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Romy und Johanna: Unverhofft
Romy und Johanna: Unverhofft
Romy und Johanna: Unverhofft
eBook297 Seiten4 Stunden

Romy und Johanna: Unverhofft

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Über dieses E-Book

Johanna gilt als einsamer Wolf. Sie lässt niemanden an sich heran, denn so kann sie jedenfalls nicht verletzt werden. Ihr Plan hat bis jetzt auch ganz gut funktioniert.
Doch als sie der mysteriösen Neuen begegnet, weiß sie, dass sie, dass Mädchen unbedingt näher kennenlernen möchte. Dieser Wunsch ist für Johanna gleichzeitig ein Fluch und ein Segen.

Wird sie es schaffen, ihrem Herzen zu folgen und diesen Schritt zu gehen?
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum3. Sept. 2022
ISBN9783347660939
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    Buchvorschau

    Romy und Johanna - Chiara Boner

    1. Kapitel

    Ich schloss mein Fahrrad ab und stieg die Stufen zur Schule hoch. Normalerweise fuhr ich gemeinsam mit meiner besten Freundin, aber die Glückliche hatte erst zur Zweiten. Wir gingen zwar in dieselbe Klasse, aber wir hatten unterschiedliche Fremdsprachen gewählt. Während ich mich damals für Spanisch entschied, wählte sie Französisch.

    Während ich so in meinen Gedanken versunken war, hatte Jesko es sich neben mir auf dem Boden des Schulflures gemütlich gemacht. Jesko war seit Kindergartentagen mein bester Freund und dass wir in einer Klasse waren, hielten wir für eine glückliche Schicksalsfügung. Erst als er mir auf meine Schulter tippte, schreckte ich hoch und blickte direkt in seine blauen Augen. Ein Lächeln umspielte seine Lippen. Seine Haare waren ordentlich zur Seite gekämmt, sein Hemd trug er mit einem T-Shirt darunter offen, dazu eine enganliegende schwarze Hose. Seine Füße steckten in schwarzen Chucks. Wir waren unzertrennlich und somit war er auch immer dabei, wenn ich mit Laura unterwegs war, zumindest in der Schulzeit. Außerhalb trafen wir uns auch oft, aber eher, um eine Runde Sport zu machen.

    Egal ob Laufen gehen, Kraftübungen oder nur Radfahren: Er war der ideale Trainingspartner. Und ich wusste nur zu gut, was ich an ihm hatte.

    „Hey, du warst ja ganz woanders. Worüber hast du denn diesmal nachgedacht? Davon abgesehen, dass ich noch nicht ganz begreifen kann, dass du wirklich denken kannst."

    „Danke. Heute mal wieder ganz freundlich unterwegs?"

    „Immer doch, das müsstest du doch wissen. Nett sein liegt in meiner Natur, im Gegensatz zu dir, Jojo."

    Jojo war mein Spitzname. Mein voller Name war Johanna, doch ich bevorzugte lieber die Abkürzung.

    „Da scheint ja jemand richtig gut geschlafen zu haben. Gibt es irgendetwas, was ich wissen sollte?"

    „Nein, eigentlich nicht. Mein Leben ist genauso langweilig wie vorher. Wo ist eigentlich Laura?"

    „Sie hat erst zur Zweiten. Das wirst du wohl nie auf dem Schirm haben."

    „Da könntest du Recht haben."

    Ich ließ meinen Blick über meine Mitschüler schweifen, die sich inzwischen vor dem Klassenraum angesammelt hatten. Die meisten hörten nach diesem Jahr zum Glück auf, sodass ich nur mit den wenigsten noch etwas zu tun haben würde und ich müsste lügen, wenn ich sagte, dass ich sie vermissen würde.

    „Und freust du dich schon, wenn alle weg sind?", fragte ich, obwohl ich die Antwort nur zu gut kannte.

    „Oh ja. Ich mag diese Klasse nun wirklich nicht, aber wir müssen noch ein paar Monate aushalten, bis die Hälfte weg ist."

