Gift und Galle: Der exzellente Butler Parker 73 – Kriminalroman
Von Günter Dönges
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Der exzellente Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht!
Nachdem Josuah Parker den Lift verlassen hatte, schritt er würdevoll wie ein Aristokrat durch den mit einem dicken Velourteppich ausgelegten Korridorgang und suchte nach dem Apartment eines gewissen Mr. Wald D. Flagstaff. Diese Tür fand er am Ende des Korridors. Im Näherkommen hörte er die wohlklingenden Töne einer Orgelmusik, die durch die Tür nach draußen klang. Wenn Parker nicht alles täuschte, handelt es sich um eine Bach-Fuge. Versonnen blieb er einen kurzen Moment stehen und lauschte. Dann zwang er sich förmlich dazu, seinen schwarz behandschuhten Finger auf den Klingelknopf zu legen. Er bedauerte es ungemein, diese Musik durch ein ordinäres Klingeln stören zu müssen. Gewiß, die Musik, die wahrscheinlich aus einem Radio kam, war ungemein laut, doch selbst in der lautstarken Verzerrung war sie noch geeignet, Parker freudig zu stimmen. Das diskrete Klingeln wurde verständlicherweise überhört. Die Musik war wirklich zu laut. Josuah Parker sah sich gezwungen, nachdrücklicher zu läuten. Er ließ, seinen Finger diesmal einige Sekunden lang auf dem Klingelknopf ruhen. Die Orgelmusik wurde schlagartig leiser. Schritte näherten sich der Tür. Parkers Haltung wurde in der Erwartung noch steifer und würdevoller als sonst. Die Tür öffnete sich. Ein mittelgroßer Mann, schlank, mit hagerem Gesicht und schütterem Haar, sah den Butler fragend und irgendwie unsicher und etwas überrascht an. »Ja...?«
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Gift und Galle - Günter Dönges
Der exzellente Butler Parker
– 73 –
Gift und Galle
Günter Dönges
Nachdem Josuah Parker den Lift verlassen hatte, schritt er würdevoll wie ein Aristokrat durch den mit einem dicken Velourteppich ausgelegten Korridorgang und suchte nach dem Apartment eines gewissen Mr. Wald D. Flagstaff.
Diese Tür fand er am Ende des Korridors. Im Näherkommen hörte er die wohlklingenden Töne einer Orgelmusik, die durch die Tür nach draußen klang. Wenn Parker nicht alles täuschte, handelt es sich um eine Bach-Fuge.
Versonnen blieb er einen kurzen Moment stehen und lauschte. Dann zwang er sich förmlich dazu, seinen schwarz behandschuhten Finger auf den Klingelknopf zu legen. Er bedauerte es ungemein, diese Musik durch ein ordinäres Klingeln stören zu müssen. Gewiß, die Musik, die wahrscheinlich aus einem Radio kam, war ungemein laut, doch selbst in der lautstarken Verzerrung war sie noch geeignet, Parker freudig zu stimmen.
Das diskrete Klingeln wurde verständlicherweise überhört. Die Musik war wirklich zu laut. Josuah Parker sah sich gezwungen, nachdrücklicher zu läuten. Er ließ, seinen Finger diesmal einige Sekunden lang auf dem Klingelknopf ruhen.
Die Orgelmusik wurde schlagartig leiser. Schritte näherten sich der Tür. Parkers Haltung wurde in der Erwartung noch steifer und würdevoller als sonst.
Die Tür öffnete sich.
Ein mittelgroßer Mann, schlank, mit hagerem Gesicht und schütterem Haar, sah den Butler fragend und irgendwie unsicher und etwas überrascht an.
»Ja...?« fragte er dann gedehnt.
»Parker mein Name, Josuah Parker«, stellte der Butler sich vor und deutete eine leichte, höfliche Verbeugung an. »Mr. Flagstaff bat mich zu sich, ein Wunsch, dem ich umgehend nachkam, wie Sie sehen können.«
»Ach so...!« gab der Mittelgroße etwas fahrig zurück und ließ den Butler gleichzeitig eintreten, »zu Flagstaff wollen Sie...! Kommen Sie herein. Ich... ich bin ein Bekannter von Flagstaff...!«
»Ich komme hoffentlich nicht ungelegen«, meinte Josuah Parker. »Ich hatte allerdings den Eindruck, daß Mr. Flagstaff umgehend meinen Besuch erwartete.«
»Sie stören überhaupt nicht«, antwortete der mittelgroße, schlanke Mann. Und dann schlug er zu, als Parker ihn passierte.
