Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Willkommen im Eagle's Nest: Die Geschichte eines Neuanfangs in Irland
Willkommen im Eagle's Nest: Die Geschichte eines Neuanfangs in Irland
Willkommen im Eagle's Nest: Die Geschichte eines Neuanfangs in Irland
eBook266 Seiten3 Stunden

Willkommen im Eagle's Nest: Die Geschichte eines Neuanfangs in Irland

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Anna erzählt von ihrem Weg, der vor 10 Jahren mit der Idee begann, nach Irland auszuwandern.

Verknüpft mit familiären Konflikten, Liebe und Stolpersteinen beschreibt sie mal humorvoll, mal sentimental von der Idee bis zur Realisierung des Traumes, wie sie ihr neues Leben in Irland begann.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum22. Apr. 2020
ISBN9783347029415
Willkommen im Eagle's Nest: Die Geschichte eines Neuanfangs in Irland

Ähnlich wie Willkommen im Eagle's Nest

Ähnliche E-Books

Biografie & Memoiren für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Willkommen im Eagle's Nest

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Willkommen im Eagle's Nest - Anne Adam

    1. Kapitel

    Bitch

    Eigentlich wollte ich es von Kind an, jedem Recht machen und geliebt werden. Leider ist mir das in meinen verkorksten Ehen nie wirklich gelungen.

    Nach dem Scheitern meiner dritten Ehe und der absoluten Gewissheit, dass mein guter Ruf als ehrbare Frau nicht mehr zu retten war, kaufte ich kurzentschlossen eine Doppelhaus-Hälfte am Stadtrand von Hanau, schnappte meine zwei Töchter und meinen damaligen Hund und wollte - mal wieder - ganz von vorne beginnen.

    Merle, meine Jüngste, sah die Hundehütte im Garten und hat für uns alle entschieden, das Haus ist es. Wir liebten es von Anfang an. Es folgten Hühner, Hasen und eine Katze. Ich dachte: yepp - das ist das Leben, das ich will.

    Ich arbeitete von zu Hause aus als Prokuristin in der Hausverwaltung eines Geschäftspartners meiner Eltern, konnte somit für meine Kinder da sein. Es war alles perfekt, eigentlich zu schön, um wahr zu sein….

    *

    Das Telefon klingelte, ich schreckte aus dem Tiefschlaf und schaute auf den Wecker, 1.45h - wer zur Hölle ist das? Natürlich wusste ich es genau - das kann nur „er" sein.

    „Hallo?", stellte ich mich unwissend.

    „Hallluuuu", kam es leicht angetrunken, vergeblich versuchend verführerisch zu klingen, aus der Leitung.

    Alle meine Kraft zusammennehmend, um ihm zu sagen, dass er mich mal kann, und außerdem tief Luft holend, um ihm alle Schimpfworte der Welt an den Kopf zu werfen, war ich tatsächlich nur in der Lage auf seine Frage, ob ich Zeit hätte, zu antworten:

    „Wo?"

    Ich sprang aus dem Bett, zog mir drüber was mir gerade in die Hände viel, sprang ins Auto und fuhr ein paar Kilometer, um nur 10 Minuten später auf einem Parkplatz am Mainufer neben seinem Wagen zu parken.

    Ich schlüpfte neben ihn auf den Beifahrersitz und er sah mich mit seinen strahlend blauen Augen an:

    „Hallluuuuuu."

    Alle guten Vorsätze waren vergessen. Ich wusste genau, dass ich morgen früh wieder am Boden zerstört sein würde, wie ein Alkoholabhängiger, der am nächsten Tag den erneuten Griff zur Flasche bereut, aber meine Sucht hieß Ralf:

    „Ich habe es nicht mehr ausgehalten, ich vermisse dich so sehr, ich liebe dich…"

    Worte die wie Balsam auf meiner Seele waren, obwohl ich wusste, auch wenn es vielleicht nur ein bisschen wahr sein sollte, es nichts an seiner Entscheidung, bei seiner Ehefrau zu bleiben, ändern würde.

    Also war es wie immer, nach Liebesbezeugungen beiderseits, unbequemen Sex im Auto und Versprechungen seinerseits, alles würde irgendwann gut, fuhr ich wieder nach Hause in mein großes Wasserbett, das wir zusammen ausgesucht hatten, um einzuschlafen mit der Gewissheit, dass er sich für einige Tage oder Wochen nicht melden würde.

    Am nächsten Morgen bekam ich unerwarteten Besuch von meinem besten Freund Rene, seinesgleichen Ralfs jüngerer Bruder: cool, gutaussehend, clever, selbstbewusst.

