Engel fickt man nicht
Von M Heidenreich
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Buchvorschau
Engel fickt man nicht - M Heidenreich
M. Heidenreich
Engel fickt man nicht
Ein erotischer Roman
Himmelstürmer Verlag, Kirchenweg 12, 20099 Hamburg
E-mail: info@himmelstuermer.de
www.himmelstuermer.de
Originalausgabe, Herbst 2010
Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlages
Rechtschreibung nach Duden, 24. Auflage
Coverfoto: © http://www.istockphoto.com
Das Modell auf dem Coverfoto steht in keinen Zusammenhang mit dem Inhalt des Buches und der Inhalt des Buches sagt nichts über die sexuelle Orientierung des Modells aus.
Umschlaggestaltung: Olaf Welling, Grafik-Designer AGD, Hamburg. www.olafwelling.de
Printed in Czech Republic, FINIDR
Printausgabe: ISBN 978-3-940818-50-8
ePub: ISBN 978-3-942441-48-3
PDF: ISBN 978-3-942441-49-0
„Munadar ríki hefr margan tregat."
(Die Macht der Liebe hat manchen in Leid gebracht.)
SÓLARLJOÐ
Kapitel 1
Es tut so weh. Ich beuge tief über dem Waschbecken und umarme es mit beiden Armen, so fest ich nur kann. Die zerkratzte Keramikober-fläche mit dem schmutzig grauen Schleier wirkt schäbig. So schäbig und trist wie die gesamte, fensterlose Nasszelle.
Warum hat er das nur getan? Ich schmecke mein Blut im Mund und bin mir sicher, dass auch mein Arsch blutet. Sämtliche Muskeln meines Körpers schmerzen vor Anspannung und zittern. Mit den weichen Knien werde ich nicht mehr lange so gebeugt stehen können. Völlig kraft- und willenlos kann ich mir im Moment nicht wirklich vorstellen, dass ich mit der tief in den Fesseln hängenden Pyjamahose auch nur einen Schritt tun werde, ohne dabei plump wie ein nasser Sack hinzufallen.
Mir ist schlecht. Eine unbeschreibliche Übelkeit hat die Macht in meinem Körper übernommen. Gerade so, als müsse sich jeden Augenblick mein Magen umdrehen und mein Innenleben über die empfangsbereite Keramikschale entsorgt werden. Der kalte Schweiß und Tränen tropfen auf die mattweiße Fläche und suchen unaufhaltsam ihren Weg in die Kanalisation. Mein schneller Atem stößt dabei ungebremst in das Abflussrohr, um ihren Abgang zu beschleunigen und ich erschrecke über meine eigenen angsterfüllten Lautäußerungen, die sich wie in einem Resonanzkörper gespenstig verstärken.
Ich kann mich nicht bewegen. Noch nicht. Ich weiß, dass ich so nach vorne gebeugt mit dem entblößten Hintern und leicht geöffneten Schenkeln ein perverser Anblick sein muss. Jeder, der in den Raum kommt, wird das weit ausgedehnte, mittlerweile in allen erdenklichen Farben schimmernde Hämatom sehen und mich wegen der geschwollenen Hoden, beziehungsweise was davon noch übrig ist, bedauern. Lassen doch die frischen, hell rosafarbenen Operationsnarben nur wenige Interpretationsmöglichkeiten zu.
Ganz langsam sacken mir allmählich die Beine weg und ich rutsche am Waschbecken entlang dem Fußboden entgegen. Auf allen Vieren kauernd, ertasten meine Hände die Scherben der zu Bruch gegangenen Rasierwasserflasche. Mit dem penetranten Geruch in der Nase gleiten meine Finger wie feine Sensoren über die geriffelten Fliesen, als ob sie nach etwas ganz bestimmten suchen.
Ich starre immer noch wie gebannt auf die blutige Scherbe und das helle Rot, das mir über das Handgelenk rinnt, als mich starke Männerhände in mein Krankenbett wuchten. Ich verliere das Bewusstsein.
Wie viele Tränen füllen ein Meer,
wenn sie sanft den Spiegel durchbrechen
und konzentrische Wellen auf dir ziehen?
