Der Volksmund nennt sie Schwarze Witwe.

      John Keefauver: SANTHOMEA

    Ich hörte das Wort zum ersten Mal auf einer Ostasienreise. Ich hielt es gleich für einen Frauennamen, ja, ich möchte sagen: für den Namen einer ganz bestimmten Frau.

    Santhomea – so dachte ich – müsste ein Mädchen mit einer milchschokoladenfarbenen Haut sein, klein und breithüftig, mit ebenholzschwarzen Haaren und Augen wie Kastanien, die im Tau glänzen, mit einer weichen Stimme und einem kichernden Lachen, kurz, eine junge kambodschanische Frau, die dem ausländischen Touristen für ein paar Piaster die geheimnisvolle Tempelstadt Angkor noch geheimnisvoller macht.

    Mir war so eine Frau begegnet. Später erst erfuhr ich, dass es eine alte Legende um eine Santhomea gibt. Und dann wurde mir einmal ein Mädchen gezeigt, das entsetzlich verstümmelt und entstellt war und das Santhomea hieß.

    Santhomea...

    Ich bin ihr begegnet vor dem großen Tempel von Angkor in einer dunklen Nacht. Ich hörte ihre Stimme und sah nur einen Schatten, den Umriss einer Gestalt. Wenn sie nicht gesprochen hätte, wäre sie mir gar nicht aufgefallen. Ich hätte sie nicht kennengelernt und wäre um eine entsetzliche Erinnerung ärmer, die mich seitdem in mancher Nacht als Alptraum verfolgt.

    Ich war gerade in Angkor angekommen und im Hotel De La Paix gegenüber den Tempelruinen abgestiegen. Ich hatte viel über die einsame Ruinenstadt des Königreichs der Khmer im kambodschanischen Dschungel gelesen und noch mehr gehört von Touristen und Wissenschaftlern, die der Zauber der alten Stadt nie wieder losgelassen hatte. Ich machte mich daher sofort auf, wenigstens noch einen Blick auf den größten Tempel, den Angkor Wat, zu werfen. Aber die Nacht war so dunkel, dass nichts zu erkennen war.

    Trotzdem lief ich etwa hundert Meter in die Finsternis hinein, wo ich die Ruinen vermutete. So kann einen die Neugier plagen. Ich bemerkte die Polizisten nicht, die mir erstaunt nachsahen. Ich hatte überhaupt keine Polizisten gesehen.

    Dann wurde mir aber doch die Unsinnigkeit meines nächtlichen Ausflugs bewusst. Ich blieb stehen und wollte zum Hotel zurückkehren. Da hörte ich die weiche Stimme einer Frau.

    Sie sprach zuerst Französisch. Als sie keine Antwort bekam, versuchte sie es mit akzentuiertem Englisch.

    »Brauchen Madame Hilfe?«

    Die Stimme war weich, ein wenig zärtlich und doch ängstlich, sodass ich zuerst glaubte, ihre Besitzerin sei ein kleines Mädchen, das irgendwelche Schwierigkeiten hätte.

    »Hier ist keine Madame«, sagte ich. »Brauchen Sie Hilfe? Stimmt etwas nicht?«

    Ich hörte ein schwaches Geräusch, dann einen leichten Seufzer. Er klang, als ob die Sprecherin enttäuscht sei. Dann sah ich zu meiner Rechten einen hellen Schemen.

    »Keine Madame hier?«, fragte sie.

    Ich glaube, wenn ich nun zurückdenke, dass es diese drei Wörter waren, die mir bewiesen, wie enttäuscht sie war, dass keine Frau da war, dass ich ein Mann war. Ich war in einem gewissen Sinne selbst enttäuscht, sie enttäuscht zu haben.

    »Nein, hier ist keine Madame. Ich bin allein.«

    »Schade. Ich wollte Madame Angkor Wat zeigen.«

    »In dieser Dunkelheit?«

    »Ich sehe im Dunkeln.«

    Diesen Worten war etwas vorangegangen, das wie ein leises Lachen klang.

    Sie blieb vor mir stehen, aber es war so dunkel, dass ich eigentlich nur drei Dinge wahrnahm: dass sie klein war, fast dreißig Zentimeter kleiner als ich, dass es ein Mädchen oder eine Frau war, von der ich nur eine ruhige, etwas

    zärtliche Stimme wahrnahm, und dass sie enttäuscht war.

    »Sie sind allein, Monsieur?«, fragte sie ein wenig ängstlich. »Bestimmt?«

    »Ja.«

    »Madame ist im Hotel?«

    »Keine Madame ist im Hotel.«

    Wieder ein Seufzer der Enttäuschung.

    »Ich führe jede Nacht durch Angkor«, sagte sie. »Aber Madame muss auch kommen.«

    »Ich bin allein.«

    »Es tut mir leid, aber ich führe keinen Mann allein durch Angkor.«

    »Muss Madame dann am Tag kommen?«

    »Ich führe nur in der Nacht.«

    Sobald sie sicher war, dass keine Frau in der Nähe war, schien sie es eilig zu haben, wegzukommen; ihre Angst schien sich zu steigern. Sie wollte in der Dunkelheit verschwinden, aber dann blieb sie plötzlich stehen.

    »Sie sind erst heute nach Angkor gekommen, Monsieur?«

    Ich sagte ihr, dass ich von Bangkok vor einer Stunde oder so nach Angkor geflogen wäre. Ich hätte ihr auch noch erzählen können, dass ich ein junger Augenarzt in Kalifornien war, der gerade die Universität verlassen hatte und zwei oder drei Wochen Urlaub machen wollte, ehe er mit der praktischen Arbeit begann, aber sie unterbrach mich. Sie wollte, wie es schien, eine für sie wichtige Sache wissen: ob ich lange genug in Angkor gewesen sei, um mit irgendjemandem von der Behörde zu sprechen. Ob sie mir irgendetwas erzählt hätten, etwas über ein Gerücht, das in Angkor umging? Hätte ich etwas Schreckliches über Angkor gehört?

