SIEBEN JAHRE STUBENARREST: Die Kopfabenteuer des Felix Bernstein
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Buchvorschau
SIEBEN JAHRE STUBENARREST - Erhard Schümmelfeder
NINIFEE
Die Träume der ersten Nacht
in einem fremden Haus
gehen in Erfüllung ...
Volksmund
Das fürchterlichste Strafurteil, das je über einen garstigen Jungen verhängt wurde, lautete streng und unerbittlich: Sieben Jahre Stubenarrest.
Oft wurde mir angedroht, »andere Saiten« für mich aufzuziehen, aber da meine Eltern beide berufstätig waren und nur wenig Zeit erübrigen konnten, verhallten ihre ausgesprochenen Warnungen vor »zügelnden Maßnahmen« meistens im Winde. Weil ich schon immer Schwierigkeiten bei der Einhaltung der geltenden Regeln des Lebens zeigte, machte mein besorgter Vater eines Tages aus dem erzieherischen Notstand eine höchst zweifelhafte Tugend, indem er das ALB-System entwickelte - ein vielseitiges Erziehungs-Computer-Programm, welches berufsbedingt abwesende Eltern bei der Bewältigung ihrer Hausaufgaben entlasten sollte.
Mein Vater, ein lächelnder Augenzwinker-Typ, geriet mit zunehmendem Alter immer mehr ins Grübeln. Beruflich war ihm das Lachen ein wenig vergangen: Eine gewisse Unzufriedenheit hatte sich bei ihm eingestellt, denn er verdiente unser tägliches Brot als kleiner und aussichtsarmer Angestellter mit der Installation elektronisch gesteuerter Sicherheitsanlagen für Banken und andere Geschäftshäuser. In seinen freien Stunden tüftelte er emsig an den Entwürfen für Video-Spiele, von denen er sich erhoffte, dass er sie eines Tages verkaufen könne. Anstelle des erwünschten Erfolges machte sich bei meinem Vater jene Erscheinung bemerkbar, die man gemeinhin die Midlife-Crisis nennt.
Auch meine Mutter, die halbtags als Ernährungsberaterin arbeitete, wurde vom Schicksal keineswegs verschont: Ihr Leiden nannte mein Vater »Klimakterium«. In meinen Ohren klang der Begriff wie »Klimakatastrophe«. Als ich meinen Vater nach der genauen Bedeutung des Wortes fragte, meinte er, ins Allgemeine abdriftend, es sei sozusagen eine »familiäre Klimakatastrophe«, von der wir zur Zeit alle mehr oder weniger betroffen seien.
Vermehrt wurde die leise schwelende Gereiztheit zu Hause durch meine streitbare Schwester Cornelia, die sich ebenfalls in einer »schwierigen Phase« ihres jugendlichen Lebens befand. Im Gegensatz zu Cornelia besaß meine fünfjährige Schwester Melinda keine nennenswerten Sorgen, was häufig der Grund dafür war, weshalb das mit Problemen randvoll gefüllte Fass nicht überlief.
Ich selbst sah der Einführung des Erziehungs-Programms anfangs gelassen entgegen, da ich wusste, dass mein Vater für den Erfolg seiner Forschungen ein geeignetes Studienobjekt benötigte. Allmählich aber verstärkte sich bei mir ein Gefühl von erlittener Ungerechtigkeit, da meine Eltern nicht in Erwägung gezogen hatten, bei Cornelia, die ständig »über die Stränge« schlug, einmal »andere Saiten« aufzuziehen. Ich meldete energischen Protest bei meinen Eltern an und forderte, auch Cornelia müsse mit ihrem zimmereigenen PC an den Zentral-Erziehungs-Computer in Papas Arbeitszimmer angeschlossen werden, damit man auch in ihrem besonderen Fall gegebenenfalls hart und entschieden »durchgreifen« könne. Papa versprach, sich die Sache einmal durch den Kopf gehen zu lassen, was aber erfahrungsgemäß einem höflich formulierten »Nein« entsprach.