Der Raum, in dem ich wieder langsam zu mir komme, ist düster. Die letzten wenigen Lichtstrahlen schleichen sich durch das vergitterte Fenster in das schmale Zimmer und werfen dünne lange Schatten an die hässlich grün getünchte Wand. Aus dem Bett neben mir schwappt ein dumpfes Röcheln und schweres Stöhnen. Ich drehe meinen Kopf, der vor Schmerz hämmert, langsam in die Richtung der Geräusche. Der Kerl ist bestimmt nicht viel älter als ich, sieht aber völlig kaputt und heruntergekommen aus. Fast wie einer dieser obdachlosen Drogenabhängigen vom Busbahnhof Hlemmur. Könnte gut sein, dass ich diesen Typen sogar schon mal gesehen habe.
Ganz in der Nähe höre ich das Meer rauschen. Das konnte ich die letzten Tage im Landspítali Hringbraut nicht hören. Dort sind nur gelegentlich die Geräusche der wenig befahrenen Straße an mein Ohr gedrungen. Sie haben mich also tatsächlich weggebracht.
Ich drehe meinen Kopf zurück. Beide Ohren in die Weite des Flurs gerichtet. Eine dunkle, raue Männerstimme dringt neben dem hellen Licht durch die weit geöffnete Tür bis zu meinem Bett. Ich kann nichts von dem Mann, der da spricht, sehen. Selbst wenn ich meinen Kopf noch weiter auf meine rechte Gesichtshälfte drehe, bis an die Schmerzgrenze heran, sehe ich nur das grelle Licht der Deckenbeleuchtung.
Seit den brutalen Schlägen, die ich am Abend des 1. Mai an der Ingólfur Statue einstecken musste, habe ich es nicht mehr gewagt, bewusst in einen Spiegel zu blicken. Zu groß ist die Angst, dass ich mein Gesicht nicht wieder erkenne. Bin ich doch gerade wegen meiner zarten, fast schon mädchenhaft weichen Gesichtszüge immer wieder angemacht worden. Volle Lippen, symmetrischer Mund und hohe Wangenknochen gelten eben nicht nur bei isländischen Frauen als Schönheitsideal.
Ich frage mich, wie dieser relativ junge, englische Gesichtschirurg sich Zugang zu den zertrümmerten Wangenknochen nur über die Nase verschaffen konnte, ohne diese für immer zu deformieren? Noch in der Nacht zum Samstag hat Dr. Merveille in einer mehrstündigen Notoperation wie bei einem 1000teiligen Puzzle wieder alles richtig zusammengesetzt und dabei nicht nur die Funktionalität meines Unterkiefers im Blick gehabt. Den Rest soll seit ein paar Tagen eine Physiotherapeutin erledigen, die mir mit leichten, aber dennoch schmerzhaften Übungen und Massagen helfen soll, den Mund wieder weiter als einen Finger breit zu öffnen.
Bei einer der Kontrolluntersuchungen, ich denke bereits fünf Tage nach dem Eingriff, hat er mir die Fäden gezogen und mir einen Handspiegel gereicht. Ich habe bei dem flüchtigen Blick nur das zugeschwollene Auge und die unförmige, blutunterlaufene Wange gesehen, bevor ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten konnte. Nein, ich will und kann das nicht sehen. Niemand soll mich zu so etwas zwingen.
Auch wenn Dr. Merveille mir immer wieder versichert, dass alles sehr gut verlaufen sei und später nur noch die kleine Narbe am rechten Ohr und Haaransatz zu sehen sein wird, kann ich ihm beim Anblick der Röntgenbilder kaum Glauben schenken. Eine kleine Metallplatte, er hat sie mir auf dem Röntgenbild genau gezeigt, stabilisiert die Lücke im Jochbein und Jochbogen. Die werde ich mein Leben lang im Körper behalten müssen. Ebenso das seltsame Drahtgeflecht am Keil- und Gaumenbein, sowie eine weitere Miniplatte knapp unterhalb des rechten Kiefergelenks. „Du hast sehr viel Glück gehabt, Matteo, dass der Gelenkkopf nicht zertrümmert worden ist." Ob ich jedoch alle meine Backenzähne behalten werde, konnte er mir vor sechs Tagen noch nicht sagen. Einige von ihnen wackeln, aber bis jetzt habe ich sie noch. Ich solle auf jeden Fall diese unbequeme Aufbeißschiene tragen, und zwar so oft wie möglich, auch wenn ich damit nicht sprechen kann und sie kaum ohne Schmerzen in den Mund bekomme.
