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Wie gern taumelte ich vor Glück,: doch jetzt habe ich Mühe, Balance zu halten
Wie gern taumelte ich vor Glück,: doch jetzt habe ich Mühe, Balance zu halten
Wie gern taumelte ich vor Glück,: doch jetzt habe ich Mühe, Balance zu halten
eBook423 Seiten4 Stunden

Wie gern taumelte ich vor Glück,: doch jetzt habe ich Mühe, Balance zu halten

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Über dieses E-Book

Dies ist ein autobiografischer Roman, der meine Suche nach meiner seltenen Autoimmunerkrankung beschreibt und die Menschen vorstellt, denen ich dabei begegnet bin. Ebenso gibt es Einblicke in den Umgang einiger in der Medizin Tätigen mit kranken Menschen, die unter unerklärlichen Schmerzen leiden und über den Tellerrand, der offensichtlich zu hoch ist, um andere Fachbereiche mit einzubeziehen.
Wenn sich der Lesende zudem darauf einlassen kann, etwas über das   Leben auf einer psychiatrischen Station zu erfahren und über die Schicksale der dort Untergebrachten,  meine Trauer über den Verlust einer lieben Freundin, die jahrelange Suche nach dem Grund meiner Schmerzen nach zu empfinden, dann werden diese meine Geschichte gerne lesen und es erst mit Zuschlagen der letzten Seite aus der Hand legen. 
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum8. Juli 2023
ISBN9783347975941
Wie gern taumelte ich vor Glück,: doch jetzt habe ich Mühe, Balance zu halten
Autor

Marion Kulinna

Hier stellt sich Marion Margarete Kulinna vor Sie ist 67 Jahre alt und verheiratet mit einem rücksichtsvollen Mann. Sie hat 3 ebenso tolle erwachsene Kinder und ebensolche Schwiegerkinder! Durch den Eintritt in den Ruhestand hat sie Zeit und Muße gefunden, ihre bis dahin in ihrer Schreibtisch-Schublade versunkenen Geschichten wieder ans Tageslicht zu holen. Sie liebt es, ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen und möglichst humorvoll durch Zeit und Raum zu spazieren. Dabei gehen mit ihr auch schon einmal die Pferde durch, aber sie sitzt immer fest im Sattel. Erbarmungslos, aber mit stilistischer Sicherheit und unnachahmlicher Bildhaftigkeit bewegt sie sich durch verschiedene Genres und das ist das Besondere an diesem Buch. Ihr großes Vorbild ist Daphne du Maurier, deren Kurzgeschichten sie schon als Kind verschlungen hat. Kriminologisch liebt sie die Bücher von Fred Vagas. Überhaupt, liest sie lieber Kriminalromane , die von Frauen verfasst wurden. Ob sie deren Gedankengänge besser nachvollziehen kann? Wer weiß...

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    Buchvorschau

    Wie gern taumelte ich vor Glück, - Marion Kulinna

    Teil 1

    März 2014:

    Unregelmäßig auftretender stechender Schmerz oberhalb des linken Auges/Augenbraue wird verursacht durch zu viel Arbeiten mit Laptop. Außerdem Schmerz am Gaumen vorne rechts..

    Beim Fahrrad fahren tränende Augen durch Fahrtwind.

    April 2014:

    Verdacht auf Nebenhöhlenentzündung, bei Arztbesuch keine Symptome, außer äußerlichen Schmerzen auf dem Nasenrücken und an der Nasenseite, besonders beim Tragen der Brille/Lesen.

    Juni 2014:

    Nase verstopft, Niesanfälle, kribbeliges Gefühl an Nasenflügeln, Schmerz im rechten Auge, wunder Schmerz am Gaumen.

    Besuch HNO:

    Röntgen auch der Stirnhöhle: o.B.

    Besuch Optiker, Augenärztin M.:

    Augentropfen gegen Trockenheit bringen keine Linderung.

    Juli 2014:

    Aufenthalt am Meer. Windempfindlichkeit im Gesicht, Schmerzen, hauptsächlich an Nase und nach Benutzung der Brille.