    Er hatte nie mit seiner Meinung hinter dem Berg gehalten, dass er sich nicht vorstellen konnte, dass alles gut werden könnte zwischen Ralf und mir.

    „Gibt‘s nen Kaffee bei dir?"

    Wir drückten uns herzlich und machten es uns in der Küche gemütlich. Er war seit einigen Monaten mit einer Freundin von mir liiert, eine sehr turbulente Beziehung, was immer enormen Gesprächsbedarf erforderte. „Diese Frau treibt mich zum Wahnsinn." Resigniert schüttelte Rene den Kopf.

    „Ich liebe sie wirklich, aber manchmal glaube ich, wir sprechen zwei verschiedene Sprachen."

    Plötzlich fragt er mich: „Hast du mal wieder was von Ralf gehört?"

    Ich weiß, Ralf will nicht, dass ich mit seinem Bruder über ihn rede, aber aus der Situation heraus erzählte ich ihm von meinem nächtlichen Ausflug.

    „Glaubst du nicht es ist besser, wenn du das lässt?" Er legte eine Hand auf meinen Arm und schaute mich besorgt an.

    „Ich weiß, ich sollte ihn zum Teufel jagen, ich kann es nicht, Rene, ich kann es einfach nicht und es macht mich nach wie vor fertig."

    Wir redeten noch eine weitere halbe Stunde über Belanglosigkeiten dann verabschiedete er sich von mir.

    Ich schlief die folgende Nacht nicht viel. Ich dachte darüber nach, dass es so wohl nicht weitergehen konnte und fasste einen Entschluss.

    Am nächsten Tag rief ich ihn an:

    „Wir müssen reden."

    Besorgt antwortete er: Ist etwas passiert, ist etwas mit den Kindern?

    „Nein, komm einfach her, wenn ich dir wichtig bin", gab ich zurück.

    35 Minuten später parkte sein weißer VW Caddy vorm Haus und ich kam um vor Nervosität.

    „Willste ein Kaffee?", begann ich um Zeit zu gewinnen. Ich stellte den Kaffee vor ihm auf den Küchentisch und er schaute mich erwartungsvoll an und fragte:

    „Was gibt‘s so Dringendes?"

    „Ralf, ich kann das nicht mehr, wir müssen das beenden."

    Was dann kam von ihm hatte ich nicht erwartet:

    „Ich werde es beenden und zwar mit meiner Frau, noch heute, ich werde mit Julia reden und alles wird gut."

    Alle guten Vorsätze waren mit einem Schlag vergessen, ich wollte ihm glauben, ich wollte es so sehr…

    Julia - seine Tochter - war auch ein großer Match Maker in dem Desaster. Sie ist der wichtigste Mensch in seinem Leben. Julia war natürlich nicht gut auf mich zu sprechen, da sie der Überzeugung war, dass ich schuld bin an der Ehekrise ihrer Eltern. Mir war klar, ohne Julias Einverständnis würde es Ralf und Anna niemals geben.

    Nach verliebtem Kuscheln auf dem Sofa im Wohnzimmer und romantischem Träumen von der gemeinsamen Zukunft, verabschiedete er sich von mir und hinterließ eine vor Glück und Zuversicht überschäumende, unverbesserliche Romantikerin.

    „Rene, er wird sich trennen, heute noch wird er es ihr und Julia sagen!"

    Überwältigt vor Freude teilte ich diese Neuigkeit Ralfs Bruder sofort am Telefon mit:

    „Das freut mich für euch,"

    Warum kam diese Reaktion so zögerlich? Aber egal, ich wollte die ganze Welt umarmen.

    Am selben Abend bekam ich noch einen Anruf von Rene. Überrascht hob ich ab: „Rene, alles gut bei dir?"

    „Bei mir schon, antwortete er und ich merkte, er war etwas angespannt: „Ich habe eben Ralf getroffen…

    „Und?", fragte ich hoffnungsvoll. Rene räusperte sich und ich spürte wie unangenehm ihm der folgende Satz war:

    Auf meine Frage, ob er denn Kontakt mit dir hat, antwortete er, dass er seit Monaten nichts mehr von dir gehört hat, es tut mir leid Anna, ich glaube du hast da etwas missverstanden.

    Ich kann mich an das Ende des Telefonats nicht mehr wirklich erinnern. Der weitere Schlag mitten ins Gesicht oder besser gesagt das Messer tief im Herzen hatte alles andere übertrumpft.

    In dieser Nacht entschied ich, dass ich mein Leben wieder einmal grundlegend ändern musste, schon wieder….