    Ich winkte ab und erwiderte: „So schlimm ist es auch wieder nicht. Viele sind ein bisschen oberflächlich, aber man muss sie nur zu nehmen wissen, es sei denn, du willst dich mit denen unterhalten, das wird nichts werden, so wenig, wie die meisten hier im Kopf haben."

    „Sagt die Richtige", antwortete Jesko grinsend.

    „Womit habe ich das heute nur verdient?"

    „Ich baue dich doch gerne auf und Laura ist leider nicht da, um das zu übernehmen. Apropos Laura, ich würde auch am liebsten noch weiterschlafen."

    „Das können Sie gerne in den Ferien machen, aber erst einmal wollen wir mit Spanisch loslegen, oder haben Sie da etwas gegen?", meinte unser Lehrer mit einem Augenzwinkern.

    „Solange wir keinen Test schreiben, bin ich dabei."

    Ich musste mir ein Lachen verkneifen. Im Gegensatz zu unserer Klassenlehrerin war unser Spanischlehrer eine Art Vertrauensperson für uns. Er hatte immer ein offenes Ohr für uns und nahm sich alle Zeit der Welt, um uns zuzuhören, wenn wir etwas auf der Seele hatten. Jesko hatte immer eine freche Antwort parat, nur war er im Gegensatz zu Laura nicht unverschämt, sondern witzig.

    Ich nahm meinen Rucksack vom Boden und erhob mich, um meinem Lehrer in die Klasse zu folgen.

    Aber auch in der Stunde waren meine Gedanken ganz woanders. Mein Bruder würde am Freitag zu Besuch kommen und uns endlich seine neue Freundin vorstellen. Seitdem er ausgezogen war, sahen wir uns so gut wie gar nicht. Und ich war wirklich auf seine Freundin gespannt, bei ihm wusste man nie, mit welchem Typus er ankommen würde.

    Jesko stupste mich mit seinem Ellenbogen an. „Kommst du?"

    Verwirrt schaute ich auf und musste feststellen, dass ich die Einzige in der Klasse war. Der Rest war schon gegangen, ebenfalls mein Lehrer. Oh, wie peinlich. Ich hatte absolut nichts mitbekommen, weder vom Unterricht noch von seinem Ende. Schnell packte ich meine Sachen zusammen und folgte Jesko aus dem Raum. Als nächstes hatten wir Physik, das konnte heiter werden. Wenn es ein Fach gab, in dem ich noch schlechter war als in Mathe, dann war das Physik. Darin war ich wirklich mit Abstand die Schlechteste aus der Klasse. Mein Physiklehrer, gleichzeitig auch mein Mathelehrer, war dementsprechend kein sonderlich großer Fan von mir. Das war aber auch kaum verwunderlich.

    Jesko und ich setzten uns in die letzte Reihe unseres Klassenraums zu Laura, die uns schon erwartete. Da der Physikraum immer besetzt war, hatten wir immer im Klassenraum Unterricht. Laura umarmte mich und seufzte theatralisch.

    „Ich dachte schon, ihr kommt nicht mehr, dann hätte ich die Stunden mit unserer Klassenlehrerin allein überstehen müssen."

    „Wir haben sie doch heute nur einmal?", wandte Jesko ein.

    „Physik fällt aus, habt ihr nicht auf den Plan geschaut? Wir haben unsere Klassenlehrerin dafür."

    „Oh Gott, soll das erst einmal jemand überleben", murmelte ich.

    „Das wird schwer, aber jetzt seid ihr zumindest da."

    „Wir lassen dich doch nicht im Stich, außerdem wird es ohne uns nur halb so lustig", meldete sich Jesko mal wieder zu Wort.