    200er Schmerzmittel.

    August 2014:

    Hausarztbesuch bei Dr. R.M., weitere Ursachenforschung:

    Neurologische Abklärung bei niedergelassenem Arzt Dr. Sch.; o.B.

    September 2014:

    Schmerzen im Kopf

    oder

    Zack! Zielscheibe – Spiegel, blind

    Allen Angeschlagenen drinnen oder draußen gewidmet:

    Ihr mögt einsam sein, aber Ihr seid nicht allein! Ergreift die Hand…..

    Und für die Geschichte hier spielt es keine Rolle, ob Namen* oder Handlungen erfunden oder wahr; sie lebt durch mich in meinem Herzen, für immer und einen Morgen.

    *Alle Namen geändert

    10.September: 22 Tage zuvor

    Gartenarbeit lässt Gedanken kreisen, auch die Unguten! Auf einem Schaumkissen kniend, reiße ich Unkraut, denn rupfen kann man das nicht nennen, was ich da tue.

    Große Verzweiflung lässt mich gegen jedes einzelne ungewollte Grün heftig werden, aber eigentlich waren meine Fehlentscheidungen vor 2 Jahren gemeint. Die Frage war nur, waren sie wirklich »fehl«« oder bildete ich es mir nur ein?

    Ich hatte vorzeitig meinen Beruf aufgegeben und musste mit ausreichendem, aber weniger Geld auskommen. Doch als ich die neue Festlegung des Krankenkassenbeitrags in Händen hielt, kamen mir große Zweifel, ob das Geld für mich und meine Familie wirklich ausreichte. Und tatsächlich, fördert Soll und Haben auf dem Konto ein Ungleichgewicht zutage. Wir lebten eindeutig über unsere Verhältnisse. Alle Kinder noch in der Ausbildung zehrten die Unterstützungen der Aushäusigen jungen Menschen zusätzlich an den Beständen. Mein rechtes Bein begann zu zucken… Anfangs konnte ich es noch vor meinem Mann verbergen, schob es auf: »»ich schlaf gerade auf dem Sofa ein.. die Gartenarbeit war ziemlich anstrengend.«« Doch mit dem immer doller drehenden Kreisel im Kopf nahmen auch die Zuckungen zu.

    17.September: 15 Tage zuvor

    Die Tränen flossen ohne Unterlass. Ich kroch auf allen Vieren in den Beeten herum. Stürzte ich meine Familie in Armut? Konnte Verzicht auf gutes Essen und gutes Leben viel ändern? Wie sag ich es meiner Familie, dass es so nicht weitergehen konnte? Ratter, ratter, ratter!

    29. September: 2 Tage zuvor

    MRT Kopf: o.B., allerdings gibt der Radiologie im November 2014 nach telefonischer Nachfrage der vertretenden Hausärztin zu, dass »»mit viel gutem Willen eine leichte Schwellung an der Nasenwurzel (?) zu erkennen ist««. Das erklärt vielleicht den abnehmenden Geruchssinn (Olfaktorisches Zentrum).

    Immer noch unregelmäßig auftretende wunde Schmerzen am (vorderen) Gaumen.

    Mein Mann leerte die Einkaufstasche, weil mich meine Schmerzen schon wieder in die Waagerechte gezwungen hatten. Dazu kam, dass sich die Zuckungen auch auf meine rechte Hand ausgeweitet hatten.

    »Musst du soviel unnützes Zeug kaufen?«, blaffte ich ihn an, nachdem ich aufgestanden war und als ich sah, welche Leckeren er wieder eingeholt hatte.

    »Hörst du mal auf, ständig an meinen Einkäufen herumzumäkeln? Und hör mit diesem Gezucke auf, das ist ja unerträglich!«

    »»Vor einen Zug? Vor einen LKW?««, schoss es mir durch den Kopf! Ich kollabierte, rutschte am Küchenschrank entlang auf den Boden und brach schreiend zusammen.