    Um eines klar zu stellen, obwohl ich das schwarze Schaf nicht nur von meiner Familie, sondern vom ganzen Landkreis war, hat mich wirklich niemand das richtig spüren lassen. Ok, einige Freundschaften und Bekanntschaften endeten mit dem Ende meiner Ehe oder verliefen im Sand, aber es gab niemals bis heute offene Feindschaft oder Ablehnung. Vielleicht auch deshalb, da es das kurioseste „Verhältnis" war, das man sich vorstellen kann. Eigentlich wussten es alle. Meine Eltern, meine Kinder, seine Mutter, alle Freunde - später auch mein Mann.

    Ich war die „Bitch" nachdem die Bombe einige Monate später platzte und Ralfs Exfrau es doch erfuhr.

    Ich hasste das Image einer Ehebrecherin, Grund für den Bruch einer weiteren Ehe und die Schmach, die ich meiner Familie ein weiteres Mal antat.

    Ich wusste, das ganze Universum verurteilte mich hinter vorgehaltener Hand, ich konnte das Getuschel förmlich hören. Die folgenden Wochen waren die schlimmsten in meinem bisherigen Leben, das Schamgefühl brachte mich nahezu um - und das meine ich nicht nur imaginär.

    In den nächsten Tagen leckte ich meine Wunden. Ich hatte bereits verschiedene Optionen ausprobiert. Online Dating war kläglich gescheitert, meine Töchter ziehen mich heute noch mit den präsentierten Prachtexemplaren auf. Eigentlich hatte ich auch kein wirkliches Interesse an einem anderen Mann.

    Im Kroatien-Urlaub 2007 traf ich zufällig einen unserer Hausmeister unserer Mietshäuser, die kurze Liaison war im Nachhinein mit mehr als peinlich zu bewerten.

    Ich wollte mir unbedingt beweisen, es geht ohne Ralf - nun offensichtlich ging es nicht und schon gar nicht wenn wir nur 20 Minuten voneinander entfernt lebten.

    Ich saß in meinem Büro und surfte im Internet. Schon meinen Geburtstag im Januar verbrachte ich in Irland. Mehr aus Neugier als aus ernstem Interesse beschäftigte ich mich mit Häusern am Meer, die geeignet wären, um eine Frühstückspension zu eröffnen. Es war noch lange kein konkreter Plan, ich kann auch nicht mehr sagen, wann sich dieser Gedanke manifestiert hatte, aber plötzlich war es ein lieb gewonnenes Ritual, täglich ein paar Minuten die irische Immobilienseiten zu studieren.

    IRLAND - das Land meiner (Auswanderungs-) Träume seit einigen Jahren.

    *

    Im Jahr 2003 befand ich mich in einer massiven Ehekrise. Alle Versuche, der Welt zu beweisen, ich bin eine gute, traditionsbewusste Mutter und Ehefrau, wurden durch das bereits seit zwei Jahren bestehende Verhältnis zu Ralf sehr in Frage gestellt.

    Wir beide entschieden, dass wir unsere Familien nicht zerstören dürfen und trennten uns ca. 15 Mal, um uns nach einer Stunde per Sms zu gestehen, dass wir nicht voneinander lassen können.

    Ich wollte für ein paar Tage raus aus dem Chaos und da ich einen romantischen, wenn ich ehrlich bin sehr kitschigen, Roman mit der Handlung in Irland gelesen hatte und dachte, das Land will ich kennenlernen, buchte ich kurzerhand einen Flug nach Kerry und mietete mir einen Leihwagen.

    Ich fragte spontan eine Freundin ob sie mich begleiten wolle und wir buchten die Flüge. So machten sich zwei Mädels vom Dorf auf, um die grüne Insel zu entdecken.

    Schon die Landung war spektakulär, ich dachte wirklich wir landen entweder auf dem Rücken eines grasenden Bullen oder gleich im Meer. Ich kann das Gefühl, das mich beim Verlassen des Flugzeuges mitten im Nowhere-land überkam, nicht beschreiben, ohne hoffnungslos klischeehaft und kindisch zu klingen: Es war aber wirklich wie „heimkommen".

    Wir beiden Ausreißer, so fühlten wir uns zumindest, nahmen erwartungsvoll unseren Mietwagen in Empfang.

    Linksverkehr - mache ich doch mit links …. Na ja - die erste Linkskurve war zu weit links, also der linke Reifen hat mir das schon übelgenommen, aber was soll’s, keiner hat die Delle an der Felge bei der Rückgabe bemängelt…

    Irgendwie hatte ich immer einen Linksdrall, das bemerkte ich hauptsächlich durch das Zucken meiner Beifahrerin Paula, wenn ein weiterer Ast gegen ihre Seitenscheibe peitschte oder das Auto schlingerte, weil ich mal wieder fast im Graben landete.

