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Yes, das Leben ist genug ...: Ein Leben mit Speed
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Yes, das Leben ist genug ...: Ein Leben mit Speed
eBook530 Seiten6 Stunden

Yes, das Leben ist genug ...: Ein Leben mit Speed

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Über dieses E-Book

Wollen Sie erfahren, wie man Rennfahrer wird; wie man eine Uhrenfabrikation über Jahrzehnte erfolgreich leitet; wie man mit Jack Nicholson und Audrey Hepburn den US Open Sieg in Flushing Meadows feiert; wie es dazu kam, dass man sowohl für Mercedes-Benz wie auch für Montblanc die erste offizielle Uhr entwickeln und produzieren konnte; warum man eine Einladung zum Frühstück mit Karl Lagerfeld bekommt und zwei Wochen später eine weltweite Lizenz mit ihm abschließt; warum man rote Ferraris kauft; warum man später als Beifahrer von Michael Schumacher die Grenzen aufgezeigt bekommt; warum George Clooney, Brad Pitt, Matt Damon und Julia Roberts fragen, ob denn noch ein Tisch frei wäre - und warum man trotz alledem ein völlig normaler Mensch bleibt??? - dann dürfte die Lektüre dieses Buches, ein MUST für Sie sein!
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum9. Dez. 2014
ISBN9783737518864
Yes, das Leben ist genug ...: Ein Leben mit Speed

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    Buchvorschau

    Yes, das Leben ist genug ... - Peter Eichner

    Impressum

    Copyright © 2014 Peter Eichner, München, Deutschland

    Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

    ISBN 978-3-7375-1886-4

    Autoren-Beratung und Umsetzung:

    Literaturagentur Roswitha M. Bauer, München

    Alle Rechte vorbehalten – auch die der auszugsweisen Wiedergabe in Print- oder elektronischen Medien

    Cover: Helge Ulrich

    © Alle in diesem Buch verwendeten Fotos stammen aus dem privaten Besitz von Peter Eichner

    Peter Eichner

    Yes, das Leben ist genug …

    Ein Leben mit Speed

    Der Autor

    Peter Eichner

    Wer Schmetterlinge lachen hört, der weiss wie Wolken schmecken, der wird, von Furcht ganz ungestört,

    im Mondschein die Nacht entdecken.

    Der wird zur Pflanze, wenn er will, zum Stier, zum Narr, zum Weisen; und kann in einer Stunde durchs ganze Weltall reisen.

    Der weiss, dass er nichts weiss, wie alle andern auch nichts wissen, nur weiss er, was die andern, wie auch er selbst,

    noch lernen müssen.

    Wer Schmetterlinge lachen hört, der weiss wie Wolken

    schmecken, der wird, vom Mondschein betört,

    furchtlos die Nacht entdecken.

    (Christian Morgenstern)

    Für Renate und Philipp in Liebe…

    &

    für meine Freunde,

    damit ihr mich nicht so schnell vergesst!

    Das Gestern ist fort - das Morgen nicht da, leb also heute! (Pythagoras)

    Der 4. Juni 1950 war einer dieser ungewöhnlich stickigen Frühsommertage in München. Die ganze Nacht hatte es zwar über der Stadt geblitzt und gedonnert aber das erlösende Gewitter mit erfrischendem Regen kam einfach nicht. Früh am Morgen war es immer noch schwül, dicke Wolken hingen über der Stadt und Sophie Dietl war in Eile. Sie hatte verschlafen. Und dabei war doch heute so ein wichtiger Tag! Das erste Mal durfte Sophie auf der großen Bühne der Oper in München mit den anderen Solisten proben.

    Der Chef des Balletts hatte schon lange ein Auge auf Sophie geworfen. Sie war eine natürliche Schönheit, anmutig und dazu außerordentlich talentiert. Trotz ihrer erst 17 Jahre wirkte sie schon so professionell, dass niemand mehr über ihre Jugend sprach.

    Sophie sprang die Treppen von ihrer Wohnung am Prinzregentenplatz derart hastig hinunter, dass sie fast gestolpert wäre. Sie wollte unbedingt die Linie 1 um 8:31 Uhr erreichen. Als sie um die Ecke kam, sah sie allerdings nur noch, wie sich die Tram in Bewegung setzte und ohne sie davonfuhr. Laut fluchte sie. In diesem Moment öffneten sich die Wolken schlagartig und es begann wie aus Kübeln zu schütten. Binnen Sekunden war Sophie bis auf die Haut durchnässt. Völlig entnervt dachte sie „Heut‘ geht aber auch alles schief! Da die nächste Straßenbahn erst in zehn Minuten kommen würde, versuchte sie, sich bis dahin notdürftig unterzustellen. Plötzlich hörte sie eine Stimme. Als sie sich umdrehte, sah sie einen Mann in einem schwarzen VW Käfer, der die Beifahrertür seines Wagens aufhielt und ihr vom Fahrersitz aus zurief: „Kommen sie, sie werden ja ganz nass! Ich kann sie doch mit runter in die Stadt nehmen!

    Im ersten Moment reagierte sie völlig irritiert und wollte schon dankend ablehnen, doch dann – seine Stimme war ja so angenehm… Und eh sie sich versah, saß sie auch schon neben dem Unbekannten im Auto. Wohin darf ich sie bringen, mein Fräulein? Als sie ihn ansah, blickte sie in wunderschöne Augen. Neben dieser faszinierenden Stimme, das Zweite an ihm, das ihr besonders auffiel. „An die Oper bitte. „An die Oper? So früh am Morgen? „Ja, ich bin Mitglied des Balletts und habe um 9:00 Uhr Probe!"