Ich ahnte nicht, in welcher Gefahr ich mich bereits befand, als meine Eltern eines Abends im Mai bei Tisch den lang gehegten Entschluss fassten, ein Haus zu kaufen.
»Ein Haus wäre der Traum meines Lebens«, sagte Mama.
Romantisierend sagte Cornelia: »Ich möchte in einem weißen Haus am Meer leben.« Versonnen fügte sie hinzu: »Mit zwei Apfelschimmeln auf einer Wiese daneben.«
Papa räusperte sich nur, doch schien sein Blick zu sagen: Sonst hast du keine ausgefallenen Wünsche?
»Ich entscheide mich für einen heruntergekommenen Bauernhof mit einer Pferdekoppel und ein paar renovierungsbedürftigen Ställen«, sagte ich.
»Warum sollte es denn ein heruntergekommener Hof sein?«, erkundigte sich Mama, nachdem sie an ihrer Teetasse genippt hatte.
»Solche Kaufobjekte sind bedeutend billiger als neue Häuser«, erklärte ich ihr, wobei ich versuchte, meiner Stimme einen betont sachlichen Klang zu verleihen.
»Du hast manchmal einen ausgeprägten und lobenswerten Realitätssinn«, sagte Papa. Dann fiel ihm ein: »Den hast du von mir.«
Mama faltete ihre Hände und sagte entschieden: »Ich habe den größten Teil meines Lebens in baufälligen und öden Häusern zugebracht. Ich wünsche mir nur ein intaktes und hübsches kleines Häuschen im Grünen.«
»Nun, wir werden sehen, was sich machen lässt«, sagte Papa. »Ich will meine Fühler mal nach allen Seiten hin ausstrecken.«
»Ich möchte ein größeres Zimmer«, machte Melinda sich bemerkbar.
»Du bist bescheiden, mein Kind«, sagte Papa und strich ihr über den Kopf. »Ein größeres Zimmer sollst du haben. Selbstverständlich.«
Mama wollte einen weiteren Gedanken zum Thema äußern, doch dann fiel ihr Blick auf meine kleine Schwester. »Bist du müde, Melinda?«, fragte sie.
»Ja. Sehr.«
»Das kommt vom Eisenmangel«, erklärte Mama. »Ich habe mit dem Doktor über dich gesprochen. Der Eisenmangel ist auch der Grund für deine Gedächtnisprobleme.«
»Ja?«
»Hat der Arzt nichts verschrieben?«, fragte ich.
»Ja, das hat er«, sagte Mama. Aus dem Kühlschrank holte sie ein braunes Fläschchen hervor, schraubte den weißen Deckel herunter und goss eine rote Flüssigkeit auf einen Löffel, den sie meiner Schwester entgegenstreckte.
»Was ist das?«, fragte Melinda zögernd.
»Sieht aus wie Schweineblut«, bemerkte ich.
»Felix«, sagte Mama, »ich versuche gerade, deine Schwester mit Engelszungen davon zu überzeugen, wie hilfreich der Sirup ist. Mit deiner unpassenden Bemerkung demotivierst du sie leider.«
»Habe ich jetzt Redeverbot, Fernsehverbot und Ausgangssperre, nur weil ich gesagt habe, was ich gerade dachte?«, fragte ich.
Mama seufzte.
»Nein«, klärte Melinda die Situation. »Felix soll kein Redeverbot bekommen! Ich trinke gerne Schweineblut.« Sie beugte den Kopf vor, ließ sich den Löffel zum Munde führen und schluckte den Sirup rasch herunter.
»Trink noch einen Schluck Orangensaft«, forderte Mama sie auf.
»Als Kind litt ich auch oft unter Eisenmangel«, erinnerte Papa sich.
»Musstest du auch Schweineblut saufen?»
»Trinken«, verbesserte Cornelia mich.
»Viel schlimmer«, antwortete Papa. »Ich musste rohe Schweineleber essen.« Er schüttelte sich vor Ekel. »Es war die Hölle. Glaubt mir.«
»Ich glaube, wir sind jetzt ein wenig vom Thema des Abends abgewichen«, sagte Mama.