Dieser Schlag, mit einer Stahlrute ausgeführt, kam für den Butler derart überraschend, daß er noch nicht einmal den Versuch einer zaghaften Gegenwehr unternehmen konnte.
Die Stahlrute dröhnte auf Parkers schwarze Melone herunter und veranlaßte ihn, gegen seinen Willen in die Knie zu gehen. Parker wollte sich peinlicherweise an einem Mantel festhalten, der an der Garderobe hing, doch ein zweiter, vielleicht noch härterer Schlag ließ ihn vollends zu Boden gehen.
Stumm und leidend breitete' der Butler sich auf dem Boden aus, ohne dabei aber erstaunlicherweise an Würde oder Gemessenheit zu verlieren. Dann blieb er regungslos liegen und sah nicht, daß der Mittelgroße inzwischen eine Automatik gezogen hatte, deren Lauf er auf den Butler richtete.
Das Gesicht dieses Mannes, der höchstens dreißig Jahre alt sein mochte, zeigte kaum eine Regung. Es war offensichtlich, daß dieser Mann sich in Handhabungen und Praktiken dieser Art bestens auskannte. Die schußbereite Automatik hielt er ganz sicher nicht zum erstenmal in der Hand. Es war eine Frage von Bruchteilen von Sekunden, bis er abdrückte.
Parker war diesem Mann hilflos ausgeliefert. Er konnte noch nicht einmal ahnen, in welcher Lebensgefahr er schwebte.
Bruchteile vor diesem Schuß erschien ein zweiter Mann in der geräumigen Diele, in der Parker auf dem Boden lag. Dieser Mann war breitschultrig, muskulös und hatte ein grobes Gesicht. Er schien einem Handbuch für Gangster- und Schlägertypen zu entstammen.
»Bist du verrückt, Steve?« zischte diese Schlägertype den Waffenbesitzer an, »fehlt noch, daß du hier herumknallst!«
Der Mittelgroße wandte sich nervös zu dem Schläger um.' Dann wies er auf den immer noch regungslos am Boden liegenden Butler, als drohe von ihm eine besondere Gefahr.
»Das ist Parker...!« sagte Steve dann, als sei damit bereits ein Programm genannt.
»Na und...?« fragte der Grobschlächtige zurück. Er grinste verächtlich.
»Das ist Parker, Dan«, wiederholte Steve noch einmal. »Parker ist der raffinierteste Bursche weit und breit!«
»Der komische Bursche da?« meinte Dan verächtlich und verlieh seinem groben Gesicht einen spöttischen Ausdruck.
»Du bist eben neu hier in der Stadt«, redete Steve hastig weiter, »du sollst sehen, der Boß ist nachträglich einverstanden! Vielleicht rückt er sogar mit ’ner Prämie ’raus! Ich hab’ mir schon immer gewünscht, dem ’ne Ladung zu verpassen!«
»Kanone runter«, kommandierte Dan grob. Er kniff die Augen zusammen und musterte seinen jüngeren Begleiter, dessen Wangen sich rötlich gefärbt hatten. Steve leckte sich die Lippen und lachte plötzlich auf.
»Kanone ’runter«, kommandierte Dan noch einmal. »Ohne ’nen ausdrücklichen Befehl vom Boß wird nicht geschossen, klar! Los, hauen wir ab! Hier ist für uns nichts mehr zu holen!«
»Aber der Kerl weiß doch jetzt, wie ich aussehe«, gab Steve nervös zu bedenken.
»Na und...? Wenn er Ärger macht, bekommst du ’n erstklassiges Alibi«, gab Dan zurück. Trotz seines wirklich finsteren Aussehens, trotz der groben Primitivität, die er ausstrahlte, vermochte er schnell und logisch zu denken.
Er schien seinem jüngeren Partner Steve nicht über den Weg zu trauen, was die Automatik anbetraf. Blitzschnell und überraschend geschickt schlug er Steve die Waffe aus der Hand. Dann stellte er seinen Fuß darauf und deutete zur Korridortür.
»Hau ab...!« sagte er dann leise, »Das Ding bekommst du unten zurück, klar? Es wird höchste Zeit, sonst sind wir dran!«
Steve zog förmlich den Kopf ein. Er schien die Kräfte seines Partners Dan zu fürchten. Als Dan sich hach der Waffe bückte und sie aufhob, glomm in Steves Augen deutlicher Haß auf. Seine Lippen bildeten einen schmalen, blutleeren Strich. Langsam ging er zur Tür und trat hinaus auf den Korridor.