    »Heh, heh, heh, was ist denn mit dir los? Hast du solche Schmerzen?«, fragte mein Mann, der sich mein Verhalten nicht erklären konnte. Da gestand ich ihm, was seit Wochen meine Gedanken beherrschte. Entsetzt über diese stockenden Sätze, ließ er sich die immer weiter auseinander klaffenden Differenzen zeigen.

    »Aber wir haben doch reichlich Rücklagen, und wenn wir das ein oder andere Abo kündigen oder eine Versicherung aufgeben, dann gleichen wir das sicher aus.«

    Doch meine Panik hatte mich längst völlig vereinnahmt! Ich konnte nur hilflos mit dem Kopf schütteln und beruhigen ließ ich mich nicht mehr.

    »Ich rufe mal deine Freundin Ute an, die weiß sicher einen Rat!«

    Nach einer halben Stunde kam mein Mann wieder zu mir!

    »Schaffst du es durch die Nacht oder sollen wir in die Notaufnahme der Uniklinik? Sonst warten wir bis morgen und gehen zu unserem Hausarzt! Der soll dann entscheiden, wie wir weiter vorgehen. Das ist der Rat, den Ute uns gibt.«

    »Jaja, ich schaff’ das bis morgen! Nur nicht schon wieder in eine Notaufnahme der Klinik! Du weißt doch, wie viele Stunde ich da schon verbracht habe.«

    Das Teilgeständnis hatte eine gewisse Erleichterung gebracht und so schlief ich erschöpft für ein paar Stunden ein, zuckte den Öffnungszeiten der Hausarztpraxis entgegen.

    30.September: 1 Tag zuvor

    Versuch, mit Kontaktlinsen Brille tragen zu vermeiden, verursacht aber Schmerzen im Auge, weil die Hornhaut laut Augenarzt zu uneben ist.

    01.-22.Oktober:

    Einweisung in Psychiatrie

    In Begleitung meines Mannes gingen wir ins Sprechzimmer unseres Arztes. Mein Mann hatte zuvor telefonisch die Lage erklärt und wir durften umgehend kommen. Als unser Arzt mich sah, war ihm gleich klar, dass er mir sofort ein Beruhigungsmittel verabreichen musste. Trotzdem klammerte ich mich mit beiden Händen an seinen Schreibtisch und brachte so alle Gegenstände darauf in Bewegung. Dann begann er Fragen zu stellen, die mein Mann ihm beantwortete.

    »Glauben Sie tatsächlich, dass es mit Ihnen so weit finanziell bergab geht, dass Sie von Hartz 4 leben müssen? Die Heizungsrechnung nicht bezahlen können, die Miete nicht, obdachlos werden?«

    »Ja, verdammt, ja!«, schrie ich dazwischen.

    »Ist das realistisch?«, mit dieser Frage wandte er sich an meinen Mann!

    »Nein, auf keinen Fall! Sie hat sich wohl zu sehr da rein gesteigert und ihre ständigen Kopfschmerzen sind ja auch nicht hilfreich!« erwiderte mein Mann.

    »Dann haben wir jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder gehen Sie für drei Wochen in eine stationäre Behandlung der Psychiatrie oder ich lasse Sie Zwangseinweisen, dann dauert der Aufenthalt aber mindestens 4 Wochen! Das geschieht über eine richterliche Anordnung! Was meinen Sie?«

    »»Sollte ich meinem Leben ein Ende bereiten? Konnte ich mit diesen Schuldgefühlen weiterleben? Können sie ohne mich weiterleben? Sollte ich erst sie und dann mich umbringen? Wie soll ich es bewerkstelligen? Ist ein gemeinsames Essen mit unguten Kräutern die Lösung? Darf ich so denken?««

    In einen Spiegel schaute ich schon eine Weile nicht mehr, starrte mich doch dort ein Monster an. Die Selbstmordgedanken hatte ich bisher geflissentlich unterschlagen, denn ich schämte mich so.