    Christian Kessler war entzückt. Trotz des prasselnden Gewitterregens, dem die Scheibenwischer kaum noch Herr werden konnten, hatte dieses durchaus nicht selbstverständliche, frische weiße Kleid mit den roten Punkten - und natürlich das, was darin steckte - sofort sein Interesse geweckt. Durchaus ungewöhnlich, so früh am Morgen und noch dazu bei strömendem Regen, an einer Haltestelle einem derart hübschen Geschöpf zu begegnen.

    Er musterte sie und fühlte sich sofort gefangen. Eine solche Anmut, so grazil und dieses lockige braune Haar…! „Das ist mein Tag, dachte er und wusste gleichzeitig, dass er jetzt handeln musste. So nahm er, nachdem sie die Maximilianstrasse erreicht hatten, seinen ganzen Mut zusammen: „Ich möchte sie heute Abend zum Essen einladen! „Gerne", sagte Sophie ohne zu zögern. Das Wort war noch nicht ganz ausgesprochen, da erschrak sie schon über sich selbst.

    Sophie Louise Dietl war Einzelkind. Im Jahr 1933 hatte sie das Licht der Welt erblickt. Ihre Eltern besaßen die Lodenmanufaktur Dietl in Tegernsee in der 2. Generation. Die Familie lebte in einer stattlichen, eleganten Dachgeschosswohnung am Prinzregentenplatz in München-Bogenhausen.

    Sophies Aussehen und die Art und Weise wie sie sich bewegte, führten dazu, dass sich Sophies Mutter - trotz der schwierigen Zeiten - durch setzte und der Tochter bereits im Alter von sechs Jahren Ballettunterricht ermöglichte.

    Anna, ihre Lehrerin, war eine sehr strenge Frau. Schließlich konnte sie als ehemalige „Ballerina Assoluta" auf viele Jahre als Solistin zurück blicken, in denen sie auf den auf den größten Europäischen Bühnen gestanden hatte. Obwohl sie sich damit ein ziemliches Vermögen verdient hatte und vollkommen unabhängig war, gelang es ihr nicht, die Bretter „die die Welt bedeuteten„ vollkommen zu verlassen.

    Zur Überraschung der Familie war Sophie von Anna total begeistert. Die Härte, mit der Anna ihre Elevin behandelte und die hohen Anforderungen, die sie an sie stellte, waren seltsamerweise nie ein Problem. Am liebsten wäre Sophie jeden Tag dorthin gegangen. Sie war nicht zu bremsen.

    Oftmals, wenn Sophie ihre Übungen mit besonderem Erfolg absolviert hatte, setzten sie sich die beiden an den runden Tisch im Erker von Annas Wohnung. Dann gab es als Anerkennung einen heißen Kakao und dazu selbstgebackene Kekse. Besonders freute sich Sophie, wenn die Mentorin auch noch ihre Fotoalben herausholte und sie gemeinsam die Bilder aus Annas aktiver Zeit betrachteten, die Sophie geradezu mit den Augen verschlang.

    Lange hatte Anna realisiert, dass in Sophie ein außerordentliches Talent steckte. In all den Jahren als Lehrerin war ihr so etwas noch nie begegnet. Sophie war geradezu süchtig nach dem Ballett und unendlich belastbar. Wenn sie mal etwas nicht verstand oder merkte, dass Anna nicht so recht zufrieden mit ihren Leistungen war, flossen schnell auch einmal ein paar Tränen, aber dann machten die beiden so lange weiter bis sie auch diese Übung beherrschte.

    Danach lief Sophie, überglücklich, schnell die Treppen vom Erdgeschoss nach Oben. Ein wunderbarer Zufall, dass Anna im selben Haus wohnte! Das Erste was sie dann tat, war Lisa, der Haushälterin, zu zeigen, was sie Neues gelernt hatte, denn die Geduld, damit auf die Eltern zu warten, hatte sie nicht, weil beide abends immer erst sehr spät nach Hause kamen.

    Nachdem Christian so schnell eine Zusage von Sophie bekam – womit er nicht im Entferntesten gerechnet hatte – strahlte er über das ganze Gesicht. Sophie fühlte, wie sie errötete und das verunsicherte sie noch mehr. Aber nun war nichts mehr rückgängig zu machen! Und das wollte sie eigentlich auch gar nicht. Im Gegenteil – es wurde Zeit, so einen beeindruckenden Mann näher kennenzulernen! Irgendetwas in ihr hatte die Barriere der Zurückhaltung durchbrochen und so fügte sie hinzu: „Um 19:00 Uhr! Hier vor dem Künstlereingang der Staatsoper. Ich freue mich." Sie stieg aus, schenkte ihm noch einmal ihr bezauberndstes Lächeln, winkte ihm zu und verschwand im Eingang. Christian fuhr los und hätte fast einen Radfahrer übersehen. Er konnte sein Glück kaum fassen.

    Fünf Minuten später erreichte er den Hof „seiner" Schreinerei in der Baaderstraße, die er zwar nicht gekauft, aber geschäftsführend übernommen hatte.

    Christian wurde bereits mit 16 Jahren Vollwaise. Seine Eltern starben Ende 1944 bei einem Luftangriff der Alliierten. Im Jahr darauf schloss er seine Ausbildung bei einer der besten Schreinereien in der Wiener Innenstadt erfolgreich ab. Dann hielt ihn nichts mehr in seiner Heimatstadt. Der Stadt, die ihn täglich daran erinnerte, wie grausam das Leben doch sein konnte. Direkt nach dem Ende des Krieges verließ er Wien.

    Trotz all dem Leid, das ihm so früh wiederfahren war, hatte er ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein entwickelt, das ihn antrieb, aus seinem jungen Leben das Beste machen zu wollen. Er wusste um sein besonderes handwerkliches Geschick und spürte auch, dass sein ausgeprägtes freundliches Wesen ihm viele Türen öffnen konnte.