Dan warf einen letzten Bick auf den Butler und folgte seinem jüngeren Begleiter. Dann zog er von außen die Tür zu und ließ den Butler ungeschoren zurück.
Genau in diesem Augenblick richtete der Butler sich auf.
Seine Ohnmacht schien nicht besonders tief gewesen zu sein. Er mußte den größten Teil der Unterhaltung zwischen Steve und Dan mitbekommen haben. Dennoch war er regungslos liegengeblieben, was wieder einmal für seine ausgezeichneten Nerven sprach. Trotz der tödlichen Bedrohung hat er sich nicht gerührt.
Parker stand auf und sorgte erst mal dafür, daß der Sitz der steifen, schwarzen Melone wieder als korrekt zu bezeichnen war. Dann klopfte er sich einige Stäubchen von seinem schwarzen Zweireiher und legte den Griff seines Universal-Regenschirms über den linken Unterarm. Die leichten Kopfschmerzen ignorierte der Butler. Er war schließlich aus hartem Holz geschnitzt.
Interessiert betrat er das Wohnzimmer, aus dem die beiden Gangster gekommen waren.
Schwere Ledersesselgarnituren beherrschten den Raum. Auf dem Boden lagen weiche, üppige Teppiche, die ein kleines Vermögen gekostet haben mußten. Die Wände trugen wohlgefüllte Bücherregale, die fast bis hinauf zur Zimmerdecke reichten. Durch eine Rundbogentür sah Parker dann hinein in das Arbeitszimmer.
Ein langer, breiter, derber Arbeitstisch stand unter dem Fenster. Auch in diesem Raum Bücher über Bücher, die selbst auf dem Boden gestapelt waren. Auf einem kleinen Beistelltischchen rechtwinklig zum Arbeitstisch stand eine bereits angejahrte Schreibmaschine, in die ein Bogen eingespannt war. An der Längswand standen moderne Karteischränke, deren Schubladen aufgerissen und durchstöbert worden sein mußten. Auf dem Boden stapelten sich herausgerissene Karteiblätter, die ein Windstoß durcheinandergewirbelt zu haben schien.
Parker sah sich das alles mit einem schnellen, umfassenden Blick an und prägte sich Einzelheiten ein. Darüber vergaß er natürlich nicht die Hauptsache.
Sie bezog sich auf einen massigen Mann, der mit ausgebreiteten Armen vor dem Arbeitstisch lag und ganz offensichtlich tot war!
*
Parker wollte sich um Details kümmern.
Zu seiner Überraschung kam es nicht mehr dazu. Plötzlich, ohne jede Vorwarnung, erschütterte eine dumpfe Detonation die Luft. Parker warf sich instinktiv zurück in das große Wohnzimmer, wurde aber noch von einer bärenstarken Druckwelle erfaßt und zu Boden geschleudert.
Ziegelbrocken, Kalkmörtel, zersplittertes Holz und Glasscherben wirbelten in den Wohnraum hinein. Parker war von der Druckwelle hinter eine der querstehenden Couches geschleudert worden.
Genau das war sein Glück.
Die Wirkung der Sprengladung pfiff über ihn hinweg. Er konnte unbeschädigt aufstehen und hüstelte gegen seinen Willen. Dichter Qualm und Rauch quollen ihm entgegen. Es roch nach Feuer und Brand. Mißtrauisch beobachtete Parker die Trennwand zwischen Arbeitszimmer und Wohnraum. Sie hatte sich in ihre Einzelteile zerlegt und drohte mit ihrem Rest in den Wohnraum hineinzufallen.
Dennoch riskierte der Butler es, sich zurück in das Arbeitszimmer zu kämpfen. Flammenzungen bleckten ihm entgegen. Dort, wo die Karteikästen stehen mußten, war nur noch Feuer und Rauch zu sehen. Die beiden Gangster mußten offensichtlich einen Sprengsatz mit Brandfüllung verwendet haben.
Parker kümmerte sich erst einmal um den Toten, den er jetzt hart neben der Tür entdeckte. Er schleifte den leblosen Körper hinüber in den Wohnraum. Dann arbeitete er sich noch einmal zurück in das Arbeitszimmer und kämpfte sich an die Schreibmaschine heran.
Doch dort, wo sie gestanden hatte, befand sie sich nicht mehr. Die gewaltige Explosion schien sie