    »Ihr Tisch zittert wie ich!«

    Wir gingen nach Hause, packten eine Tasche mit ein paar Übernachtungssachen, mein Mann informierte die Kinder! Unser Mittlerer kam sofort angeradelt und begleitete uns. Er streichelte meine Hände und sah mich mitfühlend an.

    Tag 0 und neue Zeitrechnung!

    In der Aufnahme wurden wir ausgehend befragt und die Einweisung wurde entgegengenommen.

    »Ihr Hausarzt hat schon angerufen und einen Abriss gegeben! Wie geht es Ihnen jetzt?«

    »Die Medizin wirkt, ich fühle mich benommen und habe Kopfschmerzen. Aber mit denen leb’ ich schon fast 1 Jahr! Der Rest ist verschwommen!«

    »Gut, wir haben ein Bett für Sie frei und ich bringe Sie gleich auf die Station. Zuerst möchte ich Sie aber allein sprechen. Verabschieden Sie sich bitte von Ihrer Familie!«

    Mit den Abdrücken ihrer Umarmungen verließ ich Mann und Sohn und folgte dem Aufnahmearzt ins Nebenzimmer.

    »Was machen Ihre Panikattacken?«, redete er gleich Tacheles.

    »Reden Sie nicht über Geld, fehlenden Einnahmen, Rechnungen, die bezahlt werden wollen, alltägliche Ausgaben, dann ist alles gut!« Notiz auf seinen Block.

    »Haben Sie Suizidgedanken?«, fuhr er die Befragung fort.

    »Njein! Ich brächte es gar nicht fertig, ich schäme mich nur so!«

    »Aber Sie spielten auch mit dem Gedanken, Ihre gesamte Familie zu töten?«

    »Wenn Sie das Spiel nennen wollen..! Ich nenne es Albtraum!«

    »Diesen Gedanken tragen Sie aber nicht mehr mit sich rum?«

    »Niemals könnte ich ihnen was antun, niemals!«, schrie ich fast und mein Widerstand erwachte!

    »Sehr gut! Sie haben noch Willenskraft, das hilft! Dann brauchen Sie auch nicht ins Beobachtungszimmer!« Und mit diesen Worten stiegen wir gemeinsam in den zweiten Stock und klingelten an der verriegelten Türe der Station. Dort übergab er mich einer Pflegefachkraft, der mich in »mein«« Zimmer brachte. Gottseidank nur in eins mit einer Mitpatientin und nicht ins Beobachtungszimmer, wo 6 PatientInnen unterschiedlichen Geschlechts ihre Betten hatten, wie ich später erfuhr.

    »Leeren Sie Ihre Handtasche und Tasche!« Die Pflegefachkraft sah mich auffordernd an. Willenlos kippte ich meine Taschen aus. Alle Gegenstände, mit denen ich mich verletzen könnte, wurden unter Verschluss genommen, was mir völlig gleichgültig war. Ich hatte ja nicht vor, mir etwas anzutun. Ich wollte nur Hilfe, denn so konnte es tatsächlich nicht weiter gehen..

    Meine Zimmernachbarin reagierte nicht auf meine Begrüßung und ich zuckte mit den Achseln, denn das Beruhigungsmittel tat immer noch seine Wirkung. Ich legte mich angekleidet auf‘s Bett. Erschöpft nickte ich ein, wurde aber von der Stationsroutine eingeholt. Fiebermessen, Gewichtsabfrage, Einweisung in die Hausordnung.

    »Abendessen um 6 im Aufenthaltsraum! Danach Medikamentenausgabe unter Aufsicht!« Egal, egal!

    »Ihr Mann hat Ihnen eine weitere Reisetasche mit Kleidung für die nächsten Wochen gebracht! Bitte leeren Sie auch diese auf dem Bett aus, damit wir sicher gehen! Wir wollen ja kein Unglück, nicht wahr?« Die Pflegefachkraft lächelte.

    »»Das Unglück lauert überall, nur nicht in meiner Tasche««, dachte ich und verzog die Lippen zu einem bedeutungslosen Grinsen. Der Fön wurde konfisziert, könnte ja Brandwunden verursachen. »»Wenn‘s innen brennt, braucht es keine Hitze von außen!«« Gitte und auch Tom sollten mich eines Besseren belehren.