    Die Klasse wurde still und alle Blicke wanderten nach vorne. Irritiert tat ich es meiner Klasse gleich und musste feststellen, dass unsere Klassenlehrerin schon da war. Man übersah sie fast, so klein wie sie war. Sie trug zwar immer hochhackige Schuhe, aber dadurch wurde sie auch nicht unbedingt größer. Sie maß vielleicht gerade mal die eins sechzig mitsamt Schuhen und Dutt.

    „Schön, dass ihr erholt aus euren Ferien zurückgekommen seid", begrüßte sie uns.

    „Als wenn wir eine Wahl gehabt hätten", erwiderte Laura. Ich verdrehte die Augen und versuchte Laura weitestgehend auszublenden. In der ersten Stunde nach den Ferien wollte ich nicht schon aus der Klasse verwiesen werden. Jesko tat es mir gleich und versuchte sich auf unsere Lehrerin zu konzentrieren. Doch als Laura die Stimme unserer Klassenlehrerin nachäffte, musste ich einfach lachen. Sofort tauchte die besagte Lehrerin auf und musterte uns mit zusammengekniffenen Augen.

    „Was gibt es hier zu lachen? Ist euch mein Unterricht zu langweilig?"

    „Ach, nichts. Alles gut, Sie können gerne weitermachen", antwortete ich und setzte ein ernstes Gesicht auf.

    „Seid gefälligst leise. Ich habe echt die Schnauze voll davon."

    „Wird gemacht, Captain", erwiderte Laura.

    „Raus mit euch beiden. Ich lass das nicht länger mit mir machen."

    „Na danke", raunte ich Laura zu. Und mal wieder saßen wir auf dem Flur. Langsam war das nichts Neues mehr und doch hatte ich einen Neustart gewollt, ohne das hier. Aber dafür war es einfach ein zu schlechter Ort, neben Laura zu sitzen. Ich mochte mich selbst nicht dafür, dass ich immer mitgezogen wurde, denn ich allein hätte mich niemals getraut, das Wort zu erheben, aber ernst bleiben lag mir leider nicht so und das musste ich schnell ändern. So konnte es nicht weitergehen.

    „Was war das denn eben?", fragte ich meine beste Freundin und warf ihr einen vorwurfsvollen Blick zu.

    „Ist mir nun mal so eingefallen, du kennst mich doch. Ich habe immer einen guten Spruch auf Lager."

    „Auch wenn wir hier draußen wahrscheinlich nicht so viel verpassen werden von ihrem Unterricht, wäre ich trotzdem gerne drinnen geblieben. Ich habe keine Lust, immer rauszufliegen."

    „Was ist denn mit dir los? Seit wann bist du so eine Spielverderberin?"

    „Du übertreibst es einfach, okay? Du kannst meinetwegen gerne weiterhin rausfliegen, aber lass mich da raus."

    „Das ist doch nicht meine Schuld, wenn du lachen musst."

    „Und wer legt es darauf an, dass ich lache?"

    „Okay, vielleicht hast du Recht, tut mir leid. Ich höre auf."

    Ich schaute auf meine Uhr, wir waren seit etwas mehr als zehn Minuten draußen und konnten eigentlich schon wieder in die Klasse gehen. Rausgeschmissen zu werden bedeutete bei ihr nicht, die ganze Stunde draußen zu verbringen, sondern nur so lange, bis man sich wieder im Griff hatte. Laura blieb dennoch des Öfteren die ganze Stunde draußen, um die Stunde zu schwänzen. Unsere Lehrerin hatte damit kein Problem, dann gab es für sie einen Störfaktor weniger in der Klasse. Dass Laura sonst wo war, aber nicht auf dem Schulgelände, war ihr ebenso egal. Gut für sie, dass noch nie etwas passiert war.

    „Vielleicht sollten wir wieder reingehen", schlug ich vor, obwohl ich genau wusste, dass die Idee, die ja eigentlich naheliegend war, ihr missfallen würde.

    „Wenn es sein muss."

    Mit Laura im Schlepptau betrat ich wieder die Klasse und setzte mich auf meinen Platz. Jesko hatte eifrig mitgeschrieben und gab mir sein Heft, damit ich das verpasste, übertragen konnte.