    Im Münchner Merkur fand er ein Inserat:

    Kleine aber feine Schreinerei in der Isarvorstadt

    sucht einen Nachfolger"

    Das war’s doch! Christian zögerte nicht lange, sich als Nachfolger zu bewerben. Nun musste er den bisherigen Besitzer nur noch von seiner Qualifikation überzeugen und ihm vermitteln, dass er der Richtige war. Inzwischen schrieb man das Jahr 1947 und er war zwanzig Jahre alt. Leider scheiterte er zunächst an einer einzigen Frage Alois Wagners: „Wie hoch ist ihr Bankkonto, junger Mann? Worauf er wahrheitsgemäß geantwortet hatte: „Ich habe kein Bankkonto! Daraufhin lehnte Wagner erstmal jegliche weitere Unterhaltung ab. Geschlagene zwei Wochen dauerte es dann noch, bis Christian einen wunderbaren Vorschlag erdacht hatte, von dem er sicher war, mit dem Besitzer erneut ins Gespräch zu kommen.

    Alois Wagner hatte drei Monate vor Kriegsende sein rechtes Bein verloren. Ein Leben lang war er in seinem Handwerksbetrieb aufgegangen. Inzwischen im Alter von 76 Jahren, machte auch sein Rücken nicht mehr so recht mit und es fehlte ihm allmählich die Kraft, weiter gute Arbeit zu leisten. Die rechte Motivation war ihm auch abhandengekommen. Außerdem hatten er und seine Frau finanziell schon lange ausgesorgt. Dieser Christian gefiel ihm spontan. Und eigentlich hatte er ein gutes Gefühl – ein sehr gutes sogar! So traf man sich zu einem gemeinsamen Feierabendbierchen wieder, bei dem Christian den beiden seinen Vorschlag unterbreiten konnte:

    Während Christian die laufenden Geschäfte übernahm, würde ihm Alois Wagner mit Rat und Tat zur Seite stehen. Die Buchhaltung bliebe nach wie vor in der Hand von Maria Wagner. 60% der Gewinne gingen in den ersten 2 Jahren der Zusammenarbeit an die Familie Wagner. Nach Ablauf weiterer drei Jahre verringerte sich der Prozentsatz auf 25%. Diese Gewinnbeteiligung wäre Christian bereit, bis an das Lebensende von Alois und Maria Wagner zu zahlen.

    Beide reagierten begeistert! Entscheidend aber war auch die Tatsache, dass Alois das Gefühl hatte, weiter gebraucht zu werden. Außerdem mussten beide, unter diesen Bedingungen, ihr Lebenswerk, diesen schönen alten Betrieb, der ihnen so viel bedeutete, nicht verlassen. Ausschlaggebend war letztendlich jedoch die Tatsache, dass Alois sicher sein konnte, seine Maria auch nach seinem Tod versorgt zu wissen. Nicht nur finanziell! Er vertraute Christian vollkommen. Ebenso wie Maria. Fast konnte man sagen, dass diese bereits dem Charme und dem grenzenlosen Optimismus dieses jungen Mannes erlegen war.

    Schnell ging es wirtschaftlich bergauf. Aufträge gab es ausreichend. Die Schreinerei hatte einen guten Namen und Christian eroberte die Münchner Kundschaft im Handumdrehen. Bald mussten zwei weitere Schreiner eingestellt werden, weil man so viel zu tun hatte.

    Im 2. Obergeschoß der Schreinerei hatte sich Christian inzwischen - in Wochenendarbeit - eine gemütliche Wohnung ausgebaut.

    Um 18:00 Uhr war am Freitag Feierabend. „Ich habe heute noch einen ganz wichtigen Termin, rief er Maria zu, die ihm im Treppenhaus begegnete. Sie wünschte ihm schmunzelnd viel Glück und ein entspanntes Wochenende. „Das werde ich haben, ganz sicher!

    Nun noch sorgfältig rasieren, waschen und das neue, vor einer Woche gekaufte Hemd überstreifen. Dazu der schöne blaue Anzug… Einfach unschlagbar würde er aussehen! Sein ohnehin schon großes Selbstvertrauen schlug Kapriolen!

    Die Schmetterlinge in seinem Bauch begannen wie verrückt herumzuschwirren. Er hastete die Treppen hinunter, stieg in den am Vorabend noch gewaschenen schwarzen, nun glänzenden VW Käfer und fuhr hinüber in die Maximilianstrasse. Es war zwei Minuten vor 19:00 Uhr als er das Auto direkt vor den Künstlereingang der Oper parkte.

    Die Zeit verstrich, Minute um Minute verrann, die Tür öffnete sich nicht. Niemand kam aus dem Gebäude. Christians Nervosität nahm mit jedem Augenblich des Wartens zu. Hatte sie ihn vergessen? Hatte sie es sich anders überlegt? Er schloss die Augen, atmete tief durch, zwang sich zur Ruhe – als ihn ein Klopfen an die Seitenscheibe aufschreckte.

    Zwei wunderschöne blaue Augen lachten ihn an: „Sind sie etwa eingeschlafen? Wie vom Blitz getroffen sprang Christian auf, lief um das Auto herum, um ihr die Beifahrertür zu öffnen und strahlte sie an: „Mein Gott, bin ich froh, dass sie da sind!