    Beim reichhaltigen Abendessen lernte ich dann die anderen Bewohner kennen. Da war alles dabei: jung und alt, Männer, Frauen, aber alle auf die ein oder andere Weise durchgeknallt. Die Sicherungen haben wohl ein unterschiedliches Verfallsdatum!

    Der Tisch wurde nach Plan von einigen Mitessern abgeräumt, für den nächsten Tag gesäubert und die Stühle ordentlich aufgestellt. An einer Theke gab es anschließend die versprochenen, angedrohten, verordneten Medikamente. Nicht jeder wollte sie einnehmen, doch das wurde streng überwacht. Sonst wurde die weitere Einnahme direkt am Pflegestützpunkt verabreicht und man durfte sich so lange nicht dort wegbewegen, bis man nachgab. Für die RaucherInnen ein schweres Problem, denn irgendwann trieb die Sucht nach der nächsten Zigarette zur »freiwilligen« Einnahme.

    Getränke standen auf einem kleinen Tisch im Gang und wurden auf Bitten auch aufgefüllt. Das Raucherzimmer, das eigentlich Besucherzimmer ist, war gut besucht und entsprechend verqualmt. Gelüftet wurde selten, es war schon Herbst. Mimosen!

    Aber Besuche waren ja nur zu bestimmten Zeiten erlaubt, also egal. Setzt man sich ansonsten halt in die bestuhlten Nischen oder ins Fernsehzimmer, in dem es auch einen Schrank mit Büchern und Gesellschaftsspielen gab. Alles lag wild durcheinander.

    Meine »»Zimmergesellin«« nahm ihre Wanderung durch die Flure auf, Blick starr geradeaus oder auf den Boden gerichtet. Auch ich begann den Rundweg um den Innenblock, der die Küche - abgeschlossen - und ein geräumiges Bad – abgeschlossen - beherbergte, bis es Schlafenszeit wurde. Die Nacht mit meiner schweigsamen Nachbarin verlief angenehm, durch Tabletten ausgeknockt. Hirn leergefegt.

    Tag 1

    Ein fröhliches

    »Guten Morgen«, waberte durch den Raum. Etwas orientierungslos ließ ich meinen Blick durch das Zimmer gleiten und blieb an der jungen Person in der offenen Tür hängen, verkleidet als

    »Pfleger W. mein Name! Ich bin diese Woche im Frühdienst für Sie zuständig!« Ich erwiderte den Gruß, benebelt durch starke Kopfschmerzen, quälte ich mich aus dem Bett.

    »Um 7:30 gibt es Frühstück hinten am langen Tisch. Danach haben Sie ein Gespräch mit Frau Dr. S.. Sie erklärt Ihnen, was diese Woche auf Sie zukommt. Jetzt aber erst einmal Fiebermessen!«

    Meine Zimmernachbarin huschte ins Bad. Wortlos. Dreh ich mich halt noch mal auf die andere Seite. Vielleicht verschwinden dann diese Schmerzen..

    Als, ich nenn’ sie jetzt mal Emma, also als sie aus dem Bad wieder auftauchte, stellte ich mich unter die Dusche, damit mein Kopf klarer würde. Kaffee könnte auch helfen. Schnell zog ich mir was an, um mir die erste Tasse Kaffee einzuverleiben.

    Angenehm überrascht von der Qualität des Kaffees, suchte ich mir einen Platz mitten am langen Tisch. Aus der Küche, jetzt unverschlossen, rollte ein Büfettwagen seitlich neben den Tisch und aus den Zimmern trudelten die ersten Mitgesellen ein. Mit einem Teller bewaffnet, stellte ich mich in die Reihe der Wartenden und musterte meine »»Vorsteherin««. Leger gekleidet, hatte ich eine etwa 60-jährige, etwas unförmige Frau vor mir. Ihr Haar weißhaarig mit Resten einer Färbung, strähnig, die Fingernägel angemalt und eckig zugerichtet. Nicht mein Ding. Sie drehte sich um und sagte:

    » Ah, du bist gestern reingekommen!?« Mehr eine Feststellung als eine Frage.