»Wenn wir kein Haus am Meer kaufen, will ich auf jeden Fall ein Zimmer beziehen, das nach Osten ein Fenster hat«, überlegte Cornelia.
»Ich dachte immer, der kalte Norden wäre die Himmelsrichtung, die am besten zu dir passt«, fiel mir ein.
Melindas Augen wanderten interessiert von einem zum anderen. »Warum der Norden?« erkundigte sie sich bei mir.
»Im Osten geht die Sonne auf, im Süden nimmt sie ihren Mittagslauf, im Westen will sie untergehen, im Norden ist sie nie zu sehen.«
»Ach so.«
An Cornelias kritischem Blick erkannte ich, wie sie nach einer scharfzüngigen Entgegnung suchte, doch in das gereizte Schweigen hinein sagte Mama:
»Zur Verwirklichung unseres Traumes kann ich erheblich beitragen, wenn ich künftig nicht nur halbtags, sondern ganztägig arbeiten gehe.«
»Und wer kümmert sich um die Kinder?«, wollte Papa mit einem unterschwellig verborgenen Vorwurf wissen.
»Dein Computer«, sagte Mama unbeeindruckt. Es war mir nicht ganz klar, ob ihre Bemerkung ernst gemeint war. Sie fuhr fort: »Außerdem möchte ich mich beruflich verändern. Ich habe meine Fühler bereits ausgestreckt und den ersten Kontakt zu einem neuen Arbeitgeber hergestellt.«
»Aber davon wusste ich gar nichts«, sagte mein Papa leicht gekränkt.
»Was man nicht weiß, macht einen nicht heiß.«
»Wer weiß«, antwortete er. »Um - um was für eine Arbeit handelt es sich denn, wenn ich fragen darf.«
»Du darfst«, sagte Mama. »Nachdem ich in der Vergangenheit zwanzig Jahre für die Gesundheit der Menschen geackert und gequasselt habe, möchte ich nun, dass es gut riecht in der Welt. Ich werde mit Beginn der kommenden Woche als Kosmetikberaterin ein wenig zur Finanzierung unseres Eigenheimes beisteuern.«
»Verstehst du denn etwas von Düften?«, fragte ich.
»In meiner Verwandtschaft ist der gute Geruchsinn erblich«, sagte Mama zufrieden lächelnd in die Richtung Papas, der nur uneinsichtig schwieg.
Ich schlug vor: »Für unser Haus könnte ich auch etwas Geld verdienen.«
»Und wie?«, fragte Cornelia zweifelnd.
»Ganz einfach. Ich könnte nach der Schule Werbezeitungen austragen und -«
»Irrtum, mein Sohn«, sagte Mama. »Das könntest du keineswegs.«
»Weshalb nicht?«
»Weil du nach der Schule auf dem Hosenboden sitzen wirst, um deine Bildungsdefizite auszugleichen.«
»Das finde ich auch«, sagte Cornelia zynisch und fragte mit gespielter Ahnungslosigkeit: »Ist Kinderarbeit in Deutschland nicht auch verboten?«
In der Schule erlangte ich eine gewisse Berühmtheit, als sich herumsprach, ich sei der erste Junge der Welt, der versuchsweise von einem Erziehungs-Computer-Programm überwacht und gesteuert werde.
Meine Klassenlehrerin, Frau Nethemeier, äußerte kopfschüttelnd Skepsis gegenüber der technischen Neuerung in meinem Leben, zumal mein allgemeines Leistungsniveau nach wie vor sehr zu wünschen übrig ließ. »Das Einzige, was dir fehlt, Felix, ist eine strenge Hand, die dir zeigt, wo es im Leben lang geht. Das sage ich.«
Über der Tür meines Zimmers befestigte mein Vater einen herkömmlichen Bewegungsmelder, der eine komplizierte Erkennungskamera mit eingebautem Mikrofon aktivierte. Die kostspielige Kamera, deren Herkunft mein Vater hartnäckig verschwieg, konnte meine Gesichtszüge exakt identifizieren und meine Stimme mit den gespeicherten Frequenzdaten vergleichen, weshalb eine Personenverwechselung unmöglich war.