    „Sind die Damen wieder zur Vernunft gekommen?"

    Ich nickte und machte mich eifrig daran, abzuschreiben. Laura hingegen ignorierte unsere Lehrerin und quatschte einfach mit ihrem anderen Sitznachbarn. Bevor sie mit dem Unterricht weitermachte, warf sie uns noch einen prüfenden Blick zu und entschied wohl, dass Lauras Gerede ihren Unterricht nicht beeinträchtigen würde.

    Nach der Schule war ich mit Laura unterwegs zu mir nach Hause. Das war schon fast zu einem Ritual geworden.

    „Nachher wollten noch ein paar etwas trinken gehen, bist du dabei?", fragte sie mich gerade.

    Schockiert schaute ich sie an. Heute war der erste Schultag und sie dachte nur schon wieder daran, feiern zu gehen. Unglaublich.

    „Es ist Schule! Heute war der erste Schultag und du willst schon wieder feiern gehen? Ohne mich."

    „Warum nicht? Schließlich sind da ganz süße Jungs dabei und für dich finden wir bestimmt auch endlich mal jemanden."

    Ich schüttelte den Kopf und antwortete: „Ich bin raus. Vielleicht mal am Wochenende."

    „Kommt da nicht dein Bruder?"

    „Oh, stimmt. Dann halt eben erst, wenn er wieder weg ist. Ich genieße lieber die Zeit mit ihm, als feiern zu gehen."

    „Ich werde dich wohl nie verstehen. Aber komm schon, Johanna. Es wird bestimmt lustig."

    „Meistens wenn du das sagst, wird es eine Katastrophe."

    „Stell dich nicht so an. Ein bisschen Spaß schadet doch niemanden."

    „Kenne ich da überhaupt jemanden?"

    „Auf jeden Fall. Es kommen nur welche aus unserem Jahrgang."

    „Na gut, ich bin dabei."

    Freudestrahlend umarmte sie mich, wobei sie ihr Rad beinahe umgeworfen hätte. Ich wusste weder, was ich da zu suchen hatte, noch warum ich überhaupt eingewilligt hatte. Und ich könnte wetten, dass ich dort niemanden kannte, geschweige denn, dass überhaupt welche aus unserem Jahrgang dort waren. Aber vielleicht würde es ja doch ganz nett werden.

    Bei mir zuhause schmissen wir unsere Rucksäcke in die Ecke und legten uns auf mein Bett.

    Ich hatte leise Musik angemacht und lauschte dieser. Laura erzählte mir, wer alles genau kommen würde, aber ich hörte nicht wirklich zu. Es interessierte mich auch einfach nicht. Ob ich da jetzt Leute kannte oder nicht, ich würde trotzdem als Erste gehen. Und mich zu unterhalten, lag mir nicht so. Die meisten Mädchen interessierten sich nun mal für Jungs, das war bei mir nicht der Fall. Ich interessierte mich auch nicht für die nächsten Partys oder Mode. Mich mit Jungs zu unterhalten hatte ich recht schnell aufgegeben, da sie oftmals Höflichkeit mit Interesse verwechselten und mich das einfach nur nervte. Meine Mutter war ziemlich enttäuscht. Aber das war sie eigentlich immer von mir. Ich war ihr nie gut genug. Dass sie mich überhaupt liebte, bezweifelte ich. Ich hatte schon mal irgendwo gelesen, dass es solche Fälle geben konnte und je mehr ich darüber nachdachte, desto wahrscheinlicher fand ich es. Das würde auf jeden Fall ihr Verhalten erklären. Meinem Bruder gegenüber war sie immer die beste Mutter, die man sich vorstellen konnte. Früher war ich immer froh gewesen, wenn sie mich mal beachtet hatte, mittlerweile war ihre Strategie, um mich zu verletzten, mich runterzumachen. Obwohl man meinen müsste, dass man sich mit der Zeit daran gewöhnen würde, war dem bei mir nicht so.