    »Ich heiße Jutta und bin wegen übermäßigem Alkoholkonsum hier drin! Und wie heißt du?«

    Ich sagte ihr meinen Namen, ließ aber den fragenden Blick nach dem Grund der Einlieferung ins Leere laufen. Sie akzeptierte meine Zurückhaltung und mit einem:

    »Wir werden schon warm miteinander werden«, begann sie, ihren Teller vollzuladen.

    »Nimm dir reichlich. Abendbrot und Frühstück sind ganz okay, das Mittagessen allerdings..!« Sie verzog ihr Gesicht zu einem großen »Geht so grade eben««.

    »Ich finde den Kaffee schon mal sehr lecker und die Brötchen sind ja auch ganz frisch«, stellte ich erfreut fest.

    »Ja, nicht übel!«

    » Was dagegen, wenn ich mich neben dich setze?«, fragte ich. Sie machte eine einladende Handbewegung.

    »Kannst dich mit allen Fragen an mich wenden, ich bin schon das dritte Mal hier!«, lächelte sie zwischen zwei Bissen.

    »Deine Zimmernachbarin redet nicht viel, hab ich Recht?«, plauderte sie weiter.

    »Nein, wir haben noch kein Wort miteinander gewechselt!«

    »Wirst auch keins hören! Glaub mir!« Sie rückte ein bisschen näher.

    »Ist das jetzt angenehm oder störend?«, wollte sie weiter wissen.

    »Kann ich noch nichts zu sagen. Sie tut mir nur leid, denn in so jungen Jahren so fest eingekapselt in ihren Kokon, da muss schon eine Menge passiert sein..!«

    »Das kannste laut sagen!«, erwiderte Jutta und trank ihren Kaffee aus.

    »Gehste mit eine rauchen, nach unserem Dessert«, und sie nickte zur Tablettenausgabe hinüber.

    »Nein, danke, ich rauch‘ nicht mehr, Hab‘s mir vor vielen Jahren abgewöhnt.«, in ihren Slang fallend. »Außerdem will Frau Dr. S. mir im Anschluss ans Frühstück die Gepflogenheiten mitteilen!« Jutta zwinkerte mir zu.

    »Ein bisschen unterkühlt die Dame, scheint aber kompetent zu sein!« Sie erhob sich und räumte ihr und mein Geschirr in den Wagen.

    »Mir hat sie noch nicht endgültig helfen können, aber sie ist unerschütterlich, dass es diesmal funktioniert!« Die Schulter straffend, ging sie zur Pillenschranke.

    Nachdem ich meinen Namen nannte, reichte mir eine Pflegefachkraft einen Pappbecher mit Wasser und meine Dosis Tabletten.

    »Was ist das denn alles?«, fragte ich erschüttert, denn es waren mindestens drei verschiedene Drogen, die ich einnehmen sollte.

    »Das sagt Ihnen Frau Doktor, gleich. Es sind dieselben wie gestern Abend, wenn es Sie beruhigt!«, als sie meinen skeptischen Blick sah.

    »Und jetzt gehen Sie bitte weiter, Sie halten den Betrieb auf!« Ich hatte zwar nicht diesen Eindruck, denn alle anderen saßen noch am Tisch, nickte aber nur und lächelte die Pflegefachkraft an. »Meine Freundlichkeit kriegste nicht so einfach klein!«« rebellierte es in mir.

    Da noch ein wenig Zeit bis zur Sprechstunde war - »Setzen Sie sich vor Zimmer 2, Frau Dr. S. ruft Sie dann rein!« -, füllte ich eine Tasse mit neuem Kaffee und besah mir heute ausführlicher die anderen Kandidaten.

    Da war zunächst Gitte, die sich ständig bemühte, ihre beiden Narben übersäten Unterarme zu verstecken, vielleicht 16, blond, schlank und mit einem unstetem Blick aus schönen braunen Augen. Ihre Kleidung war jugendlich unschamhaft.