„Wenn du weiterhin deine Zähne so sehr aufeinander presst, riskierst du ohne diese Okklusionsschiene eine dauerhafte Fehlstellung der Kieferknochen. Wer weiß, ob du dann je wieder problemlos zubeißen kannst. Nach den üblichen sechs Wochen auf jeden Fall nicht!" und ob ich mir nicht vorstellen könne, welche Kraft bei meinem ständig festen Biss auf das Gelenk wirkt, meinte er belehrend. Mir wäre es lieber, sie geben mir stärkere Schmerzmittel, dann könnte ich mich auch besser entspannen.
Im Moment hat man mich eh nicht gefragt, ob ich dieses Ding tragen möchte. Die Ärzte haben sie mir einfach in den Mund geschoben, während sie mir irgendein sedierend wirkendes Medikament in die Blutbahn verabreicht haben. Die haben mich einfach abgespritzt.
Wo bin ich hier eigentlich? Ich muss mich ein wenig aufrichten, um einen besseren Blick zur Tür hinaus zu erlangen. Ich will gerade meine Hände neben mir in die Matratze stemmen, als ich erschüttert feststellen muss, dass ich meine Hände nicht vom Fleck bewegen kann. Sie haben sie mir an das Bettgestell mit breiten Riemen fest gemacht. Warum ist mir das eben noch nicht aufgefallen? Panik schleicht sich in meinen Körper, nachdem ich feststellen musste, dass sie mir auch Fußfesseln angelegt haben. Die haben mich ans Bett fixiert; wie einen Schwerverbrecher haben sie mich geknebelt und gefesselt. Ich merke, wie sich mein Atem beschleunigt. Angst erfüllt meinen Körper und ich beginne zu schwitzen.
Wenn jetzt irgend so ein Perverser an mein Bett kommt und seine Hände unter die dünne Bettdecke streckt, kann ich mich noch nicht einmal schützen. Ich habe Angst davor, gegen meinen Willen angefasst zu werden. Und plötzlich sind sie wieder da, diese ekelhaft hell brennenden Schmerzen im Arsch. Warum hat er mir dabei nur so sehr weh getan? Er musste doch wissen, dass ich so etwas vor ihm noch nie gemacht habe.
Meine Gedanken kreisen nur noch um die langsam aufkommenden Schmerzen. Das stumpfe Trauma im Schritt kommt in meine Erinnerung zurück. Die Tritte vor fast zwei Wochen an der Ingólfur Statue haben so schrecklich wehgetan. Ich dachte, dass ich das nicht überleben werde. Aber ich lebe noch, auch wenn ich so nicht wirklich leben möchte. Das angebrochene, schmerzhaft pochende Steißbein hämmert mir bis ins Gehirn hoch und der helle, brennende Schmerz im Anus, den ich seit heute Nachmittag verspüre, tut sein übriges dazu. Zusammen mit der Verstümmelung meiner Genitalien kann ich doch nichts anderes tun, als mein Elend still beweinen. Zu allem Unglück baut sich jetzt auch noch langsam aber unaufhaltsam dieser Druck auf der Blase auf.
Er wird von Minute zu Minute stärker. Wie lange war ich jetzt nicht mehr auf der Toilette? Dr. Hlynursson hat gesagt, dass ich unbedingt viel trinken muss, um nicht auch noch eine Blasenentzündung zu bekommen. Das habe ich nun davon: Ich muss pinkeln.
Immer noch sind Stimmen aus dem Raum nebenan zu hören, während sich in mir der Pinkeldrang unerträglich aufbaut. Da wünscht man sich den Scheiß-Blasenkatheder zurück, doch an seiner Stelle ist jetzt nur noch ein Pflaster auf dem Bauch zu spüren. Ich kann gar nicht sehen, ob da irgendwo diese Pinkelflasche ist? Aber die nützt mir im Augenblick sowieso nichts. Wie soll ich mir das Ding mit angebundenen Händen angeln und dann auch noch meinen Pimmel da rein fummeln?
Mit dem Druck auf der Blase beginnt die immer noch geschwollen vergrößerte Prostata langsam zu schmerzen. Wie hat Dr. Hlynursson so mitteilungsfreudig gemeint, als er seinen medizinisch tastenden Finger in meinem Hintern hatte? „Sie ist schon noch stark vergrößert, aber weich, und drückte dagegen. Nachdem ich den Schmerz stoisch ertragen habe, fügte er hinzu: „Und tut auch nicht sonderlich weh.