    Er setzte sich wieder hinter das Steuer und fuhr los. Sophie Louise Dietl musterte Christian. Sollte sie jemals Zweifel gehabt haben, dieser Einladung so spontan gefolgt zu sein, dann wusste sie spätestens jetzt, dass sie alles richtig gemacht hatte. Sein klassisches Profil, die gepflegte Erscheinung und auch seine Art sich zu kleiden gefiel ihr überaus. Schon lange hatte sie nicht mehr einen derart perfekt hergerichteten Mann gesehen.

    „Wohin fahren wir? „Eine Überraschung! Es ist ganz in der Nähe. Wird ihnen gefallen, Sophie! Drei Minuten später erreichten sie den Bogenhausener Hof. Sophie war beeindruckt. Zuletzt hatte sie hier mit den Eltern ihren 16. Geburtstag gefeiert. Ein feines Restaurant mit typisch Bayrischem Essen und einem gepflegtem Ambiente. Sehr, sehr rar in dieser Zeit. Dabei fiel ihr auf, dass Christian wahrscheinlich ein recht gut situierter junger Mann sein musste. Es war alles andere als selbstverständlich in der Nachkriegszeit so ein schönes Auto zu fahren und auch noch in derart exquisiten Lokalen zu verkehren. Christian stellte den Wagen ab. Als er ihr heraus half und sie sich dabei ansahen, mussten beide lächeln. Ein erkennendes Lächeln. Liebe auf den ersten Blick? Ja, so muss das wohl sein, dachte Christian!

    Der Ober führte sie zu einem schön gedeckten Tisch und reichte ihnen die Speisekarte. Die Zwei entschieden sich spontan für ein klassisches Menü:

    Vorspeise: Hochzeitssuppe

    Hauptspeise: Kalbskotelett paniert, mit Bratkartoffeln

    Nachspeise: Bayrisch Creme

    Dazu trank Sophie ein Mineralwasser und Christian ein schönes, gepflegtes Helles vom Fass.

    Als die Suppe serviert wurde mussten beide kichern. „Hochzeitssuppe? „Ja, sagte der Ober schmunzelnd, „das ist eine starke Rinderbrühe mit Pfannkuchen, die gerne den Brautpaaren vor der Hochzeitsnacht serviert wird." Mit einem zweideutigen Augenzwinkern verschwand er dann wieder in Richtung Küche. Als sie feststellten, dass sie bisher so gut wie gar nichts voneinander wussten, beschlossen sie das schleunigst zu ändern. Jeder war neugierig auf den anderen.

    Wie war ihr Tag heute, Sophie – oder darf ich „Du sagen? „Gerne Christian!" Dann erzählte sie ihm, dass sie heute einen ganz besonderen Tag hatte. Zum ersten Mal durfte sie dem Ballettmeister, hinter ihr das gesamte Ensemble, ihr Solo vortanzen. Natürlich war sie sich bewusst darüber gewesen, dass das alles für sie bedeuten konnte. Da sie aber eine solche Ruhe und Sicherheit empfunden habe und auch kein Lampenfieber zu spüren war, wäre ihr Vortrag einfach wunderbar verlaufen. „Alle waren begeistert und applaudierten sogar. Wahrscheinlich hatte wohl niemand wirklich damit gerechnet, dass gerade das „Küken so brillieren konnte.

    In der Mittagspause trank sie dann einen Kaffee mit Anna, die natürlich ebenfalls ihren Auftritt verfolgt hatte. Anna war so stolz auf Sophie! Sie umarmte ihre „Kleine und verdrückte sogar ein paar Tränchen vor Freude. Wie hatte Anna Sophie immer wieder motiviert? „Das Optimum muss zur Normalität werden! Beide wussten, dass sich alle Anstrengungen gelohnt hatten.

    Christian war beeindruckt. „Na, dann gibt es heute ja wirklich einen Grund zum Feiern!" Augenblicklich bestellte er zwei Gläser Sekt. „Ich freue mich so sehr für dich! Was für ein Tag! Lass‘ uns deinen Erfolg nun gebührend begießen. Das ist dein Tag heute! Ein Tag, den du nie vergessen sollst. Zum Wohl!" Die Gläser klangen.

    Sophies Augen leuchteten: „Ich danke dir so sehr! Aber nun ist der Christian an der Reihe! Wer bist du eigentlich? Woher kommst du? Was machst du? Sein Leben war schnell erzählt. Christian vergeudete nie viel Zeit mit der Vergangenheit. Weitaus ausführlicher beschäftigte er sich mit der Gegenwart. Ohne Ende konnte er von seiner Leidenschaft - der Schreinerei - berichten. „Das ist Kunst – oder besser – kann Kunst sein! Wie in jedem Beruf gilt auch hier: „Alles, was du mit Liebe tust, tust du gut! Und ich mache das Schreinern mit Liebe!

    Sophie gefiel diese Einstellung außerordentlich. Sie erkannte sich selbst in seinen Worten wieder. Bin ich nicht genau so?

    Nach einer Tasse Kaffee zum Abschluss, meinte Sophie – sichtbar traurig – dass sie nun gehen musste. Natürlich wollten auch ihre Eltern noch den großen Tag mit ihr feiern. Mittlerweile war es schon 21:30 Uhr und Sophie ahnte, dass sie bestimmt schon zuhause vermisst werden würde. Christian war natürlich nicht sehr erfreut darüber. Doch er ließ sich nichts anmerken. So verließen sie das Restaurant.

    Am Wagen angekommen, nahm Christian Sophies Hand und sagte: „Ich war schon lange nicht mehr so glücklich wie heute mit dir. Morgen soll die Sonne wieder scheinen. Hättest du denn Lust mit mir in die Isarauen zu fahren? Wenn ja, würde ich dich um 13:00 Uhr abholen. „Gerne, sogar sehr gerne, Christian. Lass‘ uns doch wieder vor dem Bühneneingang der Oper treffen, denn ich muss morgen früh erstmal noch ein bis zwei Stunden üben."