    Christian fiel mir auf, weil er ständig unverständliche Worte vor sich her murmelte. Ich rätselte noch, was für eine Sprache es sein könnte, da sprang mir Ahmed zur Seite.

    »Der spricht fließend koreanisch, obwohl er Deutscher ist! Hat wohl da gelebt, bevor sie ihn hier stilllegten!« Wie ungewöhnlich!

    Maria war eine abgemagerte Frau in den 70ern, ihre Kleidung hing an ihr herab, restbraun gefärbte schulterlange Haare, ihr Blick verunsichert, wich meinem aus. Ruhige Kandidatin.

    Jonas, nein, Halt zurück zu…Ahmed. Dieser vielleicht 18 Jahre alte Jugendliche war das genaue Gegenteil. Todschick angezogen, hatte er immer, bei allen Lichtverhältnissen, eine spiegelnde, dunkle Sonnenbrille auf der Nase. Bei allen Mahlzeiten aß er Unmengen, war aber schlank dabei. Trank viele Tassen Kaffee mit 4 Löffeln Zucker, keine Milch. Und redete in einer Tour. Dabei hibbelte er auf seinem Stuhl herum. Auch auf den Gängen hatte er einen munteren Gang.

    »Ich hab alles in mich rein gepfiffen, was es so an Drogen gibt. Hauptsache, keine Erdberührung!« Über diesen Ausdruck musste ich lächeln,.

    »Jetzt habe ich es bald geschafft, der kalte Entzug ist schon 2 Wochen her! Vielleicht komme ich nächste Woche raus.«

    »Drück dir die Daumen!« erwiderte ich. Doch als er kurz die Brille abnahm, sah ich seinen flackernden Blick, der diese Entlassung zwar herbeisehnte, aber selbst seine Spur auf der Drogenschiene wieder aufnehmen sah. Abwarten!

    Jetzt Jonas! Wenn er irgendwo saß, wippte ein Knie immer auf und nieder, seine Nerven hatten seine Beine nicht unter Kontrolle, also alles ähnlich wie bei mir. Er war etwa Mitte 30, hatte eine Freundin, der er verbot, ihn mal zu besuchen, Nichtraucher. Mit ihm sollte ich in den kommenden Wochen so manche Runde um den Innenblock drehen. Netter Kerl. Dann noch Tom, vielleicht Anfang 20, scheint autistische Züge zu haben und wischt seine Hände ständig an jeweils neuem Feuchttuch ab.

    Ich sah auf die große Stationsuhr! Okay, eine Minute noch bis zum Jüngsten Gericht

    Auf dem Stuhl vor dem Arztzimmer hin und her rutschend, bekam ich feuchte Hände.

    »Frau K., bitte kommen Sie herein.!«

    »Die notfallmäßige Aufnahme I: ftäJiff: l;i;ä,…..nachnotfallmäßiger Vorstdeellru SÄ9t_ijnäh'ariegegnt epiatutinenqtdene seErhfeomtgantnee s l:,jH,#:;1,.1]i,1lii aufgrund von seifca twil;X (.r5-2sJahre) lat*ha,ncren Angsten und rererci,: +,0?,,478.c53ee innerer Unruhe. insbesondere sei sie betastet d;r;ingste, ;m: ur*Hx;;; dasS die Familie V.erarmen Werde Und sie Selbst hieran die rourefte_syndro, -_,-_schuld trase sie habe w^l;;üär,"n roiÄ,,';';än in,. Ausgaben und…«

    So die Erklärung über meinen Zustand an die versammelten Ärzte. Es mochten etwa 6-8 Weißkittel sein. Dann sprach mich Frau Dr. S. direkt an. Sie entpuppte sich tatsächlich als eine etwas unterkühlte, jedoch dem Patienten zugewandte Person mittleren Alters mit langen, blonden, nach hinten gebundenen Haaren, gleichmäßigen Gesichtszügen und lebhaften Augen. Neben ihr konnte man tatsächlich Raum, Zeit und Anwesende vergessen. Ich erzählte also, warum ich glaubte, zusammengebrochen zu sein. Allerdings antwortete sie in einer mir noch nicht verständlichen Sprache.