    Ich hatte einen straffen Plan ausgearbeitet, was ich alles sehen wollte. Paula war dankbar von dem Alltagstrott entfliehen zu können und akzeptierte alle Vorschläge, es waren vier unvergessliche, abenteuerliche Tage.

    Wir wollten uns als erstes den berühmten Park in Killarney ansehen. Am Ortseingang fuhren wir auf einen größeren Kreisel zu. Die Beschilderung war in der Mitte des Kreisels aufgestellt. Der zweispurige Kreisel war gut befahren.

    Das erste Mal links in einen Kreisel einbiegen kostet schon Überwindung, dann auf die innere Spur, dann noch Schilder schauen - zu viel für uns. „Paula, wo müssen wir raus?, fragte ich nervös. „Keine Ahnung, warst zu schnell vorbei!, erwiderte sie. Also drehten wir eine Ehrenrunde. „Wieder zu schnell, rief Paula. Auch ich konnte nichts auf den Schildern erkennen. Nach dem dritten erfolglosen Umkreisen, kam ein Polizist quer über den Kreisel gelaufen, stoppte den ganzen Verkehr, blieb bei uns stehen und fragte: „Wo wollen sie denn hin? „In den Park", gab ich unsicher zurück. Oh, war mir das peinlich. Er zeigte uns die Ausfahrt an, um danach den Verkehr wieder frei zu geben.

    Wir fuhren zum Haupteingang des Parks. Davor warteten zwei Kutschen mit ihren Kutschern im strömenden Regen auf Kundschaft. Pferdeverrückt und lauffaul wie ich nun mal bin, fragte ich Paula: „Wollen wir ne Kutschfahrt machen?"

    „Bei dem Wetter? Aber wenn du meinst, ich mache alles mit," erwiderte sie lachend.

    Wir parkten den Wagen und liefen zu dem ersten Kutscher, der eingepackt in eine Decke, in sich gekauert auf dem Bock saß. „Wieviel kostet eine Fahrt?, fragte ich den Rotschopf. Er blickte verwundert auf: „Äh, 50,00 Euro eine kurze Strecke, da es ja bald dunkel wird.

    Er hatte wohl nicht mehr mit Kundschaft gerechnet, einmal wegen des Regens und der Uhrzeit.

    Wir stimmten zu und kletterten in den Gastraum des offenen Vehikels. Er wickelte uns in sehr streng duftende Decken, so dass nur noch unsere Augen raus lugten. Es muss ein Bild für die Götter gewesen sein.

    Los ging’s. Er erzählte und erzählte bestimmt super interessante Stories über Land, Leute und Geschichte. Verstanden haben wir leider NIX. Einmal der Dialekt im Süden Irlands hat mit normalem Englisch nicht wirklich viel zu tun, und außerdem waren wir so eingepackt und der Regen so laut, dass wir eh nichts hören konnten.

    Trotz aller Widrigkeiten war die Landschaft atemberaubend. Ja, Killarney ist eine Touristenstadt, völlig überlaufen und überteuert, aber ich mag sie trotzdem.

    Plötzlich hielt das Pony an.

    „So, meinte er, „jetzt müsst ihr aussteigen. „Wie? Aussteigen?", gaben wir verdattert zurück.

    „Ja ihr müsst jetzt diesen Pfad da langgehen und dann seht ihr schon," erklärte er uns.

    Mit mulmigem Gefühl stiegen wir aus der Kutsche und liefen den schmalen Weg, der durch eine Schlucht führte. Nach kurzer Wanderung standen wir vor einem spektakulären Wasserfall. Der Weg hatte sich gelohnt.

    Wir beeilten uns jetzt aber doch wieder, schnell zu unserem Gefährt zu kommen aus Angst, unser Kutscher hätte die Schnauze voll und mit unseren Taschen, Geld und Papieren unter den Decken Feierabend gemacht. Schließlich wurde es jetzt auch schon ziemlich dunkel. Alles gut, lachend erwartete er uns. Er wusste wohl genau, was wir gedacht hatten. ….

    .

    Ich hatte keine Unterkunft gebucht, laut Reiseführer ist das in Irland nicht nötig, naja in der Vorsaison schon, da viele Bed und Breakfast während des Winters geschlossen sind. So waren wir oft stundenlang von B and B zu B and B unterwegs, um ein Kissen für unsere müden Häupter zu finden. Aber letztendlich fanden wir immer eine nette Gastgeberin, die uns bereitwillig ihr eiskaltes Gästezimmer heizte oder eine Familie, die das unerwartete Einkommen gerne mitnahm.