    Nachdem er sie vor ihrer Haustür abgesetzt hatte, wendete er, während sie an der Tür stand und ihm so lange nach winkte bis die Rücklichter des Käfers im Dunkel verschwanden. Leise summend rannte sie dann beschwingt die Treppen des Wohnhauses hinauf, in den dritten Stock. Ihr Herz jubilierte.

    „Herzlichen Glückwunsch, meine Liebe, wir haben es schon von Anna erfahren. Nun hast du bereits dein erstes großes Ziel erreicht! Wir sind unendlich stolz auf dich, mein Kind."

    „Stellt euch vor, morgen früh bekomme ich meinen Vertrag für die komplette nächste Spielzeit. Ich bin so gespannt! Kann es kaum erwarten, fest zum Ensemble zu gehören. Ihr wisst doch, wie sehr ich mir wünsche, bald auf eigenen Füssen zu stehen!"

    „Das wirst du auch, mein Schatz, bekräftigte die Mutter, „aber lass‘ dir nur Zeit damit. Du bist doch noch so jung! Sophie zog ganz schnell die Augenbrauen hoch. Sie hatte es einfach satt, dauernd zu hören, dass sie ständig für irgendetwas zu jung war.

    So fängt es immer wieder an

    Samstag – ein prächtiger, warmer Morgen – bereits um 9:00 Uhr. Sophie öffnete die Tür zur Oper in euphorischer Stimmung, obwohl sie innerlich wirklich extrem aufgeregt war. Dinge, die sie selbst nicht in der Hand hatte, konnten sie schnell auch nervös machen. Auf dem Gang lief sie unversehens auch sofort dem Intendanten der Oper in die Arme: Sophie, kommen sie gleich mit mir! Er legte seinen Arm um sie und führte sie in sein Büro. „Machen wir es kurz. Das, was sie gestern abgeliefert haben, war sehr gut. Aber ich erwarte von ihnen, dass sie diese Leistung auch permanent beibehalten und bestätigen. Für die kommende Spielzeit garantiere ich ihnen – unter diesen Bedingungen – ein monatliches Salär von 110 DM. Sophie bemühte sich, einen unkontrollierten Freudenausbruch zu unterdrücken. Das war ja viel mehr, als sie sich je erträumt hatte! „So, und jetzt fangen sie am besten gleich wieder mit ihren Proben an. Mit einem verschmitzten Lächeln öffnete er ihr die Tür seines Büros und geleitete sie nach draußen.

    Christian erwachte früh, obwohl er wahrscheinlich erst gegen Mitternacht endlich eingeschlafen war. Sophie war in seinem Kopf. Nicht nur im Kopf. Sie war überall. Er hoffte, dass ihn ein kräftiges Frühstück mit Eiern, Speck und einem starken Kaffee wieder in die Spur bringen würde. Später holte er seine Badetasche heraus, packte die große Decke ein, seine Badehose, Wasser, Limonade und ein paar Brezen. Es sollte – ach was – es musste ein perfekter Tag werden!

    Sophie stand schon am Eingang der Oper als er vorfuhr. Besonders hübsch hatte sie sich gemacht. Das geblümte Sommerkleid mit den feinen Spaghettiträgern betonte ihre makellose Figur.

    „Guten Morgen, mein Lieber! Während Sophie ihren Beutel auf den Rücksitz des Autos warf, erzählte sie Christian natürlich sofort, was am Morgen schon alles passiert war. Spontan beugte sich Christian zu ihr ‘rüber und drückte ihr einen dicken Kuss auf die Wange „Ich freue mich so für dich! An der Isar, außerhalb von München, gab es eine prächtige Wiese, auf der auch einige alte Bäume Schatten spendeten. Außerdem war das Wasser tief genug, um richtig schwimmen zu können. Dorthin fuhr Christian.

    Als sie einen kuscheligen Platz gefunden hatten, der ihnen beiden gefiel, machten sie es sich bequem. Lange schauten sie wortlos in den weiß-blauen bayrischen Himmel und konnten ihr Glück kaum fassen. Wovon träumst du, Christian? „Ich lebe meinen Traum, Sophie! Ja wirklich, nachdem ich Wien verlassen habe, hatte ich einen Plan, den ich mir, wie du weißt, beruflich bereits erfüllt habe. Natürlich ist das nicht alles. Ich finde, es gibt Dinge die man einfach nicht planen kann. D I C H konnte ich zum Beispiel nicht einplanen. Hier hat das Glück mitgespielt. Der Zufall! Wie immer du es nennen willst. Als ich dich da im Regen stehen sah, wusste ich sofort, dass du die Frau bist, auf die ich gewartet habe. Nachdem ich dich nun etwas näher kennenlernen durfte, bin ich ganz sicher, dass du die Frau bist, mit der ich mein Leben verbringen möchte. Und ich möchte nichts lieber, als der Vater deiner Kinder zu sein!"

    Sophie war perplex. Doch sie wusste und sah in seinen Augen, dass Christian es ernst meinte.

    „Deine Geschwindigkeit ist ja atemberaubend, Christian. Woher willst du das jetzt alles schon so genau wissen? Wir kennen uns doch noch gar nicht richtig. Nun schaute er ihr sehr ernst in die Augen. „Doch, ich kenne dich gut genug. Für mich bist du wie ein offenes Buch. Wenn ich mit dir zusammen bin, ist mir, als würde ich dich schon ewig kennen. Er nahm ihre Hand, küsste sie und hielt sie lange fest.

    Sophie war inzwischen seinem Charme komplett erlegen. Alles ging viel zu schnell. Sie war kaum noch in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. „Komm, lass‘ uns schwimmen gehen, uns abkühlen, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen – bitte, Christian!"