    Als ich ihr sagte, dass ich nichts gehört hatte, schien sie sich zu beruhigen. Und ehe sie mich verließ, nahm sie meine Hand und legte sie auf ihr Gesicht, über ihre Augen. Ich dachte damals, es handele sich um einen kambodschanischen Brauch, um eine kambodschanische Sitte. Meine Hand berührte etwas, das sich wie ein Schleier anfühlte, und es war ziemlich merkwürdig, denn ich hatte keine verschleierten Frauen in Kambodscha gesehen.

    Fast automatisch – vermutlich, weil es mein Beruf war – glitt ich mit meinen Fingerspitzen gegen ihre Augen, als ob ich sie prüfen wollte. Sofort schlug sie meine Finger beiseite, meine Hände flogen hoch; Ich berührte den Schleier über den Augen und spürte irgendetwas Hartes, als ob sie eine Binde fest um den Kopf gewickelt hätte.

    Aber in diesem Bruchteil einer Sekunde, in dem ich in den Stoff griff, schien irgendetwas nachzugeben. Ich war mir wegen der Dunkelheit und Schnelligkeit, mit der alles geschah, nicht sicher. Mir war, als ob sich irgendetwas unter dem Stoff gelöst hätte und auf den Boden gefallen wäre, ein kleiner Gegenstand, vielleicht eine Münze oder eine Murmel.

    Sie stieß einen lauten Schrei aus und rannte davon. Die Geräusche entfernten sich in Richtung auf die Ruinen.

    Kaum hatte sie mich verlassen, als eine Gruppe kambodschanischer Polizisten auf mich zukamen. Sie gingen so leise, dass ich mir ihrer Anwesenheit erst bewusst wurde, als mir jemand mit einer Taschenlampe ins Gesicht leuchtete.

    »Monsieur?«, sagte einer, und dann stellte er eine Frage in Französisch. Ich antwortete in Englisch, und dann fragte er mich in gebrochenem Englisch, ob alles in Ordnung sei, ob ich jemanden gesehen hätte, jemanden, der sich meiner Meinung nach verdächtig benommen hätte.

    Ich wusste nicht, warum ich ihnen meine Begegnung mit der jungen Frau verschweigen sollte. Ich erwähnte ihren Schleier. Zu meiner Überraschung wollten sie wissen, in welche Richtung sie gegangen und wie lange das her sei. Kaum hatte ich es ihm gesagt, als sie erregte Schreie ausstießen und zu den Ruinen liefen.

    Die Begegnung mit einer Frau, die nur Frauen führte und nur bei Nacht, dazu das offensichtliche Interesse der Polizei an ihr, hatten mich so neugierig gemacht, dass ich schnell in mein Hotel zurückging und den Mann an der Rezeption fragte, was eigentlich los sei.

    Er war, um es milde auszudrücken, betroffen, als er hörte, dass ich nicht wusste, wer sie war.

    Als ich erwähnte, dass sie einen Schleier getragen hätte, erblasste er.

    Er war ein kleiner, drahtiger, olivenfarbener Kambodschaner, dem der westliche Anzug sehr gutstand, und der fließend Englisch mit einem leichten französischen Akzent sprach und offensichtlich ein wohlerzogener Mann war.

    Aber als ich ihm von meiner Begegnung mit Santhomea berichtete, erschienen Schweißtropfen auf seiner Stirn; er verlor seine professionelle Ruhe, und einen Augenblick lang glaubte ich, er würde die Vordertür des Hotels verschließen, wenigstens sah es so aus. Ich erklärte ihm, dass ich gerade in Angkor angekommen sei und keine Ahnung von dem hätte, was ihn offensichtlich so sehr erschreckte. Meine Erklärung schien ihn nicht zu beeindrucken; so wie er musste die ganze Welt wissen, was kürzlich in den Ruinen geschehen war. Ich erzählte ihm, dass ich in den Zeitungen nichts darüber gelesen hätte, was immer es auch war, und dass ich seit meiner Ankunft in Angkor mit niemandem gesprochen hätte, ausgenommen mit der Frau vor dem Tempel. Und ich fragte ihn, ob er mir vielleicht erzählen würde, was eigentlich los sei.

    Ich brauchte ihn nicht zu drängen. Offensichtlich war es eine Sache, die ihn seit Wochen beschäftigt hatte. Er begann sofort mit einer Legende.

    Vor Jahrhunderten besaß ein armer Holzschnitzer zwölf Töchter, mit denen er in einem Wald in der Nähe von Angkor lebte. Da es für ihn unmöglich war, sie alle zu ernähren, führte er die zwölf eines Tages tief in den Wald hinein und verließ sie. Sie wurden jedoch bald von einem Hauptmann in der Armee des Königs von Angkor entdeckt, der sie in die große Stadt Angkor Thom brachte, wo sie zu so ungewöhnlich schönen Frauen aufwuchsen, dass der König sie alle zwölf heiratete.

    Die Schwestern lebten glücklich mit dem guten König und wären vielleicht auch glücklich gestorben, wenn nicht eine seiner anderen Frauen maßlos eifersüchtig gewesen wäre; es gelang ihr schließlich, den König davon zu überzeugen, dass ihm alle zwölf untreu geworden wären. Und sie konnte den König beschwatzen, dass er, um sie zu bestrafen, ihnen die Augen herausreißen lassen sollte. Nach dieser grausamen Operation, die die Königin

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