    Einzig meiner Bitte um andere Medikamente, da meine Schmerzen im Kopf seit der ersten Einnahme hier, noch unerträglicher geworden waren, kamen sie unverzüglich und auch in einer allgemein verständlichen Sprache nach. Es blieb deshalb bei einem Beruhigungsmittel und den Schmerzmitteln, die ich auch schon einem Jahre lang vorher ohne Probleme einnahm.

    Wieder »draußen«, holte ich mir erst einmal einen weiteren Kaffee. An der Kanne begegnete mir eine verschreckte Frau mit hochgebundener rechter Brust.

    Sie bat um den Zucker und um die Milch, da beides genau vor mir stand. Ihr Akzent ließ mich auf Russin schließen. Sie füllte zwei Tassen und verschwand in ihrem Zimmer, das sie mit 2 anderen Frauen teilte. Diese weilten jedoch im Raucherzimmer, und es handelte sich dabei um Jutta und Maria, wie sich später herausstellte. Die zweite Tasse war für ihre Mutter, die sie gerade besuchte. Allerdings war der Kaffee nur für die Insassen gedacht und so gab es natürlich entsprechenden Ärger. Der Redeschwall, der sich über die diensthabende Pflegefachkraft ergoss, war tatsächlich russisch und lief so natürlich ins Leere. Schließlich brach Olga in Tränen aus und bat weinend um ein Schmerzmittel, weil ihr ihre Brust so weh täte.

    Jutta erzählte mir später, dass Olga eine Brust amputiert worden war. Diese OP war schief gegangen und die andere Brust musste aus chirurgischen oder Verheilungsgründen hochgebunden werden, was auf die Dauer tatsächlich schlimme Schmerzen verursacht. Über diese Schmerzen war sie durchgedreht und zu keinem klaren Gedanken mehr fähig. Sie glaubte inzwischen, dass durch Überrepräsentation der gesunden Brust sie den Verlust der amputierten Hälfte besser verkraften und alle Blicke von ihrem Problem weg oder auch hinlenken könnte. Da sie im Laufe der Chemo Tablettenabhängig geworden war, wirkten auch sehr starke Mittel nur noch bedingt gegen ihre selbst auferlegten Marter, und die Intervalle, wo sie nach neuen Mitteln verlangte, wurden immer kürzer.

    »Ich mache nachts kaum ein Auge zu, weil sie ständig wimmert.«, bemerkte Jutta und fügte grinsend hinzu: »Sie geben mir aber kein Bier, damit ich mich auch ein bisschen betäube!«

    Ich holte mein Telefon heraus und erzählte meinem Mann vom Arztgespräch, dass es mir psychisch heute schon viel besser ginge und ich wegen der Kopfschmerzen andere Medikamente erhielte. Von den Mitbewohnenden redete ich nur bruchstückhaft.

    Dann legte ich wieder auf, weil Maria an meinem Arm zupfte.

    »Gab es schon Frühstück?«, fragte sie und sah irritiert aus. Fragend blickte ich zu Jutta, die ebenfalls zum Esstisch strebte.

    »Nein, das fällt heute aus!«, mischte sich ein weiterer Mensch ein. Im Umdrehen begegnete ich dem Blick von Felix.

    »Hallo! Neu hier?«, lächelte er mich amüsiert an. »Was verschafft uns denn das Vergnügen?«

    »Angstzustände!« entgegnete ich, erstaunt über meine eigene Offenheit.

    »Ich heiße Marion Margarete und du?« Er nannte mir seinen Namen und erzählte von seinen Zuständen, hervorgerufen durch Drogen, die er nicht mehr unter Kontrolle hatte.

    »Dabei stand ich kurz vor Abschluss meiner Ausbildung als Optiker! Aber der Prüfungsstress ließ mich

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