Jeden Tag erschienen Mitschüler aus meiner Klasse bei uns zu Hause, um das ALB-System kennenzulernen. Ausgerechnet Olaf, mein bester Freund, war der Letzte aus der Klasse, der mich eines Nachmittags besuchte. Sein geringfügiges Interesse an dem Erziehungs-Programm hing damit zusammen, dass für ihn eigentlich nur drei Dinge zählten: Fußball, Comics und Fantasy-Romane. Für mich war es ein großer Vorteil, in der Öffentlichkeit mit einem sportlichen As wie Olaf gesehen zu werden, denn an unserer Schule wimmelte es von rauflustigen Rohlingen, die jede Gelegenheit wahrnahmen, ihre physische Überlegenheit an Schwächeren zu demonstrieren. Als Gegenleistung für den Schutz, den Olaf mir gewährte, ließ ich ihn regelmäßig bei Klassenarbeiten von mir abschreiben. Meine dürftigen Leistungen schienen seinen Ansprüchen vollauf zu genügen, denn er beklagte sich nie bei mir, obwohl sein allgemeiner Notendurchschnitt bei 4,0 lag. Als ich ihm einmal versprach, mich zu »bessern« riet er mir dringlich von diesem Vorhaben ab: »Nee, lass gut sein. Das würde sofort auffallen. Meine Eltern würden auch nie über meine Noten nörgeln. Sie wissen: Die Vier entspricht einer Beamten-Zwei.«
Ich führte Olaf durch den Korridor in mein Zimmer und schaltete den PC ein. Auf dem Bildschirm erschienen die gelb leuchtenden Buchstaben A L P in einem blauen Kreis.
»Bist du sicher, dass der Computer mich nicht mit dir verwechselt?«, fragte er mich, während er sich gleichzeitig auf den Schreibtischstuhl setzte.
»Ganz sicher«, sagte ich und zeigte ihm im Programm die Seite, auf der mein Eintritt ins Zimmer registriert worden war:
NAME: FELIX BERNSTEIN
DATUM: 3. MAI
UHRZEIT: 14 Uhr 2
»Unheimlich«, sagte er verblüfft. Er kaute mit schiefen Mundbewegungen einen Kaugummi. »Mich würde interessieren, ob ich auch erfasst worden bin.«
»Ja«, antwortete ich. »Bist du. Hier. Ich zeigs dir.« Ich blätterte bis zu der Seite, auf der die Eintragung erfolgt war.
NAME: UNIDENTIFIZIERTER BESUCH
MÄNNLICH
DATUM: 3. MAI
UHRZEIT: 14 UHR 3
»Ich trage jetzt deinen Namen ein. Dein Gesicht und deine Stimme sind schon gespeichert.« Dann tippte ich OLAF HALM in die Tastatur.
»Erklär mir, wie dieses Teufelsding funktioniert«, flüsterte er.
»Es ist im Grunde ganz simpel«, sagte ich. »Der Computer speichert alle Daten, die mit meinem Leben zu tun haben: Klassenarbeiten, Hausaufgaben, Zeugnisse, blaue Briefe, Beschwerden, Versäumnisse, Vergehen, Irrtümer, aber auch alles Positive. Für jede Registrierung gibt es Plus- oder Minuspunkte. Wenn sich 10 000 Minuspunkte angesammelt haben, bekomme ich Stubenarrest; außerdem wird mir das Taschengeld aufs Sperrkonto überwiesen.«
»Hat dein Vater sich dieses Punkt-System ausgedacht?«
»Ja. Er sammelt alle Daten, um daraus ein Video-Spiel zu entwickeln.«
»Also ist die ganze Apparatur keine ernste Sache, sondern nur ein Spiel?«
»Bis jetzt war es eher