Das Klingeln des Telefons am Abend: Eine Novelle aus 12 Tönen
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Über dieses E-Book
Leserstimmen: "Genial!" (Uta Daskiewitsch). "... unterhaltsam, tiefgründig und wunderbar geschrieben." (Heike Wolter). "... wie eine schöne Melodie ..." (Silber). Auf den Punkt bringt es die Göttinger Autorin Rebecker, wenn sie jubelt: "Dieses Werk ist der absolute Oberhammer, eine Rocksensation ohnegleichen, filmreif und überaus empfehlenswert ..." - - - Für Käufer: Das Kapitel C dieses Buches hat im Originalmanuskript 3 vom Autor absichtlich geschwärzte Seiten.
* Dieses Werk gehört zu den Siegerbeiträgen des 8. neobooks-Wettbewerbes.
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Buchvorschau
Das Klingeln des Telefons am Abend - Erhard Schümmelfeder
E
Das Klingeln des Telefons am Morgen erinnerte Martin Sand daran, dass in diesem Augenblick ein Mensch auf der Welt an ihn dachte. Seine Hoffnung, Isabell würde ihn anrufen, blieb unerfüllt, als er am anderen Ende der Leitung die Stimme von Nigel Klein erkannte. „Falsch verbunden", murmelte er nur und legte den Hörer zurück auf die Gabel. Ein Gefühl des Unbehagens regte sich in ihm. Er rechtfertigte sich vor sich selbst, weil er sich nicht auf ein Gespräch mit dem Langweiler Nigel eingelassen hatte. Man wird ihn nicht wieder los, dachte er. Irgendwo am anderen Ende der Stadt wohnte Nigel, der sich auffällig oft in sein Leben drängte, was manchmal etwas lästig, aber längst kein Problem war. Ein Problem war die Sache mit Isabell: Ihre Anrufe während der zurückliegenden zwei Wochen, die er im Ferien-Camp verbracht hatte, ließen es deutlich werden: Irgend etwas hatte sie verstört. Aber was? Er wusste es nicht.
Er ging ins Wohnzimmer und ließ sich in den Fernsehsessel fallen. Mit der Fernbedienung schaltete er den Fernseher ein, reduzierte die Lautstärke und lauschte gespannt nach dem schrillen Klingelton des Telefons auf dem Flurtisch. Dieser verrückte Nigel, dachte er kopfschüttelnd. Was wollte er nur?
Auf dem Bildschirm huschten die Bilder und Geräusche einer Filmcollage vorbei, ohne ihn zu fesseln: Knatternde Maschinengewehre im Schützengraben. Ein Seiltänzer mit rotem Regenschirm. Sich aufbäumende Pferde in der Prärie; eine Rockband zertrümmerte vor johlendem Publikum ihre Instrumente auf der Bühne. - Nachrichten. Das Wetter von morgen: Trocken, sonnig.
Nach einer Weile blieb das Telefon stumm. Endlich, dachte er nur. Er ging in den Flur und wählte kurzerhand Isabells Nummer. Das Freizeichen war zu hören. Also empfing sie seinen Anruf. Warum nahm sie das Gespräch nicht an? Hatten sie plötzlich Probleme? Nein, sagte er sich, eigentlich nicht. Waren ihr seine Anrufe mit einem Mal vielleicht lästig? – Schließlich legte er wieder auf.
Ein anderes Geräusch ließ ihn aufhorchen: Wie ein Schellenkranz in der Kirche klang das Schlüsselbund seiner Mutter; er hörte ihr heiteres Lachen, dann die Stimme seines Bruders. Die Tür des Wohnzimmers öffnete sich, und seine Mutter fragte:
„Noch müde, Martin?"
„Nein, antwortete er. „Ich bin ausgeschlafen. Wo wart ihr zwei?
„Auf den Feldwegen, erwiderte sie. „Ich habe Vincent etwas Fahrunterricht erteilt.
„Fahren ohne Führerschein ist strafbar", erinnerte er sie.
„Ich weiß, sagte seine Mutter. „Aber wenn du uns nicht verpfeifst, bleibt die kleine Verfehlung in der Familie. - Übrigens hatten wir einen Unfall.
„Schlimm?"
„Schlimm genug. Wir haben eine Schnecke mitsamt Haus überfahren. Schreckliches Geräusch. Ich höre es jetzt noch knacken."