    „Erde an Johanna!"

    Laura fuchtelte mit ihrer manikürten Hand vor meinem Gesicht herum und schien ein bisschen verärgert zu sein. Scheinbar hatte sie mittlerweile gemerkt, dass ich ihr nicht zugehört hatte.

    „Was ist denn?"

    „Du hast mir gar nicht zugehört, oder? Na ja egal. Was willst du anziehen?"

    „Ich bleibe so."

    Laura warf mir einen kritischen Blick zu und stand auf, um meinen Kleiderschrank zu inspizieren.

    „So kannst du eindeutig nicht herumlaufen. Was sollen denn die Jungs denken?"

    „Mir ist ziemlich egal, was die über mich denken, außerdem ist es immer noch meine Entscheidung, wie ich herumlaufe. Ich komme nur mit, weil du es so wolltest, vergiss das nicht."

    „Ist ja gut. Du meine Güte, bist du heute schlecht gelaunt."

    „Wann sollen wir denn da sein?", fragte ich in der Hoffnung, dass es mir zu spät sein würde.

    „Gegen fünf kommen die ersten, glaube ich. Wir wollen ja nicht, dass es zu spät wird, nicht wahr?"

    „Dann sollten wir mal los. Es ist schon kurz vor fünf."

    „Was? Wo ist denn die Zeit geblieben?"

    In Windeseile schnappte sich Laura ein schwarzes Top aus meinem Kleiderschrank und einen kurzen Rock, was sie beides mal bei mir vergessen hatte und verschwand im Badezimmer, um sich frisch zu machen. Ich verstand nicht, wie sich Laura nur so viele Gedanken darum machen konnte, wie sie herumlief. Meiner Meinung konnte man keinen Menschen anhand seiner Kleidung beurteilen. Es waren die inneren Werte, die zählten, aber da war ich wohl einer der wenigen, die das so sahen. Aber Laura war da nun mal ganz anders. Sie musste auch immer im Mittelpunkt stehen und wollte, dass jeder sie mochte. Letzteres war so gut wie unmöglich. Man wird es nie schaffen, dass einen jeder gut findet, aber Lauras Wahrnehmung war eben etwas anders. An manchen Tagen ertappte ich mich dabei, wie ich darüber nachdachte, wie lange Laura und ich wohl noch befreundet wären. Wir waren komplett unterschiedlich und ihre Lebensweise ging mir gewaltig gegen den Strich, aber es war ihre Entscheidung, so zu leben. Jeden Tag feiern gehen, Schule schwänzen, jede Woche etwas mit einem neuen Jungen anfangen. So war ich nicht. Ich war das komplette Gegenteil. Und ich hatte auch nicht vor, so zu werden. Ich ging zwar mal mit auf eine Party, aber mögen tat ich es nicht sonderlich. Ich unternahm lieber etwas mit meiner Familie oder mit Freunden, als mich auf einer Party zu betrinken.

    Laura kam gerade aus dem Badezimmer wieder, sie hatte sich neu geschminkt und ihren Zopf gelöst, sodass ihre langen Haare auf ihre Schultern herabfielen. Ich nahm meine Jacke und zog die Tür hinter uns zu.

    Nach einer Viertelstunde parkten wir die Räder vor der Haustür des Bekannten von Laura. Selbst hier draußen konnte man das Dröhnen der Bässe von der Musik hören. Wenn sich da nicht die Nachbarn beschweren werden, aber war ja auch nicht meine Sache. Laura klingelte und uns wurde von einem Mann Mitte zwanzig geöffnet. Seine langen Haare fielen ihm ins Gesicht und seine Wangen waren vom Alkohol schon ganz gerötet. Er zog mich in eine Umarmung und führte uns dann ins Wohnzimmer.

    „Schön, dass ihr gekommen seid. Wir haben uns schon gefragt, ob ihr kommen würdet."