    Die Isar war noch ziemlich kalt. Trotzdem hatten die beiden viel Spaß und tummelten sich im Wasser. Sophie ging zuerst hinaus – sie hatte schon ganz blaue Lippen. „Komm auch ‘raus, Christian, du holst dir sonst wirklich noch eine Erkältung! Als er auf sie zukam, warf sie ihm sofort ein großes Badetuch um die Schultern. Sein makelloser Körper beeindruckte sie, reizte sie. „Lass‘ uns was essen. Ich habe solch einen Hunger. Ein kleines Ablenkungsmanöver.

    „Darf ich dich eincremen, Sophie? „Ja gerne. Bereitwillig drehte sie sich auf den Bauch und ließ sich von seinen sanften, inzwischen wieder warmen, Händen verwöhnen. Beide hatten sich ein Buch mitgenommen und begannen zu lesen. Doch niemand las wirklich. Stattdessen flogen die Gedanken zum anderen. Schließlich fielen ihnen die Augen zu. Als Christian als erster erwachte, betrachtete er sie beim Schlafen. Umwerfend – dieses Profil, die langen Wimpern, der süße Mund, die klare Haut. Entspannt und glücklich wirkte sie. Dann öffnete Sophie die Augen und blickte in Christians lächelndes Gesicht. „Mein Gott, bist du schön, Sophie! „Du alter Charmeur! Schnell schlang sie ihre Arme um ihn und küsste ihn lange und intensiv. Mitten in der Umarmung flüsterte er zärtlich: „Ich liebe dich, Sophie! „Ich liebe dich auch, sehr sogar, Christian!

    Am Himmel braute sich etwas zusammen. Dunkle, bedrohliche Wolken waren binnen kürzester Zeit aufgezogen. „Da kommt bestimmt gleich ein Gewitter, meinte Christian. „Lass‘ uns schnell die Sachen packen! Hastig legten sie die Decke zusammen und nahmen ihre Taschen. Kaum am Auto angekommen, ging es auch schon los. Der Himmel entleerte sich wolkenbruchartig. Sophie ergriff Christians Hand, beugte sich zu ihm rüber und sagte: „Weißt du noch was beim letzten Gewitter passierte?" „Wie könnte ich das vergessen! Aber mir kommt es vor als würden wir uns schon ewig kennen, dabei wusste ich vor kurzer Zeit noch nicht einmal, dass es dich gibt!

    Da wir draußen bei dem Wetter nun sowieso nichts mehr unternehmen können, würde ich dir gerne meine Schreinerei zeigen und anschließend meine Wohnung. Bist du einverstanden? „Liebend gerne – ich will doch wissen, wie du lebst…

    Christian öffnete das Tor zum Hof der Schreinerei, parkte das Auto und betrat dann zunächst mit Sophie die Werkstatt.

    „Ich bin beeindruckt! Das ist ja noch grösser als ich dachte und all diese Maschinen, toll! Sie setzten sich ins Büro und Christian erzählte Sophie, mit wie viel Glück und Beharrlichkeit er zu dieser Werkstatt gekommen war. „Ja, ja, mein Schatz, scherzte Sophie, „ich wüsste nicht, wer dir überhaupt etwas abschlagen könnte!"

    Christian schmunzelte, stand auf, ergriff Sophies Hand und sagte: „So, jetzt zeige ich dir, was ich mir im letzten Jahr alles selbst gebaut habe. Oben in seiner Wohnung angekommen, machte er sofort das Licht an. Mittlerweile war es draußen stockdunkel geworden, obwohl es erst Nachmittag war. Er führte Sophie ins Wohnzimmer. „Bitte mach’s dir bequem. Ich hole uns erstmal was zu trinken. Magst du lieber einen Kaffee oder ein Wasser? Bier kann ich dir auch anbieten. „Gerne einen heißen Kaffee mit einem Schuss Milch, wenn du hast. Ich friere ein wenig.

    Während Christian in der Küche verschwand, schaute sich Sophie ein wenig im Zimmer um. Wirklich sehr geschmackvoll, dachte sie, aber eigentlich habe ich es mir genauso vorgestellt – nur nicht so groß! Christian kam zurück, legte Sophie eine Decke über die Schultern und setzte sich zu ihr aufs Sofa. Genüsslich tranken die beiden den frisch gebrühten Kaffee und wohlige Wärme machte sich breit.

    Christian nahm Sophie in die Arme und streichelte sie liebevoll. Beide genossen es – ohne Worte. Für Sophie war es das erste Mal, dass sie mit einem Mann in einer fremden Wohnung war. Bis dahin hatte sie sich das gar nicht vorstellen können. Aber mit Christian war alles anders. Mittlerweile küssten sie sich wieder. Hingebungsvoll und unfähig voneinander zu lassen. „Mein Liebling, ich bin so glücklich, dich kennengelernt zu haben", hauchte Christian, während seine Hände begannen, an den hübschen Beinen hinauf zu wandern. Ihre Atmung beschleunigte sich…

    Christian ließ sich in die weichen Kissen zurückfallen und schon saß Sophie auf seinem Schoss. Sie legte die Decke zur Seite, damit nichts Trennendes mehr zwischen ihnen war, nahm sein Gesicht in beide Hände und überhäufte es mit Küssen. Ihre Augen sprachen Bände. Vor Erregung verschwamm die Welt um sie herum. Als er die Träger ihres Kleides von den Schultern streifte und die Knöpfe am Rücken öffnete, gebot Sophie ihm Einhalt. Sie ergriff seine Hände, hielt sie fest und sagte: Liebling, bitte warte! Ich habe das noch nie gemacht! Noch nie, verstehst du?