Na, dass er sich da mal nicht geirrt hat. Und pinkeln kann ich auch nicht wirklich gut mit diesem Zustand, den man ja eher von 80jährigen Männern kennt.
Ich muss pinkeln. Ich wage nicht zu rufen. Mit dem Plastikteil im Mund wird mich ohnehin niemand verstehen. Unzählige Minuten gehen dahin, in denen ich mich auf meinen Körper besinne, um nicht ins Bett zu pissen. Die behandeln einen wie ein Stück Vieh. Lassen einen stundenlang allein mit seinem Schmerz.
Endlich huscht ein weiß gekleideter, mit Muskeln voll bepackter Mann an der offenen Zimmertür vorbei. Warum wirft er noch nicht einmal einen flüchtigen Blick zu mir in den Raum? Vielleicht sollte ich jetzt doch laut rufen, aber dazu fehlt mir der Mut. Immer schon war ich ein Hasenfuß, ein schüchtern verklemmtes Arschloch. So werden die mich nie beachten, geschweige denn achten.
Plötzlich steht diese schwarze Umrissgestalt im Türrahmen. Mit seinem massigen Körper füllt er nahezu die gesamte Tür aus. Sein Gesicht kann ich gegen das Licht blickend nicht erkennen. Ganz langsam kommt er an mein Bett herangeschritten. Jetzt erst bemerke ich, dass ich wie ein Mädchen zu flennen begonnen habe.
„Na, wieder unter den Lebenden?" Er knipst ein Licht über dem Bett an.
Dieser Typ hat eine Schlägervisage. Er sieht eher wie ein Gefängniswärter als ein Krankenpfleger aus. Ich kann mir nicht helfen, er macht auf mich keinen vertrauenswürdigen Eindruck.
„Ich bin Pfleger Lúðvík. Hast wohl schlecht geträumt?" Er kommt dabei ganz nahe an mein Bett und beugt sich über mich.
„Ich muss pinkeln." Irgendwelche Grunzlaute entweichen meinem Mund. Unmöglich, dass er mich verstanden hat und ich spüre den Urinstau in meiner linken Niere immer stärker werden. Die ist seit den Tritten gegen meinen Unterleib immer noch schmerzempfindlich.
Lúðvík fasst mir unsanft ins Gesicht und nimmt mir die Schiene aus dem Mund. Ich stöhne bei den Schmerzen wie eine verweichlichte Lusche auf. Für ihn ist das ein Job, und den macht er offensichtlich mit wenig Gefühl für seine Patienten.
„Was hast du gesagt?", fegt er mich fast schon verachtend an.
„Ich muss pinkeln." Mit den tränennassen Augen und dem verzweifelten Blick muss ich ganz schön lächerlich auf diesen Typen wirken.
„Komm, ich bringe dich zur Toilette."
Er löst mir die Arm- und Beinfesseln. Gegen diesen Zweimetermann kann ich mir jeglichen Angriff sparen. Der bricht mir mit seinen Pranken höchstens noch den Arm, wenn es sein muss.
„Setz dich etwas auf!", und zieht an meinem geschwächten Körper.
Ich fühle mich immer noch benommen und wie betrunken. Kann mir nicht vorstellen, in meinem Zustand irgendwo hin zu gehen.
„Kann ich nicht die Pinkelflasche haben?"
„Mein Junge, so etwas führen wir hier bei uns erst gar nicht ein. Die paar Meter kannst du laufen!"
„Aber Dr. Hlynursson hat gesagt, dass ich so wenig wie möglich das Bett verlassen soll."
„Ah, Dr. Hlynursson. Ein Arzt von der Urologie, nehme ich an?"
„Ja, er hat mich dort behandelt."
„Er hat dich aber auch nach Kleppur bringen lassen und hier wirst du laufen."
Er zieht mich hoch. Ich setze meine nackten Füße auf den Boden und richte mich langsam auf. Jetzt erst merke ich, wie schwach ich wirklich bin. Mein Blick gleitet am zerknitterten Pyjama nach unten bis zu meinen Füßen, die auf dem dunkelgrünen, marmorierten Linoleum stehen. Und jetzt soll ich Schritt für Schritt unsicher und schlaftrunken vor den anderen setzen. Kein Schwein interessiert sich hier für meine Schmerzen, wenn die schweren Silikontestikel der Schwerkraft folgend nach unten ziehen. Das kleine Kissen, geschweige denn eine kühlende Kompresse für meine geschwollenen Genitalien, haben sie mir ja auch nicht mitgegeben.