    Eine Handvoll junger Männer saß um den Couchtisch herum verteilt und starrte uns an. Am liebsten wäre ich wieder gegangen, aber das konnte ich schlecht. Wir setzten uns mit aufs Sofa und sofort wurde uns ein Bier in die Hand gedrückt. Ich stellte meins wieder ab und warf einen kurzen Blick in die Runde. Laura war schon in ein Gespräch vertieft mit dem, der uns die Tür geöffnet hatte.

    „Und Laura meinte, dass du eigentlich keine Lust gehabt hattest?", fragte mich einer. Er saß mir gegenüber, hatte schwarzes gelocktes Haar und blaue Augen.

    „Nicht wirklich, nein. Ich meide Partys eigentlich lieber, ist nicht so mein Ding."

    „Und was machst du dann gerne?"

    Ich zog eine Augenbraue hoch und antwortete: „Das interessiert dich doch gar nicht."

    „Vielleicht ja schon, also?", erwiderte er grinsend.

    „Ich bin lieber draußen an der frischen Luft, mach Sport oder verbringe meine Zeit gerne mit der Familie. Also total langweilig."

    „Es geht nun mal nicht jeder gerne feiern, ist doch vollkommen in Ordnung."

    „Finde ich auch, jeder Mensch ist anders."

    Ich hielt es nicht für nötig, ihn zu fragen, was er gerne so machte, außer feiern zu gehen, denn es interessierte mich so rein gar nicht. Doch er schien gefallen daran gefunden zu haben, sich mit mir zu unterhalten.

    „Woher kennst du Laura denn?", kam nun eine andere Frage.

    „Aus der Schule. Wir gehen in eine Klasse."

    „Oh Gott, ich bin so froh, dass ich aus der Schule raus bin. Das war gar nichts für mich."

    Und genauso sah er auch aus, aber den Gedanken behielt ich lieber für mich.

    „Mensch, Felix, merkst du nicht, dass sie keine Lust auf dich hat?, vernahm ich die Stimme eines Kumpels von ihm. Dieser lächelte mir freundlich zu und hielt mir die Hand hin. „Hey, ich bin Justus. Und du bist Johanna, wenn ich das recht mitbekommen habe?

    „Äh ja, freut mich", brachte ich zustande.

    „Ich hoffe, Felix hat dich nicht zu sehr ausgequetscht. Das macht er gerne."

    „Nein, alles gut. Und woher kennst du Laura?"

    „Wer kennt sie nicht?, erwiderte er lachend. „Nein. Wir haben gemeinsame Freunde, wie du hier siehst. Conrad, der euch die Tür geöffnet hat, ist ein enger Freund von uns beiden.

    „Ach so."

    „Und ihr geht in eine Klasse, wenn ich richtig informiert bin?"

    „Jep, und was machst du so? Du gehst ja wohl kaum noch in die Schule."

    „Stimmt, ich arbeite bei meinem Vater in der Firma. Ist relativ langweilig, aber bis ich weiß, was ich werden möchte, war das ein ganz guter Deal."

    „Kann ich mir vorstellen."

    „Und was möchtest du mal werden? Weißt du das schon?"

    „Ich könnte mir gut vorstellen, Grundschullehrerin zu werden."

    „Hast wohl nicht genug von Schule bekommen, was?"

    „Sieht wohl so aus."

    Oh man, wo war ich hier nur? Er war zwar ganz nett, aber irgendwie war er mir unsympathisch, was ich aber auch von Felix behaupten konnte. Das hier war einfach nicht meine Welt.

    „Und schon jemanden gefunden, der dir gefällt?", flüsterte mir Laura zu. Ich schüttelte den Kopf und schaute sie lange an.

    „Worauf habe ich mich hier nur eingelassen? Einer unsympathischer als der andere."

    „Du hast bis jetzt erst mit zwei geredet. Komm schon, gib den anderen mal eine Chance."