Vincent kam ins Zimmer, nahm die Fernsehzeitung vom Tisch und blätterte darin. Er sagte: „Vergiss nicht zu erwähnen, wer am Steuer saß, als die Schnecke ihr Leben aushauchte."
Seine Mutter presste die Lippen aufeinander, nickte nur und wandte sich um. Vom Flurfenster aus, wo sie die Blumen goss, rief sie: „Vor einer Stunde hattest du einen Anruf, Martin."
„Von wem?", fragte er und reichte Vincent die Fernbedienung. Er dachte sofort: Vielleicht hat Isabell angerufen.
„Von einem Jungen."
„Ein Junge? Wer war es?"
„Seinen Namen habe ich schon wieder vergessen."
„Was wollte er denn von mir?"
„Es geht um Musik."
„Das konnte nur Leader sein", überlegte Martin.
„Nein, widersprach seine Mutter näherkommend. „Es war nicht Leader. Auch kein anderes Bandmitglied. Es war ein Junge, der bei dir Gitarrenunterricht nehmen möchte.
„O Gott, entfuhr es ihm. „Dann war es Nigel. Wenn er noch einmal anruft, kannst du ihn abwimmeln.
„Warum sollte ich den netten Jungen abwimmeln?"
„Weil er keinen Funken Talent besitzt, deshalb."
„Werde nicht herzlos", sagte seine Mutter.
„Ich bin nicht herzlos, erklärte er. „Es ist die reine Wahrheit.
„Wenn es sich so verhält, wird dieser Nigel lernen, die Wahrheit zu ertragen. Du solltest es ihm schonend beibringen."
„Mache ich", meinte er seufzend.
„Wann?", forschte seine Mutter.
„Bei nächster Gelegenheit."
„Wie es aussieht, fuhr seine Mutter nach einem Moment fort, „hast du innerhalb der nächsten Minute Gelegenheit, deinen Vorsatz in die Tat umzusetzen.
„Wie meinst du das?"
„Soeben kommt ein Junge mit einer ziemlich alten Holzgitarre durch unsere Einfahrt."
Nein, dachte er nur. Er erhob sich betont gelassen aus dem Sessel, ging durch den Flur, öffnete die Kellertür und eilte die Treppe hinunter zum Hinterausgang. An der Haustür klingelte es. Das Sonnenlicht blendete ihn, als er ins Freie trat. Bevor er die Eisentür hinter sich schloss, hörte er, wie seine Mutter nach ihm rief.. Ein Satzfetzen drang an sein Ohr: „... eben war er noch hier."
F
Als Martin die Eggebrecht-Straße erreichte, befiel ihn jene merkwürdige Herzklopfenunsicherheit, die er vor Isabell nie zugeben würde. Er wechselte von der Schattenseite der Straße auf die von der Morgensonne beschienene rechte Seite und sah flüchtig die sich entfernende Gestalt am Fenster des Hauses Nummer 12. Die leicht nachschwingende Gardine. Also war Isabell zu Hause. Durch das schmiedeeiserne Vorgartentor ging er geradewegs zur Eingangstür und drückte auf den runden Messingknopf. I-sa-bell! sang die Klingel in der Diele des Hauses, von wo sich nun das Heulen eines Staubsaugers mit den Klängen rhythmischer Musik vermischte. Hausputz, dachte er. Möglichst gelassen wollte er erscheinen. Unauffällig prüfte er sein Gesicht in der Fensterscheibe über dem Postkasten. Eine Spur von Ernst schien seinen Blick zu prägen. Nein, er wollte nichts preisgeben von seinen Gefühlen, den schwelenden Ahnungen und unvermeidlichen Fragen, die nach einer eindeutigen Antwort drängten. Was will ich eigentlich, ging es ihm durch den Sinn. Klarheit, dachte er. Von irgendwo im Haus hörte er Schritte. Im Hintergrund fiel eine Tür ins Schloss, während die Haustür sich öffnete.
„Hi." Tina, Isabells Schwester, lächelte ihn vergnügt an und musterte ihn mit interessiertem Wohlwollen.
„Hi, sagte er. „Störe ich bei der Hausarbeit?
„Nein", antwortete sie. „Aber du darfst dich gern beteiligen. Wie man einen