Würde dieser kräftig gebaute Mann neben mir seinen stützenden Arm von meiner Seite nehmen, müsste ich augenblicklich schwankend stolpern und hinfallen. Oh Mann, mir versagen schier bei jedem Schritt die Beine. Ich werde wohl eher getragen als geführt.
Nach weniger als 10 Meter stehen wir genau gegenüber der Stationsküche, aus der immer noch die Stimmen zu vernehmen sind. Lúðvík öffnet die Toilettentür und führt mich vor ein Pissoir. Er bleibt einfach hinter meinen Rücken stehen. Er müsse mich stützen, meint er und glotzt an meiner Schulter vorbei an mir herunter. Es stört mich, diesen Pfleger in meinem Rücken zu spüren, der mich mindestens um einen Kopf überragt und auch sonst wie ein Schlägertyp aussieht. Er wartet, dass ich etwas tue; nein, nicht vor seinen Augen. Soll er doch woanders hinsehen. Ich will nicht, dass er meinen mickrigen, kleinen Schwanz sieht.
„Zum Pissen solltest du ihn vielleicht mal rausholen oder soll ich das etwa auch noch für dich machen?" Ungeduld schwingt in seiner Stimme mit.
„Ja. – Nein." – Ich weiß nur, dass ich nicht will, dass er mich anfasst.
„Was jetzt? Ja oder nein? Er wartet nicht lange. „Jetzt mach schon! Ich guck dir schon nichts weg.
Der Pfleger schnauft genervt: „Mann, ich hab nicht ewig Zeit!"
Dieser Scheißkerl macht mir mit seiner forschen, einschüchternden Art Angst: „Ich kann so nicht." Mein Gott, bin ich verklemmt. Ich kann noch nicht einmal pissen, wenn mir einer dabei zusieht.
„Mein Lieber, daran wirst du dich schon gewöhnen müssen. Euch kann man ja alleine nirgendwo hingehen lassen, ohne dass ihr gleich Dummheiten macht. – Es soll ja auch schon vorgekommen sein, dass sich einer die Pulsadern aufbeißt. Nein danke. Nicht bei mir!"
Ich schaffe es einfach nicht. Warum schießen mir immer so schnell die Tränen in die Augen? Wie eine Memme flenne ich. Ich weiß, dass ich jetzt verloren habe. Nichts kann ich tun. Gar nichts. Ich bin diesem Mann ausgeliefert. Und irgendwie erinnert er mich an Dag. Seine Statur. Seine grobe Art.
Plötzlich fasst Lúðvík mir an die Pyjamahose und zieht sie samt den Pants mit einem Ruck über meine Pobacken herunter. Fehlt nur noch, dass er von meinem prallen Hintern zu schwärmen beginnt. Wenn er mich jetzt auch noch am Penis anfasst, schreie ich. Ich merke, wie ich innerlich hysterisch vor Angst werde. Mein Puls rast und mein Atem geht viel zu schnell. Schweißperlen bilden sich auf der kalten, kreidebleichen Gesichtshaut und mein Körper zittert wie Espenlaub. Ich kann nichts dagegen tun. Jeden Moment wird er mich anfassen.
„Neiiiiin!" Mein Schrei hallt in dem kalten Raum und reflektiert sich an den pissgelben Fliesen.
Sekundenschnell erscheint der Stationsarzt – er stellt sich als Brynjólfur vor – mit einem zweiten Pfleger im Toilettenraum. Schützend verberge ich meine schmerzhaft geschwollenen Testikel in den Handflächen und spüre, wie mir tröpfelnd Urin zwischen den Fingern am Bein entlang fließt.
„Der pisst sich ja an!"
Schnell greifen sie mir unter die Schultern und setzen mich auf eine Toilettenschüssel, um der offensichtlich unangenehm angsteinflössenden Situation ein Ende zu machen.
„Setze ihn zukünftig bitte wie ein genanntes Mädchen auf die Schüssel, sei so gut." Brynjólfur wirkt gestresst.
Er richtet einen kurzen Blick auf mich und ihm entgeht nicht, dass ich mich auf der Toilette sitzend wieder etwas beruhigt habe. Sehr langsam entleere ich mich nun tröpfelnder Weise. Das zerrt an der Geduld der Pfleger.
Der