    Eine Eigentümerin hatte leider keine Möglichkeit ihr Zimmer zu vermieten, sie rief eine Bekannte an und - supi - sie war bereit uns zu beherbergen. Die nette Dame wollte jetzt beginnen, uns den Weg zu unserer Unterkunft zu beschreiben. Nachdem sie bemerkte, vier verzweifelte Augen starrten sie verwirrt und hoffnungslos überfordert an, zog sie sich kurzerhand einen Mantel über ihren Jogginganzug und meinte:

    „Just follow me, I guide you".

    Dankbar fuhren wir hinter der so netten Irin her. Wir beide waren uns einig: Niemals - also n i e m a l s. hätten wir dieses, in einem Wald gelegenen Bed and Breakfast gefunden. Mich interessiert bis heute, wie erfolgreich ihr Business war. Vielleicht für Abenteurer die eine „off track" Unterkunft suchen?

    Egal - wir verabschiedeten uns herzlich von der so netten „Adventure-Track-Guide(in), bedankten uns mehrmals für die enorme Freundlichkeit und folgten der älteren Dame ins Haus. Haus? Nein das wäre zu oberflächlich beschrieben. Es war ein uraltes Cottage, weiße Außenfarbe mit roter Tür und Fensterumrandung sowie Sockel. Liebevolle Rosen und weitere Blumenarrangements waren um das ganze Haus gepflanzt, es war eine absolute Postkartenidylle. Wir waren begeistert und fühlten uns gleich am Eingang erneut wie „heimkommen.

    „My name is Rosemary, welcome in my home, begrüßte sie uns herzlich, „I switch on the kettle, so we first have a nice tea together, won’t we?

    Dieser Satz begleitet mich seit 10 Jahren, es ist eine grundsätzliche Lebensphilosophie in Irland. Ob ein Kind geboren wird, eine Totenwache stattfindet, eine Pause während einer Fest- oder Tanzveranstaltung ist oder einfach nur ein Besuch eines Freundes - als erstes wird die kettle (Heißwasser-Kocher) angemacht, um einen Tee zu trinken. Das ist Gesetz und das wird hoffentlich noch lange Gesetz bleiben.

    Das Haus war unbeschreiblich gemütlich. Nichts passte zusammen, total zusammen gewürfelte Wohnstile, aber der Stove (Torf-Ofen) brannte vor sich hin und verströmte eine heimelige Wärme und das Gesamtbild war einfach nur perfekt. Nach einer Tasse Tee - ich kann mir nicht helfen, ich versuche seit Jahren den Tee so gut wie ihn die Iren machen können hin zu bekommen, vergeblich… - und einem selbst gebackenen Scone, ein sehr typisch irisches Gebäck, das mit Butter und Marmelade einfach nur lecker ist, zeigte Sie uns unser Zimmer und wir mussten dann wirklich schmunzeln. Wie im tiefsten Bayern, Unterdecken und Überdecken in rotem Karo. Waschbecken im Zimmer, Toilette auf dem Flur. Dusche? Wir haben zumindest keine gesehen.

    Das Zimmer war eisig, sie erklärte uns sie fahre uns jetzt ins Dorf, denn wir müssten ja schließlich was essen und wir hätten Glück, es bestehe durchaus die Möglichkeit, dass sich heute ein paar einheimische Musiker zur Saison treffen und wenn wir dann zurückkommen, wird der Raum schön warm sein. Der Backboiler sei halt schon alt und es dauert… versuchte sie sich zu entschuldigen, was aber unsererseits gar nicht nötig war.

    Wir fanden uns nicht wirklich überrumpelt von der Bestimmtheit Rosemarys, eher wie zwei Enkelkinder, die der Oma gehorchen, die weiß wo es lang geht.

    Wir stiegen in ihr Auto, der nicht ehrlich gemeinte Einwand, wir könnten das doch nicht annehmen und selber fahren, wurde mit einer Handbewegung vom Tisch gefegt:

    „Don’t be silly, you can’t drink and drive and you will never find it back anyway".

    Recht hatte sie ja, wir wollten uns nicht wirklich betrinken, aber ein paar Guiness würden schon schmecken und ob betrunken oder nüchtern, diesen Ort würden wir niemals in der Nacht wiederfinden.

    So kamen wir nach ca. 15 Minuten Fahrt in einem kleinen Dorf an und sie stürmte vor uns in den Pub. Sie redete

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1