    „Du bist noch Jungfrau, mein Schatz? Das ist das schönste Geschenk, das du mir machen kannst! Er nahm sie erneut in die Arme und streichelte sie beruhigend. „Hab‘ keine Angst. Ich werde sehr, sehr vorsichtig sein. Es wird nichts geschehen, was du nicht selbst willst! Sophie ließ es geschehen. Wie oft hatte sie sich diesen Moment vorgestellt? Wie oft hatte sie daran gedacht, dass es jetzt bald passieren würde? Sophie schaute Christian an. Ja, dieser Mann war der Richtige! So schön, so lieb, so zärtlich. Und das Wichtigste war, dass sie zu ihm unendliches Vertrauen hatte! Sie wollte es auch – und wie!

    Es war mittlerweile fast acht Uhr abends als sie in seinen Armen aufwachte. Eng umschlungen hatte sie nach ihrer Liebe – völlig erschöpft – der Schlaf übermannt. Beide waren total verschwitzt. Ihre wunderschönen langen Haare lagen strähnig auf der linken Seite des Kissens und auf der rechten Seite – schlug Christian gerade die Augen auf. „Du hast mich zum glücklichsten Mann der Welt gemacht, Sophie! Ich liebe dich! Nie mehr will ich ohne dich sein – nie mehr! Sophie lächelte: „Alles, was du mir versprochen hast, Christian, hast du gehalten. Es war so wunderbar und hat überhaupt nicht wehgetan. Es war noch viel schöner als in meinen kühnsten Träumen!

    Als Sophie auf die Uhr schaute, erschrak sie: Schatz, ich muss ganz schnell nach Hause! Meine Eltern machen sich bestimmt schon Sorgen. Eilig huschte sie ins Bad. Aus dem Spiegel blickte sie eine richtige Frau an! Die Frau Sophie Louise Dietl! Ich will gar nicht drüber nachdenken! Ich weiß nur, dass ich einfach glücklich bin. So glücklich wie noch nie in meinem Leben, jubilierte sie. Schnell machte sie sich frisch und schlüpfte in ihre Sachen.

    Arm in Arm liefen sie zum Auto und so schnell es ging, fuhr Christian sie zum Prinzregentenplatz. „Am Sonntag besuche ich dich wieder, mein Liebling! Ist es gegen 11 Uhr recht? Wäre das gut?, fragte Sophie. „Gut? Komm, wann immer du willst! Ich werde ohnehin nur auf dich warten. Komm heute Nacht um 11, morgen früh um 5, aber bitte, komm!!! Ich weiß gar nicht, ob ich das überhaupt so lange ohne dich aushalte, zweifelte Christian. „Ansonsten muss ich dich halt eher holen!! Sophie verschloss ihm mit der Hand die Lippen: „Mach das bitte nicht, mein Schatz. Ich verspreche dir, dass die Zeit bis wir wieder zusammen sind, wie im Rausch verfliegen wird. Ein letzter Kuss und schon rannte Sophie los, lief um die Ecke und verschwand im Hauseingang.

    Fürs Glücklich sein gibt es ab sofort für mich nur noch ein Wort, freute sich Christian. Man buchstabiert es SOPHIE! Er strich sich die Haare glatt und fuhr zurück in seine Wohnung.

    Ein sonniger Sonntag am See

    Sophie betrat das Esszimmer. Es war kurz nach 9:00 Uhr und es hatte Tradition, am Sonntagmorgen das Frühstück gemeinsam mit den Eltern einzunehmen. „Was hast du denn heute wieder vor, Sophie? Es ist uns aufgefallen, dass du neuerdings nicht mehr sonderlich viel Zeit zuhause verbringst, bemerkte die Mutter. Keck schaute Sophie die beiden an und verkündete: „Ich bin verliebt! Eure große Tochter ist bis über beide Ohren verliebt! Das war die typische Sophie: ein wenig kess, frei heraus, sehr ehrlich und voller Selbstbewusstsein. Alles ein Resultat der selbstständigen Erziehung, die sie genoss. „Findest du, dass das ausgerechnet jetzt der richtige Zeitpunkt ist, sich zu verlieben?", fragte Gerhard Dietl nach.

    Sophie reagierte einigermaßen entrüstet. „Aber Papa, du müsstest doch wirklich wissen, dass man den Zeitpunkt, sich zu verlieben, nicht planen kann. Er ist einfach so gekommen – aus heiterem Himmel – war plötzlich da! Sie musste grinsen: heiter war der Himmel wirklich an jenem Tag nicht gewesen! „Und nun bin ich sehr, sehr glücklich!, fügte sie hinzu. Ein Lächeln lief über das Gesicht ihres Vaters. Sophie kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er ihr nie böse sein konnte.

    Dann berichtete sie von Christian: Wer er war, wo er wohnte, was er machte. Allerdings hielt sie es für angebracht, ihn ein wenig jünger zu machen…! Maria, ihre Mutter schmunzelte über so viel Euphorie ihrer Tochter. „Wenn du deine Einstellung zu deinem Beruf nicht veränderst und uns diesen jungen Mann auch mal vorstellst, soll es uns recht sein. Wir wünschen uns ja nichts mehr als dich glücklich zu sehen. Aber bitte denk‘ auch daran, dass du noch so jung bist!" Da war es schon wieder – „sooo jung. Sophie ging dieses Mal sicherheitshalber nicht auf diese Bemerkung ein. Stattdessen sagte sie: „Versprochen!, verabschiedete sich lächelnd von ihren Eltern und ging in ihr Zimmer.