    „Aber nur dir zuliebe, denn ich möchte von keinem der Jungs etwas, okay?"

    „Ist ja gut, dann hättest du auch zuhause bleiben können."

    „Wäre ich ja auch lieber."

    Wir schauten uns kurz sauer an, bis sich ihr Gesichtsausdruck legte und sie ein Lächeln aufsetzte.

    „Ich will nicht streiten. Hab einfach ein bisschen Spaß, das wird dir guttun."

    „Ich bin gleich wieder da", entschuldigte ich mich und trat aus der Terrassentür. Ein kühler Luftzug ließ mich frösteln, aber ich würde nicht wieder reingehen. Erst einmal jedenfalls nicht. Ich setzte mich auf die Bank und zog die Beine an. Der Himmel war noch so wolkenlos wie den ganzen Tag schon. Die Temperaturen waren heute ziemlich angestiegen, hatten aber die 20-Grad-Marke nicht geknackt. Trotzdem war es mal ganz angenehm gewesen, nicht mit Pulli herumlaufen zu müssen wie die letzten Wochen.

    „Hey, darf ich mich zu dir setzen? Ich denke nicht, dass du großartig Lust hast, wieder reinzugehen, oder?"

    Ich drehte mich langsam um und nahm einen Jungen in meinem Alter wahr, der etwas schüchtern in der Tür stand. Wahrscheinlich hatte Laura ihm vorgeschlagen, mich hier draußen zu bespaßen. „Okay, von mir aus."

    „Ich bin übrigens Jaron."

    Er ließ sich neben mir auf der Bank nieder und verschränkte seine Arme hinter dem Kopf, um den Himmel zu betrachten. Seine Haare waren raspelkurz geschnitten, doch ihm stand das eigentlich sehr gut, wie ich zugeben musste.

    „Warum bist du überhaupt gekommen, wenn du lieber hier draußen sitzt?"

    „Ich wollte Laura einen Gefallen tun, nur war das wohl eher ein Eigentor."

    „Warum das? So schlimm hier?"

    „Diese aufgezwungenen Gespräche finde ich nervig."

    „Kann ich verstehen, ergeht mir auch so. Ich bin selten auf Partys zu finden, da kannst du Jesko ruhig fragen."

    „Woher kennst du ihn?"

    „Wir spielen zusammen Fußball. Nur heute dachte ich mal, dass ich kommen könnte. War wohl ein Fehler. Es ist echt lahm. Ich hatte gedacht, dass das hier eine richtige Party wird und nicht so ein Zusammensitzen mit sogenannten Freunden."

    „Diese Ansicht überrascht mich sehr."

    „Echt?"

    „Ja, du wirktest irgendwie so, als wenn du dich wohlfühlen würdest."

    „Glaub mir, das tue ich ganz bestimmt nicht. Ich wäre auch lieber zuhause wie du."

    „Hat Laura dich geschickt?"

    „Nein, warum sollte sie? Sie hat da drinnen genug zu tun."

    „Wie meinst du das?"

    „Sie ist mit Justus zusammen abgezogen, wer weiß, was die machen."

    „Oh Gott. Das ging ja schnell bei ihr heute."

    Jaron warf mir einen amüsierten Blick zu und drehte sich zu mir um. Sein Blick ruhte auf mir und irgendwie machte mich das nervös.

    „Bekomme ich deine Nummer?"

    Etwas perplex starrte ich ihn an und zuckte schließlich mit den Schultern.

    „Von mir aus."

    „Oh echt? Ich hätte mit einer Abfuhr gerechnet."

    „Warum?"

    „Na ja dein Ruf und so …", stammelte er verlegen.

    „Ach so meintest du das, dann muss ich dich wohl doch enttäuschen. Ich möchte im Moment keine Beziehung, Freundschaft gerne."

    „Das habe ich mir schon fast gedacht, aber ich dachte, ich versuche mal mein Glück."

    „Tut mir leid."

    „Kein Problem. Wenn man

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