    Gegen 10:30 Uhr erreichte Sophie die Wohnung in der Baaderstraße und läutete Sturm. Christian öffnete sofort die Tür und die beiden fielen sich in die Arme. Nachdem sie sich sehr lang und ausgiebig geküsst hatten, schlug Christian vor, bei diesem schönen Wetter an den Tegernsee zu fahren. Für die 35 Kilometer ins Tegernseer Tal würden sie nur eine knappe Stunde brauchen – auch wenn man den Ausflugsverkehr am Sonntag berücksichtigte. Sehr gerne! Sophie war sofort Feuer und Flamme. Habe ich dir eigentlich schon erzählt, dass dort unser Betrieb zuhause ist, oder besser gesagt, die Lodenfabrikation Dietl? Mein Großvater – Alois Dietl – hatte dort, zusammen mit seiner Frau Margarethe, nach dem 1. Weltkrieg, zunächst eine Schneiderei gegründet. Aus dieser kleinen Schneiderei entwickelte sich dann mit den Jahren die große „Loden Manufaktur Dietl.

    Die Großeltern pflegten ein sehr enges Verhältnis zu ihrer einzigen Enkelin. Allerdings wäre es Alois lieber gewesen, wenn er sich gegenüber seinem Sohn Gerhard hätte durchsetzen können und Sophie bei ihm in die Schneiderlehre gegangen wäre. Aber diesen Weg hatten weder ihre Mutter Maria noch Sophie einschlagen wollen.

    Normalerweise hätte sich der alte Patriarch Alois – wie meistens – behauptet, doch als Sophie ihren 14. Geburtstag mit der ganzen Familie gefeiert hatte, war auch das Thema Ballett zur Sprache gekommen. Mit ihrem schönsten Lächeln vermittelte sie ihrem Großvater, wie sehr sie das Ballett und das Theater liebte und dass sie eine Laufbahn als Balletttänzerin einschlagen wollte. Alois Dietl gab auf. Er konnte sich, ebenso wenig wie ihr Vater, ihrem Charme und ihrer Zielstrebigkeit entziehen!

    Die beiden erreichten Tegernsee, stellten den Wagen direkt am Herzoglichen Schloss ab und schlenderten am Seeufer entlang. Zu dieser Tageszeit kamen ihnen bereits viele Spaziergänger entgegen, deren nächstes Ziel offensichtlich das Brauhaus war. Dort konnte man unter herrlichen Kastanien sitzen, ein ausgezeichnetes, gut gebrautes, kühles Helles trinken und sich natürlich auch eine deftige Bayrische Brotzeit gönnen. Auch bei ihnen meldete sich inzwischen der Appetit. Sie hatten sogar das Glück, einen kleinen Tisch direkt am Seeufer zu bekommen. Beide setzten sich so, dass sie den freien Blick über den See nach Wiessee hinüber genießen konnten. Es war ein Idyll wie im Märchen und die Verliebten machten sich selbst zu den Hauptdarstellern… Wenn Christian überhaupt einmal Sophies Hände kurz los ließ, dann auch nur, um schnell einmal einige Happen von dem guten Essen zu sich zu nehmen oder einen kräftigen Schluck zu trinken.

    Erst am späten Nachmittag fuhren sie wieder zurück in die Stadt. Sophie hatte am Abend noch ein Treffen mit Anna, um das Übungsprogramm der nächsten Woche zu besprechen. Bis zu ihrer Premiere, ihrem ersten öffentlichen Soloauftritt blieb nur noch eine Woche. Sie war ambitioniert und professionell genug, um zu wissen, worauf sie im Augenblick die Priorität setzen musste. Christian reagierte zwar traurig, dass sie gehen musste und der lange Kuss in einer Seitenstraße zum Prinzregentenplatz war ihm wahrhaftig nicht „genug", aber er spürte auch, dass sie ihre Sache sehr ernst nahm und er sie jetzt nicht aufhalten durfte.

    „Ich liebe dich, Christian! Morgen Nachmittag rufe ich dich in der Schreinerei an! Auf dem Weg zu ihrer Haustür drehte sie sich noch einmal um, küsste die Innenseite ihrer linken Hand – der Herzseite – und „hauchte den Kuss in seine Richtung. Christian erwiderte diesen schönen Abschiedsgruß und fuhr dann glücklich davon.

    Montagnachmittag. Das Telefon in der Schreinerei läutete. Sofort wurde Christian an den Apparat gerufen. „Einen wunderschönen Tag wünsche ich dir, Sophie", meldete er sich. „Ich möchte dich zu meiner Premiere am Samstagabend in die Oper einladen, sprudelte es aus ihr heraus. „Wir können uns am Mittwoch sehen. Dann werde ich dir auch deine Eintrittskarte geben! Sophie wirkte ganz anders als sonst, fand Christian. Es hatte den Anschein, dass sie überaus aufgeregt war. „Herzlichen Dank, Sophie, ich freue mich sehr, bei deinem großen Aufritt dabei sein zu dürfen. Aber was soll ich denn nur drei Tage ohne dich machen, mein Liebling? Sophie lachte: „Du bist fast 23 Jahre ohne mich ausgekommen, also bitte… „Ach Sophie, glaub‘ mir doch, dass ich volles Verständnis für dich habe – auch wenn es mir sehr, sehr schwer fällt, nur ein paar Tage auf dich zu verzichten."

    Am Samstagnachmittag blieb Christian zuhause. Er hatte sich Arbeit mit hoch genommen. Gegen 16:00 Uhr nahm er ein Bad und rasierte sich. Seine Nervosität wuchs stetig. Hoffentlich geht heute Abend alles gut, dachte er. Sophie hatte ihm gesagt, dass sich das gesamte Ensemble nach der Premiere noch in der Oper zusammensetzen würde, um gemeinsam

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